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er bei seinem Ziele akgelangt; da» Schloß der Krau vor» Wol kenstein tag vor ihm; m der nächsten Minute war er au» dem ^Sattel. Er blickte zu den Fenstern empor und gewahrte in dem einen Flügel noch Licht. «kz j „Gut," murmelte er, „sie ist noch auf; sie wird also noch Zeit haben, ihre Maßregeln zu treffen, bevor man sie überrascht." I- Im Fluge hatte er die Treppe erstiegen und durcheilte mehrere Zimmer; schon war er dem: Schlafgemach der Gräfin ganz nahe. Da wurde er durch deren Kammerjungfer aufge- chtltM.r Miu r, r 'n», '' c ui „Wo wollen Sie hm, Herr Baron?" rief diese, „^ie gnä dige Frau empfängt um diese Stunde Niemand; sie steht im Begriff, sich zur Ruhe zu begeben." < „.Zurück!" rief Herr von Hohenthurm, indem er die Zofe bei Seite zu schieben versuchte, „hier darf e» sich um keinen Eüauettenstreit handeln; e» stehen ganz andere Sachen auf dem Spiel." 4 6 t Der Lärm hatte Frau von Wolkenstein herbeigezogen. Sie öffnete die Lhüre und stand im weißen Nachtgewand vor dem Vertrauten. : .^,,Wa» giebt eS?" fragte sie scharf, indem sie einen for schenden Blick auf den Baron warf. „Errathen Sie e» denn nicht?" antwortete dieser bedeu- tungZooll. Wollen Sie die kostbare Zeit mit überflüssigen Fra gen aurfüllen? / „Treten Sie ein." u „Schließen Sie die Thüre ab," sagte Herr von Hohen thurm/ al» er sich mit Eugenie allein befand. (Schluß folgt.) SädjLM örs - , ,, Die Decentralisation in Frankreich. Der jüngste Ausfall der Wahlen zur gesetzgebenden Kammer in Pari- hat den erwünschten Erfolg gehabt. Der Kaiser, mit jener ihm eigenen Gewandtheit, dre in der Luft schwebenden Fragen zu erfassen und in seinem Interesse auSzubeuten, hat den Sieg der Pariser Opposition zum Anlaß eine» Ministerwechsels und einer principiellea Verwaltungsreform benutzt. Auf den Ministerwech el ist an sich weniger zu geben, da da» napoleonische Regiment ein persönliche» ist. Wohl aber wird derselbe dann von Bedeutung, wenn er mit einer grundsätzlichen Reform der Verwaltung,Hand in Hand geht. Hiervon liegen nun aller dings erst die Anfänge vor in dem bekannten Schreiben des KalserS an den Präsidenten deS StaatsratHS, in welchem diesem aufgegeben wird, zu ermitteln, wie der weitläufige Geschäftsgang abgekürzt werden könne. Die Eentralisation ist nicht erst seit heute und. gestern da» Unglück Frankreichs. Da» Regieren und Regiertwerden von oben herab, statt von unten heran,', daS Zusammenraffen aller Macht in der großen Staatsmaschine der Residenz ist ein alte- Uebel, da» aber Loui- Napoleon nur noch gründlicher benutzt und verstärk hat. r Der Staat ist weder etwa- zufällige», noch etwa» künst liche». Er ist die nothwendige und natürliche Form für da» Zusammenleben der Volksgenossen. Er erhalt und ergänzt sich nicht >von oben herab, sondern von unten herauf. Wie aus der Wurzel dem Baum und seiner Krone der Lebenssaft zufließt, so dem Staat und der Regierung au» der Familie und der Ge meinde. Au» ihnen strömen dem Ganzen die tüchtigsten Kräfte zu. j Und zwar in zwiefacher Hinsicht, y Zuerst sind, sie e», in deren Schooße sich der zukünftige Staatsbürger entwickelt, sie, Herm Pflege und. Erziehung dem Staate Bürger giebt. Und sodann erstarken in der Family in der Gemeinde jener Schaffen»-. trieb,ljkne Wirksamkeit für die Umgebung, jener Gemeinsinn, alle die Bürgertugenden, die in letzter Instanz dem Staate unmittelbar zu Gute gehn. l ch? Dieser naturgemäße Stufengang von Familie zu Gemeinde, Hrei» und Staat, der tief im germanischen Wesen wurzelt, ist dem französischen Sinne fremd. Schon die Familie, dieser Grund- und Eckstein allen SlaatSbau », nllen sittlichen Leben»,; ist dort nicht jo wie bei un» ein Gegenstand unantastbarer Verehrung^ KjoSüttnjosigkeiSy de» Parise, P-rUteoe und GrisiuMhUm^^ der äsmi mynäe, ohne welche e» kein Theater und keine Theater stücke in Franke'ich giebt, haben da» Familienleben tief unter graben und mit Schauvern liest man in französischen Romanen und sieht man L r französischen Lust vielen Dinge, die zur nvth- wendigsten Voraussetzung eine vollständige Gleichgiltigkeit gegen die Famllie haben. Und nun die Gemeinde! n Da ist keine Spur von jenem frischen, regen Antheitnehmen am Gemeinwohl, wie eS selbst unter minder günstigen politischen Verhältnissen in Deutschland zu finden war und Gottseidank zu finden ist. " DaS Uebel stammt von Ludwig XlV. her, der zu Gunsten einer schroffen Reichseinheit und auS finanziellen Rücksichten^ lle Gemeindefreiheit erstickte und da- ganze Land abhängig machte von Paris. Die französische Revolution fand bereit- die Eett- tralisation vor, auf deren Grund auch ihre Träger regierten. Schon vor ihr war ein Beschluß deS Geheimen RatHS zu Pan» nöthig, ehe in einem Dorfe der vom Wind am Kirchendach angerichtete Schaden reparirt und eine ganz geringe Ausgabe gemacht werden konnte. * Frankreich zerfällt — von Nizza und Savoyen abgesehen in 86 Departements mit 363 Arrondissements, 2847 CantoNen und 36,835 Gemeindm. Dem Departement-steht det Präfeet vor, dem Arrondissement der Unterpräfect- der Gemeinde der Maire. Alle diese Beamten ernennt der Kaiser, der Maire wird in Ortschaften von über 3000 Einwohnern vom Präfecten er nannt und zwar auf je fünf Jahre. Der Präfett würde unge fähr unserem KreiSdirector entsprechen, nur mit dem Unterschieds, daß dieser an der Spitze einer collegialen Behörde steht, während der Präfett eine einzelne Person ist mit höherer Macht, al» die ihm zur Seite stehenden Pcäfecturalräthe, die indeß gleich ihm vom Kaiser ernannt werden, daß ferner die KreiSdirection selb ständige Instanz ist, während der Präfett lediglich daS Provinzial organ der Regierung bildet. JedeS Departement hat sogar — wa» un- fehlt — eine berathende Körperschaft, den Generalrath, zu dem jeder Kanton ein Mitglied wählt. Diese Generalrärhe, von LouiS Philipp eingeführt, haben ihren Zweck, die Selbstregierung zu fördern, nicht erfüllt. Namentlich unter der kaiserlichen Re gierung sind sie zu einem völlig abhängigen Regierungsorgane verblaßt. Der Unterpräfect ist zu weiter nichts eingesetzt, alS zur Vollziehung der Befehle de» Präfetten in seinem Arron^ dissement. Der Maire ist nicht wie unser Bürgermeister Ge- meindebeamter, sondern Organ der Staatsbehörde. DerMunizipal- rath vertritt die Gemeinde, ohne ihn kann der Maire keinen für die Gemeinde verbindlichen Beschluß fassen. Der Maire hat zunächst die Aufträge der Regierung auS- zuführen. Sovann handhabt er die Polizei. Dazu gehört die Sicherheit--, Armen-, Gesundheit--, Reinlichkeit--, Straßen-, Feuer-, niedere GewerbS-, weltliche Kirchen-, Sittlichkeit--, Ge sinde- und Marktpolizei. Ueber alle diese Fragen entscheidet det Maire. Seine Entschließung unterliegt indeß der Genehmigung des Präfecten, dem sie vom Unterpräfetten einberichtet wird. Diese Genehmigung wird stillschweigend ertheilt, der Bescheid also im Falle der Nichtgenehmigung cassirt. Entschließungen de» Maire gegen eine einzelne Person oder über eine einzelne Sache werden nach der Einberichtung an den Präfecten rechtskräftig; Ent schließungen über dauernde Einrichtungen werben e» nach Abwick von 30 Lagen, innerhalb welcher dem Präfecten daS'Mecht det Annulation, nicht aber da» der Abänderung zusteht»' Als Gemeindevorstand verwaltet der Maire die Gemeinde- güter. Er führt die Geburt», HeiratHS- und Sterberegister und bewrgt die bürgerlichen Trauungen. Von ihm geht 'auch "dti Ernennung fast aller Gemeindebeamten au». '-1. Der Munizipaltath lwirdnauf breitester Grundlage wählt. . Jeder unbescholtene 21jährige Franzose, - der 6 Monate in der Gemeinde wohnt, ist wahlfähtg, jeder 25jährige wählbar Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Der Munizipalräth wird viermal im Jahre auf je 10 Tage einverufen Der Präfett kann ihiF suspendiren, Her Kaiser ihn auflösen, worauf letzterenfa^ Kaiser oder Präfetten ernanntet Au-schu- die Geschäfte bi» M den Neuwahlen verwaltet. Die; Zahl der Munizipalrath-nut- glieder beläuft sich auf >1V hi» je ngch der Oatzt d«k lPjW wohner. nrä ru 4)4