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«l B» De-lMunkzipalrach beschkk-t^ berüth und begutachtet/ 8p befthließt über die Verwaltung ded Gemeindegütet, übet die Be» V^MiKn derj^ Pachtverträge (für Landgüter bis zu 18, für' Häuser bi- zu 9 Jahren^, über Vertheilung oder Nutzung der Hemtindegrundstücke und de- Gemeindeholze-. Alle kiese Ge schlafft werden der Gemeinde öffentlich mitgetheilt; sie Hegen im Gemeindehause zu Jedermann- Einsicht aus, wa- durch Trom mel,^Schelle oder Anschlag bekannt gemacht wird. Darauf erst wird der Beschluß dem Präfecten zur Genehmigung unter breitet. , , 2 Lediglich zu berathen hat der Munizipalratb da- Gemeinde budget, die Veräußerung oder Anschaffung von Gemeindegütern, Gut-verpachtungen auf längere al- die vorgedachte Zeit, Anleg ung neuer Straßen und Plätze, Annahme vvn Schenkungen und Legaten, sowie Prozeßsachen. Die Ergebnisse dieser Be- rathungen werden dem Präfecten, ja den Ministern und dem Kaiser zur Genehmigung vorgelegt. Sem Gutachten abzugeben hat der Munizipalratb über kirchliche und sonstige Angelegenheiten, welche ihm die Behörde vorlegt. Endlich darf der Munizipalratb der höheren Behörde Wünsche über Gemeindeangelegenheiten vortragen. j l Noch schlimmer al- in den Provinzen sieht eS mit dem Bolksregiment in Paris aus und hier hat insbesondere Louis Napoleon viel dazu beigetragen, die letzte Spur gemeindlichen Selbstgefühls zu beseitigen. Hier werden die Maires, deren Adjuncten und die Munizipalräthe vom Kaiser unmittelbar er nannt. Paris hat 12 Arrondissements mit 48 Stadtvierteln. In alleriüngster Zeit sind durch Erweiterung dcS Weichbildes und der Städtgrenzen noch mehrere hinzugekommen. An der Spitze jedes Arrondissements steht, ein Maire mit zwei Gehülfen. Sie haben, obwohl vom Kaiser selbst ernannt, dennoch nicht einmal die Befugnisse ihrer Provinzialkollegen, indem sie nur die Eivilstandesregister führen und den Wohlthätigkeitövereinsver- sammlungen prasidiren. Ihre übrige Thätigkeit bei Anfertigung der Wählerlisten, bei der Aushebung u. s. w. erfolgt im Auftrage der Regierung und nicht in gemeindlicher Function. Für die Gemeindeverwaltung ist der Präfect des SeinedepartementS, für die Polizei ein zweiter Präfect von der Negierung ernannt, dem für jede- Quartier ein von der Regierung ernannter Commiffar untergeordnet ist. Seit den SicherheitSgesetzen ist der alleinige Polizeipräfect von Paris der Minister des Innern. In ähnlicher Weise hat Louis Napoleon das Wenige, was von Selfgovernment vorhanden war, in Lyon- der zweiten Stadt Frankreichs, erstickt. Sie ist in fünf Arrondissements getkeilt, deren jedem ein Maire mit zwei Gehülfen vorsteht. Die Ver waltung und die Polizei wird von den beiden Generalsecretären de- Präfecten besorgt.» Sämmtliche Ernennungen erfolgen durch den Kaiser. Ueberhaupt ist seit 1855 in allen Städten über 40,600 Einwohnern den Maires die Polizeigewalt entzogen worden. Auch in den Einzelheiten der Verwaltung zeigt sich überall da- System der Bevormundung. Ohne höhere Erlaubniß der Regierung kann die Gemeinde keine Verbindlichkeit eingehen. Handelt e- sich um den Ankauf eines Grundstücks, so schlägt ersten- der Maire ihn dem Munizipalratb vor. Hat zweitens dieser letztere genehmigt, so werden dritten- zwei Sachverständige, einer vom Verkäufer, einer vom Unterpräfecten ernannt, die den Kauf prüfen. Es kann dann viertens Jedermann öffentlich auf- gefordert werden, seine Einwendungen gegen den Kauf geltend zu machen. Darauf faßt fünftens der Munizipalrach ander- weiten Beschluß und wird sechstens die Genehmigung des Prä fecten eingeholt. Erfolgt ein Einspruch feiten einer Privatperson, ' so geht die Sache bis zum Minister teS Innern , dem StaatS- rath und selbst dem Kaiser. Ohne Genehmigung dc5 Präfectur- raths darf die Gemeinde keinen Prozeß führen, weder als Klä gerin, noch al- Verklagte. Keine Arbeit, keine neue Ausgabe darf ohne Genehmigung der kaiserlichen Behörden, unter Umständen de- Kaiser- selbst, seine- Ministeriums, de- Staatsraths, auSgeführt werden. Der Maire ist auf Zeit gewählter, absetzbarer Staatsbeamter, ebenso wie der Steuereinnehmer. In eben dem Grade, in welchem sich ein Franzose um die Angelegenheiten seiner Gemeinde kümmert,^ unterliegt er der argwöhnischen Oberaufsicht der Regierung. nrä Neuere ftanzSflsche Schriftsteller haben auf bk, unter dem' Eäsari-mu- gesteigerten Mängel dieser Eentralisation u hinge, rvieseü. 1 Sie haben Folgende- gefordert — und an der Mäßig keit dieser Forderungen, welche bei un- großencheil- erfüllt find*,' erkennt man, Ivie weit Frankreich noch zurücksteht. Die Mairt- sollen von Gemeinderäthen ernannt werden, statt von der Regie rung. Die Gemeinderäthe sollen jederzeit zusammenkommen dürfen, ihre Sitzungen in der Regel öffentlich sein; die Gemeindebeamten, einschließlich der Lehrer und Professoren, sollen von dem Maire und? von dem Munizipalratb ernannt werden. Die Gemeindebeschlüsse sollen in der Regel sofort und ohne vorgängige Genehmigung^, der Regierung rechtskräftig werden. Alle Gemeinde- und Pro vinzialangelegenheiten sollen in der Gemeinde oder der Provinz erledigt werden, vorbehältlich de- RecurSrechts an die Regierungs behörde, Aufhebung der Fond-, welche die Gemeinden zur Ver fügung des Ministerium- zu stellen haben, und welche diese- nach Willkür und der größeren oder geringeren Beliebtheit ein zelner Gemeinden vertheilen kann. DieS ist einer der gefährlich sten und verderblichsten Punkte des französischen Verwaltung-- wesens. Wir haben zwar in Deutschland auch oft genug Sdn» liche Grundsätze handhaben oder doch aussprechen sehen. In Hannover hat man unter dem Grafen BorrieS sich nicht ge scheut, die Gelderbewilligung zu Hafenbauten zu versagen, weil die Bewohner jener Hafenstadt oppositionell gewählt. Allein dies geschah doch unter allgemeiner Mißbilligung. In Frank reich aber ist's unbeanstandete Regel, die erst von den Gemein den eingezahlten Gelder rein Hach ministerieller Gunst zu ver wenden Ferner wird zur Decentralisation erfordert, daß die An gelegenheiten des Departements nicht von der Regierung, son dern von freigewählten Departementsräthen verwaltet werden, und daß die Prozesse der Gemeinden mit dem Staate über öffentliche Arbeiten, vor die ordentlichen Gerichte gewiesen werden. Jene „gemeinschaftlichen KonhS", welche die Minister be- liebig unter die Departements und Gemeinden Frankreichs, be ziehentlich die Präfecten beliebig unter die Gemeinden al- Zu schuß zu deren Ausgaben vertheilen können, beliefen sich im Jahre 1855 auf 25 Millionen Francs — in deren willkürlicher Ler- theilunq ein gewaltiges Bestechungsmittel liegt. . Wie sehr man in Frankreich des CentralisationSfysteme-, überdrüssig sei, erweist die zunehmende Theilnahmlosigkeit der Bevölkerung bei den Gemeinoewahlen, die fak nie im ersten Wahlgange zu Stande kommen. Die Gemeindeverwaltung ist machtlos und enorm kostspielig. Dabei verarmen und veröden die Gemeinden. Der Staat, oder noch besser der Kaiser, hat die Rolle des AllerweltbeglückerS übernommen und so fehlt e- an allem gesunden und ruhigen Streben nach Selbsthilfe und Selbstregierung. Alle jene segensreichen Institutionen, die wir. neuerdings in Deutschland dem gesunden Einigungstriebe, dem Drange nach Selbsthilfe verdanken, sind in Frankreich ein reine- Ding der Unmöglichkeit. Alles thut die Regierung, nicht- die Gemeinde. Die Regierung baut die Straßen, bevölkert die Städte, entvölkert, daS Land. Die Masse von Bauten über völkerte die großen Städte. Da kam die Regierung und zwang die Städte, jenen Arbeitern billiges Brod und billige Wohnungen zu beschaffen. Bekannt ist, wle die Stadt Paris unter diesem Zwange beinahe bankrott geworden ist, da sie den Arbeitern da- Brod um billigern Preis, als die Selbstkosten, liefern muß. Diese Art der Hilfe, durch StaatSdekret und auS dem Gemeinde-. säckel, anstatt durch Einigung und vernünftige Sclbsthülfe, er scheint uns als ein Gräuel. Sie erniedrigt die Arbeiter zu Bettlern und bereitet den unfehlbaren Ruin der Gemeindekassen vor. Bei unS würde man — und nur die Anhänger des Herrn Lassalle können sich nach den Fleischtöpfen französischen Präfec- tenthums sehnenvon . ganz anderen Grundsätzen auSgeden. Der Arbeiter kann sich selbst helfen; er braucht daS Brod nicht unter dem Kostenpreise, wenn nur sonst »ute Arbeitslöhne ge»2 währt werden, wenn nur sonst durch Consumvereine, Rohstoff- ? vereine u. s. w. dafür gesorgt ist, da- er nicht übertbeuert werden Wohin man blickt in Frankreich, überall ist^ie-Staat-nnrfchme in Gang, nirgend ist der Entwickelung de- Einzelnen, wie der Gemeinden Raum gelassen. Kein Wunder darum, daß jeder