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4*>e >eden LLochcniag Abends (mit dem Datum veS folgende» Tages) zur Ver wendung gelangende unparteiische Zeitung „Süchnscher Landes - Stiizejger" mit dem Beiblatte: .Tägliches Unterhaltiingsblatt" und dem humoristiich illnstr.Sonntagsblatt „Liistiges Bilderbuch" lostet monatlich nur M Psg. (Postzcitungs-PreiSliste Nr. 4633.) Tägliches Unlerhallungsblatt. Beiblatt Mm Sächsischen Lanbes-Alyeiger. Wiede's Versag, Chemnitz Insertio»Sprcisi»i„Sächsi!a»des-«nzeiller'-.- Raum einer schmalen Corpuszeile lü Pfg^ Bei Wiederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man tznsertionsbctrag (in Briefmarke») beifügen <ie8Silt>enCorpusschrift bilden ca. 1 Zeile). Der großenAuflage wegen könnenAnnoncen nur bis Vormittag angenommen werden. Schwer geprüft? Roman? von lJuli«- Keller. , Nachdruck v rboten. Fortsehung. »TS ist die höchste Zeit, daß ich gehe* sprach der Prediger, nachdem die Schläge verhallt waren, »ich war recht lange bei Euch.* »Und Sie gehen so von mir,* stöhnte Heyne, »so von mir, ohne mir bewiesen zu haben, daß er schuldig ist — daß er nicht — nicht hängen wird — ?* ES war ein fast irrsinniger Blick, mit welchem der Schließer diese Wort« begleitete. »Ich werde morgen noch einmal darüber mit Euch sprechen — und recht ausführlich,* antwortete der Gefragte ziemlich fassungslos. »Ihr wißt, daß mich weine Pflicht jetzt zum Herrn Direktor rnft.* »Werden Sie ihn fragen, was er über Barthold denkt?" „Er ist von dessen Schuld fest überzeugt.' „Dar war unser damaliger Director auch, und dennoch — dennoch —" »Ruhe, Ruhe, Alterl* sagte der Geistliche, indem er freundlich und begütigend die Schulter des Schließer» berührte. „Ihr müßt Euch zur Fassung zwingen. Geduldet Euch bis morgen * Mit einem enttäuschten, stumpfsinnigen Blicke sah Sebastian Heyne dem Hinausschreitende» nach. »Er kann mir auch nichts sagen,* stöhnte er dann verzweifelt, »er kann mich auch nicht beruhigen — die Qualen bleiben mir! Nicht lange mehr wird'» dauern — dann kommt er — der schauer liche Morgen — die furchtbare Stunde — in welcher ich ihn hängen sehen werde —* Er schüttelte sich, wie von innerem Grauen erfaßt, und starrte mit furchlsamen Blicken nach der Thür. Unendlich lang haftete» seine Augen bewegungslos auf einer Stelle, während heftige Kämpfe sein Inneres zu durchwühlen, ein Chaos von Gedanken sein Hirn zu durchwogen schienen — dann aber belebten sich plötzlich sein« Blicke und ein seltsamer, ungemein lebhafter Ausdruck, fast ein Ausdruck der Freude, erhellte sein faltige- Gesicht. Seine Hände zitterten — mit einer schnellen, jähen Bewegung preßte er sie an die Brust. Ein tiefer, langer Seufzer der Erleichterung entquoll seinen schmalen, bebenden Lippen. »Rettung I* rief er in gedämpftem Tone und mit beinahe froh lockender Miene aus — »Erlösung!* 14. Nicht lang« Zeit darans betrat der Schließer dl« Zelle Walter Barthold». In seinem Wesen verrieth sich eine lebhafte Unrnhe, die aber wesentlich von der, welche er vorher zur Schau getragen, ver- schiede« war. Er näherte sich langsam de« Gefangene«, welcher in gebrochener Haltnng auf dem Holzschemel saß und mit tief verdüsterten Blicke«, ob«e zu arbeite«, vor sich hinstarrte. »Wora« denkt Ihr ?* fragt« der Schliefer plötzlich in so scharfem Tone, daß Barthold aufblickte. »Was kümmert Euch da»?' entgegnete er trotzig. »Nu«, nun, meine Frage war nidt böse gemetnt — Ihr wißt ja doch, daß ich Interesse an Euch nehme nnd habt Euch wahrlich nicht über «ich zu beklagen. Ich dächte, in solcher Einsamkeit wüßte e» Euch avgtnrhm sein, hi» nnd wieder mal ei« paar Worte Plau der« zu könne».* »Ich plaudere eben,* sagte Walter Barthold mit eigenthümlicher Betonung. »Ah, Ihr plaudert! — Ja, mit wem denn?* »Mit meinem Weibe." Der Schließer zuckte zusammen. Die Antwort schien ihm in» Herz zu schneide«. Aber er mußte entschlossen sei«, jede Neigung s«i«e» Herzens zu unterdrücken, denn er faßte sich schnell u»d bemerkt«: WZ »Also mit Eurer Fra«? Hm, hm, nun, da» ist eine ungefähr liche Plauderei, und wen» Euer Grübeln so harmloser Natur ist, dann darf man nicht« Böse» davon erwarte« — Ihr scheint «ich nicht recht zu verstehen. Ich meine, daß die meisten der Gefangenen, wenn sie so düster und in finsterer Schweigsamkeit vor sich Hinstarre«, au ganz andere, an gefährliche Ding« denke«. — Ihr antwortet mir nicht, scheint also bei übler La««e z« sein — hm — ist man da», wen« man mit seinem Weibe plaudert?* Mit erwartungsvollem, la«er»dem Ausdruck hingen sein« Blicke a»f der Gestalt «ud dem Antlitz Barthold», welcher kein Wort ant wortete, sonder« wieder ins Leere starrte. „Keine Antwort,* sprach der Schließer nach längerer Pause kopfschüttelnd, »diese» Schweigen ist eine schlechte Illustrativ» zu Eurer gute« Laune. Meine Gesellschaft scheint Euch lästig zu sei«. — Ich glaube, Ihr haltet mich für dumm. Aber ich will Euch'- be- weisen, daß ich'S «tcht bi«. Wißt Ihr auch, daß ich überzeugt bi«, aos'S Gröblichste von Euch belogen z« sein? — Ihr habt mit E«erm Weibe geplaudert, sagt Ihr? — Nun, ich sage Euch, da» ist nicht wahr! — Wo» gebt Ihr darum, wenn ich Euch sage, wora« Ihr gedacht habt, als ich hier «intrat und Euch störte, ja, woran Ihr «och i« diesem Augenblick mit Anstrengung alle« Eurer Sin««»- kräste denkt?' Er trat dem Gefangene« noch einen Schritt näher, so daß er ganz dicht an dessen Seite stand, beugte sich herab und flüsterte iu scharfem Tone: An Flucht —* Wie von einem elektrischen Schlag bewegt, hob sich da» Haupt deS Gefangenen empor. »Wie meint Ihr da»?* fragte er hastig. «Ich sage Euch, daß Ihr an Flucht dachtet -- daß Ihr darüber nachsannet, wie Ihr aus diesem Gefängniß entwischen könntet!' Jetzt beschattete ein Ausdruck tiefster Wehmuth da» Antlitz Barthold'-. »Flucht?* wiederholt« er leise, mit zitternder Stimm«, »Flucht, sagt Ihr?! O, daß ich ei« Narr wäre, solchem Gedanke» nach- zuhängrn, einem Gedanke«, der mir da» Blut rascher durch die Adern treibt, der meine Pulse fieberhaft und pochend macht, verführerische Bilder vor meiner erhitzten Phantasie entstehen läßt — der eine« süßen Traum vor we'ue Seele za«b«rt, aus dem ich doppelt elend erwachen müßte, nach w 'chrm ich mein Unglück nur um so drückender em pfinden würde' Er richtete sich höher auf und feine Blicke ruhte« mit einem fo furchtbare« Ausdruck auf dem Gesicht de» alte« Schließer», daß die Farbe desselben jäh wechsrlte. »Unbarmherzige« Manu,* flüstert« Walter ln unheimlichem Ton, »warum habt Ihr mir diese» Wort iu das Hirn geblasen? — warum erwecktet Ihr mit teuflischer Grausamkeit «l««n Gedanken in mir, dem nachznhäugen «ine Thorhrit — ja Wahnsinn ist, «ud den ich dennoch nun nicht mehr werde bannen können, der sich siegreich in mein Haupt einniste», de» Schlaf an- meine« Auge« treiben und mir die wenigen Stunden der Rohe, welche ich noch genieße, rauben, ver kümmern wird? — Worum habt Ihr da- getha«?* In den kleinen Augen Heynes spiegelte sich deutlich der Kampf wieder, welcher sei« Ju«ere» zerwühlte. Mit u»e»dlicher Anstrengung suchte er seine Erregung zu über winde» und setzte sich anf den Strohsack nieder. »Ich wollte nicht grausam gegen Such sein,* sagte er da«» flüstern», »verlaßt Euch darauf, den« ich habe Mitleid mit Euch. Nein, ich wollte Euch nur wittheile«, daß ich kein Thor bin, sondern Eure Gedanken durchschaue. — Und ich wiederhole Euch daher noch einmal: was Ihr mir auch sage» wöget! Ihr dachtet an Flucht! Ja» Eure Empfindungen find wir so tlar, als ob sie meine eigene Brust bewegte«. — Gleichviel, ob Ihr schuldig oder ««schuldig seid — Ihr fitzt im Gefängniß — für Lebenszeit — da» G«adeugrfuch ist rin für allemal znrückgewiesrn — e» giebt also keine« Ausweg» keine Rettung für Euch. Ihr müßt bi» an E«e« Lebensende i« dieser Zell« schmachten, müßt Euch in Sehnsucht «ach Euer« Weib« verzehren. E» giebt kein Mittel, da» Euer« heißesten Wünschen, der Wiedervereinigung mit Eurem Weibe Erfüllung brächte, kein» — bi» auf Ein«»: — und diese» Ein« ist die Flucht. — Kein Wunde«, daß diese» Mittel Euch i« den Sinn kommt; ich lege «rin« Hand darauf in» Feuer, daß r» de, Fall gewesen ist.* »Ihr seid rin Teufel!' »Mit nicht««, ich folge nur Euer« Gedanken. Während der vielen Tage und Stunden, da Ihr nun fo in tiefste» Grübeln ver sunken hier fitzt, habt Ihr uua«»gesetzt nach einem Wege gesucht, auf dem Ihr mit einiger Sicherheit an» diese« Gefängniß in di« golden« Freiheir gelangen könntet! — Ihr habt erwogen nnd geprüft und Euer Hirn zermartert. — Die Thüreu unserer Zellen find fest und widerstehen jedem Angriff — wen« e» aber anch gelingen könnte, «ine derselbe», jene dort, zu öffnen, so wäre damit doch nicht» ge wonnen. Alle Gänge sind mit Wachen besetzt — wir befinden un» hier im zweiten Stock und ehe man da» Thor unten errtichen könnt«, wäre mau dreimal ergriffen . . . Mit dem Weg durch di« Thür ist'» also nicht» — «» blieb« nur der durch'» Fenster.* Mit unendlicher Spannung hinge« die weitgeöffnete« Angen Barihold» an d«n Lippen de» alten Schließer», der sein« seltsame, i« leisesten Flüsterton geführte Rede alsbald fortsetzt«: »Und mit diesem einzigen Wege der Rettung, de« Euch — ich glaube e» bestimwt — möglich erschien, beschäftigten sich Sure Ge danken . . . Groß genug wäre di« Orffuung, um bequem hiudurch- zuschlüpfeu, dachtet Ihr — wen« nur die lästigen Eiseustäbe nicht wären I — Sie find aber da — nnd zwar fest nnd dick — sie ver sperren den Weg zur Rettung. Nun giebt'» zwar ei« Werkzeug, mit dem man solch ein störende», oder anch mehrere derartige Hindernisse vernichten und wrgräumen kan«: nämlich — eine recht gut«, scharf« Feile — aber ich bin nicht im Besitz« einer solchen nnd habe nie mals AnSficht, sie zu erlange« . . . durch «in Wnuder nur könnte ich eine Feile erhalten, und Wunder gescheht« heutzntag« nicht »ehr — oder wenigsten» nur sehr selten .... ja. wenn ich «ine Feil« hätte, meintet Ihr weiter — dann ach, dann wäre mir anch nicht geholfen! Ich kauerte im Fenster und blickte hinab anf die Maner — die sich allerdings an dieser Seit« ganz dicht am Hanse hinzieht. Aber di« Höhe ist doch z« groß, um «inen verzweifelten Sprung anf Leben und Tod wagen zu können. Die Rettung liebe sich nicht ander» bewerkstelligen, al» mit einem kräftigen Seile.* »Ja, mit einem Seile,* wiederholte Barthold, wie faSriuirt von den Worten de» Schließer». »Treff' ich'S nicht meisterhaft?' fragte dieser mit eigeuihüm« lichew Angenblinzeln und sprach daun in seiner geheimnißvolle« Weise weiter: »Dieses Seil, n« den Stumpf «ine» de, Gitterstäbe geschlungen» irgend rin schwere» Stück, vielleicht die Feile an di« Spitze gebunden und dann mit einem kräftige« Ruck hknabgeworfe«. böte «inen vor trefflichen Halt, an dem ich mit einiger Geschicklichkeit bequem hinab- gleiten könnte. — Die Mauer stößt ja hier glücklicher Wesse dicht an» Han» — da» Seil würde also mit weit ansholrudem Schwung sich gewiß über jene hiuwegwerfen lassen, so daß ich direkt aus da» Feld gelange« könnte! — Freilich, man wird mir nachsetzeu — iu der Stadt wird die Knnde von meiner Flucht sehr schnell bekannt — e» wird Militär aufgeboten werden, nm mich eiuznfaugen und — meine EträfliugSkleider können mich nur zu leicht Jedermann ver- rathen! — Wenn ich im Stande wäre, dieselben abzulegen und mit anderen vertauschen zu können, dann hätte ich wirkliche Hoffnung zu entkommen — aber ach! mir fehlt di« Feile, da» Geil «ud di« Klei» dungsstücke! — So dachtet Ihr, Walter Berthold, ich weiß «» ganz gewiß — denn so habe« schon Hundert« vor Euch gedacht — nnd manch Einer — ja manch Einer ist anf solchem Wege schon sicher entwischt und niemals wieder eiugefange» worden.* Die Seeschlavge. Von Hau» Sundeli«. Nachdruck verboten. Wenn di« Sonne iw Zenithe steht, di« Zeit der Hundstage und der saure« Gurken gekommen ist, wenn der Zeitungsschreiber Ver zweiflung» voll an seiner Feder kaut, da die hohe Politik ruht und sich iu die Bäder und auf di« Güter der Herren Diplomaten zurück gezogen hat, dann wälzt sie sich langsam heran iu die Spalten der Zeitungen und erscheint trotz ihrer Scheußlichkeit als rettender Engel. Gleich dem Mädchen in der Fremde erscheint sie in jedem Jahr, und und wenn sie anch «ine alte Bekannte ist, so wird sie doch immer wieder al» etwas Neue» begrüßt! Lächelt auch der ZeitungSleser über de« »Humbug", hat er auch schon oft zn anderen Zeiten erklärt, er glaube nicht an da- SeemaunSmärchen, «»willkürlich kehrt sein Blick doch wieder zn der Stelle znrück, wo da steht: Die Seeschlang,. Di« Serfchlonge ist unser treuester Sommergast, und welcher unsere» Leser kennt sie nicht, wer aber hat sie schon je gesehen? Keiner dürft« sich dessen rühmen können, ausgenommen einig« Schiffs kapitäne und ähnliche in dieser Hinsicht sehr glaubwürdige Leute. Die wissen gar viel von ihr und ihrer Fürchterlichkeit zu erzählen, aber da» konnte mau im Alterthnm anch schon. Bereit» Aristoteles (ge- porbrn 322 vor Christ«») und Pliniu» (gestorben 79 vor Christ«») gedenken der Geeschlange, wenngleich sie »och nicht von einer unge- heueren Größe derselben sprechen. Ebenso wird in der Bibel, Awo» Eapitel 9 Ver» 3. der Seeschlauge Erwähnung geihau, indem er heißt: „Und wenn sie sich gleich verstecken oben anf dem Berge Karmel, will ich fi« doch daselbst suchen und herabholen, und wenn fie sich vor weinen Augen verbergen im Gründe deS Meere», so will ich doch den Schlangen befehlen, daß sie daselbst stechen sollen.' Damit können aber sehr wohl Schlangen gemeint sein, di« wirklich existirr», die sogenannten Wafferschlavge», von denen etwa fünfzig Arte« in den südlichen Gewässern beobachtet und beschrieben worden find. Sie haben aber gar keine Nehnlichkrit und gar nicht» zu thun mit unserer riesengroßen fürchterlichen Zeitung»-Geeschlange, die dnrchau» nicht etwa »iu Ueberbleibsel uralter Zeit ist, sonder« ihre Entstehung erst den jüugstverflvffenen Jahrhunderten verdankt «ud al» deren Urheber nnd geistiger Vater der Bischof Olaf Magnus anzu- sehen ist, der un» iu seinem im Jahre 155b edirten Werke „llistori» ös Oentikus SoptvntriovLiidus" (Geschichte von nordische« Völkern) neben andere« ungeheuerlichen Geschichten Folgende» über di« See- schlavge austischt: »Die Bewohner der norwegische« Küste sind öfter» Zeugen eine» sonderbaren Phänomen» gewesen. In jenen Breiten «xistirt nämlich eine Schlange von zweihundert Fnß Läng« «ud zwanzig Umfang, die in de« Felsenhöhlen der Umgegend von Bergen lebt und de» Nacht» beim Mondschein au» ihrem Schlupfwinkel hervorkommt, nm Kälber, Hammel und Schweine zu vertilgen, oder sich in'» Meer b,giebt, um sich von Krabben n. s. w. zu nähren. Dies« Schlang, hat ein« zwei Fu) lauge Mähne, ist mit Schuppen bedeckt und ihre Auge» glänze« wie Flamme«. Der Bischof von Bergen erzählte auf Grnnd von Aussagen der die nördlichen Meere besuchende» Matrosen, daß die große Meerschlange sich zuweilen quer über ein Schiff wirft, nm «S durch ihr Gewicht nirderznzirhen. Auch erzählte der gelehrte Prälat, daß diese« furchtbare Reptil znweileu plötzlich auf rin Schiff loS- schnellt und dort sein« Beute unter Schiffsleuten oder Passagieren ergreift. Die Vorwärtsbewegung ist sehr rapide; die norwegischen Poeten vergleichen sie mit dem Flöge de» Pfeils. Wen« die Schiffer sie erblicken, rudern sie iu der Sounrnrlchtuvg davon, da» Unthier kann fi« dann, von den Sonnenstrahlen geblendet, nicht sehen. Mao sagt, daß r» zuweilen Boote mit seinem Körper wie iu einen Cirkel «tnschließt. Di« Erfahrung hat den erschreckten Seemann gelehrt, niemals in ein« Bucht zu gehe», welche die schlängelnde Bewegung de» Thiere» im Wasser zeigt, au- Besorgviß, daß e» sich plötzlich recke und dabei da» Fahrzeug umwerf«. Sicherer ist e», gerade aus den Kops loszusteuern, denn e» ist wahrscheinlich, daß da» Thier untertancht und verschwindet, namentlich, wenn man da» Schiff mit MoschuSessenz (!) begossen Hot. So verfahre» Diejenigen, welche nicht aurweiche» können; wenn fie aber da» Thier au» weiter Ent- serunng entdecken, beeilen fie sich, mit aller Ruderkrast da» Ufer oder irgend eine enge, dem furchtbaren Feinde unzugängliche Bucht z« erreichen.* So fabnlirt Olaf Magnu», und Nicolau» Bramin» erzählt 1656 «ehnltche». Aber wir brauche« nicht so weit znrückzugrheu, denn abgesehen davon, daß man auch in ollrrneuester Zeit nach zahl- losen Berichten die Seeschlauge gesehen haben will, liegen un» Nach richten über dieselbe anch an» dem Anfang unsere» Jahrhundert» vor. So erschien im Jahr« 1808 an der Küste der Orkney Inseln ein riesige» Seethier, und ganz Schottland war darüber rintg, daß r» die Seeschlauge sei: getäuscht durch die ihm schriftlich gelieferten Aussagen der Beobachter, nannte fi« der Naturforscher sofort Hn.!«^- 6rus I>ontox>xiänr>i; *) leider ermiese« sich die Wirbel de» gestran deten Thiere» >edoch al» solche de» Rieseuhai» (Lqualus maximus>, welcher in jenem MerreStheil« ziemlich häufig vorkommt Noch größere Aufmerksamkeit erregte 1817 und in diu folgenden Jahren da» Erscheinen «ine» Thiere» in dem Hosen von Glonrrster in Massa chusetts, welche» sogar die Linue'sche Gesellschaft zur Sbsenduug einer Commission veranlaßt«. Dteselbe beschrieb da» Ungeheuer in der gleichen Weise, wie die norwegischen Beobachte», nnd hatte auch de» Glück, »in an'» Ufer geschwemmte» angebliche» Diminntiv diese» Thiere» untersnchen und für «in Junge» derselben erklären z« könne«. *) Pontoppidan, Bischof von Bergen und ebeufall» Beschreibe» der Geeschlange. Diese junge Seeschlang« war aber nicht» andere», al» «ine drei Fuß lauge Laudschlange (Ooiuber eonstrietor), deren Wirbelsäule durch Krankheit gekrümmt erschien. Im Jahre 1834 wollte »an am öst liche« Ende von Nen-Schottland rin 60 Fuß lauge» und 3 Fnß dicke» Geschöpf gesehen haben, welche» den Kopf einer Robbe hatte, während sein Rücken von höckerortlge« Wellenlinien, durch welche er über da» Wasser ragte, bedeckt war. Di« Farbe schien schwarz, die Haut rauh und da» Thier dewegl« seinen floffrnlosrn Körper im Kreis, um ihn daun plötzlich wieder gerade zu strecke», also gerade so, wie Olaf Magnu» e» schildert. Ei» Jahr später sollt« da» fabel haste Ungeheuer i« Golf de» St. Lorenz in einer Länge von gnr hundert Fnß aufgrtaucht sein. Al» sich 1845 der englisch« Geolog« Lyell zu Boston aushirlt, erzählt der bekannte Notnrkundige Tarl Müller-Halle, versprach ein Manrrauschlag de» bekannte« nnd durch seine ans die Phantasie de» Publiknm» gerichteten zoologischen Spreu« lativneu anrüchigen Herrn Koch den gläubige« Boston«« endlich da» fossile Skelett der Seefchlange» jene» kolossale» und schreckliche« Rep til», zu zeigen. E» war der bekannte, auch in Deutschland ausge stellte und iu Berlin z« dem Preise von mehreren tausend Thaler« augrkauste Wafserkönig oder Hydrarcho». Wie Herr Koch auf die wunderlichste Weise bimüht gew-sen war, durch willkürliche Anreihung von Wirbeln die Größe de» Thiere» zu erhöhen nnd die Phantasie seiner Zuschauer zu entzünden, ebenso phantasiereich hatte er in dem Geschöpfe nicht allein die Seeschlange, sondern sogar den Leviathan der Bibel (Hiob 41) gefunden. Da» war da» erstemal, daß die Seeschlauge in Wirklichkeit vor da» erstaunt« Publikum trat, bi» die unerbittliche Wissenschaft in de« Ungeheuer ein erloschene» Walthier, den Zeuglodon der Zoologen, au» der eroänen Epoche der Tertiärzeit uachwie» und Herrn Koch an den Pranger stellt«. Jedoch, wir wollen unsere Leser nicht mit «och weiteren Be richte« über da» angebliche Auftreten der Seeschlauge ermüden, son der« un» nun vielmehr der Frage zuweudeu, wa» denn in Wirklich keit an der Seefchlange ist. Diese Frage ist äußerst schwer zu beantworten. Jedenfalls wäre «S gewagt, einfach zu behaupten, daß dieselbe ganz «ud gar ein reine« Phautafiegebilde sei, denn wir kennen, trotz der in letzter Zeit so weit fortgeschrittene» Naturforschung, gerade da» Meer noch lauge nicht gründlich genug, um «in entschiedene« Urtheil über seine Thierwelt abgeben zu können. Trotzdem hat der genannte vr. Müller Recht, wenn er sagt, daß «» dennoch dem Naturforscher widerstehe, au eine Seefchlange zu glaube«, weil er von dem Grundsatz outgeht, daß, so lange sich die bisher gesehene« Erscheinungen der Seefchlange auf andere Weise erklären lassen, ihre Existenz auch nur auf ungenügend beobachtete» Thatsachen beruhe. Höchstwahrscheinlich beruhe» alle die gemachten Beobachtungen anf Jrrthümern, indem man große Haifische, den Höckerpoltwal, selbst Riesentang oder auch einen ganzen Zug von Delphine« für «iu einzige» Thter gehalten und darin vie Seefchlange