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Vezugsbe-ingun-en: vt« „vorf^itung- rrlchrtnt j«d«» Wochentag »ochmttta«, b Uhr mit ixm Votum ix» folgentxn lug«,, vt« v«zug»g«bühr betragt 1^0 Marl »trrleljLhrUch ober bv pfg. für jebeu Monat, vt« ^vorfzeitung" ist zu beziehen durch dt« koilerlichen pvstonstalten, di« candbrtrstragrr und durch unftre vott» Sei freier Lieferung in, hau, erhebt dt« poft »och di« SusteUung»gedühr von 4Ü pfg. Tel«gramm-ttdr.: vorszeitung Dresden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Kgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt npd Dresden-Neustadt, für das Ugl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt - und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. , i il rlnzeigen-Preise Vi« «fttfpaing« S«ilr II 4V pfo kinzriarn-Ann 12 Uhr. — nnnah Grfchaftrfme«, N«tn« invalid« ndunk, kaaftnstrft, » Vogl G. k. Vaud« » to. in c«iPZtg, Zr « ftohl tnüchbl^n broda, ivtto Vittri« _ Lrimm In vr«»d«».lvSlf»ttz, Zriedrtch Leuchrrt in Losftdaud«, Dtto ftuniüh in Lotto, Mag 5«r1ch tu Losch Witz. Telephon: Dresden, Nr. 3916. tlr. 153. Dresden, Mittwoch, den 5. Juli 1905. 67. Jahrgang. Da- -teueste. Das Kaiserpaar gedenkt am Dienstag zu mehr lagigem Besuch in Hemmeimark, der Besitzung des Prinzen Heinrich, einzutrefsen. Ein Pariser Blatt teilt die Bedingungen mit, über die sich Deutschland und Frankreich angeblich im Marokkokonflikt geeinigt haben. Das niederländische Ministerium Kuyper hat die Konsequenz auS dem Ausfall der letzten Kammer wahlen gezogen und hat seine Demission eingereicht. In Kronstadt haben meuternde Matrosen den Kreuzer „Minin" verhindert, in See zu gehen; die Arbeiter des Petersburger Seehafens streiken. Das russische Rebellenschiff „Knjäs Potemkin" hat den Hafen von Küstendsche verlassen und, unbekannt wohin, in See gegangen. Die Einwohner von Odessa werden durch amt lichen Maueranschlag auf gefordert, die Arbeit wieder aufzunehmen, da die durch die Meuterer drohende Gefahr beseitigt sei. Seemacht in der Geschichte. Welchen Einfluß die Seeherrschaft auf das Schicksal der Völker hat, das zeigt der Krieg in Ostasien. Die Siege der Japaner zu Lande vermochten nicht, den russischen Nacken zu beugen. Erst der Verlust ihrer Flotte in der Tsuschimastraße hat die Russen zum Frieden geneigt gemacht. Aehnliche Erscheinungen können wir in der Weltgeschichte ost beobachten. Schon im Altertum hat die Seemacht eine bedeutende Rolle gespielt Im Peloponnesischen Kriege (431 bis 404 vor Christo), in dem Athen und Sparta um die Vorherr schaft in Griechenland kämpften, konnten die Spartaner trotz ihrer großen Ueberlegenheit zu Lande, trotz der wiederholten Verwüstung Attikas der seebeherrschenden Athener nicht Herr werden. Sie litten sogar viel unter den Einfällen der jonischen Flotte längs der pelopon nesischen Küste und mußten die Schmach von Sphakteria erdulden, wo 292 spartanische Schwerbewaffnete in die Gefangenschaft der Athener gelangten. Wenn schließlich doch den Lacedämoniern der endgültige Sieg zufiel, so ist das dem zuzuschreiben, daß sie sich als die männ licheren, als die kraftvolleren zeigten: sie folgten dem Gegner auf sein eigenstes Gebiet, auf die See. Sparta baute Flotten, wurde eine Seemacht und wagte es, seinen gewandten Feldherrn Kylippus weit über die See nach Sizilien zu schicken, wo der Kern des jonischen Heeres gegen die dorische Stadt Syrakus kämpfte. Die vollständige Vernichtung des athenischen Heeres wie seiner Schiffe war der erste Todesstoß für Athen als griechische Vormacht, die Vernichtung des Restes der athenischen Flotte am Aegospotamos (Ziegenfluß) durch den schlauen Spartaner Lysander der letzte. Die Macht Athens war dahin. Spartanische Trieren (^reiruderer) und Penteren t Fünfruderer) vollbrachten, was die spar tanischen Hopliten (schwerbewaffneten Landsoldaten) nicht ausführen konnten. Einen ähnlichen Fall zeigt die römische Geschichte. Vergebens rang die Landmacht Rom mit der See macht Karthago um den Besitz von Sizilien. Trotz mancher Erfolge der römischen Waffen stellte es sich immer deutlicher heraus, daß ohne eine Flotte im Kampfe mit den seebeherrschenden Karthagern eine Ent scheidung nicht herbeigeführt werden konnte. Die Küsten städte und das Küstengebiet der Römer wie ihrer Bundes genossen waren den Angriffen der Punier fortwährend ausgesetzt. Wo diese landeten, plünderten sie die Städte, zerstörten Gebäude und Pflanzungen und führten die Einwohner in die Sklaverei. Da kam für Rom der große Augenblick. Es gab den Beweis der höchsten Tatkraft: die bisherige Landmacht Rom suchte den Feind auf seinem eigensten Gebiet auf, sie ging zur See, baute in der unglaublich kurzen Zeit von 60 Tagen eine Flotte von 120 Kriegsschiffen, und — der Tag von Mylä sah den ersten großen Seesieg der Römer. Wohl sollte eS für die Römer nicht immer nur Erfolge zur See geben, auch bitteres Leid brachten ihnen die MeereSwoaen. Zwei Flotten gingen durch Stürme zu Grunde, und der ungeschickte Konsul Appius Claudiu- wurde bei Drepanum zu Wasser und zu Lande ge schlagen. Als aber in Rom infolge eines großartigen patriotischen Aufschwunges durch Privatbetträge und Veräußerung der Tempelschätze wieder eine Flotte von 200 Schiffen ausgerüstet war, und der Konsul LutatiuS CatuluS bei den ägatischen Inseln die feindliche Flotte völlig geschlagen hatte, da war des Sieges Preis nicht nur Sizilien, Sardinien und Korsika, sondern vor allen Dingen — Roms Herrschaft zur See. Wenn nun auch einer der geistreichsten Männer, den die Geschichte kennt, Hannibal, es umgekehrt wagte, seine Krieger ins Herz des römischen Reiches zu führen, so war das doch nur ein Mann. Die Karthager selbst zählten unterdessen ängstlich die Groschen, unterstützten ihren ausgezeichneten Führer in knauseriger Weise, und so kam es, daß die Sieger von Cannä nicht Rom, aber die Römer trotz Cannä, nachdem Scipio, der nachmalige „Afrikaner", mit 40 Kriegs- und 4M Lastschiffen über die See nach Afrika hinübergegangen war und den Sieg von Zama herbeigeführt hatte, Karthago zerstörten (146 vor Christo). Der Weg zu Roms Lüeltherrfchaft war geöffnet und nicht zum geringsten Teil durch die römische Flotte. Die Nutzanwendung für Deutschland liegt auf der Hand. Nicht wie es zur Weltherrschaft gelangen kann, soll hier angedeutet',werden wir sind keine Schwärmer—, sondern wie eine erhöhte Kraftanstrengung auf dem Gebiete des Flottenbaues auch unser geliebtes Vaterland vor schwerem Schaden bewahren kann. Politische Weltscdau. Deutsches Reick. Der Kaiser hat gestern seine mehrtägige Kreuzerfahrt in der Ostsee angetreten. Auch die Kaisern mit der Kaisertochter verließen gestern Travemünde, um in der Ostsee zu kreuzen. Der deutsche Botschafter Freiherr Speck v. Stern burg hat dem Präsidenten Roosevelt das Beileid des Deutschen Kaisers aus Anlaß des Todes des Staats sekretärs Hay übermittelt. Ter Botschafter führte aus, der Kaiser nehme herzlichen Anteil an dem persönlichen Verluste Roosevelts wie des amerikanischen Volkes, das einen Patrioten und Staatsmann von lauterem Cha rakter und hervorragender Begabung verloren habe. Der Botschafter- sprach sodann auch das Beileid des Reichskanzlers Fürsten Bülow aus. Zur Marokkofrage. Die offizielle Kon ferenzzusage der französischen Regierung ist dieser Tage zu erwarten. Bekanntlich hat Herr Rouvier be reits vertraulich die Mitteilung nach Berlin gelangen lassen, daß Frankreich die Einladung zur Konferenz annehmen werde. In einem Expose, Has im Pariser Kabinett ausgearbeitet wird, dürfte die offizielle An nahme-Erklärung Frankreichs mit enthalten sein, während der weitere Inhalt sich auf diejenigen Punkte zu be ziehen haben wird, die bereits in den verschiedenen Pourparlers geregelt sind. Gleichzeitig wird dann die entsprechende Erklärung Frankreichs an den Sultan von Marokko abgehen. Die Verständigung über einzelne allgemeine Grundzüge der Konferenz nimmt inzwischen erfreulichen Fortgang, so daß bald Meinungsverschieden heiten nicht mehr bestehen werden und dann in die praktische Lösung der marokkanischen Angelegenheiten eingetreten werden kann. Auch die öffentliche Meinung und fast die gesamte Presse Frankreichs tritt für rasche und allseitig befriedigende Lösung der Marokko frage ein. Der Bundesrat stimmte in der gestrigen Plenarsitzung den Ausführungsbestimmungen zur Be kämpfung der Reblaus zu und überwies den Entwurf von Vorschriften über die fakultative staatliche Prüfung für Krankenpflegepersonen den zuständischen Ausschüssen. In Sachen der EisenbahnbetriebSmittel- ae mein schäft haben neuere Verhandlungen des Finanzausschusses am 28. und 29. Juni in Eisenach stattgefunden. Trotz umfangreichster rechnerischer Vor arbeiten und eingehender Beratungen gelang es, nach der „Dtsch Ztg", noch nicht, einen annehmbaren Schlüssel für die Umlegung der JahreSauSgaben zu finden. Auch die organisatorischen Schwierigkeiten sind noch nicht beseitigt. Gestern fand im bayrischen Ministerium de- Aeußeren eine eingehende Verhandlung zwischen Vertretern der Metallindustriellen und Ver tretern der Metallarbeiter statt. Zum nächsten Mittwoch vormittag ist die Einberufung von Metall arbeiterversammlungen in München, Nürnberg und Augsburg in Aussicht genommen, in denen zu den getroffenen Vereinbarungen Stellung genommen werden soll. Gegen die bückeburgisch gesinnte Detmolder „Tageszeitung" findet am 5. Juli wegen der Kaiser- depesche an den Grafregenten Prozeß statt. In klarer Erkenntnis, daß im Kampfe gegen den polnischen KlerikaliSmus alle Deutschen der Ost mark Schulter an Schulter stehen müssen, hat der Hauptverein des Evangelischen Bundes in der Provinz Posen am 19. Juni erklärt: „Wir find bereit, mit allen deutfchnationaken Vereinen in der Ostmark zusammenzuarbeiten, auch mit den Vereinen deutscher Katholiken Hand in Hand zu gehen, aber dies un beschadet unserer spezifisch protestantischen Interessen und unter steter Bekennung unserer evangelischen Selbständig keit und Sonderart." Dieser Beschluß, der von den Vereinen deutscher Katholiken gewiß freudig begrüßt wird, hat der klerikalen Presse gewaltigen Schreck eingejagt. Der „Deutsche Ostmarkenverein" wird, wie die „Magd. Ztg." mitteilt, Mitte September einen großen „Deutschen Tag" auf der Marienburg veranstalten. Arankreick Rouvier hatte gestern nachmittag wiederum eine Besprechung mit dem deutschen Bot schafter Fürsten Radolin. Rußland. Ein unerhörtes Schauspiel der Anarchie bietet die russische Flotte des Schwarzen Meeres: der Admiral Krieger hat sich tatsächlich nicht im stände gesehen, die beiden meuternden Panzerschiffe „Fürst Potemkin" und „Georgi Pobjedonoszew" zum Gehorsam zu bringen, und ist unter kläglichsten Um ständen nach Sebastopol zurückgekehrt. Wäyrend das zweitgenannte Schiff vor Odessa blieb, hat sich, wie schon gemeldet, der „Potemkin" nach dem rumänischen Hafen Küstendfche (Konstanza) begeben, und die dortigen Behörden bestehen auf Entwaffnung der Mannschaft. Der dortige Hafenkommandant erzählte bei seiner Rück kehr von dem ,,Knjäs Potemkin", das Panzerschiff sei, wie die Matrosen berichten, bei seiner Abfahrt von Sebastopol von der Mannschaft vieler Schiffe des russischen Geschwaders mit Hurrarufen begrüßt worden. Der Mannschaft des „Knjäs Potemkin" gelang es, in Konstanza Proviant und Kohlen zu kaufen, weil die Einwohner ein Bombardement befürchteten. Die Mattosen des russischen Stationsschiffes fraternisierten mit den Meuterern, denen sie an Land begegneten. Es verlautet, die Mannschaft wolle sich den rumänischen Behörden ergeben, falls ihr zugesichert würde, daß sie nicht nach Rußland ausgeliefert werde. Nach Depeschen des „B. T." ist die Mannschaft des Kreuzers „Votemkin" aufgefordert worden, sich zu ergeben oder sofort den Hafen zu verlassen. Ein Auslieferung-Vertrag besteht nicht. Der Kommandant von Konstanza hat den Auftrag erhalten, keinerlei Verproviantierung zu ge statten und den Revolutionären zu erklären, daß die Landung in Konstanza nur dann unbehelligt möglich wäre, wenn sie sich vollständig entwaffnen ließen und die Schiffe übergeben. Falls sie dies ablehnen, soll die rumänische Flotte ihre Entfernung aus dem Hafen vornehmen. Ein russisches Torpedoboot versuchte, in den Hafen einzufahren. Nachdem der rumänifche Kreuzer „Elisabeth" einige Schüsse, ohne zu treffen, abgefeuert hatte, sah sich das Torpedoboot gezwungen, sich wieder zurückzuziehen. An Bord des „Potemkin" befindet sich kein intelligenter Soldat. Die Unent schlossenheit der Mannschaft geht aus ihrer ganzen Haltung hervor. Falls das russische Geschwader ver suchen sollte, den „Potemkin" im rumänischen Hafen einzufangen, müßte Rumänien die russischen Matrosen unter seinen Schutz stellen, da diese nur als Deserteure betrachtet werden können. Wie das Reutersche Bureau auS Odessa meldet, hat sich der „PobjedonoSzew" gestern morgen er geben. Die Rädelsführer wurden von den Offizieren des Schiffes bezeichnet und an Land gesetzt. Neueren Nachrichten zufolge wurde die infolge des Ausstandes von etwa 3000 Arbeitern in Kronstadt am Freitag au-gebrochene Revolte, bei der nach früheren Meldungen keinerlei Zusammenstöße zwischen Arbeitern, Polizei und Truppen stattgefunden haben sollten, durch Anwendung militärischer Gewalt unter Verwendung von Maschinengewehren niedergeworfen, wobei eine große Anzahl Personen getötet und