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Se«e 3. — „Sächsische Dorszeitung." — 5. Juli 1905. Haus des Herrn Bäckermeisters Schulze, der, aus dem Sofa sitzend, getroffen wurde, infolgedessen er gelähmt und ihm auch der Bart versengt ward. In Laufs fuhr ein Blitzstrahl in den Turm der Kirche, riß eine Unmenge Schiefer herab, beschädigte das Holzwerk der Uhr, ohne das Werk selbst zu verletzen, brach oberhalb der Uhr einige Steine heraus und verwüstete die Orgel. Die Klaviatur glich einem Trümmerhaufen. Auch über Steinbach, Radeburg, Okrilla sowie Radeberg bis nach Bautzen und die Sächsische Schweiz dehnten sich die Gewitter aus. Mehrfach schlug der Blitz ein und zündete stellen weise auch. Die Unwetter begleitete ein zum Teil Wolken- bruchartiger Regen, der strichweise auch starken Hagelschlag brachte. — Im Zoologischen Garten wurden nach dem Bericht über das Jahr vom 1. April 1904 bis zum 31. März 1905 105 Konzerte und außerdem 5 verschiedene Ausstellungen und Vorführungen veranstaltet. Gegen Be- zahlung des Eintrittspreises wurde der Garten von 311 997 Personen (gegen 254 609 im Vorjahre) besucht. 162 (132) auswärtigen Volksschulen mit 344 Lehrern und 10 651 Kindern wurde der Eintritt zu ermäßigten Preisen gestattet und von den städtischen Volksschulen erhielten 1504 (1443) Lehrer und 53 231 (52 237) Kinder freien Eintritt. Was den Tierbestand anlangt, so waren am 1. April 1905 381 Säugetiere in 115 Arten, 817 Vögel in 183 Arten und 135 Reptilien, Amphibien und Fische in 10 Arten, im ganzen 1333 Stück in 308 Arten vorhanden. — Der „Bergkeller" ist an und für sich schon em beliebter Ruhepunkt für Einheimische und Fremde. Eine besondere Anziehungskraft hat das Etablissement jedoch jetzt durch das Zirkus-Arena-VariSte erlangt, das von Tag zu Tag größere Anziehungskraft ausübt. Mit Beginn des neuen Monats hat die Direktion wieder neue Künstler gewonnen, die Schlagnummern des vorigen Programms: Der brillante Schulreiter E. v. Heymann und „Aertsens neue Menschen" prolongiert. Als neue Kräfte zeigen sich recht annehmbar Mlle. Borchert als fesche Tänzerin, der etwas derbe aber hinreißende Humorist Fröhlig — nomen <-8t omen — und der ganz aus gezeichnete Athlet Roller, eine prächtige, muskulöse Gestalt. Der Mimiker Max Arlo macht uns in scherzhafter Weise mit den neuesten Ereignissen bekannt. Von weiteren Neu heiten seien erwähnt: Mr. Veldemann mit seinem Wunder affen, der sehr gute Humorist Otto Berg und der Miniatur- Zirkus „Les Colon". Verblüffende Zauberkünste voll bringen die japanischen Zauberkünstler Jong und Jama — Aus dem Polizeibericht. Die Leiche des im letzten Polizeiberichte erwähnten Unbekannten, der von der Augustusbrücke in die Elbe gesprungen und ertrunken war, ist gestern mittag oberhalb der Pieschener Ueberfahrt ge landet und als die eines 23 Jahre alten, zuletzt hier auf hältlich gewesenen Barbiergehilfen erkannt worden. Mittel losigkeit ist der Beweggrund zu seiner Tat. — Schwurgericht. Am nächsten Mittwoch den 12. Juli werden sich der Böttchermeister Friedrich Louis Harzbecker aus Gohlis und dessen Ehefrau Anna Wilhelmine Harzbecker geb. Koch aus Liebenwerda wegen betrüglichem Bankerotts und Beihilfe vor den Ge schworenen zu verantworten haben. X Dresden-Pieschen, 4. Juli. Das im Grund buche für Pieschen Blatt 1208 auf den Namen des Baumeisters Max Bruno Richard Rietscher in Pirna ein getragene Grundstück soll am Donnerstag den 13. Juli 1905, vormittags ' »10 Uhr, an der Gerichtsstelle, Lothringer Straße i, l., Zimmer 69, zu Dresden, im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. Das Grundstück ist nach dem Flurbuche 4,4 Ar groß und auf 61 500 M. geschätzt. Es besteht aus einem in geschlosserter Bauweise errichteten Vorderwohngebäudc mit Verkaufsladen, Hofraum und Bleichplatz und liegt in Dresden-Pieschen, Moltke- straße 54. -i- Dresden-Trachau, 4. Juli. Folgende im Grundbuche für Trachau auf den Namen Friedrich Gustav Kauerhoff eingetragenen Baustellengrundstücke sollen am 21. Juli 1905 an der Gerichtsstelle, Lothringer Straße 1,1., Zimmer 131, zu Dresden, im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden: 1. vormittags 10 Uhr: das Grundstück Blatt 809, nach dem Flurbuche 10,2 Ar groß, auf 11925 M. geschätzt, umfassend das Flurstück Nr. 4306 des Flurbuchs für Dresden-Trachau und hier an der Wilder-Mann- Straße gelegen; 2. vormittags 109, Uhr: da» Grundstück Blatt 810, nach dem Flurbuche 5,5 Ar groß, auf 8250 M. geschätzt, umfassend das Flurstück M. 430« de- Flurbuchs für Dresden-Trachau und hier an der Wilder-Mann- Straße und KopernikuS-Straße gelegen. X Dresden-Trachau, 30. Juni. Das im Grund buche für Trachau Blatt. 740 auf den Namen Bertha Clara verehel. Hünerfürst geb. Goldammer eingetragene Grundstück „CafS Hünerfürst" soll am 11. Juli 1905, vormittags 9 Uhr, an der Gerichtsstelle, Lothringer Straße 1, !., Zimmer 131, zu Dresden, im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. Das Grundstück ist nach dem Flurbuche 7;2 Ar groß und auf 52 418 M. geschätzt. Es besteht aus Wohngebäude, Hof und Garten und liegt in Dresden-Trachau, Großenhainer Straße 199. Das Wohngebäude ist im Erdgeschoß zum Betriebe des Schankgewerbes eingerichtet; das vorhandene Inventar ist besonders auf 1250 M. geschätzt worden. — Aus der Lößnitz, 4. Juli. Die Gruppe Lößnitz, ortschaften des Evangelischen Arbeitervereins unternimmt am Sonntag den 9. Juli einen Ausflug mit Familie durch die Lößnitz nach dem Spitzhaus. Der Abmarsch erfolgt um 4 Uhr nachmittags von der Schutzhütte des Waldparkes. — Radebeul, 4. Juli. Im Juni wurden beim Wasserwerk „Neubrunn" 42 987 Kubikmeter gefördert, 5354 Kubikmeter mehr als im gleichen Monat des Vor jahres. ^Radebeul, 4. Juli. Vor der 4. Strafkammer standen heute morgen der 4877 in Großschweidnitz bei Löbau geborene, hier wohnhafte Steinschleifer Richard Ernst Farak und der Fabrikarbeiter Gustav Willi Schröder, um sich wegen Vergehens gegen das Vereinsgesetz und wegen groben Unfuges zu verantworten. Mittels Strafbefehls wurden die Angeklagten mit je 20 M. Geldstrafe belegt, weil F. ohne Genehmigung der Polizeibehörde im Restaurant „Vier Jahreszeiten" eine Versammlung einberief, in welcher öffentliche Angelegenheiten besprochen wurden, während Schröder in der Versammlung die Worte äußerte: „Die Polizei ist unser bester Agitator." Gegen diese Strafbefehle beantragten die Angeklagten die gerichtliche Entscheidung, welche den Erfolg hatte, daß beide Beschuldigte frei gesprochen wurden. Gegen die Freisprechung beantragte die Königl. Staatsanwaltschaft die Berufung, welche aber keinen Erfolg hatte, da dieselbe verworfen wurde. Die Kosten hat die Staatskasse zu tragen. T Niederlößnitz, 4 Juli. Der Haus- und Grundbesitzerverein beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung mit der Errichtung einer höheren Lehranstalt in der Lößnitz. Nach längerer Aussprache nahm man einstimmig folgende Resolution an: „Der Haus- und Grundbesitzerverein von Niederlößnitz erblickt in der Errichtung einer höheren Lehr anstalt ein notwendiges Mittel für die weitere Entwickelung der Gemeinde, insbesondere ist er der Ueberzeugung, daß damit ein erhöhter Zuzug bewirkt wird." — Der hiesige Gemeinderat hat sich bekanntlich der Errichtung einer solchen Anstalt gegenüber ablehnend verhalten. — Briesnitz, 4. Juli. Die Königl. Amtshaupt mannschaft hat unter Mitwirkung ihres Bezirksausschusses die Oeffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen in Briesnitz auf so lange genehmigt, als die Geschäftsordnung vom 31. Mai d. I. unverändert in Kraft bleibt. Die erste öffentliche Sitzung des hiesigen Gemeinderates ist auf morgen Mittwoch, abends '/-8 Uhr, anberaumt worden. Der Sitzungssaal befindet sich Dorfstraße 3. — Coswig, 4. Juli. Am Freitag abend starb ganz plötzlich an einem schon längeren Herzleiden der 1. Gemeinde- älteste von Kötitz, Herr Privatus Lorenz. Die Gemeinde verliert in diesem Manne einen gewissenhaften und rührigen Mitberater und die Notleidenden einen helfenden Freund. --- Eisenberg-Moritzburg, 4. Juli. Am 5. August wird Se. Majestät der König zum ersten Male zu längerem Aufenthalte mit seinen Kindern auf Schloß Moritzburg Wohnung nehmen. Die Bewohner unseres Ortes beab sichtigen deshalb in dieser Zeit dem König ihre Huldigung darzubringen. Der Gemeinderat bat bereits in seiner letzten Sitzung einstimmig die Mittel zur Schmückung des Ortes, zum Anschaffen von Fackeln, Stellung eine- Musikchores usw. bewilligt. Die hiesigen Vereine sollen zur Teilnahme an der Huldigung eingeladen werden. — GönnSdorf, 4. Juli. Ein 17 jähriger Stall schweizer des hiesigen Rittergutes ertrank am Freitag gegen Abend beim Baden in dem zum Rittergute gehörigen Teiche. Der Leichnam konnte erst am Sonnabend mittag geborgen werden. — Gittersee, 4. Juli. In der hiesigen Verbands sparkasse (unter Garantie von drei Gemeinden) wurden im Monat Juni 1905 11 538 M. 44 Pf. in 108 Posten eingelegt und 10 220 M. 64 Pf. in 50 Posten abgehoben. Neue Bücher wurden 16 ausgestellt. (7) Hartha, 4. Juli. Herr Gemeindevorstand Leh mann Hierselbst legt Mitte dieses Monats sein Amt nieder. O Klotzsche-KönigSwald, 4. Juli. Auszug an dern Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats vom 29. Juni. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Müller; mit anwesend sind Herr^ Regierungsrat vr. Sala von Dresden als Vertreter der Königl. Amtshauptmannschast Dresden-Neustadt und Herr Architekt Diestel von Dresden- Blasewitz als Bausachverständiger. Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung "/«8 Uhr abends, begrüßt die genannten Herren und gibt bekannt, daß die Sitzung auf Anregung der Königl. Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt behufs anderweiter Verhandlung über die von Herrn Rechtsanwalt vr. Spieß in Klotzsche-Königswald zugleich im Namen einer größeren Anzahl von Einwohnern Königswalds eingereichte Ein gabe einberufen worden sei In dieser Eingabe, welche verlesen wird, verwahren sich die Petenten gegen ein etwaiges Ueberhandnehmen größerer, dicht bewohnter Miet häuser im Ortsteil Königswald und verlangen, daß daselbst künftig, um dem Orte im Gegensatz zu anderen Dresdner Vororten den Charakter eines wirklichen Kur- und Er- holungsortes zu wahren, die Errichtung ausschließlich solcher Villen, die nur für eine oder höchstens zwei Familim Wohnungen enthalten, der Bau sogenannter Zinshäuser aber lediglich an der als Geschäftsstraße zu behandelnden Königsbrücker Straße gestattet werden solle. Nach dem in Bearbeitung befindlichen Entwurf einer Ortsbauordnung für Klotzsche. Königswald ist der Ortsteil Königswald in 2 Baryonen eingeteilt, und zwar sollen auf den in der 1. Zone gelegenen Grundstücken nur Ein- und Zwei- Familienhäusern, in welchen ein etwaiger Dachausbau als selbständige Wohnung nicht vermietet werden darf, auf den in der 2. Zone befindlichen Grundstücken aber auch Wohnhäuser mit 3 selbständigen Familienwohnungen zu gelassen werden. Nach eingehender Besprechung dieses Gegenstandes wird auf Vorschlag des Herrn Regierungs rat Di. Sala einstimmig beschlossen, im Entwurf der neuen Ortsbauordnung die Bestimmung aufzunehmen, daß das von der Querallee im Süden und von der Westseite der Schillerstraße im Osten begrenzte Gelände als 1. Bau zone zu gelten habe, für den übrigen Ortsteil aber — abgesehen von der Königsbrücker Straße — die Errichtung bis zu 3 selbständige Familienwohnungen enthaltender Gebäude nachgelassen werden solle. Sodann wird vom Vorsitzenden noch die Kirchenbauangelegenheit und das in derselben aufgenommene Protokoll des Bauausschuffes vom 28. Februar 1905 vorgetragen. Nach längerer Ver handlung wird zu Punkt 2 dieses Protokolls beschlossen, die Genehmigung der Zeichnungen zum Bau der neuen Kirche in Königswald unter der ausdrücklichen Bedingung zu befürworten, daß der Kirchenvorstand gemäß seinem bereits früher abgegebenen Versprechen erst dann mit dem Bau beginnen darf, wenn die aus freiwilligen Beiträgen aufzubringenden Mittel, welche zur Verzinsung und Unter haltung der neuen Kirche bis zum Jahr 1909 erforderlich sind, sich in seinem Besitz befinden. Nachdem noch ein Antrag des Bade-Ausschusses zum Beschluß erhoben worden ist, wird die Sitzung '4I Uhr nachts geschloffen. D Losktttvitr, 4. Juli. Bei der hiesigen Sparkaffe wurden im Monat Juni dieses Jahres 177 Einzahlungen im Betrage von 21 175 M. 10 Pf. geleistet, dagegen er folgten 94 Rückzahlungen im Betrage von 10 251 M. 38 Pf. Der Barbestand betrug am Schluffe des Monats 54 696 M. 67 Pf. — Der Verkehr und die Einnahme auf der Loschwitz-Blasewitzer Elbbrücke im Monat Juni gestaltete sich wie folgt: Zahl der ausgegebenen Blocks Keuilleton. Aus dem alten Schloß. Kriminal-Roman von Eusebius Licht. (Autorisierte Übersetzung aus dem Dänischen.) (Nachdruck verboten.) (7. Fortsetzung.) Die linke Hand des Aermsten saß fest eingewickelt in Brombeerranken, und der linke Fuß in einem großen Fuchs eisen, aus dem er sich nicht befreien konnte, während seine rechte Hand mittels einer alten, verrosteten, eisernen Kette mit dem rechten Fußgelenk zusammengekettet war. Schnell zog ich ein Messer aus der Tasche und schnitt die zähen Zweige durch, und mit vereinten Kräften glückte es uns, den Fuß aus dem Eisen zu befreien, das so nachdrück lich geklemmt hatte, daß der Mensch vor Schmerz fast ohnmächtig war. ' Als er sich etwas erholt hatte, fragte ich ihn, was er hier oben auf dem Felde zu schaffen habe und wie er in das Eisen geraten sei. „Ach!" sagte er, immer noch mit einer kläglichen Miene, „der Herr Oberst hat heute morgen wieder einen seiner häufigen Anfälle gehabt. Schon in aller Frühe mußte ich zum Herrn Feldchirurg und dieser sandte mich dann hier hinaus, um frische Kräuter zu pflücken, aus denen ein wohltätiger Trank für den Herrn Oberst bereitet wird. Diese Kräuter sollen aber hier am besten wachsen. Au! wie das schmerzt! Nun, dabei bin ich dann in diese unglückliche Falle geraten, die irgend ein Fuchsjäger hier aufgestellt hat. Ach, ich habe Euer Gnaden noch gar nicht dafür gedankt, daß Sie sich meiner, des armen Sklaven, angenommen haben. Aber, icb gehöre auch zu den Ehrlichen. Ich habe ja Vichts Böses getan und es nicht verdient, daß ich diese ver wünschten Ketten schleppen muß. Nur einmal bißchen zuviel aus der Flasche genippt und dann widerspenstig geworden. An dem Ganzen trägt keiner weiter Schuld, als der niederträchtige Giftmischer, der Galle. Dem werde ich es abernoch Heimleuchten, darauf kann er sich verlassen." Damit nahm er seine Kräuter, dankte noch einmal, grüßte zum Abschied und hinkte davon. Ohne Frage war der Mann der Sklave Martin, der im Hause des Oberst eine so große Rolle spielte. Bald hatte ich die kleine Gesellschaft wieder er reicht, von der ich mich jetzt nicht mehr trennte. Unser Weg führte uns durch schönen Wald zu einem kleinen, sauber gehaltenen Bauernhof, der wie ein zweites Lerchennest mitten auf offenem Felde lag. Vor dem Hause erstreckte sich ein recht ansehnlicher Garten mit Blumen, Obst und einem laubbedeckten Lusthause, rechts vorm Hause schimmerte ein von Schilf und Weiden bekränzter kleiner See und zur Linken erstreckte sich ein üppiges Kleefeld, auf dem fünf Kühe und zwei Pferde weideten. Das war der Erbsitz des alten Cornelius Lerche. Selbst stand er in der offenen Haustür und blickte nach dem Waldesrande hinüber. Er war eine große, kräftige Erscheinung mit einem derben Ausdruck in dem gefprchten Gesicht. Sein volles, silberweißes Haar war in die Höhe gebürstet, und ließ eine hohe breite Stirn frei, und die braunen, klaren Augen zeugten davon, daß hinter der dicken FrieSjacke ein Herz schlug, das sich noch in seinem hohen Alter jung und warm hielt. Sobald sein Auge uns entdeckt hatte, rief er einige Worte ins Haus hinein und ging uns dann mit einem etwas beschwerlichen Gang, scheinbar vom Fußzeug belästigt, entgegen. Auf den Beinen trug er nämlich des feierlichen Festes wegen ein Paar blitzblanke Halb stiefel, während seine Alltagsfußbekleidung abwechselnd in dicken Schmierstiefeln und Holzpantoffeln bestand. Die Begrüßung seitens des Oberhauptes der Familie war eine äußerst freundliche. „Ah! Sie sind also der neue Maler," wandte der Alte sich an mich. „Sie müssen mit dem fürlieb nehmen, wa- da- Haus Ihnen bietet. Wir sind nur einfache Bauers leute, obgleich die Mädel wie Komtessen gekleidet gehen und der Welt gern einbilden möchten, daß sie etwas Besonderes sind. Treten Sie nur ein und nehmen Sie einen Korn und etwas Brot!" Ich dankte für den herzlichen Empfang, und freute mich des munteren Lächeln, das über das Antlitz de» Alten zog, als ich ihm als Geburtstagsgeschenk eine kleine, eigenartig geformte, mit italienischem Wein ge füllte Reffeflasche überreichte, die ich kurz vorher aus Rom mitgebracht hatte. „Danke sehr," rief er aus, während er die Flasche neugierig wand und drehte. „Ich möchte darauf wetten, daß es der reine Traubensast ist. Wenn mich nicht alles täuscht, so sind Sie Kenner und singen mit mir: „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang!" Haben Sie vielen Dank! Sie haben das Richtige getroffen!" Und dabei warf er einen letzten verliebten Blick auf die Flasche. - Darauf kam Carls mit seiner Gabe. ES war