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Sächsische Vorszeitung Telegramm-Adr.: VorfzeitttVg Dresden. 67. Jahrgang. Dresden, Donnerstag, den 29. Juni 1905. Nr. 148 allen An- Die- Bezugsbedingungen: vt« .Vvrf^ttung" «r,ch«t>tt j«d«n Wochentag nachmittag, S Uhr mit dem Datum de, folgenden llage». Vie ve,ug»gebühr beträgt l^v Marl »ierieltLhrlich oder <>0 pfg. für jeden Monat, vt« .vorszeitung" tjl zu beztehen durch di« katjerltchen postanjtaUen, di« Landbrtrsträger und durch unser« Voten Sei freier Lieferung in, Hau» erhebt di« Post noch di« Sustellung^ebühr von «ü pfg. Streik- und AuSsperrungSstut. Wenn kurz nach Beendigung des Bergarbeiterstreiks die Annahme ausgesprochen wurde, daß das Jahr 1905 durch äußerst starke Betriebsstörungen infolge von Hochachtungsvoll Knlag der ZWW Irrszeitung. D Usm gksHhteii Kskl! Wiederum steht ein neues Vierteljahr vor der Tür und abermals bitten wir unsere geschätzten Leser, uns auch zukünftig nicht nur ihre alte Anhänglich keit und Treue zu bewahren, sondern weitere neue Freunde für uns zu erwerben. Wir werden dagegen immerfort bestrebt sein, durch ferneren Ausbau unseres Blattes dasselbe so auszugestalten, daß alle Anforderungen der heutigen Zeit ihre Befriedigung finden und dem Leser das Blatt geradezu unentbehrlich wird. Was unser Blatt inhaltlich bietet, wissen unsere geschätzten Leser, neu hinzutretende aber werden sich sehr bald davon überzeugen können, daß dasselbe unter sorgfältiger Auswahl des vorliegenden Stoffes schnell und zuverlässig eine umfassende Ueberflcht aus allen Gebieten des öffentlichen Lebens gibt. Unser Blatt besitzt eine weite Verbreitung in Schichten der Bevölkerung und darum sind auch zeigen in demselben von besonderer Wirksamkeit, selben kosten pro einspaltige Zeile nur 15 Pf. Der Abonnementspreis unseres Blattes ist in Anbetracht des reichen Inhalts desselben so mäßig, daß jedermann ihn ohne wesentliche Opfer erschwingen kann, denn er beträgt nur 1.8« Mk. für das Viertel jahr oder 80 Pf. für den Monat, ohne Zustellungs gebühr. Abonnements und Anzeigen werden außer in unserer Geschäftsstelle auch in unseren Aus gabestellen, die durch Plakate besonders kenntlich gemacht wurden, jederzeit angenommen. Für das bevorstehende 3. Vierteljahr LOOS bitten wir, das Abonnement möglichst umgebend zu erneuern bezw. Neubestellungen bei den Ausgabestellen oder auch bei allen Post anstalten und Landbriefträgern tunlichst bald anzumelden. Anzeigen-Preise: Vie »inspalNA« Seil« IS pfg. uitter .EingefmM" »l>pfo Nnzeiorn annakm, erfolgt bt» mittag» 12 Utzr. — Annahmestellen jtnS: Unf«, § > chastrstell«, Nein» Meißner Lay« Nr. e, 2n»alti>en»anl, Naajenjtein v- voller, Nu». Most«. L. L. Vaud« LI- to. in c«tpzta> Zrankfurt a. M.; » Uohlin U»N«l^>ork; Kugo MüchlerlnIlStzfche» droSa, Vtto Vitt!Ich in »«Arndorf, yttoo vettz t« ceiLlmitz-Neuostra, tmil Nollau in Nadebeal, NuA. Lrimm in Vreden-wälfmtz, Zrietrich keuchen in Losteband«, «vtto liu, >itz in Cotta, Max Zrurtch in Losthw«». Telephon: Dresden, Nr. 3916. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ngl. Nmtshauptmannschasten Vresden-Nltstadt und Dresden-Neustadt, für das Rgl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Nadebeul. Streiks und Aussperrungen sich kennzeichnen werde, so ist diese Annahme, wie sich schon jetzt übersehen läßt, voll und ganz eingetroffen. Während im ganzen zweiten Quartal des Vorjahres von Streiks und Aus sperrungen nur etwa 38 OOH Arbeiter betroffen wurden, beläuft sich augenblicklich, d. h. also nur in einem ganz kleinen Teil des entsprechenden Vierteljahrs, die Zahl der an Streiks und Aussperrungen Beteiligten auf weit über 60 000. Die heftigen Konflikte, die sich zur Zeit zwischen Arbeitgebern uno Arbeitern abspielen, sind einesteils dadurch veranlaßt, daß die Arbeiter die günstige Konjunktur zur Verbesserung ihrer Arbeits bedingungen ausnützen wollen, weiter aber auch dadurch, daß die Organisationen der beiden Parteien einander stärker und geschlossener gegenüberstehen. Während kaum die letten Folgen des Bergarbeiterstreiks in Rheinland-Westfalen überwunden sind, begannen in Rheinland-Westfalen alsbald wieder neue Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Bauge werbe. Die organisierten Bauarbeiter in Dortmund haben bessere Arbeitsbedingungen verlangt. Während nun die vor einiger-Zeit in Berlin entstandenen Streitigkeiten wegen Erneuerung des Tarifvertrages trotz wesentlich erhöhter Forderungen der Arbeiter von den Arbeitgebern durch Entgegenkommen beigelegt wurden, haben die Bauunternehmer in Rheinland- Westfalen die Forderungen abgelehnt und sämtliche Bauarbeiter, etwa 30 000 an der Zahl, ausgesperrt. Von dem Streik sind auch die Bauhilfsgewerbe in Mitleidenschaft gezogen. Es ist dies im laufenden Jahre schon der zweite große Arbeitskonflikt, von dem Rheinland-Westfalen betroffen wird. Der Streik greift auch auf weitere Gebiete über. Die Streikflut in der rheinisch-westfälischen Industrie zeigt sich auch in dem schon seit längerer Zeit währenden Streik im Brauerei gewerbe. Die Uneinigkeiten, die zuerst im Kölner Be zirk ausbrachen, sind wiederum in der Hauptsache auf Organisationsstreitigkeiten zurückzuführen. Die Arbeit geber versuchen noch immer, den gewerkschaftlichen Zu sammenschluß der Arbeiterschaft durch Aussperrung der Organisierten zu verhindern. Eine Aussperrung von gewaltiger Ausdehnung hat nun auch in Bayern ihren Anfang genommen. Schon seit einiger Zeit herrsch! zwischen den Metallarbeitern Bayerns und ihren Arbeit gebern eine Mißstimmung, die jetzt zu einem offenen Kampf geführt hat. Die Metallarbeiter Münchens, denen sich dann die anderer bayerischer und hessischer Städte anschlossen, verlangten eine Erhöhung des Stundenlohnes um 10 Proz., Regelung der Arbeitszeit und vor allem die Schaffung eines Tarifvertrages, der aber grundsätzlich von den Arbeitgebern abgelehnt wurde. Sie weigerten sich auch, out den Arbeitern zu verhandeln, wodurch der Konflikt verschärft wurde. So erfolgte denn schließlich die Aussperrung in den Städten Nürnberg und Augsburg, die 25 000 Arbeiter umfaßt. Eine weitere Aussperrung, die zunächst etwa 3000 Mann betrifft, hat eine Geestemünder Schiffs werft vorgenommen, weil die Arbeiter sich weigerten, aufihre Forderungen zu verzichten und die Arbeit sofort wieder aufzunehmen. Daneben ist aber auch die Zahl der kleineren Streiks und Aussperrungen noch bedeutend. Da- Aterrefte. Der gestrige Empfang des deutschen Botschafters Fürsten Radolin beim Ministerpräsidenten Rouvier fand nachmittags 4 Uhr statt und dauerte etwas über eine Stunde. In neuen Kämpfen mit den Banden Moren gas und Morris haben unsere Truppen an ^er Süd grenze von Deutsch-Südwestafrika schwere Ver luste erlitten. Die Banden der Hottentotten, die von ^unseren Truppen auf englisches Gebiet getrieben worden waren, sind von dort aus wieder in deutsches Gebiet eingebrochen, dank der englischen Auffassung von Neu- trautätspflichten. Der schwedische Reichstag hat aus jeder Kammer einen Sonderausschuß gewählt zur Beratung der die norwegische Krisis betreffenden Regierungs vorlagen. Infolge der Unruhen im russisch-polnischen Grenzvezirk ordneten die preußischen Behörden entsprechende Maßnahmen zur Bewachung der Grenze an Die Zahl der aus Rußland nach Ober schlesien herüberkommenden Flüchtlinge nimmt täglich zu. Die russischen und japanischen Bevollmächtigten zur Friedenskonferenz werden Anfang August in Washington zusammenkommen. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin ist vorgestern mittels Auto mobils in Gmunden angekommen. Gestern langte, von München kommend, der König von Dänemark dort an. Die deutsche Antwortnote in der Marokko frage ist gestern in Paris überreicht worden. Ueber den Inhalt ist noch nichts bekannt geworden, indessen nimmt man allgemein an, daß die Situation sich jetzt wesentlich gebessert hat. In deutschen diplomatischen Kreisen wird versichert, daß Deutschland in seiner Ant wortnote trotz der in der französischen Note enthaltenen Ausführungen auf feinem Standpunkte beharrt und den Zusammentritt einer Konferenz als das geeignetste Mittel ansieht, die marokkanische Frage auf diploma tischem Wege zu ordnen. In der deutschen Note werde darauf hingewiesen, daß die Kaiserliche Regierung nicht glaube vor der Konferenz eine Verständigung über die Fragen herbeiführen zu können, die Gegenstand der Beratungen der Konferenz sein sollen. Die deutsche Regierung sei nach wie vor der Ansicht, daß es zur Aenderung des gegenwärtigen Standes der Dinge in Marokko des Einvernehmens aller Signatarmächte der Madrider Konvention bedürfe. Der allgemeine Ton der Note sei in freundschaftlichem Geiste, im Geiste der Verständigung und der Loyalität gehalten, der es Frankreich leicht zu machen scheine, die Zugeständnisse in der Form, auf die Deutschland Wert zu legen scheine, zu machen, und der es Frankreich unmöglich mache, seine Zustimmung zu der Konferenz zu verweigern, da Frankreichs Aufgabe, an der algerischen Grenze für Ordnung und Sicherheit zu sorgen, anerkannt und er leichtert werden solle. — An hervorragender Stelle bringt der „Petit Parisien" die Mitteilung, daß Kaiser Wilhelm beim Empfange eines Botschafters (?) m.t folgenden Worten sich über die Grundlosigkeit aller Kriegsbefürchtungen geäußert habe: „Mit bedeutenden Opfern, die das deutsche Volk in patriotischem Geiste darbringt, unterhalten wir ein mächtiges Heer, das jeder zeit zum Schlagen bereit ist Nichtsdestoweniger ist die Ausgabe, die wir uns gestellt haben, in ihrem innersten Wesen eine Defensive. Entsprechend dem friedliebenden Geiste unseres Volkes wird Deutschland niemals in Europa die Initiative zu einer Angriffs- Handlung ergreifen, außerdem wenn es durch höhere Gewalt dazu gezwungen würde. Ein solcher Fall scheint aber bei dem hohen Grade der Zivilisation der Völker, die uns umgeben, mehr und mehr unwahr scheinlich zu werden." Eine Ministerialkonferenz wegen der Fleischteuerung. DaS „Berliner Tageblatt" meldet aus Kattowitz: In Sachen der von den verschiedensten Seiten Oberschlesiens bei der Regierung erhobenen Vor stellungen wegen Zulassung eincS höheren Kontingents russischer Schweine, um der Fleischnot zu steuern, findet demnächst in Oberschlesien eine Ministerialkonferenz statt. — Das Berliner Blatt setzt hinzu, es könne sich nicht bloß um eine Erhöhung des Kontingents handeln, sondern ebenso um eine Öeffnung der Grenze nach Rußland für die Einfuhr von Pökelfleisch. Mit dem Inkrafttreten des neuen Handelsvertrages mit Rußland fällt die Grenzsperre ohnehin; dann wird plötzlich die Einfuhr von gepökeltem Schweinefleisch aus Rußland zulässig sein, nur daß es einen höheren Einfuhrzoll bezahlen muß. — Bemerkenswert ist das Votum der „Arbeitsmarkt - Korrespondenz" zur Teuerungsfrage: Für das Jahr 1905 läßt sich freilich eine starke Er höhung der Schweincpreise nicht bestreiten. Aber doch erscheint es noch fraglich, ob für eine Erhöhung der Schweinefleischpreise im Detailverkehr ein ausreichender Grund vorliegt. Sie sind seit 1896 um mehr als 20 Pf. pro Kilogramm hinaufgegangen, jede Steigerung der Viehpreise wurde zu einer dauernden Erhöhung der Schweinefleischpreise benutzt, während den jeweiligen Ermäßigungen des Viehpreifes die Detailfleischpreise lange nicht in dem Grade folgten wie den Preis steigerungen. Ueber die Eisenacher Kirchenkonferenz, die am 22. Juni in Eisenach zufammentrat und an der Vertreter aller protestantischen Landeskirchen Deutsch lands mit Ausnahme von Reuß ä. L. teilnahmen, be richtet der „Reichsanz.': In den Verhandlungen wurde unter einmütigem Ausdruck des vollen Vertrauens zum Deutsch-Evangelischen Kirchenausschuß zugleich die leb hafte Befriedigung und die dankbare Zustimmung in Bezug auf die von ibm entfaltete Tätigkeit und nament lich auch gegenüber dem Toleranzantrag ausgesprochen. Bei der Darlegung der Verhältnisse der deutsch-evange- lischen Diaspora im Ausland fand insbesondere die Opferwilligkeit in allen evangelischen, sowohl lutherischen wie reformierten und unierten Kirchenkreisen volle An erkennung. Die weiter sich anschließende Besprechung über die ausnahmsweise Zulassung des Einzelkelchs führte, nachdem die Verhandlungen am 22. d. M nicht zu Ende gebracht waren, bei Fortsetzung der Beratung am 23. d. M. auf Grund eingehender Diskussion zu den Beschlüssen: Die Kirchenkönferenz empfiehlt den Kirchenregierungen: Die Gemeinsitte des Gesamtkelchs beim heiligen Abendmahl in ihrem Gebiete aufrecht zu erhalten und jeder willkürlichen Einführung des Einzel kelchs mit Entschiedenheit entgegenzutreten, falls aber das Verlangen nach Gestattung desselben auf kirchen ordnungsmäßigem Wege bei ihm vorgebracht werde, etwaige Ausnahmen nur dann zurulassen, fall- der ge stellte Antrag den Sinn und die Würde des Sakraments unzweifelhaft wahrt und zum Ausdruck bringt.