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8WWWWID WWW t Sächsische vorszeitung : Uxkr* dk Loi^drirftrL^r u»» d«ch WchnVottn. S<<fr«Urc««f«m««tn,yM» erlebt In TU«g«nnm.ttdr.: vorszeivMT vrrrden. Lelephon: vrerden, Nr. 2916. 67. Jahrgang. Dresden, Dienstag, den 21. März 1905 Nr. 67 »Uotzl broda, r _ L«ud^tz-rN Vrzvgebe-ingungen: W ertcheint i«de« wechenl«, , ui^ m«t 4«m vatum d— vk ve^g»««dü!,r drtrSgt IZd M«r» Betteqihrlich oder « Pf, fvr jrden Monat. Vi« Die Japaner setzen die Verfolgung der Russen nördlich und nordöstlich von Tieling fort. Anzeigen-Preise: Die einspaltig« Lell^l» Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ugl. Amtsgericht Dresden, die Ugl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Dberlötznitz und Radebeul Da» Merreste. In Straßburg wurde gestern die erste Wander ausstellung deutscher Künstler eröffnet. Kaiser Franz Josef emvfing den Wiener chinesischen Gesandten Uang'Tscheng, welcher ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers von China überbrachte. Der tolle Mullah hat mit einem italienischen Unterhändler einen Friedens vertrag abgeschlossen. Nach der „Nowoje Wremja" find die jüngsten Unruhen in Baku das Werk der armenischen AevolutionskomiteeS. Unter den dort Verhafteten befinden sich 39 Anarchisten. egen. Die ReichSfinanrresorm ist darum Da- sind Erscheinungen, die der ernsten Beachtung wesentliche Frage, weil sie hinübergreise in durch den Mittelstand wert find. Weiter beschäftigte deu Landtag ein Antrag Spieß und Genossin aus Einführung einer Umsatzsteuer für Großbetriebe im Kleinhandel. Wenn auch die Partei- gegensätze in unserem Landtage nicht so schroff hervor treten, weil man allgemein das Beste des Landes fördern will, so gibt es doch noch vielfach die liberalen An schauungen im wirtschaftlichen Leben von dem freien Spiel der Kräfte, in dre einzugreifen der Staat kein Recht besitze. Diese Anschauung sei aber wissenschaftlich schon längst überwunden. Die Berbältniffe liegen eben so, daß der Kapitalkräftige den wirtschaftlich Schwächeren einfach an die Wand drückt! Da ist es doch die soziale Pflicht des Staates, einzugreifen. Dabei kommt man zu der Frage, ist der Zollschutz berechtigt oder nicht? Der nationale Egoismus zwingt uns, vor allen Dingen unsere deutsche Arbeit und den heimischen Markt zu schützen. DaS liegt im Interesse der Industrie. Daraus folgt nun, daß der Staat das Recht und die soziale Aufgabe hat, seine Erwerbszweige in Schutz zu nehmen. Wie aber im großen, so muß es auch im kleinen sein. Die kleinen und wirtschaftlich Schwachen müssen ge- sichert werden vor einer Ausbeutung durch das Groß kapital. Dieses hat gewiß riesige Aufgaben zu erfüllen, aber die Aufsaugung auf wirtschaftlichem Gebiete sei entschieden zu bekämpfen. Und vor allen Dingen sei das Handwerk und das Gewerbe zu schützen, diese festen Fundamente, auf denen das Reich aufgebaut sei. Sie haben gemeinsame Interessen mit der deutschen Land wirtschaft und dem deutschen Bauernstände, obgleich immerfort versucht werde, sie aufeinander zu Hetzen. Da hineinzuyreifen, beabsichtigte der Antrag Spieß. Im weiteren besprach der Herr Redner noch die Börsenreform, deren Abänderung schon wieder anqestrebt werde, um der Börse den Terminhandel für die Lebens- mittel zu erschleichen. Wenn jene Abänderung durch gehe, dann würden die Vorteile wieder vernichtet, die der Landwirtschaft au- den neuen Handelsverträgen er wachsen. Dann ging er zu einer allgemeinen Schilderung der gegenwärtigen Situation über: einerseits Riesen kapitalien, Riesenbanken, Riesenkaufhäuser und anderseits das unzufriedene Proletariat. Das sind hohe Gefahren oben und unten; da muß der Mittelstand fest zusammen - stehen in dem Kampfe gegen die üblen Erscheinungen der Gegenwart. Dann ging der Herr Redner kurz auf die Frage de- finanziellen Verhältnisses Sachsens zum Reiche ein, besprach die schweren Folgen der aus der Reichsfinanzreform drohenden Bier- und Tabaksteuer für Sachsen und verbreitete sich schließlich über die allgemeine Lage, die gegenwärtig Gott sei Dank eine Sächsische Politik und Mittelstands- Interessen. (Nachdruck verlöten.) Dieses Thema hatte sich Herr Reichs- und Land lagsabgeordneter Oswald Zimmexmann-Dresden zu fernem Vorträge gewählt, den er auf Einladung des deutschen Reformvereins für Strehlen und Umgegend am letzten Sonnabend abend im Müllerschen Gasthose zu Leubnitz Neuostra vor ziemlich zahlreicher Versamm lung hielt. Der Herr Redner führte dabei unter anderem aus, daß er aus dem Reichstage hierher komme, von dort, wo in jüngster Zeit lebhafte Kämpfe bei der Bewilligung des Gehaltes des Reichskanzlers geführt und wo eben falls kürzlich wichtige Entschließungen auf politischem wie wirtschaftlichem Gebiete gefaßt wurden. Vor allen Dingen gehören dahin die sieben abgeschlossenen Handels verträge mit fremden Staaten, die nun auf 12 Jahre hinaus unserem Reiche die längst verloren gegangene wirtschaftliche Stetigkeit zurückgeben werden. Es sei unleugbar, daß viele Wünsche durch die Handelsverträge mrersüllt blieben, im großen Ganzen sei aber doch die Meinung vorherrschend, daß die Verträge einen wesentlichen Schritt zur Besserung unserer Verhältnisse bedeuteten. Für die deutschen Gärtner Haden die Handelsverträge viele Wünsche unerfüllt gelassen, auch die Industrie sei größtenteils unzufrieden mit ihnen. Für diese sei aber von ausschlaggebender Bedeutung der Umstand, daß nunmehr Festigkeit in unsere Verhältnisse einziehen werde. Dani der Energie unserer leitenden Staats männer bewegten sich die handel-vertraglichen Ab machungen auf der mittleren Linie, und vor allen Dingen hätten sie mit den alten Caprivischen An schauungen endgültig gebrochen. Diese Tätigkeit der Reichsregierung sei anerkennenswert und sie eröffne die Aussicht auf eine gedeihliche und gesunde Entwicklung unserer Verhältnisse. Unser Reich sei, das dürfe niemals vergessen werden, Agrar- und Industriestaat zugleich, wenn man auch von gewisser extremer Geste bemüht wäre, ihn einseitig za einem Mdmtriestaat zu stempeln. Wir in Sachsen besitzen staatspolitische Einsicht genug, um zu wissen, daß eine einseitige extreme Richtung niemals heilsam sein könne, daß vielmehr den Heiden großen Erwerbsgruppen, der Landwirtschaft und der Industrie, ihr Recht gemeinsam gesichert lein muß Bon den wichtigen Fragen, die dem Reichstage noch bevorstehen, sei zunächst die Militärvorlage zu nennen, die indessen diesmal nichts Außergewöhnliche- 'ordere; im Hintergründe erscheine zugleich aber die schr ernste Deckungssrage. Utto darum sei weiter gleich -wf die im Herbste zu erwartende Reichsfinanzresorm, das heißt die Regelung de- finanziellen Verhältnisses des Reiches zu den Einzelstaaten hinzuweisen Es sei eine alte Klage in den Bundesstaaten, daß der Etat in ihnen eine stete Unsicherheit zeige, weil er durch die an das Reich abzuführcnden Matrikularbeiträae immer zerrissen werde. Als Atrst Bi-marck seine Zollpolitik durchsetzte, da flössen mehr Gelder zurück an die Einzel staaten, als sie an das Reich entrichtet hatten. Die Steuerzuschlag wieder los werden. Wenn auch noch mancherlei Wunden zu heilen sind, so werden auch diese dank der Tüchtigkeit unsere- arbeitenden Volkes beseitigt werden, ebenso wie die trüben Wolken verscheucht sind, die sich zwischen Thron und Volk lagern wollten. MSae sich die wirtschaftliche und nationale Entwicklung so weiter ausgestalten zum Heile unseres Volkes und Landes. Nach diesem mit großem Beifall aufgenommenen Bortrage ließ der Vorsitzende, Herr Gättnerelbesitzer Simmgen - Strehlen, der die Versammlung mit einem Hoch auf Kaiser und König eröffnet und dann auch ge leitet hatte, eine kurze Pause eintrrten, worauf in der Debatte Herr Stadtverordneter Rechtsanwalt Kohlmann- Dresden mehrere Anfragen an den Redner richtete und Herr Kaufmann May Niedersedlitz warm für den deut- Aen Reformverein und den nationalen Wahlvei;eist eintrai. Nach dem Schlußwort des Herrn Abgeormietkn Zimmer mann fand dir interessante Versammlung mit einem Hoch auf das deutsche Vaterland ihr Ende. k'. Al. m«s»«ll«> d«, LV« Politische Weltschau Deu mit der Kaiserin den Später em meister Kirschner Vorführung von lebenden Bildern von der Wartburg im Neuen Könial. Theater bei. Die Ankunft Kaiser Wilhelm- im Golf von Neapel ist programmgemäß auf den 5. April festgesetzt. weit überwiegen eine ganz w« . . . - . - das Leben der Bundesstaaten. Es sei darum gewiß, daß die Vorlage einer Reichsfinanzreform voraussicht lich Überaus lebhafte Kämpfe entfesseln werde. Um aber auf unser Sachsen zurückzukommen, sei festzustellen, daß sich bei uns große Wandlungen voll zogen haben. Wir haben hinter uuS einen Regierungs wechsel und einen außerordentlichen Landtag, der sich mit der Regelung der Zivilliste des Königs zu befassen hatte. Den vielen damals im Lande verbreiteten irrigen Gerüchten gegenüber war es mit Freuden zu begrüßen, daß von zuständiger Seite volle Aufklärung über die Verwendung der Zivilliste in der Kammer gegeben ward. Von Wesenheit war dabei zunächst die Feststellung, daß nach Rom an den Peterspfennig nicht die geringste In Santiago de Chile ist das Teatro Lirico Zuwendung erfolgt war, festgestellt ward aber auch, ein gestürzt. Zahlreiche Personen sind tot oder verletzt, welche Riesenlast von Anforderungen an die Zivilliste gemacht werden. Im Jahre 1903 erforderten Vie Hof pensionen allein 360,000 M. und die Hoftheater mit der König!. Kapelle 880,850 M. Zuschüsse. Bei solchen gewaltigen Anforderungen dürste es dem Haushofmeister, wenn kein Privatvermögen vorhanden ist wie jetzt, schwer werden, in der Verwaltung der Ausgaben das Gleich gewicht mit den Einnahmen zu halten. Die Haupt aufgaben unserer Ständekammern lagen indessen beim letzten ordentlichen Landtage, der vom November 1903 bis Mai 1904 stattfand. Er war arbeitsreicher wie mancher früherer; die Gesetzgebungsdeputation hatte sich allein mit über 50 gesetzgeberischen Vorlagen zu befassen. Zu den wichtigsten Vorlagen dieser Session gehörte die Frage der Aenderung des Landtagswahlrechts. Die Denkschrift der Staatsregierung zu dieser Vorlage gipfelte in einer sehr scharfen Kritik des heute noch bestehenden Dreiklassen-Wahlrechts, das in der Tat weite Schichten des Volles entrechtet und einseitige Interessen begünstigt, die sich hervorgedrängt haben. Die Vorschläge der Regierung stellten aber eine Mischung aller Systeme dar, deren Inkraftsetzung noch schlimmere Folgen ge zeitigt haben würde als das gegenwärtige Wahlsystem. Darum fanden jene Vorschläge auch bei allen Parteien Abweisung, wenn auch auS verschiedenen Gründen. Er (Redner) stehe auf dem Standpunkte, daß man auf das frühere Wahlrecht zurückgreifen sollte und unter Anfügung von Kauteln eme «inseitige Urberschwemmung der Kammer durch die Sozialdemokratie verhindern müsse. Da- Reichstagswahlrecht, das weitgehendste der ganzen Welt, bei uns in Sachsen einzuführen, gehe nicht, denn was fürs Reich passe, passe noch lange nicht für die einzelnen Staaten oder gar die Gemeinden. Eine weitere wichtige Vorlage des ordentlichen Landtags bildete die vielumsirittene Gemeindesteuer reform. Die Vorlage der Regierung dazu war ganz eigener Art. Herr Finanzminister vr. Rüger schlug vor, daß die Gemeinden ihre Bedürfnisse nicht aus der Einkommen', sondern aus der Gewerbesteuer und anderen Stenerarten, wie Tanz- und Zuwachssteuer, decken sollten. Diese Vorlage rief eine große Beunruhigung namentlich in Industrie und Gewerbe hervor und i» den Deputationen der Kammern scheiterte die Vorlage darum auch werkt den und ittelstaüb an. "Er ist o-, bereich gleich »ndwirtschaft noch durch seine öffentliche Betätiaung eine Stellung gleich dieser erkämpfen muß. Eine Petition, die damals im Landtage vorlag, von der Regierung aber abgelehnt wurde, betraf die Umsatzsteuer für Großmühlen. Im Mühlengewerbe liegen die Ber^ kMnisse sehr ernst; einige Großmühlen an den Handels und Stapelpläüen reißen die ganze Arbeit an-sich und erdrosseln die Leinen Mühlen. Es ist das rfne,Achse Schädigung des produktiven Mittelstandes, die klar wird, wenn man bedenkt, daß seit Einführung der Gewerbefrei beit im Deutschen Reiche über 18,000 Mühlen eingegangen sind. Die Karniner erzielte zu der Petrtron jedoch einen anderen Beschluß, sie überwies dieselbe der Regierung zur Kenntnisnahme. Es zeigte sich dabei, daß im Land tage mehr Freunde des Mittelstandes sitzen, als man gedacht batte Eine solche Umsatzsteuer hat aber nur dann positiven Wert, wenn sie im ganzen Reiche ein geführt wird und daran ist bei den verbündeten Reaie- runaen nicht ru denken.' obwobl diese doch die Staffel- Zeiten seien aber längst vorbei. Htute ist eS so, daß steuer für Brauereien, die im Prinzip dasselbe bedeutet d e Matrikularbeiträge die herauSgezahlten Summen wie die Umsatzsteuer für Großmühlen, eingeführt habe.