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Drittes Blatt Rr. 110 Donnerstag, Den 12. Mai 1932 Aus aller Welt 88. «ebvrttztag eines Mitschülers Hin. denburgs. Der letzte Mitschüler des Reichspräsidenten aus seiner ersten Schul zeit auf der Evangelischen Bürgerschule in Glogau und auf dem Mogauer Gym nasium bis zur Quarta, der Rentner Paul Müller in Glogau, feierte seinen 86. Geburtstag. Müller war Besitzer einer -er ersten Zuckerfabriken in Schlesien. Antonnsall des Berliner türkische« Bot schafters. Am Bahnhof Legefeld, zwischen Weimar und Bad Berka, ereignete sich ein schwerer Verkehrsunsall. Ein Ber liner Kraftwagen fuhr in einer Kurve in den Straßengraben und überschlug sich. Die vier Insassen wurden unter dem Wagen begraben und erlitten schwere Verletzungen. Bei den Verletzten handelt es sich um den Berliner türkischen Gene ralkonsul Dr. Menzing, dessen Frau und Tochter sowie um den türkischen Botschaf ter in Berlin, Kemaleddin Sami Pascha. Der türkische Botschafter erlitt einen Schä- -elbruch und Frau und Fräulein Men zing haben ebenfalls schwere Verletzungen erlitten. Einen grausigen Tod erlitt ein Kohlen- -ieb, der im Ruhrgebiet auf einen fahren den Kohlenzug gesprungen und von einem hockbeladenen Waggon Kohlen berunter- zuwerfen versuchte; es entging ihm, daß -er Zug sich einer Brücke näherte, so -aß ihm beim Passieren der Brücke der Kopf zerschmettert wurde. vor 19 Jahren sind in -er Nähe sechs Per- sonen ertrunken, von denen der See nicht eine einzige weder herausgab. Auf das Konto des Prinze« oo« Wales. Der Prinz von Wales erhält an jedem Monatsersten von einem Unbekannten aus Deutschland 100 Mark überwiesen. Der Absender wohnt in Hamburg. Die Summe wird seit — 14 Jahren, also feit Kriegsende, gezahlt und -er Prinz von Wales hat auf diese Weise bereits 16 000 Mark erhalten, die er allerdings für wohl tätige Zwecke verwendet. Der Fall i>t einigermaßen rätselhaft. Nun sollte man meinen, der Prinz von Wales ließe ein mal durch die Hamburger Polizei dem unbekannen Absender nachforschen, um diesen Zuwendungen ein Ende zu machen . . . Aber der Prinz denkt nicht daran. Man kann so wohlhabend sein wie man will, — Geld zurückweisen, das tun in Europa heute nur noch die wenigsten Leute. Larrtfprecher als Friedeusvermittler. Einen großen Erfolg Aben die Engländer mit einer neuartigen Methode -er Kriegs bekämpfuna erzielt. Bei der Bekämpfung aufständischer Kurdenstämme rüsteten sie einige Flugzeuge mit Lautsprechern aus, vermittels derer sie die Aufständischen in kurdischer Sprache aufsorderten, den Kampf aufzugeben. Wie verlautet, haben die Kurden dieser freundlichen Aufforde rung Folge geleistet. Frankreich schiebt Ruflenfamilie «ach Deutschland ab. Am Mittwoch traf an der Saargrenze in -er Ortschaft Taben eine Nach der Ermordung des französischen Staatspräsidenten -urch den Ruffen Gor- aulow wurden die Leute ohne Grund und Ursache plötzlich aufaesordert, Frankreich zu verlaffen. Sie hatten nicht einmal Zeit, ihr Hab und Gut mitzunehmen. Es besteht die Möglichkeit daß noch weitere Ausgewiesene an -er deutsch-französischen Grenze eintrefsen. Der dLutsche Tchlächterstreik bee«bet. Der dänische Schlächterstreik ist am Mitt woch beigelegt worden. Die Arbeit wird heute wieder ausgenommen. Die Ausfuhr soll unmittelbar nach Pfingsten wieder beginnen. Schwerer Unfall beim Lauduugsversuch der Akron. Bei dem Landnngsversuch des amerikanischen Riesenluftschtffes im Camp Kearney ereignete sich ein schwerer Un fall. Drei Mitglieder der Haltemannschaft wurden an den Landeseilen in die Höhe gezogen, als sich das Luftschiff kurz nach dem Festmachen vom Ankermast loslöste. Zwei von ihnen stürmten aus betracht, licher Höhe ab. Sie waren sofort tot. Der dritte konnte von der Besatzung in eine Gondel gezogen werden. Hilse sür Fawcett unterwegs. Für den englischen Forscher, Oberst Fawcett, der sich angeblich als Gefangener in den Händen weißer Indianer im brasiliani schen Urwald befindet, ist am Dienstag- nachmittag eine Hilfsexpedition aus Dia mantino in Brasilien aufgebrochen. Die Expedition wird geleitet von dem Farmer Rattin, der seinerzeit behauptet hatte, Fawcett im Urwalb gesehen zu haben und von ihm zu seiner Rettung aufgefor dert zu sein. Obwohl der Bericht Rattins ziemlich unwahrscheinlich klang, wurden ihm von dem englischen Konsul in Rio -e Janeiro Mittel zur Rettungsexpedition zur Verfügung gestellt. Die Expedition marschiert zu Fuß durch den Urwald, den Rattin, ein Orchideenjäger von Ruf, sehr genau kennt. Rattin hofft, in vier Mo naten mit Fawcett wieder zurück zu sein. Aus dem Gerichtssaale DaS Urteil im Großenhainer Aufruhr-Prozeß. Gegen sieben Reichsbannerleute, die sich Ende April an schweren Ausschreitungen in Großen hain beteiligt hatten, wurde am Mittwoch in -er 6. Stunde nach viertägiger Verhandlung das Ur teil gefällt. Der Vorsitzende des Dresdner Schnellgerichts, Amtsgerichtsdirektor Dr. Koch, verkündete folgende Strafen: Gegen den Ange klagten Wolf wegen einfachen Landfriedens bruchs 6 Monate Gefängnis, Rößiger wegen ein fachen Landfriedensbruchs 6 Monate Gefängnis, Keil wegen schweren Landfriedensbruchs 1 Jahr Zuchthaus, Lehmann wegen schweren Landfrie densbruchs und Rädelsführerschaft 1 Jahr Zucht haus, Löffler wegen schweren Landsriedens- bruchs in Tateinheit mit gefährlicher Körper verletzung sowie Vergehens nach 8 2 Abs. 1 Zif fer 2 der Notverordnung vom 28. März 1931 und 8 3 des Waffenmißbrauchsgesetzes 1 Jahr 3 Monate Zuchthaus, Kurt Persing wegen schwe ren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit ge fährlicher Körperverletzung und Vergehens gegen 8 3 des WaffenmißbrauchSgesetzes zwei Jahre Zuchthaus und 3 Jahre Ehrenrechtsver lust und gegen dessen Bruder Georg Persing we gen einfachen Landfriedensbruchs 6 Monate Ge fängnis. Sämtlichen Verurteilten wurde eine Woche Untersuchungshaft angerechnet. * Der Oberstaatsanwalt im Sklarekprozeß. Internationale Motorradrennen auf der Avus Am Sonntag wurden die Internationalen Motorrad-Rennen auf der Avus in Berlin ausgetragen, die trotz schlechten Wetters thre Anziehungskraft wieder einmal auf ein schau lustiges Publikum ausübten. — Start der Seitemvagenmaschinen unter 1000 ccm. Ei« Fuhrwerk vom D-Zug ersaßt. Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Ba- Dassendorf überfuhr der Leipziger D-Zug am Bahnübergang nach Soest ein Land fuhrwerk. Der Schrankenwärter hatte die Schranke nicht geschlossen. Tie Pferde hat ten das Gleis bereits überschritten, als der D-Zug hevanbrauste, -en Wagen er faßte und völlig zertrümmerte. Der Landwirt konnte sich noch im letzten Augenblick durch Abspringen retten. Die beiden in dem Wagen sitzenden Knechte wurden von der Lokomotive erfaßt. Einer war sofort tot, -er andere starb im Kran kenhaus. Drei Paddler ertrunken. Im Ammersee sind, wie erst jetzt festgestellt wurde, am Wochenende drei Paddler ans München ertrunken. Es handelt sich um den Schuh macher Braunstein und dessen Brnder Otto und um die Hausangestellte Fendt, die mit einem der beiden verlobt war. Sie wurden von einem Süd weststurm überrascht, in dem ihre beiden Boote, ein Ein- und ein Zweisitzer, kenterten. Tie Leichen sind noch nicht geborgen. Die drei Paddler wollten trotz Warnung vor einem Gewitter von Herrsching nach Dießen über den Ammersee fahren. Am Sonn tag früh wurde dann ein herrenloses Ein- sitzcrboot angetrieben. Am Dienstag be sichtigte der Vater der Brüder das Boot und erkannte es als Besitz seiner Söhne. Man nimmt an, daß sich alle drei Per sonen an den fehlenden Zweisitzer klam merten und daß dieser mit ihnen unter ging. Ob die Leichen jemals geborgen werden können, ist fraglich, denn bereits neunköpfige russische Familie ein, die aus Frankreich ausgewiesen worden ist und über die Saargrenze abgeschoben wurde. Es handelt sich um ein Ehepaar, fünf Kin der und die Großeltern. Die Leute sind völlig mittellos. Die Landjägerei nahm sich ihrer sofort an. Die Familie war vor mehreren Jahren aus Rußland nach Frankreich ausgewandert und hatte in der Nähe von Paris Arbeit gefunden. Nach fast siebenmonatiger Verhandlungs dauer begannen am Mittwoch im Berliner Skla- rekprozeß unter großer Spannung des Publi kums die Plädoyers der Angeklagevertreter. Wiese Hannover, -er Held des Tage», -er auf BMW. -t« schnellste Zett fuhr, rast im 150- Kilometer Tempo a« den Pressephotographen vorbei dem Steg« entgegen. Kavallerie-General van Gebsattel s In Linz a. d. Donau starb tm Alter von 78 Jahren -er bayerische General -er Kavallerie a. D-, Freiherr Konstantin von Gebsattel. G. hatte eine glänzende Karriere gemacht, er trat 1872 ins Bayerische Ulanen - Regiment ein, war später zur Kriegsakademie kommandiert, führte 1889 als Kommandeur das 5. Chevau leger-Regiment, befehligte hernach die 1. Baye rische Kavallerie - Ärigade unL schied 1912 als General der Kavallerie und Inspekteur der Bayerischen Kavallerie aus dem Dienst. Spä ter hat sich der General viel politisch betätigt; er war zuletzt 2. Vorsitzender -es Alldeutschen Verbandes, mußte sich dann aber wegen seiner stark geschwächten Gesundheit zurückziehen. — Eine Aufnahme -es Generals vor seinem bayerischen Wohnsitz. Oberstaatsanwalt v. Steinäcker betonte, daß dieser Prozeß in einen Abgrund von sittlichen Auffassungen hingeführt habe. Der Sklarek prozeß habe den Geist des plattesten Materialis mus enthüllt, der weiter nichts kenne als Geld- rafsen, der unbedenklich über Leichen gehe, wenn ihm -er Erfolg blüht. Die Entlastung der Skla- reks aus der Untersuchungshaft habe sich ver- jängnisvoll ausgewirkt: denn sie hätten offen- ichtlich ihre Freiheit ausgenutzt, um den Tatbe- tand zu verdunkeln. Meiner Ansicht nach, fuhr der Anklagevertreter fort, ist der Beweis er bracht, daß sämtliche Anklagepunkte, abgesehen von Kleinigkeiten, restlos erwiesen sind. Der Oberstaatsanwalt gab dann eine ein gehende Schilderung der umfangreichen Betrüge reien der Angeklagten und gab ein« chronolo gische Darstellung des Werdeganges der Skla- reks, die, wie der Anklagevertreter betonte, mühelos und rasch zu Gelde kommen wollten, um ihren grobsinnlichen Genüssen frönen zu kön nen. Deshalb sei es bei ihnen auch nicht mit sauberen Mitteln zugegangen. Die Sklareks hät ten bei ihren Bestechungen eine Menschenkennt nis entwickelt, vor der man Hochachtung haben könnte, wenn die Beweggründe nicht so verwerf lich wären. Drei große Kategorien von Straftaten sind zu beurteilen: die erfolgreichen Versuche, Aufträge und Verträge auf widerrechtlichem Wege zu er langen, die Bestechungen, mittels derer man Kredite von der Stadtbank erlangen wollte und erlangte und endlich die Einzelhandlungen, die zusammen das Vergehen gegen die Bestimmun gen des KonkurSgesetzes ergeben. Das sind die Straftaten der Sklareks: ihre Mitangeklagten haben sich, erwiesenermaßen, wie der Oberstaats anwalt meint, zum größten Teil der passiven Be stechung schuldig gemacht, die nun allerdings von den Sklareks auf die raffinierteste Art und Weise organisiert wurde, so daß vielleicht der eine oder andere der von ihnen Bestochenen kaum oder jedenfalls nicht rechtzeitig zum Bewußtsein der Strafbarkeit seines Verhaltens gelangt ist. MM oer MOm Hemer Opernhaus Freitag (^6—s4H): Götterdämmerung. Außer Anrecht. BBB. Gr. 1: 1—400, 8501-8800, 10501—10600. Schauspielhaus Freitag s)48—11): Götz von Berlichingen. Au- rechtsreihe B. BVB. Gr. 1: 5501—5800. Gr. 2: 1—50. Die Komödie Freitag l^9): Der Mann mit den grauen Schläfen. VB.: 2866—2895. BVB. Gr. 1: 7001—7100. Residenz-Theater Täglich 8 Uhr Sommervarietö. Central-Theater Freitag bis Montag Gastspiel Fritz Schulz. Freitag (8): Liebling adieu. BB.: 4091-4180.