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Zweites Statt Nr. 260 Sonnabenb/Gonniag, den S./6. November 19S2 Aus dem Lande — Annaberg. Blutiger Srenzzwifchenfatt. An der sächsisch-böhmischen Grenze bei Pienl- Sorgenlhal spielte sich in der Nacht zum Freitag ein blutiger Zwischenfall zwischen einem tschechischen Zollbeamten und zwei Personen ab, die die Grenze von Jöhstadt aus überschritten hatten. Der Beamte hielt die ihm verdächtig erschienenen Männer an, wurde jedoch von dem einen tätlich an gegriffen, wobei ihm das Gewehr mit auf- gepflanztem Bajonett aus der Hand ge- Alagen wurde. Er gab darauf einen Schuh ab und traf einen der beiden Männer tödlich. Die Durchsuchung des Gepäcks förderte nur einen getragenen Mantel und einige Fische konserven zutage. — Bautze». Kirchenfchänder. Donnerstag mittag wurde in der katholischen Kapelle in Hainitz der Opferstock erbrochen. Da er kurz vorher geleert worden war, fiel dem Täter kein Geld in die Hände. Der Kirchen- fchänder konnte bald darauf in der Person eines auf Wanderschaft befindlichen Land wirts ermittelt und der Staatsanwaltschaft Meführt werden. — Bautzen. Tausend Jahre Bautzen. Dor tausend Jahren ist die Oberlausitz und ihre Hauptstadt in die erste staatsrechtliche Ver bindung mit dem Deutschen Reiche getreten. Die Stadt plant aus Anlah ihrer nunmehr tausendjährigen Zugehörigkeit zum Reiche die Veranstaltung einer Feier im Sommer nächsten Jahres. Zu einer unverbindlichen Vorbesprechung dieser Feier versammelten sich am Donnerstagabend im Landhaus- saal Vertreter der städtischen Körper schaften, der übrigen Behörden, Kirche, Schule sowie verschiedener Organisationen. Oberbürgermeister Niedner teilte mit, dah die Stadt die Tausend-Iahr-Feier ausrichten wolle, hierzu aber nur in der Lage sei, wenn sie von privater Seite unterstützt werde. Die Kosten würden mit 20 000 bis 25 000 NM. veranschlagt. Als Termin für die Ver anstaltung Ht die Woche vom 4.—11. Juni, beginnend mit den beiden Pfingstfeiertagen, in Aussicht genommen worben. Der Ober bürgermeister gab das Programm für die Bautzner Festwoche, die am Pfingstsonntag mit einem Festakt im Stadtverordnetensaal und auf dem Kornmarkt eingeleitet werden soll, sodann im einzelnen bekannt. Die Ver sammlung erklärte sich im wesentlichen mit dm Vorschlägen des Oberbürgermeisters Niedner ,einverstanden. Zur Vorbereitung der Tausend-Jahre-Feier soll demnächst ein grober Festausschuh gebildet werden. — Bergen. „Nobel gehl die Welt zu» gründe . . ." Dieser Tage wurden hier ein 2l Jahre alter Melker und ein 22 Jahre alter landwirtschaftlicher Arbeiter wegen Diebstahls bzw. Hehlerei verhaftet. Beide Burschen sind arbeitslos und stammen aus Plauen. Sie waren mit Smoking und Lack schuhen bekleidet und trugen Couleurbänder und lilagelbe Taschentücher. Der Melker hatte seinem Datei 16 RM. ausgesparte WvhnungSmiete gestohlen und sich von dem Gelbe von einem Leihhaus Smoking und Lackschuhe und die Bänder geliehen. In Gastwirtschaften haben - die Burschen dann das übrige Geld bis auf 2,70 RM. vertan. Gertrud Bindernagel gestorben Kammersängerin Gertrud Bindernagel, die am 16. Oktober von ihrem Mann, dem früheren Bankier Hintze nach Schluß der Vorstellung in ter Städtischen Oper in Berlin hinterrücks durch einen Rcvolverschuß lebensgefährlich ver letzt war, ist, wie schon berichtet, im Westend- Krankenhaus plötzlich an Lungenembolie ge storben. — Gegen den Bankier Hintze ist nun mehr, wie von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war, die Voruntersuchung wegen ver suchten Mordes eröffnet worden. Sie wird auch trotz des Todes der Kammersängerin Binder nagel vorläufig unter dieser Bezeichnung weitcr- sesührt, und erst nach ihrem Abschluß wird sich die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie auf die Ermittlungen des Untersuchungsrichters hin An- klage wegen versuchten oder vollendeten Mordes erbeben wird. Schwere Zusammenstöße als Folgen des Berliner Derkehrsstreiks Zahlreiche Großbetriebe sammeln ihre Angestellten morgens mit Lastautos an zentral gelegenen Plätzen und befördern sie zur Arbeitsstelle. Nach einem Steinbombardement auf Verkehrsfahrzeuge werden Verdächtige von der Polizei visitiert. Was ist -er Herrenklub? Wir entnehmen dem „Deutschen Dienst": Die „Regierung des Herrenklubs" ist plötzlich zum Schlagwort geworden. Was hat die Regierung von Papen mit dem Herrenklub zu tun, und was ist überhaupt der Herrenklub? Diese Fragen dürfen einmal jenseits aller Parteiagitation beantwortet werden. Zunächst ist richtig, daß die Herren von Papen und Freiherr von Gayl Mit glieder des Herrenklubs sind. Das ist durchaus kein Novum, denn auch die Herren Treviranus und Schlange-Schöningen gehören diesem Klub an, und trotzdem hat das Kabinett Brüning, in dem diese beiden Minister waren, niemals „Her- renklub-Regierung" geheißen. Das Schlagwort entstand jedoch — und so etwas ist Schicksal — durch die Veröffentlichung eines vertraulichen Rundschreibens, das der Freiherr von Gleichen- Nußmurm nach der Ernennung von Papens über diesen Vorgang an die Klubmitglieder ver sandt hatte, durch den Demokratischen Zeitungs- dienst. Da nun gleichzeitig das neue Kabinett eine Fülle adliger Namen auswies, weiterhin be kannt wurde, daß von Papen Mitglied des Her renklubs sei, und die Agitation das Rundschrei ben von Gleichens im Sinne einer „Minister mache" ausdeutetc, war das Schlagwort ,^>cr Herrenklub-Regierung" geboren. In Wahrheit nimmt der „Deutsche Hcrren- klub" für sich iu Anspruch, daß seine Ziele und seine lose Kluborganisation genau das Gegen teil einer einheitlichen politischen Willensmei nung bezwecken. Vielmehr gilt als das ausge sprochene und alleinige Ziel die Herausstellung der persönlichen Selbstverantwortlichkcit der Männer, die in irgendwie führenden Stellungen sind oder sich hierzu berufen glauben. Entstanden ist der Herrcnklub aus dem Juni-Klub, der sich kurz nach der Revolution in Berlin bildete. Jüngere national fühlende Männer, die sich auch über die inneren Gründe des Zusammenbruchs klar wurden, sandln sich zusammen. Möller van Bruck, der Verfasser des Buches vom „Dritten Reich", der also der geistige Vater dieser natio nalen Zukunflsviston ist, der als Prophet der neu werdenden deutschen Nation heut« nicht nur von den Nationalsozialisten, sondern auch von einer ganzen Reihe anderer Organisationen wie der „Schwarzen Front", dem „Tatkreis" u. a. m. in Anspruch genommen wird, gehörte zu diesem Kreise. Dazu Heinrich von Gleichen, ein naher Freund Möller van den Brucks, ferner Dr. H. Brauweiler, jahrelang politischer Berater des sprochene und alleinige Ziel der Herausstellung iraler Abgeordneter, um nur diese zu nennen. 1924 organisierte dann Heinrich von Gleichen den „Herrenklub". Di« breite Oessentlichkeit hatte von seinem Wesen und Wirken selten etwas erfahren, und es war auch bewußt seine Auf gabe, nicht in die Breite und in die Masse zu wirken, sondern in die Tiefe. Die Seele der in diesem Klub geleisteten politischen Erzie hungsarbeit ist zweifellos der heute 59jährige von Gleichen, zugleich der Herausgeber der Zeit schrift „Der Ring". Mit dem Berliner Hcrren- klub hängen in loser Organisation eine Reihe von Zweigklubs vielfach unter anderem Namen — in fast allen großen Städten des Reiches zn- sammen mit einer gesamten Mitgliedschaft von etwa 4090. Es sind Menschen des Landadels, höhere Beamte, zahlreiche Mitglieder der städ tischen Intelligenz und der Wirtschaft, wobei allerdings viele bekannte Namen der Schwer industrie fehlen. Tas Schwergewicht liegt bei Männern der Rechten und der konservativen Einstellung. Dagegen hob sich der Herrcnklub mehr und mehr bewußt von dem politischen Willen der Deutschnationalen Partei ab. Ande rerseits sind auch Nationalsozialisten Mitglieder dieser losen Klub-Organisationen. Der Präsident des Hcrrenklubs ist Graf Bodo von Alvens- leben, der vielfach mit Werner von Alvenslebcn, der als Mittelsmann zwischen Industrie und Nationalsozialisten galt, verwechselt wurde. Was die persönliche politische Linie des Frei herrn von Gleichen anqeht, so überzeugt ein Blick in dessen schriftstellerische Tätigkeit, daß er weder als der Urheber der Rcichskanzlcr'chast von Papens gelten kann — von Papen ist dem Reichspräsidenten als ein Mann vorgestcllt worden, der angeblich die Möglichkeit habe, das Zentrum zu dieser autoritären Regierung mit herübcrzuziehen — noch daß er geneigt ist, zu allen politischen Handlungen des Kabinetts von Papen Ja und Amen zu sagen. — Chemnitz. Der Selbstmord in der Mord sach« Dimitross. Zu dem b«r«itS gemeldeten Selbstmord im Zusammenhang mit der Mord sache Dimitrofs teilt das Polizeipräsidium, Kri minalamt, noch mit: Am 1. 11. 1932 hat sich in einer Bodenkammer in Markersdorf im Ehem- nitztal der 20 Jahre alte kaufmännische Ange stellte Herbert Jahn durch Erhängen entleibt. Jahn mar ebenso wie Schirmer b«i der Firma Dietrich in Markersdorf in Stellung und war dem Schirmer mit unterstellt. Jahn hat von Schirmer verschiedene Aufträge wie Besorgun gen von Briesen und Depeschen erhalt«», di« mit den Vorbereitungshandlungen zu dem Mord zusammenhingen. Diese Aufträge sind von Jahn, ohne daß er ihren Zweck durchschauen konnte, ausgeführt worden. Die Erkenntnis, daß er in der Mordsache Dimitroff unbewußt Vorschub geleistet hat, dürfte den jungen Mann in den Tod getrieben haben. — Themnitz. Todesopfer des Derkehrs. Am Donnerstagabend in der 7. Stunde lief auf der Zschopauer Straße eine 83 Jahre alte Packerswitwe beim Keberschreiten der Fahr bahn einem Motorradfahrer ins Rad. Sie wurde umgerissen und so schwer verletzt, dah sie bald nach ihrer Einlieferung ins Kranken haus starb. Der Motorradfahrer und sein Sozius kamen ebenfalls zum Sturz, blieber jedoch unverletzt. — Ehemnltz. K^mmunistenhetz«. Wie schon vorgestern, so versuchten auch gestern vormit tag wieder durch Kommunisten aufgewiegelt« Menschenmengen vor dem städtischen Speis«- Haus in der Brückenstrahe zu demonstrieren. Die Menge brachte Hungerruf« aus. Die Po lizei war bald zur Stelle und zerstreut« di« Demonstranten. Auch in den Betrieben ent falteten die Kommunisten eine umfangreich« Propagandatätigkeit. — Ehrenfriedersdorf. Dreimal Hochzeit. Am Reformationstage war in der hiesigen Familie Richter dreifache Hochzeit. Der Sohn feierte die grün«, seine Eltern die silberne und seine Großeltern die goldene Hochzeit. — Freiberg. 9 EtadtverordnetenvorschlLge. — Die Demokraten verzichten. Zur Stadtver ordnetenwohl in Freiberg sind nicht weniger als 9 Wahlvorschläge eingegangen, und zwar vom Handwerk, von den Deutschnatio-nalen. der Deutschnationalen Dolkspartei, dem All gemeinen Hausbesitzerverein, Lem Grund- und Hausbesitzerverein, den Nationalsozia listen, den Sozialdemokraten, den ^»mmu- nisten und den Antifaschisten. Bemerkens wert ist, daß die Demokraten, die bisher mit einem Mandal vertreten waren, kein« Kan didaten wieder aufgestellt haben. Auf der anderen Seite ist bedeutungsvoll die Tatsache, daß die Kommunisten ihren bisherigen Spit zenführer, Deichmann, auf den zweiten Platz verwiesen und als Spitzenkandidaten den be kannten Kommunistenführer Roscher aufge stellt haben. — Grimma. Tödlicher Derkehrsunfall. Auf der Fahrt von Grimma nach Thalheim ge riet auf einer abschüssigen Straße in Nieber- lichtenau ein mit einem Karussell beladener Lastkraftwagen in den Straßengraben und stürzte um. Der Führer geriet unter das Gefährt und erlitt so schwere Verletzungen, daß er bald darauf starb. 50. Geburtstag des schwedischen Kronprinzen Am 11. November wird Kronprinz Gustaf Adolf vou Schweden, Herzog von Schonen, wie der amtliche Titel lautet, 50 Jahre alt. Der Kronprinz war in erster Ebe mit der Prinzessin Margarete von Großbritannien und Irland vermählt, die 1920 verstarb. In zweiter Ehe ist der Kronprinz mit Prinzessin Luise von Battenberg verheiratet, mit der er am 3. November 1923 die Ehe schloß. Aus der ersten Ehe des Kronprinzen sind der jetzige Erbprinz Gustaf Adolf, der sich eben mit der Prinzessin Sibylle von Kobnrg vermählte, ent sprossen, ferner die Prinzen Sigvard, Bertil und Kark Johann sowie als einzige Tochter die Prinzessin Ingrid, von deren voraussichtlicher Vermählung mit dem Prinzen Georg von Eng land man spricht. Der Kronprinz, der viel von der ruhigen, überlegten und einfachen Art seines Vaters geerbt hat, genießt bei der schwedischen Bevöll^ü.ng virL Siunpatbie,