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Drittes Blatt Rr. Sl Dienstag, den 1. März 1SS2 Die Frage nach dem deutschen Schicksal Wer in der Weltgeschichte lebt, Dem Augenblick sollt' er sich richten? Wer in die Zeiten schaut und strebt, Nur der ist wert, zu sprechen und zu dichten. Goethe. vielen Millionen Deutschen, und vielleicht am stärksten in solchen Menschen, deren gesellschaft liches Sein den Wünschen Karl Marx' weit gehend entspricht, ist ein selbstbewußtes Lebens- gesühl erwacht, das den persönlichen Egoismus deutig beantwortet werden, wie eS die Frei- willigen-Regimenter von Langemarck getan haben, deren Einsatz im Wollen -eS Nach, kriegsgeschlechtes aufgeht. An einem verlöre- nen Kriege ist noch nie ein Volk zugrunde ge gangen, sondern, wenn es unterging, dann ist eS an seiner inneren Schwäche, Uneinigkeit und Untreue verfault. Die Weltgeschichte kennt Alle Politik, auch alle Sozial- und Wirt- schaftspolitik, beginnt mit der Erkenntnis und dem Aussprechen dessen, waS ist. Eine unse- rer vornehmsten Pflichten haben wir stets darin gesehen, vorausschauend mit Rat und Tat alles Gute zu fördern, das im deutschen Volke wird. Es gibt Dinge, sagt Freytag, welche ausgesprochen sein wollen und nicht tot- geschwiegen werden können. Oft wohnt in dem Worte eine heilende Kraft. Wir vertreten heute fester denn je die Meinung, daß um uns und in uns eine geschichtliche Zeitenwende vor sich geht, die »ns die größte« in unserer Geschichte and unserem Wesen warzelnden Aasgaben stellt. In solchen Schicksalsjahren scheiden sich die Menschen in zwei Gruppen, die einander eine Zeitlang kaum mehr zu verstehen scheinen. Die einen fühlen ihre Kräfte im Wirbelsturm -er Ereignisse wachsen und nehmen den Kampf auf mit dem leidenschaftlichen Rufe -eS Ritters Ulrich von Hutten: Jahrhundert, «S ist eine Lust zu leben I — und in seiner trotzigen Hal tung: »Bin unverzagt — ich hab's gewagt und will des End's erwartend Die anderen, und sie sind freilich in der Mehrzahl, stecken ent weder die Köpfe in den Sand oder erheben be wegliche Klagen ob der unbestreitbaren Tat sache, daß die freundliche Gewohnheit LcS Da seins einer quälenden Unsicherheit und beäng stigenden Unruhe gewichen ist. Wenn man, wie wir, der kalten Nüchtern heit der Tinge lieber offen ins Gesicht schaut als sie künstlich vernebelt, so kann man nicht an der Notwendigkeit vor» bcikommcn, das wirtschaftliche Geschehen iu dem größere« Rahmen der geistige« vnd seelischen Gestaltnngskämpfe zu betrachte« und zu werten. Denn auch daS wirtschaftliche Tun ist nur Aus druck und Wirkung einer bestimmten inneren Haltung. Volkswirtschaftliche Theorien und Systeme werden aus der Wirtschaftsgestaltung abgeleitet und nicht umgekehrt. Das trciben-e und gestaltende Element ist und bleibt d>e schassende Kraft. Erneuert sie sich ständig aus den Wurzeln eines gesunden Volkstums, 'o bringt jeder Frühling nach herbstlichem Blät terfall und winterlicher Erstarrung ein neues Sprießen und Blühen. Organisch, wie Zweige und Blätter am Baume -er Eiche, wachsen immer wieder deutsche Menschen aus dem Stamme -es deutschen Volkes. Im Werden, nicht im Sei«, erfüllt unser Bolk seine Sendung. Wer dieses „Stirb und Werde!" fühlt und be jaht, der verneint und verwirft den historischen Materialismus und Lie ideenlose Entwicklung Ler Lebensverhältnisse, die ein Karl Marx lehrte. Marx war ein wurzelloser und vagie- render Mensch, den nichts mit deutschem Blut und Boden verband. Wie konnte man den zynischen Intellektualismus, -er im Gehirn dieses „eitlen und eifersüchtigen Intriganten" lBakunin!) sein Unwesen trieb, zu einem Evangelium für deutsche Arbeiter und Ange stellte werden lasten? In der Vorrede zu sei ner „Kritik der politischen Oekonomic" -oziert Marx: „Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebcnsprozeß überhaupt." Nein, die ses Dogma ist seitdem tausendmal widerlegt worden: Die technische Produktionsweise in einem industriellen Großbetriebe Deutschlands unterscheidet sich heute gewiß kaum von der Produktionsweise in Fords Automobilfabrik zu Detroit oder in einem sowjetrustischen Großkraftwerk. Wer aber wagt heute noch zu leugnen, daß der „soziale, politische und gei stige Lebensprozeß" ein grundverschiedener ist, je nachdem er sich im deutschen, amerikani schen oder russischen Arbeiter absptelt! Marx' Irrlehre machte sich und anderen eine atomi sierte wirtschaftliche Internationale vor, in -er schließlich „die Arbeit" sich in den Besitz „des Kapitals" setzen würde. In Wirklichkeit aber sehe« wir lauter ein» zelnc Volkswirtschaften, die heute mehr denn ie den Krästeausgleich und den höchst» sten Wirkungsgrad zunächst in sich selbst suchen, um für den Lebensranm des eigene« Volkes zn sorgen. —„Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen", orakelt Marx weiter, „das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, Las ihr Bewußtsein bestimmt." Wäre diese Narrheit wahr, dann müßte -ie Entwicklung -cs sog. Maschinenzeitalters zu einem gleichmäßigen proletarischen Bewußtsein geführt und einen Normaltyp aller Hand- und Kopfarbeiter in der ganzen Welt geschaffen haben. In Deutsch, land wenigstens hat die marxistische Doktrin ja genug Zeit und freie Bahn gehabt, -ieseS Experiment durchzuführen. Statt besten ist Las Gegenteil mU Händen zu -reise«, I« Der „Talwächter des Plauenschen Grundes" D«.d.n-«^ wird am kommenden Sonntag anläßlich der list - Jahr - Feier der Ortsgruppe Plauenscher Grurr- Les Gebirgsvereins für die Sächsische Schweiz seine Taufe erhalten. — Ler -ie erste Voraussetzung für -ie mar xistischen Theorie bildet — wie -ie Pest be kämpft und an seine Stelle die opferwillige Tat- und Arbeitsgemeinschaft des Volkes setzt, die alle Menschen deutschen Blutes in Bergan- genheit, Gegenwart und Zukunft verbindet. Dieses neue Lebensgcsühl schickt sich an, daS gesellschastlichc Sein und damit auch die Wirtschaft »eu zu gestalte«. Seit dem August 1914 ist -ie Frage nach dem deutschen Schicksal offen. Sie muß so ein nur Völker, -ie sich durch die Jahrtausende be haupten, und andere, die alt werden und ster ben. Hüten wir uns, daß es nicht einst vom deutschen Volke heißt, eS habe nicht mehr leben wollen! Treitschke sagt: „Die Geschichte trägt durchaus männliche Züge. Nur tapfere Völ ker haben ein sicheres Dasein, eine Zukunft, eine Entwicklung; schwache und feig« Völker gehen zugrunde, und von Rechts wegen." Un sere Gegner hatten ein sehr feines Gift erson- nen, um unsere Wehrlosigkeit tu verewigen. KUick vom „Talwächter" aus Dölzschen und Lie Begerhurg. die „seelische Abrüstung" durch einen schau»» und ehrlosen Pazifismus. Aber »ser Volk stößt burch de« pazifistische« Nebel hindurch «,d erke»«t seine tragisch« Lage: Volk ohne Raum im Herzlaude Europas, das man mit ofseneu, bluteude« Grenze« jedem Uebermut «nd jedem A«» griff seiuer Nachbar«, auch der kleinster», wehrlos anSgeliesert hat. In -er grotesken Wehrlosigkeit Deutschlands, in der beispiellosen ständigen Bedrohung un serer letzten kargen Lebensmöglichkeiten liegt -ie große und -auern-e Gefahr für die fried liche Arbeit. Wir fordern die Wchrfreiheit für Deutschland, ohne die es kein souveräner Staat ist. Wir sehen in jedem wehrhaften und waf fentüchtigen Deutschen den wahren Bollbürger. Wer dagegen zu erbärmlich und zu schwach ist, um das deutsche Schicksal mit auf sich zu neh men, ist ganz und gar nicht dazu berufen, die Entscheidung über die Lebensfragen deutscher Politik und Wirtschaft zu beeinflußen. Allzu lang« haben wir uns fremden Ratschlägen und Einflüsterungen gefügt. Hier muß ein gründ licher Systemwechsel etnsetzen. Wir wehren uns dagegen, daß man unser Schicksal an -en Weltbörsen aushandelt, daß man unser« Arbeit zur marktgängigen Ware herabwürdigt, wie die Arbeitsleistung des rö mischen Sklaven, der seine Bedürfnisse gelie fert erhielt — gerad« so viel als hinreichte, um seine Arbeitskraft zu erhalten. Wir lehnen uns aus gegen die planmäßige Entsittlichung unserer Arbeit, die in -er lügnerischen Parole liegt: „Durch Arbeit zur Freiheit!" Deutsches Schaffe« ist «ndenkbar ob«e inaere Freiheit «nd «nfruchtbar ohne Werks- «nd Bernssfreude. Und -ie schweren Spannungen zwischen wirt schaftlichem und sozialem Wollen, die unser Volk jahrzehntelang geschwächt un- zermürbt haben, sind kein notwendiges Uebel der „Ma schinenwelt", sondern sie entstanden aus der undeutschen, unserem Wesen fremden Auffas sung von -er Arbeit als Handelsartikel, die das uralte deutsche Arbeitsethos verdrängt hat. Darum fordern wir für Deutschland- Gesundung die Wiedergewinnung -er Arbeits freiheit. Und wir bekenne« >«S z« der Ueber,««-««-, daß die Geißel ««serer Millionen-Arbeits» lofigkeit nicht allein, ja nicht einmal aus schlaggebend durch wirtschaftliche oder finan» zielle Mittel beseitigt werden kann, sonder« nur durch die innere Erneuerung an Haupt «nd Glieder« und durch eine soziale Po» litik des Staates, die nicht die Schwächen, sondern die üräste des Volkes hütet nad fördert. Wer sich zu dem Geschlecht bekennt, das aus dem Dunkel ins Helle strebt, muß sich vom Banne Ler Nacht lösen. Wer marschieren will, muß in Reih und Glied treten. Der einzelne ist nicht-, wenn ein Volk aukbricht, um im Goethejahr 1932 Goethes Wort wahr ,« machen: „Ist ein wirkliches Bedürfnis zu einer großen Reform in einem Volke vorhanden, so ist auch Gott mit ihr, — und sie gelingt." (Pressestelle deS LaudeSauSschnfscs Sächsischer Arbeitgeberverbände.) Tempo? Bo« Ernst Kurt Exner. Wir glauben, eS geht nicht anders. Wir glauben, ohne Tempo könne die Welt nicht mehr bestehen. Wir haben uns schon so an daS Tempo gewöhnt, daß wir selbst nur noch Tempo sind. Und nun erlebt man plötzlich einmal ir gendwo im ganz gemeinen Alltag, daß daS Tempo einfach dreist hintergangen wird. Un- — daß eS trotzdem auch ohne Tempo ging. * DaS war so: In der Unterfahrung deS Dresdner Haupt- bahnhofes bog ein vielleicht zwölfjähriger Junge ein, der einen Krankenfahrstuhl vor sich her schob. Allem Anschein nach fuhr der arme Kleine darin seine Mutter. Nun weiß man, daß in jener Unterführung zwischen Straßenbahnschienen und Bordkante gerade soviel Platz ist, daß ein Auto fahren kann. Jetzt fuhr aber außerdem noch der Junge mit seinem Krankenfahrstuhl auf die- scm Straßenstück. Und er fuhr genau nicht schneller als er sonst wohl durch die Anlagen mit seiner kranken Mutter fahren mochte. Die Folge war, daß sich hinter ihm ein. zwei, drei, vier Autos anschlossen; langsam fahren mußten. An das vierte Auto kam ein weiteres und immer noch eins und als der 'Junge aus der Unterführung wieder heraus bog, hatte sich hinter ihm eine ganze Reihe ge bildet. Sogar ein paar Autobusse waren dar unter. Natürlich machten die verschiedenen Führer der Wagen mehr oder weniger gistiae Gcüch- Iter. Aber: Es ging; eS aina, n">il ein Junge «jeme kra»ke Mutter tu» Fahrstuhl fuhr.