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Lärdsischer L««deS »«,e«ger. Nr. 35. Sonnabend. 11. Februar 1888. 1» Frieden mit einander leben, nicht aus einer Grundlage von Ad- »achuugeu für die Vergangenheit, denn daraus könne nichts Kedrib üche« wehr hervorgeben, wohl aber auf Grund der gegcnwänigen Sachlage, welche iu der Red« deS Reichskanzlers so klar darge'.egi ist. Leider ist Bollen und Thun in Rußland nicht immer banelbe. — Lin Tagesbeiehl des Kriegsmininers verordnet die bereits im Juni 1887 beichlofiene Bildung einer Mobilisation«-Abteilung in der Haupt-Anillcrie-Verwülmng. Spanien. In der Teplllinenkammer gab der Minister de» Junern Robledo die Zahl der bei den Llrbeiierunruben in Rio Tinte von dem Militär gelobteren Arbeiter aus 45 an. Viel Eigenrhum ist dabei zerstört, da» Theater niedergebronnt. Deutscher Reichstag. —wo. Berlin, den 9. Februar. Erster Gegenstand der Tagesordnung ist die zweite Berachung des Anlcihege'etzcs stür Zwecke de- Reiibsbeere». Sbg. Frk. von Hüne crustann als Rncrent der Budgeicommiiston, daß die ge wünschte Specificirnng der Vorlage in der Commi'nrn vom Herrn Lriegswintster gegeben und eingehend disnriin worden in. Tie Lommnston erAart nch durch die emrfangenen Miubeiluuzen für be- siiedigt uud binei das hohe Haus, die Vorlage unverändert anzu- uehmen. Tie Vorlage wird hierauf debettclo» unveränden genehmigt. LS fclgr dritte Berachung des Antrages auf Verlängerung der Legis laturperioden. Abg. Meyer-Jena (narlid.): Ter Abz. Hänel hat der natirualliberalkn Panei eine unbegründete Verfassungsänderung vorgNvorfkn, zu derselben Zeit vorgewcrfen, wo der Abg. Ricken eine Weit einschneidendere Aenderung der Verfassung beantragte, die Be willigung von Träten an die Mitglieder dieics Hau'ss. Ich glaube, damit wird der Vorwurf wohl hinfällig. Meine Partei bat wieder holt erklärt, baß sie zu einer Beseitigung des allgemeinen Wahlrechts die Hand nicht bicren wird. Herr Hänel meinte, das Wahlrecht könnte schon dadurch beschränkt werden, daß es vcn einer gewissen Aufenthaltszeit am Wahlone abbängig gemacht wird. Auch das wollen die Nationalliberalen nicht, wohl aber hat es der Parteigenosse des> Herrn Hänel, der Abg. Bamberger, gcwünichl. (Heiterkeit.) Auch die Auflösung des Reichstage- ist nicht so leicht angängig, wie Herr Hänel meint, sie bedarf der Zustimmung des Bundesralhes und des Kaisers. Wenn auch in England die Parlamente ielten eines natür lichen Todes sterben, worauf Herr Hänel ferner hinwies, fo haben die meisten doch fünf Jahre gedauert. Tie Schweiz und die Ver einigten Staaten von Nordamerika mit ihren kurzen Wahlperioden sind nicht maßgebend, denn es sind Republiken. Wenn Herr Hänel sich auf Or. Miquel zum Beweis dafür beruft, daß die häufigen Wahlen die Bekämpfung des Particularismus erleichtern, so lrifit das heute nicht mehr zu. Ter Reichsgedanke lebt jetzt bei uns kräftig und unangefochten. Deshalb kann meine Partei diesen Antrag auch ruhig vor dem liberalen Gedanken verantworten. Abg. Bamberger (freist): Die Herren Antragsteller haben die ganze Begründung des vorliegenden Antrages aus meine srühere Argumentation gestützt. Ich kann aber doch fordern, daß das, was Herrn Miquel recht, mir billig ist. Wenn dessen frühere Acußerungcn nicht mehr gelten solle», warum sollen die meinigen gelten? Als ich in früheren Jahren die Ver längerung der Wahlperioden forderte, war der Reichstag noch ein starkes, kräftiges Parlament. Das hat sich sehr geändert, und die Folge dieser Aenderung ist meine heutige Stellungnahme gegen den Antrag. Herr von Bennigsen kann nicht bestreiten, daß wir in den letzten Jahren, was liberale Principien anbelrifft, stark zurückgegangen find. Herr von Bennigsen betrachtet zwar die Verhältnisse mit einem großen Maße von staatsmännischcr Weisheit, aber trotzdem wird er nicht behaupten können, daß cs recht ist, wenn in Preußen ein alter, verrosteter Paragraph ausgegrabcn wird, um die Annahme von Diäten durch die Abgeordneten zu bestrafen. Regierungen, die solüe Nieder lagen erleiden, wie die unsrige mit dem Tabaksmonopol rc., würden in anderen Ländern schon verschwunden sein. Bei solchen Verhält nissen kann man nicht noch eine weitere Stärkung der Regierung zn- gebcn, und die würde der Antrag doch zweifellos ergeben. Ich habe vor vielen Jahren einmal gesagt, wenn die verbessernde Hand an die Verfassung gelegt wird, dann sollten auch die Legislaturperioden ver längert werden. Man kann mich doch aber nicht für so verrückt halten, daß ich jetzt den geeigneten Zustand für gekommen erachte, die Verfassung zu ändern. Herr von Bennigsen hat gemeint, i» meinem Kopf dreht sich die ganze politische Welt unter dem Gesichts punkt von Freihandel und Schutzzoll. Ich bin nie eine Zierde des Freihandels gewesen. Das waren vielmehr Gcheimrath Engel, Pro fessor von Treilschke, Gneist, Marguardse», von Malxahn-Gültz n. A. Ich bleibe dabei, daß das Ldiuni dieser ganzen Maßregel bei den Nationalliberalen hängen bleibt. (Beifall links.) Abg. Stöcker (cons.): Dieser Antrag ist kein weiterer Schritt zur Rcaction, sondern nur ein Suchen nach gesunden Grundlagen. Wir dürfen nicht nach England blicken, denn das hat eine weit längere Vergangenheit. Wir Gefährtin, auf deren Arm ihre Hand noch ruhte, mit sich zog und gleichzeitig ihre» beiden anderen Begleiterinnen zurief, ihr zu folgen. Einen Moment umfing völlige Finsterniß die Eintretende», dann aber drang ein schwacher Lichtschein aus dem Hintergründe dieser wunderlichen Behausung und eine liefe Stimme befahl ihnen in selt sam herrischem Tone, näher zu treten. Sie gehorchten unwillkürlich unter dem eigenthümlichen Einfluß, den dies ganze Abenteuer auf sie ausüble, und gingen dem Licht- scheine nach, mehr und mehr erstaunt, daß der Raum, in dem sie sich befanden, weiter und weiter sich erstreckte. Der hohle Baum gab offenbar nur die Verdeckung ab zu dem Eingang einer Höhle von nicht unbeträchtlicher Ausdehnung. Die Frauen, welche ihre dichten Umhüllungen bei dem Licht schein, der ihnen entgegen drang, noch fester um sich gezogen hatten, als vorhin auf dem dunklen Wege, standen jetzt plötzlich still, am Weltergehen verhindert durch ein Gitter von starken Eisenstäben, das ihnen das Vordringen in den Hiniergrund des Raumes versperrte. Sehr deutlich konnte» sie aber wahrnehmen, was in demselben vorging. Einige mächtige Feldsteine bildeten daselbst eine Art von Altar, der an die heidnischen Zeiten erinnerte; wie cs denn auch bei de» Bewohnern Frankfurts feststand, zu glauben, daß die Runenhexe die Gebräuche der christlichen Kirche verachte und im Geheimen noch ihren heidnischen Gottheiten opfere. Aus dem Altar brannte ein Feuer von trockenen Fichtenäpfeln; ab und zu stiegen daraus die weißlichen Wolken eines wahrscheinlich darauf verbrannten Räucherlraules aus, dessen nebelhafter Tunst sich zu allerlei fanlasti'chen Gestalten zniammenballle. Zu beiden Seiten, in bildsäulenhastcr Ruhe, saßen zwei große schwarze Katzen, deren grünlich funkelnde Augen allein das innen- wohnende Leben rerriethen. Bor dem Feuer auf der Erde kauerte eine unförmliche Gestalt, in die Flamme starrend und den iremden Besuch nicht im mindesten beachtend. Eine kleine Weile verharrten die Ankömmlinge schweigend und betrachteten das wunderliche Bild; darn ließ die eine d-r Frauen den Ar« ihrer Gefährtin mit einem stolzen Ausweisen des Kopies los nnd trat in ungeduldiger Bewegung noch näher an das Gitter heran. „Runenmuller!" sagte sie mir einer Hellen Summe, der das Be fehlen geläufig schien, «Tn mußt uns die Zukunft wahrmgen. Wir sind gekommen, weil Tu Dich darauf verstehen soll,'!." sieben vor w vielen politischen, confesfionellen und socialen Streit- runkren, daß die bänfige Agiration etwas Gefährliches enrbält Be sonders. wer die rienvühlende Agitation in Berlin kennt, muß zugcben, daß es die PstiLt einer wessen Sraatsleitung ist, hier Wandel zu 'Laven. Tie Canellparieien hätten sonst gerade in Berlin von den dreijährigen Wablverioden Vonbeil, ne bänen bei der letzten Reiibr- lagswabl dorr bedenkend mcbr Srimmen als die Freisinnigen erhallen. Tie kölnische Bildung des Volkes kann wobt durch den Reichstag, aber nie durch die Wahlagitation gefördert werden. In Berlin sind bei der letzten Wahl ganze Basier einer politss'cbcn Sinrflnlb zu Tage gerörden, eine politiscbe Brunnenecrgiftnng war eingetreten. Tie Freisinnigen bezeichn«?» damals die Kriegsgerüchie als frivol er kunden, odwcbl di- Gefahr doch nabe genug war. Solche Agitation untergräbt das Vertrauen zur Regierung. Dagegen müssen wir auf- rreren, denn höbsr als das Parlament, in dem die Leute ibre Meinung von Jahr zu Jabr ändern, sieht die Monarchie, das Fürsienlhum als ein bleibender rocsier <ie bronctz! Ich danke hier auch dem Abg. von Bennigsen, daß er den Ausruf zur Bekämpfung des kirchliche» Nothsiandes unterstützt hat. Es muß endlich einmal die Verschmelzung der politischen mir den religiösen Fragen aufhören, die Religion muß Allen gemeinsam sein. iHessall rechts.) Abz. Windt borst: Ich hätte gewünscht, daß der Herr Vorredner schon früher so gedacht barte, wie beurc, dann wäce uns der Culturkamvf erwart geblieben. Wenn Herr Sröcker meint, die Leidenisakt der Wablagiraiion bringt keine Bildung des Volkes, dann ist dieser Reichstag und 'eine Mebrbeii wahrhaftig nichr der guren Einsicht der Nation zu verdanken. (Heiier- keit.) Tie Comcouenz der Worte des Herrn Vorredners ist die Bedingung des Parlaments überhaupt. Ich wünsche, wenn es dabin kommen sollte, nur, daß wir zu den allen Monarchien -noückkcbren, wo värerl ch der Monarch regiert und nicht sein Minister. Herr Siöckcr bat Heine schon gelegentlich angedeulct, er möchte das wahl fähige Aller auf 30 Jahre erhöhen: nun, zum Glück will Herr von Bennigsen das nicht, asso wird auch wohl daraus nichts werden. Nack meiner Ansicht werden die langen Lcgislaiurverwdcn kein anderes Ziel erreichen, als daß sie dem Volke dies Parlament recht urbeqnem mache». Hierauf wird dann die Debatte geschlossen. Tas Haus tritt dann in die Svccialdiscu'sion des Antrages ein. Z 1 (Verlängerung der Legislaturperiode) gicbl dem Abg. Hänel (frei'.) Anlaß, dem Abg. Stöcker cnlgegenzulieien. Wenn Herr Stöcker die Heiligkeit des Wahlkampfes in Berlin beklagt, w habe seine Partei daran die meiste Schuld. Ta möge er vor allen Dingen zu reformiren beginnen. Z 1 wird angenommen und sodann der ganze Antrag definitiv. Nächste Sitzung: Freilag 1 Uhr. (Vogelschntzgesetz, Wahlvrüsungen, zuerst drille Lesung des Anleihegesetzes.) Vom sächsischen Landtag. Tie II. Kammer nahm in ihrer Sitzung am 9. Februar den Cullusctat nach den Vorschlägen der Regierung an. Bei dem Kapilel „Universität Leipzig" warf Abg. Ahnert die Frage auf, ob es unum gänglich nöthig sei, jedes Jahr Millionen für neue Hochbauten der Universität zu bewilligen. Cultusminister v. Gerber bemerkte, bisher sei es nöihig gewest». Abg. v. Vollmar richtete die Frage an die Regierung, ob dieselbe geneigt sei, die Universiiät Leipzig auch dem Frauen-Studium zu öffnen. Ter Minister enlgegnele, die Regierung stehe auf dem Standpunkte nnd werde auf demselben stehen bleiben, daß Frauen nicht zum Besuche der Universität zugclassen werden. Diese Anschauung iheile das gesawmte deutsche Volk. — Beim Ka pitel „Evangelische Kirchen" ersucht Abg. Geyer (Sociald.) die Regierung, eine Aenderung zu treffen, damit die Geistlichen sich nicht persönlich an der Agiialion betheiligten, ipeciell wendet er sich gegen die Agitation eines Großenhainer Geistlichen, dcr sich gegen Alles, was Dissident heiße, in einer Weise ereifere, die geradezu verwerflich iei. — Bei dem Kapilel „Gymnasien, Realgymnasien und Real schulen" wünscht Abg. Hcrrmaun Beseitigung des Collaturrechles der Gemeinden bei den Realschulen. Itr. v. Gerber bestätigt das Be stehen der durch die jetzigen Zustände heroorgerustucn Uebclsiäude. Er erkläre sich deshalb bereit, jede derartige, dem Ministerium ange- lragene Collatnr anznnehmcn. Allerdings wurde er widerrathcn, eine allgemeine, eben dahin gehende Maßregel durch die Gesetzgebung an- znstrebcn. — Tic Abzg. Müller und vr. Fischer befürworten eine Petition der Gemeinde Freiberg um Erhöhung des Zuschusses zum dortigen Realgymnasium auf 18,000 AU. Tie Petition wird der Regierung zur Erwägung übergeben. Abg, Ahnert beantragt für das Realgymnasium Borna gleichfalls eine Erhöhung des Zuschusses aui 15,000 Mk.; der Antrag wird gegen 3 Stimmen angenommen, Abg. Kirbach vertritt die von der Deputation beantragte Einstellung von 50,000 Mk. als einmalige Unterstützung dcr Stadl Plauen für Uebcr- nahme der Realschule in städtische Verwaltung, wäbrend Abg. Uhle- mann nur 30,000 Mk. zu bewilligen vorschlägt. Mit 33 gegen 30 Stimmen werden die erwähnten 50,000 Mk. bewilligt nnd ge ien 9 Stimmen der Antrag Ahnert angenommen. — Zu lebhaften Er- „Mnß! Soll! Ei, seht einmal an, meine Täubchen, wollet Ihr mich vielleicht dazu zwingen?" Bei diese», mit höhnischem Lachen gesprochenen Worten richtete sich das sonderbare Wesen auf und wuchs, höher nnd höher werdend, zu einer übernatürlichen Länge empor, bis endlich ein Riesenweib dastand, dessen Kopf bis an die Decke der Höhle reichte. Tie Kaiserin Adelheid — man hat schon errathen, daß sie cs war, deren Abenteuer liebender Geist sich den heimlichen Besuch bei der Hexe als Zerstreuung ausgedacht hatte, während dcr Kaiser beim Gastmahl weilte —, im ersten Augenblick erstaunt und einigermaßen erschreckt über die sonderbare Verwandlung der Wahrsagerin, hatte sich rasch wieder gefaßt. „Runenmutter!" beharrte sie, ganz wie vorhin, „verkünde uns die Zukunft, wenn Du es kannst, es soll Tein Schaden nicht sein." Tie Hellen Augen des Riesenweibes funkelten unter den strup pigen, grauen Brauen fast ebenso leuchtend hervor, als die ihrer Katzen; es war, als ob sie die dunkeln Hüllen, welche die Fürstin verbargen, hätten durchdringe» wollen. „So reiche mir Deine Hand, daß ich die Linien derselben be schaue," befahl die harte Stimme der Hexe, Adelheid s zarte Rechte legte sich, ohne zu zögern, in die schwielige Faust des Weibes, wie ein Lilienblalt auf braunes Pergament. Lange Zeit hafteten die Augen der Alten darauf, ohne daß sie sprach, endlich sagte sie in etwas milderem Tone als vorhin: „Hüte Tich, hohe Frau! Wo Du es am wenigsten ahnst, droht Tir die größte Gefahr. Tu wirst hcrabsteigcn von Deinem Platz, aber tröste Dich, beherrschen wirst Tu doch, so lange Du lebst, alles, was Dich umgiebt." Tas Weib gab die zarten Finger frei, welche noch in den ihren ruhten, aber Adelheid ließ noch nicht nach. .Tas ist ein wunderlicher Spruch, Runenmuiter," sagte sic dringend. „Laß mich mehr wissen, ich bitte Dich, werde ich lange und glücklich leben?" „Mehr zu sagen, ist mir nicht erlaubt," antwortete die Alte mit Bestimmtheit, und man hörte es der Entschiedenheit des Ausspruches an, daß nichts weiter von ihr zu erreichen war. „Jetzt kommt Ihr, Ilse," hauchte, unhörbar fast, die Kaiserin der ihr zunächst stehenden Gestalt zu und schob sie näher an das Gitter heran. Mit einem gewissen Widerstreben, das zu überwinden ihr örienmgen führte das Kapitel „Volksschule". Abg. v. Polenz bea» tragt Erhöhung der als Beihilfe an Gemeinden bei Schulneubauten eingestellten Summe von 30,000 auf 60,000 Mk. Abg. Heger steht' dem Anträge sympathisch gegenüber. Er Halle den jetzigen Zustand, daß das Belks'chulwe'stn Communal'ache sei, für naturgemäß; cb«, darin liege aber der Grund, daß unbemittelte Gemeinden ihr Schul, weien nicht aus die Höhe brächten, die zu wünschen sei. Abg. Kaden verwendet sich für die Uebernahme des Schulgeldes auf den Staat, da dasselbe unter den direclen Abgaben die drückendste Last sei. Weiler wendet er sich gegen die Brandmarkung derjenigen Gemeinde- miiglicder, die mit der Zahlung des Schulgeldes im Rückstände seien und dadurch ihre bürgerlichen Rechte verloren hätten. Eine Aeußer- ung des Redners, daß der einzelne Arbeiter rechtlos sei, giebt Herrn Vicevräi. Streit die Veranlassung zu einer Rüge. Tie Aeußerung iei unbegründet. Auch könne keine Rede davon sein, daß ein Arbeiter wegen eines Zchulgeldrestes seiner politischen Rechte verlustig gehen oder ösien:lich gebrandmürki werde» könne, Cnllusminister lür. v. Gerber: Ter Vorredner habe eine Unzahl trauriger und schauriger Falls vor geführt, die bei näherer Untersuchung zum größten Theil wohl ihren erschrecklichen Anstrich verlieren würden. Er iei überzeugt, daß die preußi'che Regierung mit ihrer, am theilweise Abschaffung des Schul» gelbes zielenden Maßregel richtig vorgegangen sei. Für Preußen sei dies aber nur die Ausführung einer Versassungsbcstimmnng. Außer dem zeige das preußi'che Budget große Ueberichüsse. Bei uns betrage das Sckmlzeld 40, M:ll. Mk., beinahe die Hälfie des in der ganzen vreußss'chen Monarchie gezahlten Schulgeldes. Wenn man nun, genau nach Maßgabe des preußss'chen Vorganges, den Gemeinden ein Ge schenk von 1,600,000 Mark machen wolle, so könne man denselben doch als Gegenleistung nichi zumu'.hen, auf 4>, Mill. Schulgeld zn verzichten. Ein Antrag auf Aufhebung des Schulgeldes sei an das Ministerium bisher noch nicht gekommen, ein Beweis, daß man die je, gen Verhältnisse für richtig Halle Nachdem der Herr Renier dieselben vom Slandpuuki des Familienlebens gerechtfertigt, constalirt er. daß die Last des Schulgeldes zum erheblichste» Theil von den Bessersilnirten getragen werde: dabei wünsche er jedoch noch immer eine weitere Ermäßigung zn Gunsten der ärmeren Klassen. W nn man etwas für die Volksschule zu lhnn in der Lage sei, daun werde man bei den Altersculageu der Lehrer entsetzen müssen, die der Staat zu übernehmen habe. Hieran könne der Staat die Bedingung einer weiteren Abminderung des Schulgeldes knnpstn. Tie weitere Debatte, an der sich die Abgg. v. Polenz, Stolle, Uhlemann, Günther, Georg! und Kaden betheiliglen, drehte sich hauptsächlich um den Antrag v. Polenz, der gegen 14 Stimmen zum Beschluß erhoben wurde. Tie Beralhnng Halle 5 Stunden in Anspruch genommen. Sächsisches. — Dresden. Im Pulverlaborawrium der Albertstadt, wo die Munition für die Handfeuerwaffen der sächsischen Truppen her gestellt wird, ist in der neuesten Zeit die Zahl der dort beschäftigten Arbeiter, größteniheils Frauen und Mädchen, nicht nnerhedlich ver mehrt worden, so daß die Production nun eine weit höhere Ziffer erreicht, als seither. Einesthcils ist diese Vermehrung der Arbeits kräfte im genannten Etablissement bedingt durch die bei den meisten Infanterie-Regimentern des kgl. sächs. (XII.) Armeekorps bereits er folgte Einführung des neuen Repetirgewehres, bei dem der Patronen- bedais bei Felddienst wie Schießübungen erbeblich stärker ist, wie bei der bisher geführten Schußwaffe, anderntheiis bedingt die bevor stehende Erweiterung der Landwehr- und Lemdsturmpflichk eine ganz beträchtliche Vermehrung der Vorräche und Bestände. auch an Patronen. Letztere Thaiiache ist zugleich Veranlassung, daß im Mcnlirungsdepot sich zur Zeit ebenfalls viel fleißige Hände regen, um Alles, was noch fehle, in kürzester Frist feriig zn Nellen, insonderheit llniformstücke und Schnhwcrk. In der Jniciidanenr der Armee fehlt cs daher jetzt ebenfalls nicht an Arbeit außergewöhnlicher Art, deren Bewältig ung durch die genannee Behörde sich aber ebenso ruhig und exakt vollzieht, wie dies bei früheren ähnlichen Anlässen schon geschehen ist, st namentlich bei Gelegenheit der großen Reorganisaiion der sächsischen Truvpen im Jahre 1667, der Uuisormäudenmg der vier alten Reiter- Regimenter im Jahre 1676, der Vermehrung dcr Artillerie im Jahre 1672 und der Verstärkung der Infanterie und Artillerie von 1881 und 1887. — Eunewalde, 7. Februar. An der Trichinvsis ver narben weiter die Witiwe Angermann, dcr Wirthschaftsbcsitzcr Gnbsch in Lauda nnd dcr in weiteren Kreise» bekannte Vertreter dcr Dresdner Waldschlößchcnbrancrci, dcr im rüstigsten Manncsaltcr stehende Kauf mann Schäfer ans Lvban. Letzterer hatte aus einer Gcschäftstvur auch den Nnglücksort Obercuncwalde berührt und dort mehrere Räncherwürstchcn genossen, zum Unglück seiner Familie aber auch noch mehrere dergleichen mit nach Hanse genommen, infolgedessen auch seine Frau und drei Kinder schwer krank dariiicderlicgcii. Ein in dieser Familie vorübergehend anwesend gewesenes Dienstmädchen hat offenbar Mühe kostete, streckte Ilse ihre kleine, weiche Hand durch die Eiscnstäbe. „Deine Hand zittert, Jungfrau", sagte die Hexe und cs schien fast, als ob der Anflug eines Lächelns ihre starren Zuge beleben wollte, „aber Tu hast ein treues, mnthigcs Herz, das Dir dazu ver helfen wird, Tein Glück zu erfassen. Freue Dich, Jungfrau! Du wirst die Stammmutter eines stolzen, ritterlichen Geschlechtes werden!" Tief anfathmend, als ob sie einer Gefahr entronnen wäce» trat Ilse von dem Gitter zurück, um dem Fräulein von Dassel Platz zu machen, die seit kurzer Zeit mehr in die Nähe dcr Kaiserin ge zogen wurde und auch heute dazu ansersehe» war, das nächtlich« Abenteuer mitzumachen. Tie Nichte des Reichskanzlers trat unverzagt hinzu, sie ver langte begierig darnach, den Spruch des RunenweibcS zu vernehmen. Ihr Herz klopfte vernehmbar, aber nicht ans Scheu vor dem Geheim- nißvollen, dem sie sich näherte, sondern ans Freude über die Wort«, welche der Kass'erin getagt waren und die sie nach ihrem Wunsche auslcgte. Sie hielt ihre schmale, weiße Hand der Alten zur Prüfung hin, niit Spannung deren Ausspruch erwartend. Die Hexe beugte sich ein ganz klein wenig nieder, wie um besser sehen zu können: „Tein hofsährtiger Sinn", sprach sie dann mit eis kalter Betonung, „strebt nach dem höchsten Ziel, sieh' Dich vor, daß Dir darüber nicht ein Gut verloren geht, welches nicht genug zu schätzen ist. Du wirst indessen auf einen Platz steigen, so hoch an gesehen, daß sich die Menge demüthig vor Dir neigen wird . . .' Ein Helles, überinüthigcs Gelächter unterbrach den Spruch der Wahrsagerin und tönte in unheimlichem Echo aus der Höhle zurück: „Seht Ihr! Seht! Was prophezeite ich Euch vor Kurzem, Richenza!" rief Adelheid in ansbrechendem Ucbermnth, „eine hochangesehene Frau Aebtissin, so sagte ich Euch, würde einmal ans Euch werden, vor der sich demüthig die Menge der Andächtigen neigt." Die Alle wandte sich mit einer unbeschreiblichen Geberde voller Würde und zugleich Geringschätzung über diesen Ausbruch fast kindischer Heiterkeit ab. Das Fräulein bebte vor Aerger, sie hatte gehofft, noch mehr zu vernehmen. Adelheid beachtete Beides nicht im geringsten: „Sprecht weiter» gute Mutter", sagte sie leichthin, „das Fräulein wünscht das Ende Eures Spruches zu vernehmen." Die Alle schüttelte das Haupt, antwortete aber nichts. „Ihr wollt nicht? Nun denn! Zn Euch also, Jutta. Eilen wir zum Schluß." Fortsetzung folgt.