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Sächsischer Landes-Anzeiger : 11.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880211
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-11
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 11.02.1888
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— Nr. 35. — 8. AaWanft. — Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Anzelger" mit täglich einem besonderen Unter- haltungrblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiger Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich WM., bei den Post-Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.-Preisliste Nr. S03i>.) Für Abonnenten erscheint je einmal imJahr: eomniel-Liseubuhnsahrvlanheft für Sach en. «inter-Eiseiibalinsahrpianheft für Sachsen. Jllustr. «ölender des Sächsischen Landboten. JllustrirteS Iahresbuch des Landes-ilnzeigers. Mit täglich einen: besonderen 4. Sächsisches Allerlei - Sächsischer llllilrs-Mtizer mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5. JllustrirteS Unterbaltungsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Sonnabend, 11. Februar 1888. «nzetgenpnirder „Sachs. Sande«-«nzelgerr": Kaum einer schmalen Eorvürzeile 1° Pfg. Bevorzugte Stelle (Ispalt. Petitzelle) SO Pf. BeiWiederholung grober Annoncen Rabatt. Lei Bestellungen von Auswärts wolle mpn Znsertionsbetrag (in Brief»,arten) beifügen <ie 8 Silben CorpuSschrift bilden ca. 1 Zelle.) Vnnoncenannahme nur bi» Vormittag. Leckt: MM» Wt. Buchvrnckerej, Eliemuiiz. Theaterstrabe K (Fernsprechstelle Nr. 136). Telegr -Adr.: LandeS-Anzeiger, Chemnitz. Amtliche Bekannunachnngen. Uebcr das Vermögen des Handelsmanns' Christoph Berthold Emil Rein hold Kroll in Nltchcmnitz wird heute am 6. Februar 1888 Nachmittags A6 Uhr das ConcurSversahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Panse in Chemnitz wird zum Concnrsvcrwalter ernannt. Cvncnrsforderungen find bis zum 7. März 1888 bei dem Gerichte anzmnelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigcrausschusses und cintretcndcn Falles über die in 8 120 der Coucnrsorduung bezeichnctc» Gegenstände auf den 28. Februar 1888 Vormittags 10 Uhr und zur Prüfung der angemcldeten Forderungen auf den 23. März 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Concursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Concursmasse etwas schuldig sind, wird aus gegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung anscrlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forder ungen, für welche sic aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dom Concnrsvermaltcr bis zum 12. März 1888 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Telegraphische Nachrichten. Vom 9. Februar. Wien. Ein Warschauer Bericht der „Pol. Corr." stellt gegen über den neuerdings aufgetauchten Gerüchten über russische Truppen anhäufungen Folgendes fest: Einerseits liegen keinerlei Anzeichen dafür vor, daß die russische Kriegsverwaltung auf die Durchführung des im „Russischen Invaliden" angekündigten Systems militärischer Maßnahmen verzichtet hat, andererseits ist es sicher, daß seit den bekannten Truppcnkonzentrationen im Spätherbste der vorigen Jahres neuere Trnppcn-Verschiebungen in ausgedehnterem Maße bis in die jüngsten Tage nirgends wahrnehmbar gewesen sind. Petersburg. Der gestern aufgclvderte Zorn der russischen Presse über die Rede des Reichskanzlers scheint kein nachhaltiger zu sein. Der jetzt vorliegende Wortlaut der Rede überzeugt das Rcgier- ungs Batt noch mehr von ihrem friedlichen Character. Die russische Diplomatie habe vielfach geirrt und müsse das Versäumte nachholen. Die Rede habe weder Rußland noch Frankreich erschreckt. Bei den heutigen Besprechungen auch der übrigen Blätter unterläuft-manches versöhnliche Wort, allerdings mit dem Zusatz, eine wirkliche Acudcr- ung der allgemeinen politischen Situation sei durch des Kanzlers Rede nicht hcrbcigcführt. London. Der Dampfer „Pinnas" von Hamburg ist bei Sun derland gekentert. Politische Rundschau. Chemnitz, den 10. Februar. Deutsches Reich. Aus San Rcmo. vr. Bramaun »ahm gestern Nachmittag um 4 Uhr 50 Minnuten bei dem deutschen Krön Prinzen den Luftröhrenschnitt vor. Der Zustand des hohe» Herrn ist im klebrigen vollkommen befriedigend. — Auch der König Albert von Sachsen hat de» Reichskanzler zu seiner Rede telegraphisch beglückwünscht. Von derselben sind 1218 Telegramme mit zusammen 194,296 Worten aus Berlin ver telegraphirt. Die Rede selbst enthielt genau 10,997 Worte. Thätig waren 235 Beamte an 222 Apparaten. — Ausländische Blätter hatten die Nachricht gebracht, der Gencralquarticrmeister Graf Waldersec, Moltke's Gehilfe, solle unter dem Oberbefehl des Erzherzogs Albrecht an die Spitze des österreich ischen Gcncralstabes gestellt werde». Das ist natürlich nicht wahr T Hatsache ist cs aber, daß Graf Waldersee bei seiner Anwesenheit in Wien im vorigen Sommer an den damaligen österreichischen General stabsberathungen den eingehendsten Autheil genommen hat. — Nach dem Commissionsbericht über das Anleihcgesctz zur neu en Wehrvorlage werden für Artillerie-Material, Waffen, Munition und deren Unterbringung 163,242,000 M., für Feldgeräthe-Schanzzeug 9,344,000 M., Bekleidung und Ausrüstung 33,358,340 M., Unter bringung der Bekleidung rc. 3,479,650 M„ Verpflegung 2,324,000 M-, Sanitätswesen 666,000 M., Burcauzwccke 197,000 M. verwendet werde». Im Ganzen entfallen auf Preußen 213,193,670 M., auf Sachsen und Württemberg dementsprechende Summen. — Der Minister Maybach hat im preußischen Abgeordneten hause die Regulirung der oberen Oder zugesichert. Vorbedingung ist aber die Gewährung freien Grund und Bodens, wozu mehrere Millionen gehören. — Der Kriegsminister Bronsart von Schellendorf wurde im Reichstage gefragt, ob er mit seinen Erfolgen bezüglich der neuen Wehrvorlage zufrieden sei. „Ich bin nicht zufrieden", antwortete der Minister herzlich, „sondern glücklich." — Dem Reichstage wird noch ein mit dem Anleihcgesctz in Zusammenhang stehender Nachtragsetat zugehen, der wahrscheinlich die für die Summe aufzubringenden Zinsen enthält. — Die Commission des Reichstags für das Sozialistengesetz genehmigte die Paragraphen bis H 22 unverändert. Alle Verschärf ungen, auch die Expatriirungsmaßregel, wurden abgclchnt. — Die Budgetcommission genehmigte die 2. Baurate für das Reichsgericht in Leipzig. — Der Bundesrath hielt am Donnerstag eine Sitzung ab. Das Gesetz betr. die Unterstützung der Familien von in den Dienst eingetretener Mannschaften wurde definitiv genehmigt. — Preußisches Abgeordnetenhaus. Donnerstagssitzung. Das Haus bcrieth den schon früher angenommenen, aber vom Herrenhaus abgclehnten Antrag Kropatschek auf Gleichstellung der Lehrer an nichtstaatlichen höher» Lehranstalten mit denen an staatlichen Anstalten hinsichtlich des Dieusteinkommens nnd der Pension in erster Lesung; ttr den Antrag sprachen sich Mitglieder aller Parteien aus. Zur Spczialbcrathung wurde er an eine Commission von 21 Mitgliedern verwiesen. Dann wurden noch mehrere Localgesetze' erledigt. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr. (Legislaturperioden.) — Nachdem nunmehr die Wehrvorlage durch den Reichstag definitiv angenommen ist, wird auch die Ausführung unverweilt vor ich gehen. Vor Allem handelt es sich um die Aufstellung der ge nauen Listen für das zweite Aufgebot der Landwehr. Alle gedienten Männer zwischen 32 und 39 Jahren werden also bald eine Auf vrderung zur Anmeldung für die Coutrolllisten erhalten. Nach dem Gesetze ist persönliche Anmeldung der Landwehrlcute zweiten Aufge botes nicht von uöthcn, sie können das Nöthige auch durch ein Familienmitglied besorgen lassen. Zur Landwehr zweiten Aufgebotes gehören bekanntlich auch die gedienten Personen, welche gegenwärtig chon aus der Landwehr ausgcschieden, aber noch nicht 39 Jahre alt ind. Hingegen gehören zum Landsturm zweiten Aufgebotes nicht die gedienten Leute, welche heute bereits mehr als 42 Jahre alt sind, künftig gilt die Landsturmpflicht bis zum 45. Jahre. Mit der Be schaffung der Ausrüstung für die neue Armee ist übrigens bereits eit geraumer Zeit begonnen. In Berlin haben die einschlägigen Gewerbebetriebe seit Wochen schon stark zu thun, auch kleinere Ge werbetreibende sind zur Arbeit für den Militärfiskus mit heran gezogen. — Wenn man eine Katze mit einem Hundefell überzieht, so bleibt sie doch eine Katze und wird im Leben kein Hund. Das Tückische bricht immer wieder hervor. So geht es auch den Peters burger und Pariser Blättern, wenn sic einmal sich in das Friedens- mäntlein gehüllt und die Kriegstoga bei Seite gelegt haben. Unter dem Eindruck der ersten Nachrichten über die Rede des Kanzlers mußten sie sich eingestehen, das deutsche Reich wolle wirklich den Frieden, alle wider dasselbe erhobenen Verdächtigungen seien leerer Wortschwall. Das ging auch gerade vierundzwanzig Stunden recht hübsch. Man konnte wirklich zufrieden sein mit dem, was Drucker schwärze und Papier in den beiden Hauptstädten an der Seine und Newa leisteten. Jetzt geht's aber wieder anders herum, die russischen Zeitungen singen wieder ihr altes Lied, daß Deutschland es nur sei, welches das Recht Rußlands auf Bulgarien nicht zur Durchführung gelangen lasse, daß Rußland der friedliebendste Staat im ganzen großen Enröpa sei, während die Mächte des sogenannten Friedensbundcs, wie ja die Publikation des Bündnißvertrages beweise, mit schlimmen Hintergedanken gegen das vertrauensvolle Rußland sich trügen. Solche Redensarten bedürfen keiner Widerlegung. Die Pariser Presse, die reie, republikanische Presse, begeht natürlich ein Majestätsverbrechen, wenn sie nicht mit den russischen Hetzern durch Dick und Dünn läuft. Die Freundschaft mit Rußland ist das Ideal der Franzosen, für das sie jetzt mit größerer Gluth schwärmen, als ein zwanzigjähriger junger Mann für eine achtzehnjährige Schöne. Deutschland und dem Reichs kanzler werden frischweg allerlei Hintergedanken untergeschoben, vor denen Frankreich sich entsetzlich hüten muß. Man sagt, Bismarck hätte zum Anfang seiner Rede allerdings ganz friedlich gesprochen, aber zum Schluß alle früheren Worte wieder aufgehoben. Davon ist nun kein Wort wahr, aber in Paris ist 5 und 3 auch 9, wenn es sein muß. Diese Leute zu belehren, muß aufgegeben werden. Daß übrigens in Petersburg eine wirkliche Neigung vorhanden ist, dem bestehenden Zustande ein Ende zu machen, davon ist rein gar nichts zu bemerken. Es bleibt Alles beim Alten. Die schönen Worte der halbamtlichen Blätter sind keine echte Waare. — Die türkische Marineverwaltung hat in de» letzten Tagen mit den in Deutschland gebauten Torpedobooten größere Versuche unternommen. Dieselben fielen recht gut aus. Weiter hat die tür kische Armeeverwaltung beschlossen, neuerdings sieben Offiziere nach Deutschland zu senden, welche bei der Uebernahme der bestellten Mausergewehre Mitwirken sollen. Die Türkei hätte die Gewehre wohl schon, aber bekanntlich ist in Konstantinopel der große Geldfack wieder einmal recht leer geworden. Oesterreich-Ungarn. Der erkrankte österreichische Kriegs minister Graf Bylandt-Rheydt ist so weit wieder hergcstellt, daß et in acht Tagen etwa seine Amtsgejchäfte wieder wird übernehmen können. Er hat thatsächlich zurücktrcten wollen, das Gesuch aber auf Wunsch des Kaisers wieder zurückgenommen. Frankreich. Der französische Kriegsminister hat die Schaffung von 5 Generalinspektioncn der Armee beschlossen. — Prinz Philipp von Bourbon, Neffe des Exkönigs von Neapel, ist wegen Schwindeleien zu 13 Monaten Gefängniß und 500 Franken vernrtheilt. — Wilson, Grevy's Schwiegersohn, wird wegen seines Ordenschachers nun doch vor Gericht erscheinen. Der Pariser Appellhof hat ihn und seine beiden Mitangeklagten dem Pariser Zuchtpolizeigericht überwiesen. Am 16. Februar ist Termin. England. In London ist das britische Parlament eröffnet worden. Die Thronrede gedenkt der guten Beziehungen zu allen Mächten, welche eine Fortdauer der friedlichen Arbeit gestatteten. Die innere Lage ist im allgemeinen günstig, wenn auch der Geschäfts verkehr noch zu wünschen übrig läßt. In Irland ist Dank der ent sprechenden Gesetzgebung größere Ruhe eingetreten, die Negierung wird es auch an Reformen nicht fehlen lassen. In Schottland sollen ebenfalls La»d-Reformgesetze zur Geltung gelangen. Auf die Suez kanalkonvention wird hingewiesen. In Aegypten hat sich eine be trächtliche Besserung vollzogen, die in der Zukunft noch zunehmen wird. — In beiden Häusern des Parlamentes äußerten sich die Minister in kürzeren Darlegungen auch über die politische Lage. Sie verhehlten sich nicht, daß viel Zündstoff aufgehäuft, die Lage ernst sei, aber es lasse sich bei der allseitig betheuertcn Friedensliebe wohl erwarten, daß für jetzt alle Komplikationen vermieden würden. Dann wurden noch verschiedene speciell englische Fragen erörtert und in die Adrcßberathung cingelrcten. — Zur Parlamentseröffnung hatten sich sehr zahlreiche Abgeordnete eingesnnden, auch Gladstone hatte sich pünktlich aus Italien eingestellt. Die Gladstoneaner und Irländer bereiten einen scharfen Angriff auf das Ministerium Salisbury vor. — Der Vicckönig von Indien, der liberale Lord Dusserin, ist von seinem Posten znrückgctreten und durch den konservativen Lord Lands- downe ersetzt worden. Lord Stanley of Preston ist zum General gouverneur von Kanada, Baron Worms zum Handelsminister ernannt. Rußland. Das „Petersburger Journal" erklärt »euere Ge rüchte von einem bevorstehenden Rücktritt des Ministers von Giers für unbegründet. — Die „Neue Zeit" bemerkt zur Rede des Fürsten Bismarck: Zwei starke Mächte, wie Rußland und Deutschland, können Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Außer dem Kaiser und dessen Kanzler waren es vor Allem der Wittelsbacher Herzog und der Welfcn-Herzog Heinrich der Löwe, den damals noch innige Freundschaft mit dem Kaiser verband, welchen sich die Aufmerksamkeit der Menge zuwandte. Der Letztere zumal zog die Augen des Volkes auf sich durch seine markige Figur und seine stolze Haltung. Nächst diesem fesselte ein feines Herein durch seine auffallend jugendliche Erscheinung die guten Bürger der Stadt Frankfurt; es war dies der kaum dem Knabenalter ent wachsene junge Herzog Berthold von Zähringen, ein Vetter Kaiser Rothbarts. Eine große Anzahl Fürsten und Ritter wurden nach ihm noch genannt; aber es waren ihrer zu viele, als daß die Menge, welche noch lange auf dem Platze vor dem Palast versammelt blieb, ihre Namen hätte behalten können. Während so die Aufmerksamkeit der ganzen Stadt auf den Römer gerichtet war, wo die Gäste des Kaisers beim festlichen Mahle zechten wartete man im Hause des reichen Frybergers mit Ungeduld auf das Hcreinbrechen der Dunkelheit, zu welchem Zeitpunkt allerlei geheim uißvolle Vorbereitungen getroffen wurden. Ehe der Reichsschultheiß seinerseits sich ebenfalls nach dem Römer begeben, um dem Feste des Kaisers beizuwohnen, hatte er verschiedene Vorkehrungen ins Werk gesetzt und dem alten Cuno die gemessensten Befehle ertheilt, alles ihm Aufgetragene mit möglichst wenig Aussehen und doch mit der äußersten Vorsicht für die ihm anvertrauten Per sonen auszuführc». Cuno erfuhr von seinem Herrn und wurde auch ermächtigt, dieses den anderen Dienern mitzutheilen, daß es sich um einen kleinen Ausflug handele, den einige Frauen der Kaiserin die Erlaubniß erhalten zu unternehmen. Da indessen das Ziel desselben etwas «igenchümlicher Art war, so sei es Wunsch und Befehl der hohen Frau, die Sache thunlichst geheim zu halten. In nächster Umgebung der Stadt, an einem abgelegenen und verrufenen Platze hinter den Ringmauern und dem daran grenzenden Graben, trieb in einer höhleuartigen Behausung eine Runcnhexe ihr Wesen, die wegen ihrer Zaubertränke und ihrer Prophezeiungen viel fach aufgesucht wurde, trotzdem die Menschen sonst eine abergläubische Furcht vor ihr hatten. Dieses Weib, hatte Cuno gesagt, wollten einige Dienerinnen der Kaiserin anfsuchen, um sich von ihr die Zukunft wahrsagen zu lassen, und außerdem, um für Heinz, den Narren, welcher noch sehr schwach von den überstandcncn Mißhandlungen war, einen Heil- und Kräftigungstrank zu erhalten. Mittlerweile war die herbeigewünschte Dunkelheit mehr und mehr hereingcbrochen und das Thor des Fryberg'schcn Hauses öffnete sich geräuschlos, um vier dicht in dunkle Mäntel und undurchdringliche Schleier gehüllte Fraueugestalten heranstrcten zu lassen, denen in kurzer Entfernung, so daß es nicht den Anschein gewinnen sollte, als gehörten sie zu den Frauen, eine Anzahl bewaffneter Diener folgte. Zwei und zwei der vermummten Gestalten hatten sich den Arm gegeben und eilten raschen Fußes durch die Straßen der Stadt, indem sic sich leise und, wie es schien, lebhaft miteinander unterhielten. Die Männer, welche ihnen folgten, wunderten sich nur darüber, wie rasch und sicher trotz der Dunkelheit die Mädchen in der fremden Stadt ihren Weg fanden, und rüstig hinterher schreitend, aber so, daß der vorgcschricbene Zwischenraum nicht vermindert wurde, unter hielten sie sich leise darüber, welche von den ihnen bekannten Frauen es wohl sein möchten. Ob der Kaiserin Gürtelmagd, die lustige, schwarzäugige Schwäbin, etwa mit dabei war? oder die schlanke, rosige Blondine, die so fein und sittig einherschritt wie ein Edelfräutein? „Vielleicht", meinte einer der Jüngsten und Kecksten, „sind es am Ende gar von den Hoffräulein selbst einige, die sich von der alten Runenhcxe wahrsagen lassen wollen und neugierig sind, zu erfahren, was für ein Ehe gemahl ihnen beschicken sein mag?" So sprachen leise die Männer unter sich. Als sie sich aber der St. Katharinenpforte näherten, lief Cuno einige Schritte vorauf, überholte die Frauen und trat zu dem Thor Wächter, indem er etwas zu ihm sagte, was aber die dabeistehenden Knechte des Thorwarts nicht verstanden. Darauf wurde ohne Weiteres das Thor geöffnet; die Frauen kamen rasch herzu und schlüpften eilfertig hinaus, während wiederum die Fryberg'schen Diener langsam und für sich hinter ihnen her gingen. Als sie das Thor der Stadt passirt hatte», schien es, als ob das Abenteuer anfange, den Zofen der Kaiserin Spaß zu machen. Sie gingen langsamer und von Zeit zu Zeit hörte man eine» leisen, Hellen Ton, wie von unterdrücktem Gelächter. Ein paar Mal standen ie sogar ganz still, es sah aus, als ob an dem Schuhzeug der einen etwas geordnet würde; vielleicht war dasselbe doch nicht derb genug ausgewählt für den rauhen, ziemlich langen Weg. Je weiter sie ginge», desto unheimlicher wurde indessen die Gegend. Das Lachen der Mädchen verstummte gänzlich nach nnd nach und sie gingen, dicht an einander geschmiegt, nur noch wie zögernd weiter. Der Stadtgraben, an dem sie herkamen, gähnte sie an wie ein schwarzer Schlund; ab und zu tauchten aus dem Dunkel die weißlich schimmernden Umrisse der gekappten Wciden- bäume auf, welche am Ufer standen, und dazu erklang der schauer liche, abgebrochene Schrei der Käuzchen. Plötzlich erschien neben ihnen, wie dem Graben entstiegen, eine unförmliche, kleine und breite Gestalt und verschwand gleich darauf wieder, blitzschnell über den Weg laufend, in dem dichte» Gestrüpp an der anderen Seite. Die Frauen standen still. Ein paar Helle Angstrufe waren laut geworden — jetzt schienen sie sich zu berathen. Mit zwei Schritten war Cuno rasch bei ihnen, während seine Gefährten zurückblieben, und stand dann wartend still. — Nach einigen Augenblicken flüsterte ihm die eine der Frauen wenige Worte zu, worauf er jetzt voraufging, während ihm die anderen folgten. Bald darauf langten sie auch an dem Ziele ihrer Wanderung an. Aus dem breiteren Wege, der sich nach und nach immer mehr verengt hatte, war schließlich ein schmaler Pfad geworden, der sich zwischen dichtem Unterholz hinwand nnd zuletzt ganz auf hörte, da ein dicker, in Mannshöhe abgehauener Baumstamm ihn völlig versperrte. Cuno schlug mit der geballten Faust auf dieses Hinderniß los und alsbald hörte man an dem Ton, daß der Baum hohl war und wahrscheinlich eine Thür verbarg. Da trat der alte Diener eilig wieder zurück, indem er seinen Schutzbefohlenen bedeutete, wie dort der Eingang sei und daß er draußen verborgen warten wolle. Es währte auch nicht lange, so wurde eine Thür, welche künstlich in die Baumrinde geschnitten war, geöffnet, und die eine der Frauen schritt entschlossen zuerst über die niedere Schwelle, indem sie ihr
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