Volltext Seite (XML)
Feierabend K«trrh>Itll»-s-Ktil>ßc der „Sachs. Volkszcitung" M 3» Sonntag den 18. August 1807 Mariä Kimmelfahrt. (15. August.) Die LeidenSwoche Christi war vergangen, Geschloffen war Mariä Schmerzenskette. Johannes blieb bei ihr an Sohnes Ställe, Der Weisung treu, die er von Gott empfangen. Doch nimmer ruht Mariä heiß' Verlangen, Daß sie ihr Sohn von dieser Welt errette; Und die Apostel an ihr Sterbebette. Dom heil'gen Geist getrieben, all' gelangen. „Maria, zeugt dein Tod auch tiefe Schmerzen, Der frohe Glaube lebt in jedem Herzen. Ais Himmelskönigin trägst du die Krone. An deinem Ehrentag wir dich begrüßen Und jeden Wunsch in ein? zusammenschließen: Maria, bitt' für uns bn deinem Sohne!" Alchs Walther. Leipzig. Steckenpferde. Humoristischer Roman von Karl von Bezold. >0. Fortsetzung. tNachdruik derbolen ) Ernst teilte nun der Mitter seiner Braut jene Ent deckungen mit und diese Mitteilungen steigerten den In grimm und die Erbitterung der entrüsteten Frau, die jetzt den Entschluß faßte, den Ankauf der Waffe unter allen Um ständen zu verhindern. Aber Nikolaus Krebslein war so klug, diesen heroischen Entschluß vorauszusehen und seine Maßnahmen zu treffen. Er erwartete vor der Haustür die Ankunft seines Agenten, unbekümmert um die Warnungen, Drohungen und beißen den Bemerkungen seiner Gattin, die durch die geöffnete Tür sein Ohr erreichten. Und als nun der Agent kam, war der alte Mann so vorsichtig, ihn mit wenigen Worten auf die feindselige Stim mung seiner Ehehälfte aufmerksam zu machen und ihm den Rat zu geben, er möge allenfallsigen unliebsamen Bemer kungen keine Beachtung schenken. Der Agent nickte zustimmend und folgte dem Mode warenhändler. und da Madame im Gesck)äftslokal keine Szene herbeisübren wollte, so ließ sie die beiden ungehindert passieren, entschlossen, ihnen auf dem Fuße zu folgen. Dielen Entschluß führte sie aus, aber kaum hatte sie die Tür erreicht, welche zur Kunstsammlung ihres Gatten führte, als sie vernahm, daß Nikolaus Krebslein diese Tür schloß. „Gott sei Tank!" sagte der alte Mann, tief aufatmend, und ein schadenfrohes Läck>eln breitete sich über sein hageres Antlitz. „Nikolaus!" rief draußen eine scharfe Stimme. „Sogleich — jetzt bin ich beschäftigt!" erwiderte Krebs lein kurz angebunden. „Lassen Sie die Dame nur eintreten," sagte der Agent ruhig: »es ist besser, wenn ihr Gelegenheit geboten wird, ihrem Zorne Luft zu machen." „Bewahre. — Was bringen Sie mir?" „Ein Kabinettsstück, das Schwert, welches dem Kaiser Karl dem Großen ins Grab mitgegeben wurde." „Nikolaus! Ich ersuckv dich noch einmal, die Tür zu öffnen!" „Nachher, liebes Kind. Aber dieses Schlvert muß sich doch noch in dem Grabe befinden?" „Wenn Sie in der Geschichte Nachsehen, werden Sie finden, daß Kaiser Otto der Dritte zwei Jahrhunderte spä- ter das Grab öffnen und dos Schwert, die Krone und das Evangelienbuch hcrausnehmen ließ." „Und wie seid Ihr in den Besitz dieser kostbaren Waffe gekommen?" „Durch Zufall. Ich befand mich in einem Dorfe bei Aachen und machte einen kleinen Ausflug, in der sicheren Hoffnung, hier oder da etwas zu finden." „Schön, schön," sagte der alte Mann ungeduldig, wäb- rend er versuchte, die lange, schmale Kiste zu öffnen. „Wei ter — nun?" „Auf dem Felde pflügte ein Bauer, ich sah aus der Ferne, daß er sich bückte und etwas aufhob. — Ich eilte hin und sah in seinen Händen das kostbare Sckstvert, dessen Wert der Mann natürlich nicht kannte, aber ahnte. Er wollte die Waffe nach Aachen bringen und sie dort einigen Kunstken nern zeigen, ich machte ihm begreiflich, daß alsdann der Staat sie reklamieren und ihm nur einen unbedeutenden Finderlohn zahlen werde. Das leuchtete ihm ein, aber er forderte nichtsdestoweniger eine hohe Summe." Der Agent hatte inzwischen die Kiste geöffnet. Mit einem Ausruf der Uebcrraschung und des Entzückens nahm Nikolaus Krebslein die kostbare Waffe heraus. Er betrachtete sie lange, den Leibgurt, den Griff und die Klinge, er kiolte sein Vergrößerungsglas und prüfte die Inschrift, dann nahm er aus sein r Bibliothek ein Buch, in welchem er eine geraume Weile blätterte. Als er das Buch schloß, zitterten seine Hände vor inne rer Erregung, er hegte keine Zweifel mehr. „Was kostet das Schwert?" fragte er, und sein Blick ruhte mit dem Ausdruck fieberlxifter Spannung auf dem Antlitz des Agenten, der dem Tun und Treiben des alten Herrn anscheinend keine Beachtung geschenkt hatte. „6tt00 Mark!" „He — seid Ihr —" „Herr Krebslein, für diese Summe ist es gesunden." „Das ist übertrieben," eiferte der alte Mann, „WO oder 1200 Mark wären lvahrlicb Geld genug." Der Agent zuckte die Achseln. „Dann werde ich's dem Museum anbieten oder nach England schicken: mir ist es lieb, wenn Sie nicht darauf reflektieren," sagte er gelassen . „Das ist Ihnen lieb?" fragte Krebslein befremdet. „Gewiß: ich bot es Ihnen nur deshalb an, weil ich mich dazu verpflichtet glaubte, wir lxiben so manches Geschäft zu sammen abgeschlossen, daß ich —" „Ta habt Ihr recht, es ivar Eure Pflicht." „Und ich mußte meine Forderung Ihren Mitteln an- bequemen. Wenn es Ihnen nun dennoch zu teuer ist, so liabe ich freie Hand, und ich zweifle nicht, daß ich in England einen Käufer finde, der gern zweitausend Pfund Sterling für dieses Kabinettstück zahlt." Nikolaus Krebslein nxmderte mit verschränkten Armen auf und ab.