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203 noch einmal so viel dafür bezahlt; jedoch cs ging nicht anders und geschah eines Gewinnes wegen, den die Damen nicht hoch genug schützen zu können vermeinten. Durfte er ja nicht aus seinem Beutel zahlen; und konnte er nicht nicht hoffen, dadurch sich obendrein eine glückliche Zukunft zu gründen? Furcht oder Angst kannte er durchaus nicht; ja er freuete sich sogar, je mehr und je länger er sich mit diesem Plane beschäftigte, auf die abenteuerliche Fahrt. „Tragt keine Sorge um mich", — sagte er noch, ehe er sich von den Damen, die ihm des Höchsten Schutz und Beistand wünschten, verabschiedete, — „ich werde das Meine gewiß thun. Verläßt Gottes Hand mich, dann freilich, dürfte es böse werden; denn nur an seiner Hand kann es mir gelingen; allein ich vertraue ihm, und ist's sonst sein gnädiger Wille, so bin ich morgen um diese Zeit wieder bei Euch. Wie Gott mich führt, so folg' ich treu im Glauben, Hoffen, Leiden. Steht er mit seiner Kraft mir bei, was kann von ihm mich scheiden!" — Und mit diesen Worten hinkte er von dannen. Um über die Elbe zu gelangen, mußte er eine weite Strecke am Ufer hinaufgcyen und zuvor aus dem Bereiche der Preußen kommen. Dabei machte er so manche Erfahrung, die ibm nützlich werden konnte. Unter dem Gewühls der Preußen, die das Ufer besetzt hielten, ge wöhnte er sich zunächst an deren Anblick, lernte mit ihnen Umgang pflegen und erfuhr, welche Truppen am großen Garten, der sein erstes Ziel war, lagerten; ferner ob er dort wohl auch feine Rußbuttcn, die er schon hier ausbot, würde ausbieten dürfen, und wo ungefähr er übersetzen könne. Sein originelles, joviales Wesen, seine Dreistig keit und Unerschrockenheit, wie eine versteckte Albernheit, die er beurkundete, bahnten ibn mitten durch die Krieger hindurch einen Weg, und auf keine Weise wurde er be hindert, seine Reise fortzusetzen; im Gcgenthcil fand er sogar recht bald Gelegenheit, mit einigen Soldaten über die Elbe zu fahren und mit diesen in's jenseitige Lager am großen Garten zu gelangen. Kurz Alles fügte sich besser, als er gedacht, als er gehofft, denn schon nach wenigen Stunden seines Abschiedes von den Damen bot er in den Schanzen vor dem Pirnaischen Thore seine Rußbulten zum Verkauf aus. Zwar wurde er einige Male hart zu- rückgcwiesen, mußte mehrere schwere Eramina's bestehen; ober sein unschuldiges Gesicht, seine Unbefangenheit und Offenheit verdrängten auch hier wieder allen Verdacht und verschafften ihm Gunst und Vertrauen. Den armen dummen und doch so drolligen Rußbuttenjungen ließ ein Jeder ungehindert gehen, wohin es ihm beliebte; denn ein Verräther oder ein Spion konnte derselbe unmöglich sein. So hatte Simon auch bald eine Stelle erspähet, wo er ungesehen leicht die Schanze, wie die dahinter be findliche Mauer zu übersteigen hoffte, besonders wenn die Dunkelheit hereingebrochen sein würde. Er merkte sich den Platz genau und wanderte, wiewohl nicht ohne Ge fahr, von einer der einzeln herüber pfeifenden Kugeln getroffen zu werden, von Posten zu Posten, bis ihm der günstigste Augenblick gekommen zu sein schien. Der Donner des Geschützes war endlich verstummt und die Nacht um lagerte die Stadt; stiller und einsamer, doch auch schauer licher wurde es um ihn her. Am Himmel zogen dick« schwarze Wolken hin, aus denen von Zeit zu Zeit feurige Blitze leuchteten. Feierlicher, ernster wurde es auch im Gemülhe Simons; jetzt erst sammelte sich sein Geist, und er fing an reiflicher darüber nachzudenken, was er be ginnen wollte, und welche Folgen es für ihn haben könnte. Seine Augen ruheten oben am dunkeln Himmel, wo sein einziger Schutz thronte; unwillkürlich falteten sich seine Hände zum Gebete. „Wie Gott mich führt, so folg' ich treu!" war auch jetzt wieder sein Wahlspruch; und aber mals dadurch gestärkt, erhob er sich darum leise, kroch mit seinem Reff langsam die Schanze hinan, ließ sich eben so vorsichtig wieder hinab und überschritt den Graben, der sich längs der Mauer hinzog. Jndcß hatten di« dicken Wolken sich noch tiefer niedergcsenkt und eine dichte Fin- stcrniß umhüllt« Alles. Einzelne große Tropfen zeigten an, daß bald ein milder Regen sich ergießen werde. Lau schend und seine Augen anstrengend stand er da, das Herz klopfte ihm laut in der Brust; er mußte noch einmal seine Zuflucht zum Gebete nehmen. Dann kroch er an der Mauer hin, sich einen passenden Ort zum Uebcrsteigen zu suchen, betastete dieselbe mit den Händen, wo irgend ein Anhaltspunkt sich darbiete, und gelangte somit in die Nähe des Friesen'schcn Gartens. Hier blieb ec stehen. Dis Maucr schien ihm weniger hoch zu sein und leichter ersteigbar, als an andern Orten; einige vorstehende Steine aber, so wie aus den Spalten gewachsene Epheuranken boten Haltepunkte für Hände und Füße. Sein Reff, das nur geringe Last hatte, fest auf den Rücken gebunden, ver suchte er sich empor zu heben. Es gelang. Weiter und weiter ging es aufwärts, wie ein Eichhörnchen kletterte er, von jeher darin geübt, und bald stand er oben, unter sich einen Garten, nicht weit ein Häuschen erblickend. Rasch kletterte er nun hinab, was natürlich leichter ge schehen konnte, und in wenig Minuten befand er sich innerhalb der Pirnaischen Vorstadt. Doch wohin sollte er sich als Fremdling nun wenden? Die Finsterniß ließ ihm kaum die Bäume erkennen und nur aus dem matten Schim mer eines Lichtchens schloß er, daß ein Häuschen, welches er aber vermeiden mußte, unweit stand. Nur aufs Ge- rathewohl, ohne zu wissen, welche Richtung er einzuschlagen habe, oder wohin er kommen werde, schritt er möglichst leise fort, über Beete, Gräben und Pfade weg, bis er an eine Pforte gelangte, die noch nicht verschlossen war und in einen Hof führte. Durch diesen eilte er, und stand plötzlich vor einem offenen, jedoch ganz finsteren Gewölbe. Wohin nun? — Erhorchte; denn im Hintergründe schien sich etwas zu regen. Darauf ging er zu; ob ihm Freund oder Feind begegnen werde, galt ihm jetzt ganz gleich, er mußte ja vorwärts dringen. — Und wirklich, das Glück leitete seine Schritte; das Geräusch kam von Pferden und er befand sich in einem Stalle, wo ein Knecht beschäftigt war, seinen ermüdeten Thieren das Lager zu bereiten. Mit diesen Personen verkehrte Simon besonders gern, denn bei ihnen konnte er meistens auf Absatz seiner Waare rechnen. (Fortsetzung folgt.) Freiwillige Versteigerung. Seiten des unterzeichneten Gerichtsamtes soll den 30. April 1859 das zu dem Nachlasse des verstorbenen Guts besitzers Gottfried Carl Weihmann in Mark- siedlitz gehörige, am 10. vorigen Monats mit Berücksichtigung der Oblasten gerichtsamtlich auf 2020 Thlr. 20 Ngr. gewürderte Viertelhufengut Fol. 9 des Grund- und Hypothekenbuchs für Marksiedlitz mit einem 9 Acker 32 lURuthen ent haltenden Areal, jedoch ohne Inventar und den zu Fortführung der Wirthschaft nöthigen Vor rathen, was beides aber dem Erstcher noch be sonders käuflich um den ermittelten angemessenen Taxwerth überlassen werden soll, der Erbtheilung halber auf Antrag der Erben freiwillig mit Vor behalt der Auswahl unter den Licitanten ver steigert werden. Kauflustige werden daher hiermit geladen, ge dachten Tages vor Mittags 12 Uhr in dem Weih- mann'schen Nachlaßgute zu Marksiedlitz sich cin- zusinden, sich zum Bieten anzugeben, ihre Gebote zu eröffnen und Mittags 12 Uhr der Versteigerung gewärtig zu sein. Die Beschreibung des Grundstücks, ingleichen die Erstehungsbedingungen sind aus dem im hie sigen Amtshause und in der Schanke zu Mark- sieblitz aushangenden Anschläge, welchem auch ein Verzeichnis des dem Ersteher noch besonders käuflich zu überlassenden Inventars mit Vorräthen angeheftet ist, zu ersehen. Großenhain, den 31. März 1859. Konigl. Genchtsamt daselbst. Böttger.