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2 rungsmittel steigt, weil sich unter den jetzigen Umständen auch der Bemittelte scheut über die ab solut nothwendigen Bedürfnisse hinauszugehen. Bei geringem Verdienste ist man nicht im Stande soviel zusammcnzubringen, daß man sich eine Quantität Getreide oder Mehl zum eignen Verbacken kaufen könnte. Man muß mithin das tägliche Brod vom Bäcker entneh men. Das polizeilich vorgeschriebene Gewicht des Bäckcrbrodes ist aber in Hain ein außer ordentlich niedriges. Ein hausbackenes 5-Neu- groschcnbrod z. B. wiegt bei uns ein reichliches Pfund weniger als in Dresden, Pirna, Meißen, Lommatzsch und Oschatz, und es läßt sich durch Berechnung feststellen, daß, wenn das Gewicht des Bäckcrbrodes in demselben Maase, wie seit dem September 1846 bis jetzt geschehen, mit dem Kornpreise in Vcrhältniß gebracht wird, sobald der Sckeffel Korn 12 Thaler übersteigt ein 5-Ncugroschenbrod gar kein Gewicht mehr haben kann. Vielleicht kommt der gerügte Uebel stand daher, daß die Bäcker und Mehlhändler allerdings im auffälligen Widerspruche mit tz. 93 der Städteordnung eine jährliche Eonsumttons- abgabe von beinahe 600 Thalern an die Stadt- casse und die von dieser getrennte Stadtschulden- tilgungscasse, welche letztere bereits mit An fänge des Jahres 1847 zu schließen gewesen wäre, wenn man für gut befunden hätte die erigibeln Reste einzutreiben, zu entrichten ha ben; vielleicht hat er aber auch einen andern mir unbekannten Grund. Bei vielen, sehr vie len Arbeitern hat der geringe Verdienst zur Anschaffung des täglichen Brodbedarss nicht ausgereicht. Gar manche Familie, die sich sonst in ihrer Genügsamkeit einer Art von Wohlstan des erfreute, ist durch die Noth gezwungen worden ihr Brod vor fremden Thürcn zu er betteln. Nach meinem Dafürhalten giebt es zwei Mittel der Noth zu steuern. 1) Man hebe, da die hiesigen Bäcker einmal nicht im Stande sind billigeres Brod zu liefern, zeitweilig die städtische Bäckertaxe auf, erlaube den Landleuten, gleichviel ob sie zunftmäßige Backer sind oder nicht, die Einbringung und den öffentlichen Verkauf von Broden. Man mache allsonnabendlich die Namen derjenigen Brobverkäufer bekannt, die das gleiche Brod- gewicht in der gleichen Qualität während der verflossenen Woche am Billigsten losgeschlagen haben. Daß hierbei polizeiliche Eontrolemaß- regcln stattsindcn müssen, versteht sich von selbst. Ausführbar ist der Vorschlag, in Dresden we nigstens ist er zur Ausführung gekommen. Wenn die hiesige Stadlbehörde demselben Berücksich tigung zu schenken geneigt sein sollte, so wird sich die K. H. Kreisdireclion zu Dresden, denn diese ist die Urheberin der vorgeschlagenen Maß regel, gewiß herbeilassen, auf geschehene An frage über die Art und Weise der Ausführung Mittheilung zu machen. 2) Es kommen eine Menge Händler auf hie sigen Platz, ja es giebt deren sogar in der Stadt und deren Umgebung, die das Meiste von dem eingebrachten Getreide zur Ausführung ins Aus land aufkaufen und dadurch die Preise unge mein hinaufschrauben. Man verbiete auf dem Markte den Verkauf von Brodgetreide im wei tern Sinne an Händler, so lange der Oris- bedarf nicht gedeckt ist. Man könnte z. B. eine gewisse Stunde festsetzen, vor welcher ein Händler nicht kaufen und ein Verkäufer mit diesen nicht handeln darf. Dazu würde die strengste polizeiliche Ueberwachung erforderlich sein, die aber möglich ist, weil der Getreide markt keine große Ausdehnung hat. Sollten die Händler das Verbot durch Aufkauf der Zu fuhr, bevor sie die Stadt erreicht, umgehen wol len, so ist auch hier polizeiliche Ueberwachung möglich, besonders unter Zuziehung der Gendar merie. Dieß alles sind nur Andeutungen zur Ausführung einer Maßregel, die sich bei den obwaltenden außerordentlichen Zeitumständen gewiß rechtfertigen läßt. Nachtheile für die Stadt kann sie, wie ich glaube, nicht bringen. Sollten die Händler die Stadr zu umgehen und ayf dem Lande unmittelbar aufzukaufen versuchen, so geschieht dieß schon jetzt; allein sie scheinen dermalen und werden auch in Zu kunft keine Geschäfte dabei machen, denn die Erfahrung lehrt, daß der Landmann — auf Rittergüter nimmt dieser Aufsatz gar keinen Bezug, weil dieselben selten oder gar nicht Ge treide nach Hain bringen — bei Verwerthung der landwirthschaftlichcn Producle die Eoncur- renz der Consumenten aufsucht. Man frage nur eine auf dem Lande wohnende Familie, die ihre Consumtionsgegenstände kaufen muß, ob sie diese leicht bekommen kann, oder ob nicht vielmehr die Landleute es vorziehcn ihre Er zeugnisse zur Stadt zu schaffen. Man könnte vielleicht die Befürchtung hegen, die besprochene Maßregel würde zum Erfolg haben, daß sich der ganze Getreidehandel von hier weg nach Radeburg oder an andere Orte hinwende und dadurch wirklichen Getreidemangel für uns herbeiführe. Ich theile diese Besorgniß nicht. Unser Getreidemarkt ist nicht von der Beschaffenheit, daß an jedem Markttage große Massen von Getreide zusammen kämen. Das selbe ist von jeher in einzelnen Scheffeln, ja viertelweise hcreingebracht worden und so wird es auch wohl in der nächsten Zeit bleiben, weil der durch den Transport kleinerer Getreide quantitäten an entferntere Orte nothwendig ver bundene Zeit- und Kostenaufwand den etwaigen Mehrerlös aufwiegcn würde. Gingen die Ge- treideproducentcn auch von hier fort, sie würden bald wiederkommen. Ihre geringen Quanti-