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1447 >n- al« Stellvertreter de« erkrankte« König«, der Minister Stang, Deputationen de« StorthingS, der Universität, de« höchsten Gerichts höfe« und Her Norweger in Amerika. Petersburg, 20. Juli. Am 15. Juli nahm der Kaiser eine große Revue über die Ostseeflotten im Kronstädter Hafen ab. Die Schiffe, 33 an der Zahl, waren in drei Linien ausgestellt; die 4. Linie bildeten die kais. Segel-Jachten. An der Revue be- theiligten sich u. A.: 4 Panzer - Fregatten, 4 Thurm-Fregatten, 1 zweithurmige« Panzerboot und 4 Monitor« Nach Besichtigung der Schiffe wurde mit Hilse von 40 Schaluppen eine bewaffnete Truppenlandung auSgefüyrt, die mit bewunderungswürdiger Präcifton und Schnelligkeit erfolgte. Da« großartige Schauspiel begann um 1 Uhr Nachmittag« und endete um 6 Uhr Avends. — Die neuer- nannten katholischen Btschöfe, nämlich der Erzvijchof von Mohilew Fijalkowski, der Bischof von Lublin BaronowSki, der Bischof von TyraSpol Zoitmann und der Weihbischof von Mohilew Jwa«,kiewicz, stellten sich, nachdem hier ihre Consecration erfolgt war, am 7. Juli in einer Audienz dem Kaiser persönlich vor und hatten eine halb stündige Unterredung mit ihm. Wie man hört, war der Kaiser sehr ernst gestimmt und schärfte den Würdenträgern der katholrjchen Kirche die Pflicht ein, Gehorsam gegen die StaatSgesetze zu lehren und vor Allem diesen Gehorsam selbst zu beweisen. Petersburg, 21. Juli. Aus Orenburg theilt der „Reg.-A." mit, daß mehrere Truppen-DelachementS nach den Kilgi,ensteppen gesandt worden sind, um dort tue Rahe aufrecht zu erhallen. — AuS Podlachien sind, wie die „Pos. Zcg." meldet, wieder Berichte von großen Bauern-Unruhen eingcgangen, deren Schauplatz unlängst die unnrte Parochie Piszczac war. Veranlassung zu^denselben gab daS rücksichtslose Verjähren veS Ortspsarrers, der in fernem Ruffi- sicirungseiser die Orgel au« der Kirche entfernt und statt de« OrgelspieiS den in der orthodoxen Kirche üblichen Chorgesang einge- sührl hatte. Die Bauern, die sich durch diese Neuerung in ihrem religiösen Gefühl tief verletzt fühlten, rotteten sich aus jämmtlichen zur Parochie gehörigen Ortschaften zusammen, mißhandelten den Pfarrer und dessen Familie und bemolirten sein sämmtliche« Mo biliar. Als am folgenden Tage zum Schutze des PsarrerS und der russischgesinnten Anhänger desselben aus der Kreisstadt Biala Militär hingeschickt wurde, widersetzten sich die mit Sensen und Dreschfl gcln bewaffneten Bauern demselben, und es kam zwischen beiden Parteien zu einem erbitterten Kampfe, indem cS Tovte und Verwundete gab. Es ist das schon der zweite Fall in diesem Jahre, daß uniirte Bauern in Podlachien wegen versuchter Russificirung ihrer Kirche bewaffneten Widerstand geleistet haben. — Die russische Regierung hat hinsichtlich der paßpolizeilichen Behandlung von Reisenden deutscher Nationalität neuerdings fol gende Bestimmungen sür maßgebend erklärt: 1) Alle Reisenden deutscher Nationalität bedürfen zur Heimreise aus Rußland eines our für den Austritt aus Rußland geltenden russischen Passes. 2) Die in Rußland wohnenden deutschen Staatsangehörigen, welche sich von dort in daS Ausland begeben wollen, können sich bei der deutschen ReichSbotschast in Petersburg oder bei den deutschen ReichScoojulaten in Rußland mit vorläufigen Certiftcaten ('Ratio« naltlätSbeschcinigungen) versehen, aus welchen ihr Herkommen er hellt. Diese Bescheinigungen werden zum Vija der russischen Ge« sandtschasten und Consulate im Auslande zugelasscn und dienen als genügende Ausweise zum Wiedereintritt in Rußland, haben jedoch nur für diesen Zweck Geltung. Konstantinopel, 24 Juli. In den türkisch-griechischen Ge- wässern werden noch im Lause dieses Monats Kriegsschiffe aller Nationen versammelt sein, um in einer gemeinsam combimrten Ac tion dem dort wieder üppig wuchernden Piratenthum ein Ende zu machen. Griechenland hat sich der Ausgabe allein unterziehen wol len, aber man scheint weder seine Krast noch auch nur seinem gu ten Willen getraut zu haben, und Englano speciell hat nebenbei aus seiner bestimmten Erwartung kein Hehl gemacht, daß man, wenn man die kleinen Diebe im Archipel hänge, auch die großen Diebe auf dem festen Lande nicht laufen lasse. Athen, 23. Juli. Die Regierung anerkennt nicht die Laurion« srage. Die Unterhandlungen wurden fistirt. Die Kammer wird vertagt. Asien. Lin Bericht meldet aus Aokuhama, daß der deutsche Minifterresident v. Brandt bei dem japanischen Gouverneur am 13. d. I. eine mehrstündige Audienz erhalten und in derselben dem Fürsten photographische Abbildungen der Berliner Siegesstraße beim feierlichen Emzuge des Kaisers und seines Heeres am 16. Juni vorgezeigt und eingehend erläutert hat. Der Fürst hegt die leb- hasteste Sympathie sür Deutschland und deutsches Wesen; derselbe Hal aoaesangen Deutsch zu lernen, und eö wird bereits ein deutscher Jastructor und Lcctor sür den Fürsten gesucht. Einer seiner Prinzen soll nach Deutschland gesendet werden, um eiue Erziehung ganz Dachsen. Freiberg, 25. Juli. Gestern Abend ^6 Uhr fuhr Se. Maj. der König Johann nebst Gesolge mittels ExtrazugeS hier durch, um Sich nach Leipzig zu begeben. Zur Begrüßung hatten sich die Herren AmtShauptmann v. Oppen, Oberstlieutenant Gras v. Holtze«« dorff und Bürgermeister Clauß aus dem Bahnhof eingefunven. Leipzig, 24. Juli. Se. Maj. der König ist hier eingetroffen. Auf dem Bahnhofe wurde Se. Majestät von den Spitzen der Be hörden empfangen und daS zahlreich anwesende Publikum spendete ihm jubelnde Zurufe. — Aus dem Bayerischen Bahnhofe hatte gestern morgen eia daselbst beim Rangiren von Wagen beschäftigter Arbeiter, Karl Louis Strieter aus Zöpen, das Unglück, von einer zum Anhalten der Wagen benutzten Stange beim Zurückprallen so heftig an den Unterleib getroffen zu werden, daß er zu Boden sank und wegen schwerer Verletzung ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Da selbst ist er bereits heute an den Folgen der erlittene» inneren Verletzungen gestorben. St. war erst 23 Jahre alt. In Dresden, schreibt daS „L. T.", hat am vorigen Sonn abend eine Volksversammlung folgende Resolution angenommen: „In Erwägung, daß die heutige Versammlung durch daS Referat des Herrn Rcdacteur Landau und dce Vorträge anderer Redner die Ueberzeugung gewonnen, daß die Angehörigkeit zur Kirche dem socialen Fortschritt schädlich und hindernd ist; daß eS ferner eine Gewissens- und Wahrheitspflicht sei, auszutreten au« einer Gemein schaft, mit deren Grundsätzen man nicht mehr einverstanden ist; daß aus dem Austritte keinerlei Nachtheile, im Gegentyeile unr Vortheile entwachsen, beschließt die heutige Versammlung:, daß eS zur Verwirklichung der freiheitlichen Ideen aus socialem Gebiete nöthig sei, sofort einen MassenauStritt au« der Kirche zu bewirken und eventuell, je nach persönlicher Neigung, der hiesigen srei-reli- giösen Gemeinde beizutreten ; ferner erscheint auch vortheilhast, in den anSitrgendeu Listen durch NaWntznuterschrijt den Austritt au- nach Art der preußischen Prinzen zu erhalten. Der mehjattsW Prinz Schonai wird schon im Laufe dieses Jahre« mit dem Mini ster-Residenten v. Brandt nach Deutschland kommen, um sich a«S« zubtlden. Der Einfluß-deutschen Geiste« und deutscher Civtlisatton ist schon jetzt in Japan sehr bedeutend und dabet noch fortwährend im Steigen. New-Aork, 23. Juli. Bei einer in St. Loui- abgehaltene« Volksversammlung hielt Senator Schurz eine Rede, in welcher er hervorhob, daß die jetzige liberale Bewegung einen Umschwung be deute, welcher die bisherigen demokratischen und republikanischen Parteien absorbiren, den Süden mit dem Norden auSjöhnen und eine Umgestaltung der Verwaltung herbeisühren werde. Schurz bekämpfte die Candidatur Gcant'S und unterstützte lebhaft diejenige Horace Greeley'S. Schließlich verlas Redner einen Brief Greeley'-, worin dieser für den Fall seiner Wahl «ine vollständige Reform der Civilverwaltung verheißt. v — Die nordamerikanische Flibustierexpedition nach Euba ist mißlungen. Allerdings landete sie, .wurde aber sofort gesprengt und ihr Schiff, die „Fannie", verbrannt. Dagegen hat eine Schaar von 1000 Insurgenten einen spanischen Transport abgesangen und im Gefecht 50 Mann getödtet; der empfindlichste Verlust, welcher die Spanier noch betroffen. Die Jnjurrection ist, wie daraus hervorgeht, keineswegs beendet. Aus Euba wird unterm 1. Juli berichtet: Ein Telegramm des Oberst Valera, datirt von Herrabura (20 Meilen von Guan« tanamo), 25. Juni, sagt: „Der Dampfer „Fannie" hat eine werth- volle Cargo, bestehend auS Waffen und Munition gelandet. Der selbe fuhr bann aus den Grund auf und steht jetzc in Flamme«. Dre Expedition bestand aus 56 Leuten und wurde von Peralta commanoirt. Cs gelang ihnen, die Waffen ans Land zu schaffe« und zu vergraben. Valera griff dann aber die Flibustrer an, tödrele Peralta, eroberte die Fahne und nahm fünf Mann gefangen. Wichtige Briese sür LeSpedtS fielen den Spaniern in die Haaoe. Mit Hrlfe der Gefangenen entdeckte Valera dann die verborgenen Waffen und nahm fie rn gutem Zustande in Beschlag. Die Fli bustier wurden verfolgt. In Havanna vermutyet man, daß ei» Theil der Ladung auf zwei Schaluppen verladen und an der Nord« lüfte gelandet wurde. DaS Schicksal der Matrosen der „Fannie" ist nicht bekannt, doch vermuthet man, daß sie sich mit den Flibustier« verewigt Haven. Von anderer Seite wiro behauptet, daß sie auf Booten nach Jamaica gefahren sind. Heute lief eine Depesche eia, welche meldet, daß 16 andere Flibustier gefangen genommen und erschossen wurden. Zwei Kanonen, l60 Gewehre, über 200 Kiste« Patronen und viele Faß Pulver waren auSgegrabea."