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rrn für 1872—1873 soll baldmöglichst nachfolgen. Trotz der noth wendigen Erhöhung deS StaatSaufwandes seien keine Ansprüche an die Steuerkraft des Landes erforderlich. Die Thrdnrede schließt, hoffen wir von der Kraft des Reiches einen neuen Aufschwung Alles materiellen und geistigen Lebens. Wien, 20. November. Graf Beust hat dem Kronprinzen Rudolph und den Erzherzogen Karl Ludwig und Albrecht Abschieds besuche abgestattet und wird sich Ende dieser Woche auf seinen neuen Posten nach London begeben. — 21. November. Die heutigen Morgenblätter melden über einstimmend von ernsten Unterhandlungen mit dem Fürsten Adolph Auersperg wegen der Bildung des cisleithanischen CabinetS. Der selbe werde zunächst mit parlamentarischen Gesinnungsgenossen berathen und dann erst ein Regierungsprogramm dem Kaiser unterbreiten. — Die heutige Privatconferenz der verfassungstreuen Abgeordneten soll für Realistrung der Misston Adolph AuerSperg's einen günstigen Erfolg gehabt haben. Abends war Ministerrath — Die „Neue freie Presse" meldet: AuerSverq'S Programm wurde bereits vorgestern dem Kaiser vorgelegt. Dasselbe verlangt die Auf lösung der illeaalen Landtage und überweist die Forderungen der Polen dem Reichsrathe. Pefth, 20. November. Nach dem „Pesther Lloyd" ist das Cireularschreiben deS Grafen Andrassh an die Vertreter der öster reichisch- ungarischen Monarchie im Auslands bereits abgegangen. Den wesentlichen Gegenstand deS kurzqebaltenen Schreibens bildet die Erklärung, daß die auswärtige Politik Oesterreichs keine Aenderung erleiden solle. Paris, 18. November. Ein Decret deS Präsidenten der Republik unterdrückt die beiden Bonavartistischen Blätter „PayS" und „Avenir liberal". Diese Maßregel wird heute Abend von allen Zeitungen ohne Ausnahme getadelt. — 19. November. Gestern Abend um 7 Uhr fand die Ceremonie der Uebergabe des goldenen Vließes an Herrn Thiers statt. Der spanische Botschafter, Herr Olozoga, stand der Ceremonie vor; Herr Guizot und der Fürst de Ligne waren die Pathen des Herrn ThierS. Nach der Feierlichkeit war großes Diner. — Der deutsche Soldat, welcher in Epernay ermordet wurde, ist am letzten Freitag mit allen militärischen Ehren begraben worden. Die Stimmung unter den deutschen Soldaten ist keine sehr gute, und da man dort seit gestern weiß, daß der Gärtner, welcher den Unterofficier Kraft ermordete, von dem Assisenhofe von Meulan freigesprochen worden ist, so befürchtet man, daß eS leicht zu Ex- ceffen kommen könnte. Die Entwaffnung von Epernay ist jetzt auf das ganze Departement ausgedehnt worden. Die Waffen müssen bis zum 22. abgeliefert sein. In Versailles bat der Vorfall von Epernay äußerst unangenehm berührt, da man befürchtet, daß er zu neuen Conflicten Anlaß geben wird. ThierS hat dm Behörden sofort Befehl gegeben, den deutschen Behörden energisch die Hand zu bieten, um den Mörder ausfindig zu machen. — Das „Journal de Paris" schreibt: Man stellt gegenwärtig in der Nationaldruckerei das Gelbbuch zusammen, welches an die Deputirten sofort bei ihrer Rückkehr nach Versailles vertheilt werden soll. Dasselbe wird außer anderen wichtigen Documenten enthalten die Schriftstücke in Betreff der Missionen der französischen Gesand ten in Florenz und Rom, Pouyer-Quertier's nach Berlin und Ozenne's nach London in Sachen des Handelsvertrages. — Die zunehmende Unzufriedenheit mit einer undefinirbar in der Lust schwebenden Regierung, schreibt man der „Allg. Ztg", schöpft neue Nahrung aus den Zuständen der Arbeit. Die Fabrik arbeiter in Roubaix berufen sich auf die erhöhten und vermehrten Verbrauchssteuern, welche insbesondere dem Volke daS Leben ver- Lheuern, um mittelst Arbeitseinstellung Lohnerhöhungen zu erzwingen. Die Industriellen in Paris verarmen bei überhäuften Bestellungen, weil ihre Arbeiter auf den Pontons zu Grunde gehen, oder aus Deutschland nicht zurück kommen. Versailles, 21. November. Das Kriegsgericht verurtheilte von den Redacteuren des Journals „Tere Duchene" Vermesch und Vuileaume in coutumaciaw zum Tode, Humbert zu lebenslänglicher Zwangsarbeit. Rom, 21. November. Der König ist heute eingetroffen. Am Gahnhose wurde derselbe vom Prinzen Humbert, den Ministern, den Behörden und den Nationalgarden empfangen und von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt. Die Stadt ist beflaggt. Kopenhagen, 20. November. Der König wird seine Reise nach dem Auslande morgen Abend antreten. Sachsen. Freiberg. Oeffentliche Gerichtssitzung den 25. November, Nach- Mittags 4 Uhr, zur Hauptverhandlung in der Untersuchung wider Johann Wilhelm Moritz Scheumann von Herrndorf wegen schweren Diebstahls. Dresden. Es ist folgende Verordnung, den Wegfall der Dienstfreimarken betreffend, veröffentlicht worden: Nach einer Mittheilung des kaiserlichen GeneralpostamtS werden vom 1. Januar 1872 an. mit welchem Zeitpunkte die neuen Reichs postfreimarken zur Einführung kommen sollen, Dienstfreimarken zum Franksten von Sendungen in StaatSdienstangelegenbeiten nicht mehr au-gegeben. Demgemäß werden sämmtliche königliche Behörden, Einzel beamte, Kassenstellen rc., bei welchen die Anwendung der Dienstfrei- marken eingeführt ist, hiermit angewiesen, die bisherigen norddeutschen Di-nstfreimarken vom 1. Januar 1872 ab zum Franksten der Post, sendnnaen in Staatsdienstanqelegenheiten nicht mehr zu benutzen, die beim Ablauf des Jahres etwa noch vorhandenen Bestände an solchen Marken vielmehr bei den Ortspostanstalten gegen neue ReichSpostsrei- marken deS gleichen WerthbetragS umzutauschen und zum Franksten der Postsendungen in StaatSdienstangrlegenheiten demnächst nur die allgemein gütigen Postwertbzeichen zu verwenden, Dresden, 15. November 1871. Die Ministerien der Finanzen, des Kriege-, des Innern, deS Cultus und öffenilichen Unterrichts und der Justiz. v. Friesen, v. Fabrice, v. Nostitz-Wallwitz, vr v. Gerber. Abeken. Leipzig, 21. November. Die baulichen Arbeiten der Pferde- eisenbabn haben gestern begonnen, indem auf dem Hofmeister'schen Grundstücke in Reudnitz die ersten Spatenstiche zur Erbauung der Remise für die Wagen gethan wurden. Die Arbeiten werden nun unausgesetzt und schnell vorwärts gehen. — In der Nacht zum 20. November ist in dem einsam ge legenen Goldammer'schen Hause zu Erlbach ein Mordversuch an der verehelichten Goldammer verübt worden, und zwar durch eine Mannsperson, welche bei der Flucht mehrere BekleidunqSgegenstände zurückgelassen hat Ein früherer Correctionär der Erziehungsanstalt Bräunsdorf ist der Verübung deS Attentats verdächtig. (L. Tgbl.) Zwickau, 21. November. Gestern Abend 6 Ubr sind bei dem Steinkoblenwerk Fl. Kästner u. Co in Reinsdorf 3 Mann dadurch verunglückt, daß der Maschinenwärter das Fördergerüst, in welchem sich dieselben bei der Ausfahrt befanden, zu hoch ge trieben bat, sodaß dasselbe abgesprengt wurde und mit den Leuten in den Schacht ging. Die Verunglückten sind: Wappler aus Vielau, verbeirathet und Vater von 2 Kindern, Junghans aus Reinsdorf und Götz aus Schneeberg, beide unverheirathet. Schneeberg, 19. November. In Folge des bis jetzt noch unerklärlichen Defectwerdens einer Gasleitungsröhre hat sich heute das daselbst auSströmende Gas in den Keller des daneben befind- licheü Wetzel'schcn Hauses einen Weg gebahnt und erfüllte von hier aus die Räume des Hauses selbst derartig, daß 4 Personen voll ständig dadurch betäubt wurden. Während drei davon sich nach Anwendung der geeigneten Maßregeln bald wieder erholten, stellte sich bei der vierten die Nothwendigkeit der Unterbringung in das städtische Krankenhaus heraus. Hirsch felde (in der Lausitz), 19. November. Die in der Müller'schen Flachsspinnerei hierselbst beschäftigt gewesene Fabrik arbeiterin Christiane Theresie Thiemann aus Hartmannsdorf bei Marklissa, 49 Jahre alt, ist gestern Vormittags zwischen 10 und 11 Uhr dadurch verunglückt, daß sie im Krempelsaale auf unbe kannte Weise ins gangbare Zeug gerathen, wodurch ihr der rechte Arm, sowie daS rechte Bein abgerissen und von der Maschine zer malmt worden sind. Die Unglückliche ist sogleich ins Krankenhaus gebracht und amputirt worden, jedoch bereits 12H Uhr ihren Leiden erlegen. Vermischtes. * Von Frau Marie Simon in Dresden, bekannt durch ihre verdienstvolle Thätigteit während des Krieges, werden die Briefe und Tagebuchblätter der Oeffentlichkeit übergeben, welche sie auf dem Kriegsschauplätze in Frankreich niederschrieb. DaS Buch er scheint noch vor Weihnachten im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig und wird in maßgebenden Kreisen mit Spannung erwartet, da die Verfasserin reichste Gelegenheit hatte, aus dem Gebiete der freiwilligen Krankenpflege praktische Erfahrungen zu machen, bisher aber von deutscher Seite und namentlich von Frauen noch sehr wenig Beiträge zur Literatur dieses hochwichtigen Gegenstandes geliefert worden sind. Zudem haben die Aufzeichnungen der Frau Simon den großen Vorzug, daß sie ihre mannichfachen Erlebnisse und wechselnden Eindrücke in frischer Unmittelbarkeit dem Leser vor Augen stellen. Wir behalten uns vor, auf das interessante Buch nach dessen Erscheinen zurückzukommen.