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- 2213 "*'Oelde, 13. Nov. Hier fand in der einzigen geschlossenen Gesellschaft am 7. d. M. die Ballotago von 4 Herren, darunter ein Apotheker, statt. Sämmtlichen Eintrittwünschenden verschloß sich jedoch die Thür zum geselligen Vergnügen, weil sie — nicht an die Infalllbilität glaubten. — (Aehnliches wird aus einem anderen westphälischen Ort — Beckum — gemeldet.) * Menden (Kreis Iserlohn), l9. November. Vor einigen Tagen starb in unserer, fast ganz katholischen Stadt, der Arzt 0r. FuchsiuS. Als Gegner der Ohrenbeichte, Unfehlbarkeit rc., war derselbe bei unserer Geistlichkeit ebenso verhaßt, als er sich durch sein biederes, humanes Wesen allgemeiner Beliebtheit bei der Bür gerschaft erfreute. In der Todesstunde wurde das hier übliche Läuten der Sterbeglocke verhindert, die geistliche Begleitung zum Grabe verweigert und ein Beerdigungsplatz auf einem abgelegenen Theile des Kirchhofs unter Selbstmördern und ungetaust geblie benen Kindern (I) angewiesen. Ein Verbrecher hätte nach seinem Hinscheiden nicht übler fahren können. Um den Schimpf einiger maßen auszugleichen, erklärte sich der Herr KreisphhsicuS Or. Schütte zu Iserlohn auf mehrfaches Ansuchen bereit, am Grabe des Geächteten einige Worte zu sprechen. — Bei der heute (Sonn tag) erfolgenden Beerdigung war die ganze Stadt auf den Beinen; der Landwehrverein mit Musik im Zuge, der Kirchhof dicht besetzt. Kaum aber hatte der Freund des Verstorbenen seinen Nachruf be gonnen, als ein Pfarrvicar sich durch die Menge drängte und den Redner unterbrach mit den Worten, hier habe nur die Geist lichkeit, ein Recht zu sprechen Em in der Nähe des Grabes auf gestellter Hausen schrie dazu ein fanatisches Bravo! Um unwür digen Auftritten auf dem Friedhöfe vorzubeugen, mußte die Rede unterbleiben. — Begreiflicherweise sind alle verständigen Leute hier über dieses clericale Gebühren entrüstet. (B.-Ztg.) * sKinder sagen die Wahrheit) Das beweist wieder folgende Geschichte, die als durchaus wahr bezeichnet wrrd. In Wiesbaden wurde kürzlich die Hochzeit einer sehr reichen Gräfin M. und eines jungen Offiziers geleiert. Wenige Tage vor der Ver mählung gab der Vater der Braut ein kleines Familiendiner, zu welchem auch der Geistliche geladen war, der später die Trauung vorgenommen hat. In zuvorkommender Weise frug derselbe im Lause der Unterhaltung den Gastgeber, welchen Bibelvers »r wohl der Hochzeitspredigt zu Grunde gelegt Haden möchte. Weder der alte Graf, der vielleicht nicht mehr allzu bibelfest ist, noch auch die befragten Verlobten hatten in dieser Hinsicht einen besonderen Wunsch zu äußern; da nahm unerwartet der 10 jährige Bruder der Braut das Wort und machte zum Schrecken der Anwesenden den wohlgemeinten Vorschlag: „Ei, Herr Pfarrer, dann predigen Sie doch über den Spruch: Vater, vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, waSsiethun!" * AuS einer von der „Boh." veröffentlichten Zusammen stellung über die verschiedenen Ministerien in Oesterreich ersehen wir, daß der Kaiserstaat seit dem Jahre 1848 bis heute im Ganzen 94 verschiedene Minister gehabt hat, von denen jedoch viele zu mehreren Rialen im Amte waren, so daß sich die eigentliche Zahl der wechselnden Minister noch bedeutend höher stellt. * Wiener Blättern zufolge traf am 17. d. Morgens ein ent setzliches Unglück die Familie des Goldarbeiters Heinrich Reimbold in Gumpendorf. Remibold und seine Gattin entfernten sich, wie dies täglich geschieht, aus ihrer Wohnung und ließen in derselben ihre drei Kinder, von denen das älteste vier, das jüngste ein Jahr alt war, unter der Obhut der Dienstmagd zurück. Pflichtvergessener Weise verließ dieselbe gegen 9 Uhr die Wohnung, die sie absperrte, die Kinder sich selbst überlassend. Als sie nach einer halben Stunde zurückkehrte, drang ihr aus der inzwischen eröffneten Woh nung dichter Rauch entgegen und im Zimmer lagen die drei Kinder als Leichen auf dem Fußboden. Wahrscheinlich hatte der älteste Knabe irgendwo ein Zündhölzchen gesunden, dasselbe angezündet, hierbei mochte ein Fenstervorhang oder eine mit Papier gefüllte Kiste Feuer gefangen haben und sind die armen Kleinen im Rauche erstickt. Wiederbelebungsversuche blieoen erfolglos. Die Dieust- magd wurde dem Landesgerichte eingeliefert. * Wilna, 8. November. Der Winter hat noch nicht eigent lich recht begonnen, und schon fangen die ungebetenen Gäste, die Wölfe, an, sich in stärkeren Rudeln in der Nahe der Dörfer zu zeigen und haben auch bereits zwei Opfer, einen Knaben von 12 und ein Mädchen von 10 Jahren, unweit Czarne-Wics auf freiem Felde angefallen und zerrissen. Die Kinder kamen am 1. d. M. gegen Abend auS der Stadt, wohin sie Butter zum Markt gebracht hatten, zurück, als sie — 1500 Schritt von ihrem Dorfe entfernt — eine Beute der Bestien wurden. Man fand aus der betref fenden Stelle am Fußstege neben den Ueberresten an Knochen und Kleiderfetzen auch die leeren Gesäße, in denen die verlauste Butter sich besunden, ünd das für dieselbe gelöste Geld — 3 R. 70 Kop., — das in ein leinenes Tuch eingebunden war, unversehrt vot. Die Eltern der beiden Kinoer sind deutsche Colouisten und ziemlich bemittelte Leute. Der Freiberger Stadt-, Land- und Berg-Kalender. Dieser älteste aller sächsischen Kalender (Druck und Verlag von Heinrich Gerlach in Freiberg, in gelb. Umschlag. Preis 5 Ngr.) tritt unS auf das Jahr 1872 im 228. Jahrgangs wieder mU seinem erzgebirgischen schönen Gruß: „Glückauf" entgegen, — aber durchaus nicht etwa altersschwach, sondern wie bisher in stattlichem Gewände und voll reichen, mit edlen und guten Bildern auSgestatteten Inhalts: HauSwirthschastlicheS u. Naturwissenschaftliches, Erbauliches und Beschauliches, Geschichtliches u. Bergmännisches, Erheiterndes und Belustigendes. Vor Allem ist darin auch eine gute übersichtliche Zu sammenstellung Alles dessen hervorzuheben, was 1870 bis 1871 alle deutschen Herzen erregte und bewegte (mit wörtl. Abdruck der wichtigste« Knegsdepeschen). — Ein Verzeichnis der Berg- und Hüttenbeamte« Sachsens, der Freiberger Ortskalender mit neuester Stadtchronik und ein „Kalender Anzeiger" bilden den Anhang, welchem dies mal auch noch eine sehr empsehlenSwerthe leicht faßliche Erklär ung sämmtlicher 1872 einzusührender neuer Maße und Ge wichte beigegcben ist. Kirchliche Nachrichten. Prediger. Äm zweiten Bußtage, den 24. November. Erste Vorlesung: 5. Mos. 80, 11—16. Zweite Vorlesung: Ephes. 4, 17-21. Predigttexte: Vorm. 1. Corinth. 11, 31; Nachm. Ephes. 5, 14. Dom: srüh 9 Uhr, Herr Superintendent Merbach. — Nachm. 1 Uhr, Herr Mae. l)r. pkil. Teichgräber. Petri: srüh halb 9 Uhr, Herr Pastor Walter. — Nachm. 1 Uhr, Herr Mao. Reinhold. Nicolai: früh halb 9 Uhr, Herr Pastor Sturm. Jacobi: früh halb 9 Uhr, Herr Pastor Rosenkranz. — Nachm. 1 U^r, Betstunde. Nach beendigten: Vor- wie Nachmittagsgottesdienste Collecte zur Unterstützung von Lehrern oder deren Wittwen und Waisen in Krankheits- uno sonstigen dringenden Nothsällen. Vom 1. bis 7. November wurden angemeldet: Geborue. Ein Sohn: dem Schuhmacher Zschocke — dem Fabrikschlosser Oschatz — dem Tapezirer Fischer — dem Maurer Kühn — dem Bahnarbeiler Lehnert in Zug — dem Bahnarbeiler Mauermann — dem Photograph Diener in Freibergsdorf — dem Bergarbeiter Stange daselbst — dem Bergarbeiter Bieh- weger daselbst. — Eine Tochter: dem Bergzimmerling Fritzsche in Zug — dem Bergarbeiter Müller — dem Doppelbauer Lorenz — dem Bahnwärter Sattler — dem Bergarbeiter Tischendorf in Freibergsdorf. — Hierüber 2 unehel. Töchter. — Ueberhaupt 16 Kinder, als 9 Söhne uno 7 Töchter. Getraute: der Werkführer Eduard Robert Münzner mit Louise Auguste Agnes Raut — der Registerschrelber Heinrich Anton Böhme in Zug mit Anna Emilie Gehmlich daselbst — der Marlthelser Franz Hermann Tschorn in Leipzig mit Hulda Marie Göhler hier — der Artillerie-Sergeant Ottomar Siegert tu Dresden mit Jgsr. Anna Lohse hier — der Bergarbeiter Hermann Amon au» Erbisdors mit Wilhelmine Loigt in Freibergsvor, — Ueberhaupt 5 Paare. Gestorbene: des Loppechäuer Schulze nachgtl. Wiltwe, Johanne Concordie geb. Biehweger, 79s Jahr — des Doppelhäuer Mildner nachgel. Witlwe, Jo hanne Christiane Sophie geb. Schönherr, 74 Jahr — des Doppelhäuer Hofmann zu Friedeburg Sohn, Max Loui«, 3 Jahre — de« Schuhmachermeifter Fächer Sohn, Clemen«, 1 Jahr 7 Mon. — de« Bergarbeiter Lippmann in FcelvergS- doif Tochter, Ida Selma, 4 Mon. 5 Tage — des Tagalveiter Richter daselbst Ehesrau, Christiane Caroline, 30z Jahr — de« Wirth,chaflsdesttzer Seidel dafelbst nachgel. Tochter, Christiane Henriette, 28 Jahre 2 Mon. alt. — Ueberhaupt 7 Personen, al« 2 männl, und S weibt. Geschlecht«. Familie «-Nach richten. Geboren: -in Knabe: Hru. Lehrer H. Raschke in Leisnig; rin todter Knabe: Hin. Schuldtrector Fink in Kamenz. Verlobt: Hr. Hermann Opitz u. Frl. Ida Thieme in Dresden; Herr Dtakonalsverweser Lehmann in Radeberg u. Frl. Magdalene Kunad in Emritzlch; Hr. Gutsbesitzer Karl Reichenbach in Heinersdorf n. Frl. Olga Dietze in Rittergut Kunnersdorf bei Radeburg; Hr. WUH. Jochen in Dürteuel u. Frl. Emilie Mergner in Großkundors; Hr. Kausm. Otto Feistkorn in Ger- u. Frl. Helene Tauberlh in Pfarrhaus Markkleeberg bei Leipzig; yr. Karl Flicke in Le-pzig und Frl. Minna Hofmann in Grimma; Hr. August Faik uno Kraul. Rooh Fritzsche in Zwickau; Hr. Finanzconlroleur Gustav Buchmann und Frl. Selma Köhler in Altenburg; Hr. Oberlehrer Lauä. rov. mio. Johanne« Schönherr und Frl. Helene Jacobi tu Grimma; Hr. Kausm. Eduard Frackmann und Fräul. Alma Oertel in Rittergut Mühltreff i. V.; Hr. Rudolph Tannert und Fräul. Anna Schmidt in Eisenberg; Hr. M-ritz Petzsch m Großweitzschen und Fräul. Thekla Gasch in Döllschütz; Hr. Louis Winkler in Zeschwitz und Fräul. Selma Kießig in Poischwitz; Hr. Otto Herzog und Fräul. Henriette Jöhnych in Leip- zig; Hr. Ger.-Reser. Maxim. Schober in Leipzig und Fräul. Thekla Schuuck ^Getraut: Hr. Loui« Augustin und Frl. Mari« Hillencamp in Leipzig. Gcstorlken: Hr. Or. rm< Herm. Moritz Llam« in Leipzig; Hrn. Prediger Hickmann in Dresden «ne Tochter; Hr. Ernst Rudolph Picken in Orlsnitz i. P.-,