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1778 eben kein unbedeutender Factor), wurden einer besonder» Tranfit- gebühr unterworfen. Die Briefe zwischen Frankreich und Elsaß- Lothringen unterlagen dem Frankirungszwange, und wenn man sie in Frankreich mit der jetzt üblichen 25-Centimesmarke versehen hatte, wurde bei der Ankunft noch ein besonderes Portosupplement er hoben. Alles dies war wenig geeignet, das bestehende System be liebt zu machen, und so scheint man sich denn neuerdings dazu ent schlossen zu haben, auf die früher» Ttephan'schen Vorschläge we nigstens im Principe zurückzugreifen. Die betreffenden Verhand lungen werden wahrscheinlich in Frankfurt a. M. weiter geführt werden. Der französische Bevollmächtigte, Herr le Clercq, we nigstens soll mit einschlägigen Instructionen versehen worden sein. — Die erste Session des Pariser Municipalraths ist nun geschlossen. Man muß der Besonnenheit der Versammlung alle Gerechtigkeit widerfahren lassen und eingestehen, daß sie weniger destructiven Tendenzen gehuldigt hat, als man auf den ersten Blick anzunehmen gewillt war. — Vier deutsche Militärs, welche gestern in Civil- kleidung nach Paris gekommen waren, wurden in einem Kaffeehause des Boulevard-Sebastopol von ungefähr 40 Franzosen, da man sie erkannte, mit Flaschen und Gläsern beworfen, mißhandelt und dann zum Profoßcn geführt. Es waren zwei Lieutenants und zwei Sergeanten. — Die von der National - Versammlung gebildete „Begna- digungS-Commission" hat bisher ihrem Namen noch nicht viel ent sprochen und bisher nur in seltenen Fällen die Urtheile der Kriegs gerichte modificirt. Auch daS Begnadigungsgesuch deS zum Tode verurtheilten Oberst Rossel ist von ihr zurückgewiesen worden und die ultrarepublikanischen Blätter der Hauptstadt feiern ihn in Folge dessen bereits jetzt und trotz des Belagerungszustandes als Mär tyrer, indem sie zugleich der Begnadigungs-Commission den Bei namen „ExecutionSpeloton" beilegen. — Die Kammer hat bisher nur von den Anträgen der Unter- suchungS-Commission Kenntniß genommen, welche die Waffenankäufe der französischen Regierung im Laufe des Vorjahres zu untersuchen hatte. Daß dabei auch wieder die merkwürdigsten Dinge zum Vor schein kommen würden, war vorauszusehen, aber Journalisten, wie die Herren Cassagnac und Terme, den Einen mit 12,000, den An deren mit 20000 Gewehren, als Lieferanten für Chassepots auf tauchen zu sehen, hatte doch wohl Niemand erwartet. Daß ein Pariser Büchsenmacher im Auftrage eines englischen Hauses 5000 solcher Gewehre an das kaiserliche KrieaSministerium verkaufte, hat an sich nichts Befremdendes, aber daß dieser Mann, auf Andrängen der Vermittler, welche ihm den Auftrag des Ministers verschafften, den Preis des einzelnen Gewehres von 100 auf 115 Francs er höhen mußte, um so dem Zwischenträger auf Kosten des Staates einen Profit von 75,000 Francs zu sichern, erscheint doch schon we niger unschuldig. In ähnlicher Weise führt der Bericht die man nigfachsten Kunstgriffe, Kniffe und Pfiffe auf, die bis auf daS Jahr 1867 und den Verkauf des Herrn Chassepot ertheilten Patentes an eine Finanz-Gesellschaft zurückgehen, deren Gewinnste im Jahre 1868 allein bei einem Capital von 800,000 Franc- sich auf 700,000 Franc-, also 80°/, und mehr, belaufen. — Der General Ladmirault, Gouverneur von Paris, hat folgenden Tagesbefehl erlassen: ,.Jch habe in Erfahrung gebracht, daß in der Umgebung der Casernen an die Soldaten eine kleine Flugschrift vertheilt wird, welche in der Form von Zwiegesprächen geschrieben ist und darzuthun sucht, daß die Verantwortlichkeit für den Krieg der parlamentarischen Opposition unter dem Kaiserreiche zur Last falle. Solche Schriften können nur die Wirkung haben, die MannSzucht in der Armee zu erschüttern. Deshalb wollen Sie den Befehl geben, daß die Umgebungen der Casernen mit Sorgfalt überwacht werden und daß jedes Individuum, welches überführt wird, solche Broschüren vertheilt zu haben, verhaftet und an den Polizei-Commissar abgeliefert wird." Diese Umtriebe gehen von den Bonapartisten aus, die im Augenblicke die Armee von ihren Agenten stark bearbeiten lassen, um während der Ferien der Na- tional-Versammlung einen Handstreich zu versuchen. Die Bona partisten rechnen bei ihren Plänen nicht allein auf die Unzufrieden heit, die daS weitere Verbleiben der National-Versammlung in Versailles in Paris verursacht hat, sondern auch auf einen Theil der Armee und auf Beamte und Angestellte der Polizei, die früher die ergebenen Diener deS Kaiserreichs waren. Daß der Versailler Regierung diese Jntriguen bekannt sind, beweist obiger Tagesbefehl, wie der Umstand, daß sowohl der Armee als den Polizeibeamten daS Lesen deS Bonapartistischen „Avenir Liberal" untersagt worden ist." - 19. September. Die ofstcielle Uebergabe der Pariser Forts an die französische Militärbehörde soll, wie die „Agence Havas" bestätigt, morgen Vormittag stattfinden. Die Räumung der vier Pari- benachbarten Departements wird bis zum 25, d. beendet sein. Die Entwaffnung der Nationalqarde in de» Departements geht, nach wie vor in vollständiger Ruhe vor sich. London, 18. Sept. Ueber die hier lebenden Flüchtlinge der Pariser Commune bringt die „Ball Mall Gazette" einige Mitthei- lunqen von einem Berichterstatter, welcher sich als „englischer Osstcier unter der Commune" unterzeichnet. Nach dieser Schilderung geht es den meisten Flüchtlingen herzlich schlecht; die Unterstützungen, welche ihnen zu Theil werden, sind sehr kärglich und manche, die früher bessere Tage gesehen, sind froh, Erdarbeiten bei einer Eisen bahn zu erhalten. Ein früherer Agent einer großen Lyoner Seiden fabrik arbeitet hier als Sattler. Stockholm, 20. Sept. Der Ausschuß der Kammer beschloß hinsichtlich der Regierungsvorlage über die allgemeine Wehrpflicht eine geheime schriftliche Abstimmung und nahm hierbei den Gesetz entwurf mit einer Stimme der Majorität an. Solothurn, 19. September. Die gestrige Versammlung der Altkatvoliken faßte noch den Beschluß, die Regierungen der einzelnen Kantone zu ersuchen, den Syllabus und daS Dogma der Unfehl barkeit als verfassungswidrig zu erklären und den Gemeinden der Altkatholiken das Eigenthumsrecht auf die Kirchengüter und daS Recht, die Geistlichen selbst wählen zu dürfen, zuzusprechen. Die Versammlung beschloß ferner sich als „Schweizer Verein frei sinniger Katholiken" zu constituiren. Rom, 13. Sept. Die römischen Patrioten haben Ricciotti Garibaldi ein großes Bankett gegeben. Der Todestag der vor 272 Jahren durch die Grausamkeit und Habgier Papst Clemens des Achten so ungerecht hingeschlachteten Beatrice Cenci ist auf An trieb der römischen Patrioten, die in großer Anzahl ihr Grab in San Pietro in Montorio besuchten und schmückten, feierlich begangen wor den. Ein öffentlicher Aufruf forderte zurTheilnahme für das Andenken der schönen Unglücklichen, zum Haß gegen den blutdürstigen Clemens und zur Freude auf daß die nichtswürdige Priesterherrschaft für immer in Rom gestürzt sei. -- Die freisinnige italienische Presse fährt fort, sich günstig für ein Bündniß mit Deutschland auSzu- sprechen, um den Frieden zu sichern und sich jedem etwaigen Kriegs gelüste Frankreichs gemeinsam zu widersetzen. — Persönlichkeiten, welche mit den Vorgängen im Vatican vertraut sind, versichern, daß die Nachrichten von einem vollkommen befriedigenden Befinden deS Papstes unbegründet sind. Die Kräfte des Papstes, insbesondere die geistigen, nehmen reißend ab. Ueber den Zustand des Papstes muß, so weit es thunlich ist, seitens deS Hauspersonals deS VaticanS das strengste Schweigen gewahrt werden. AuS Turin, 19. Sept., wird gemeldet: Zur Feier der Er öffnung des Mont-CeniS-Tunnels hatte der Gemeinderath von Turin ein Bankett veranstaltet, zu dem etwa tausend Einladungen ergangen waren.' Unter den Eingeladenen befanden sich die französischen Minister de Remusat und Lefranc, die italienischen Minister Visconti- Venosta Sella, Castagrola, Devincenzi, sowie die Vertreter Oester reichs, Deutschlands und der Schweiz. Der Maire von Turin sprach zunächst den fremden Gästen seinen Dank für ihr Erscheinen aus und brachte alsdann den ersten Toast auf den König aus. Nach demselben ergriff der Minister de Remusat daS Wort, der selbe gab den Gefühlen der Freundschaft Ausdruck, welche Frankreich für Italien empfinde, gedachte der gemeinsamen Abstammung, welche beide Nationen vereinige und bezeichnete den großen Verkehrsweg, welcher nunmehr zwischen den beiden Ländern eröffnet, als den Weg zum Frieden und zur Wohlfahrt. Der Minister schloß seine Rede, indem er im Namen Frankreichs ein Hoch auf die Unab hängigkeit und Freiheit der Nationen ausbrachte. ViSconti-Venosta antwortete mit einem Toast auf die französische Republik und ihre Minister. Im Namen der Deputirtenkammer und deS Senats sprachen sodann noch Biancheri und Vigliani, welche der Stadt Turin ihren Dank für die gastfreundliche Aufnahme abstatteten. Bukarest, 19. Sept In der Angelegenheit betreffend die Aufhebung der Strousberg'schen Concession ist der SectionSpräsident CretzeSco durch ein fürstliches Decret zum Schiedsrichter von Amts wegen für das Consortium Strousberg ernannt worden. Schieds richter für die Regierung ist Bernesco. Canstantinopel, 12. Sept. In der Hauptstadt und in den am Bosporus belegenen Dörfern sind mehrere Fälle der asiatischen Cholera constatirt worden. Sachsen. 8 Brand, 20. September. Bon unserem städtischen Verein wurde Herrn Kaufmann Johnel in Freiberg die Candidatur als Landtagsabgeordneter für den 5. Wahlbezirk angeboten. Herr Joh nel hat dieselbe jür diesen Bezirk jedoch auS dem Grunde ablehnen