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Ihre Heilmittel sind die ersten Vorläufer unsrer Apotheken gewesen. Altchristllcher Bekehrungseifer hat manche dieser Heil quellen verschüttet, weil sie heidnischem Boden entsprangen. Und was allzufest mit germanischem Kult verbunden er schien, das wurde zum „Aberglauben' gestempelt. An deres hat die christliche Kirche umgebogen. Das Lab kraut war der Freia, der Göttin der Fruchtbarkeit, heilig. Ein Bündel davon schwangeren Frauen ins Bett gelegt, erleichterte die Entbindung. Nach Einzug des Christen tums trat Maria die Erbschaft der Freia an: Das Lab kraut wurde zum.Bettstroh unsrer lieben Frauen.' Der Mönch, der sozusagen der mittelalterliche .Arzt' war, übernahm die germanischen Heilpflanzen und brachte neue aus südlichen Gegenden noch dazu. Und so wurde der Klostergarten Ausgangspunkt der Arzneipflanzen für die Umgebung. Vom Klostergarten übernahm der Bauer feinen .Wurzgarten', der sich in Zähigkeit bis in unsre Tage bewahrt hat. So gibt uns jedes Eckchen, jeder Winkel dieser großen Gartenschau neue Anregungen und Belehrung aus dem weiten Gebiete der Pflanzenwelt, dis hier in allen Varia tionen vertreten ist. 2. politische Zusammenstöße. Blutige Kämpfe in Halle. — Ueber -0 Verletzte. Am Vorabend der Volksabstimmung über die Für- ftenenteignung kam es in verschiedenen Städten zu schweren Zusammenstößen zwischen Freunden und Gegnern des Volksentscheids. Am schlimmsten ging es inHalle her. Dort veranstaltete der „Stahlhelm" auf Lastautos eine Propagandafahrt durch die Stadt. Als die Autos in das Stadtviertel Glaucha kamen, be gegnete ihnen ein geschlossener kommunistischer Zug, der die letzten Autos abdrängte und die Insassen mit Ziegelsteinen bewarf und mit Latten, in die Nägel ein geschlagen waren, auf sie einschlug. Die Stahlhslm- leute, die nicht bewaffnet waren, mußten sich daraus beschränken, die auf sie geschleuderten Steine zurückzu werfen. Das herbeigerufene Ueberfallkommando brachte die Kämpfenden auseinander. Ueber 20 Per sonen wurden verletzt, darunter drei schwer. In Stettin wurden die Teilnehmer eines Fak- kelzuges, den die Gegner des Volksentscheids veran stalteten, von den Kommunisten vielfach mit Steinen beworfen. Cs kam an mehreren Stellen der Stadt zu Zusammenstößen und Schlägereien, so daß die Polizei Wit Gummiknüppeln gegen die Ruhestörer vorgehen mußte. Auch hier gab es zahlreiche Verletzte. Auch in B r e s l a u ist es zu einem Zusammenstoß gekommen, bei dem ein Mitglied des Stahlhelms, ein Breslauer Arbeiter, durch einen Streifschuß am Hals und einen Unterleibsschuß verletzt wurde. Der Täter konnte von der Polizei verhaftet werden. Der LessiliglonM. Tie Studentenschaft hält den Vergleich für unzureichend. Hannover, 21. Juni. Die Studentenschaft der tech nischen Hochschule begrüßt in einer Erklärung den Ver such der sechs Hochschullehrer, in dem bestehenden Kon flikt eine Lösung yerbeizuführen. Andererseits stehe sie aber aus dem Standpunkt, daß die Ausführungen des Kultusministeriums dem berechtigten Streben deutscher Studenten nach Reinheit und Wahrhaftigkeit an deuschen Hochschulen nicht gerecht werden. Die Studentenschaft sehe sich daher nicht in der Lage, die in dem Erlaß des Kultusministers vorge sehene Lösung als endgültig anzusehen. Die Studentenschaft stellt weiter mit Genugtuung fest, daß auch von feiten des Kultusministeriums die Eignungdes Herrn Professor Lessing als Hochschul lehrer tatsächlich verneint wird. Diese Tatsache geht daraus hervor, daß ihm an Stelle seines bishe rigen Lehrauftrages ein dauernder Forschungsauftrag erteilt wird. Tie Stndeutcnjchaft hält aber trotzdem lediglich eine Einstellung ver Vorlesungstätigkeit nicht für ausreichend. RoWen «nd oer SegeWg. Der Segelflugrekordmann Schulz. Wer kannte noch vor wenigen Jahrzehnten die Kurische Nehrung mit ihren langgestreckten Wander dünen, die den Besucher anmuten wie eine Wüsten landschaft, wer kannte in Deutschland, geschweige denn tm Ausland, das stille Fischerdorf Rosfitten? Eine Station zur Beobachtung des Vogelfluges, die Vogel warte Rossitten, die kürzlich auf ein 25jähriges Be stehen zurückblicken konnte, und das Fliegerlager in Rossitten, in dem nun seit Jahren, vor allen Dingen Sie Jugend der Ostmark unermüdlich den motorlosen Segelflug erprobt, haben den Namen der Kurischen Nehrung und von Rossitten in alle Welt getragen. Ein Name ist mit dem deutschen Segelflug und Rossitten unlösbar verknüpft, es ist der Name des ostpreußischen Lehrers Ferdinand Schulz, der vor eini gen Tagen einen neuen Weltrekord im Segelflug auf gestellt hat. Was der stille Ostpreuße auf dem Gebiete ses Segelfluges geleistet hat, gibt am treffendsten die nachstehende kurze Schilderung wieder, die wir der „K. A. Z." entnehmen: Fervinavd Schulz. . Ferdinand Schulz ist ein Meister aus dem Gebiet Ses Segelfliegens, ein Meister aber auch auf dem Gebiet ses Nekordbrechens. Nicht weniger als drei oder gar — wenn die Auswertung der Meßergebnisse die Mut maßung bestätigt, daß er mit seinem neuen Meister slug die bisherige Höchstleistung im Pendelstreckenflug überboten hat — vier Welthöchstleistüngen zeigt seine scgelfliegerische Laufbahn, die er als ehemaliger Kriegsflieger, an die Versuche Lilienthals anschließend, mit einfachen Hängegleitern begann. Außer seinem Fünf-Minutenflug von Rossitten bis Pillkoppen an läßlich des ersten Deutschen Küsten-Segelfluges 192Z konnte er bis zum Jahre 1924 keine größeren Erfolge 29) .Dann sind Sie wohl schon lange verlobt?" fragte sie da Gesina gab Antwort. ,.Ach, gnädige Frau, ich kenne Corne- ? üs van Cooper nur durch Briefe, er hat früher immer meiner Sie bewunderte das schmale vornehme Gesicht Gesinas mw bas leicht und gefällig geordnete Flammenhaar unter dem kleid samen Schlapphütchen. Die Aehnlichkeit mit der Witwe Claudie wird immer deutlicher, fand sie, und dachte, wie matt und ver blaßt Adele Sternhof neben Gesina van Ingen wirken mußte Sie strich sich über die Stirn. Wie kam sie nur darauf? Adele war ein reizendes Bräutchen, Hans war glücklich, was wollte sie «och mehr. „Mir geht es gut, gnädige Frau/' erwiderte Gesina, „ich hoffe, es geht auch Ihnen gut." - Frau Elmhorst beiahte. „Ich schließe mich Ihnen an. Frau Lange kann man ohne Liebe fein, ein ganzes Menschen leben kann man ohne Liebe sein, man wird grau und verbittert davon und das Herz schrumpft zusammen, bis dann eine Minute kommt, — spät, sehr spät, beinahe am Ende Ein schluchzender Laut machte Gesina aufmerksam, ließ sie «usipringen. „Tante, liebe, liebe Tante " Zwei schmale Hände stri chen über Maria van Ingens Wangen und die Berührung tat Warum sie mehr antwortete, als sie eigentlich gefragt war sie wußte es nicht, ihr war es, sie muffe irgend etwas gegen Hans Eimhorsts Verlobung ausspielen, und da kam ihr der Reichtum Cornelis van Cooper zustatten. Erna Clmhvrst sagte ernst: „Nur um des Geldes willen soll man nickt heiraten." „Nein!" erwiderte Gesina, „aber Cornelis van Cooper liebt mir und ec gefällt mir sehr angenehm aus sein Bild, das er aelchick bat." lein van Ingen, das heißt, wenn es Ihnen reckt üt. Ich sehe ^'ie jetzt immer nur so flüchtig und dabei haben Sie sich seit einiger Zeit äußerlich sehr vorteilhaft verändert, es muß irgend eine große Wandlung in Ihrem Leben eingetretcn sein." Gesina nickte. „Ja, eine große Wandlung, ich werbe bald heiraten." „O, auch Sie?" kam es erstaunt über di-. Lippen der Dame. „Darf ich fragen, wo Ihr zukünftiger Gatte lebt?" Es war m'chr müßige Neugier, die sie diese Frage tun ließ, sondern warme Anteilnahme an dem Geschick dieses jungen, äußerlich so eigenartig schönen Mädchens. „Cornelis van Cooper ist ein weiter Verwandter zu mir und er wvhnt auf Java, er kann nicht kommen mir boten, ich .-eise deshalb nach Holland und werde dort vertraut mit einem anderen Manne, der ist der Vertreter von Cornelis van Cooper, Das ist dann eine Handschuhheirat," erklärte Gesina. Erna Elmhorst nickte. Von den sogenannten Handschuh- Heiraten hatte sie schon gehört. Sie entsann sich auch, darüber gelesen zu haben sonst wäre sie vielleicht aus Gesinas Erklärung nicht recht klug geworden. So aber begriff sie sofort und muhte lächeln, weil Gesina sagte, sie reise nach Holland und werde dort mit einem anderen Manne „vertraut" anstatt „getraut". Gesina van Ingen. Originalroman von Anny v. Panhuys. «Nachdruck verboten.) (Abdrucksrrcht durch Karl Köhler L Co., Berlin W. 15.) gut, unendlich gut. ' Gesina war verblüfft. Tante Maria weinte! Daß es das überhaupt gab. Doch gleich darauf fuhr sich Altjüngferchen saft heftig mit tem Taschentuch über die Augen. „Wenn ich Schnupfen kriege, tränen mir zuerst immer die Augen. Geh', Gesina, iß deinen Nachtisch " Gesina begab sich auf ihren Platz zurück, die weiche Stim mung war verflogen, aber Gesina wußte von Stund an, Tam- Maria war nicht fo hart, wie s„ - von Verschrobenheit und Verbitterung pochte .... einsames Herz. — t „Du mußt viel spazieren gehen, damit du Herrn van Cooper t ba bu sonst nichts besitzest, wenigstens Gesundheit mitbringst, riet Maria van Ingen, und Gesina unternahm tagtäglich wen., Mutter geschrieben und nun liebt er mir, weil ick auslehe wie sie nicht mit der Tante nach Berlin fuhr, einen Spaüergani Z meine Mutter. Er will gut zu mir sein und er kreut sich über Meist in der Richtung nach dem Walde zu, und einmal traf sic l meine Haar." , , dabei Frau Elmhorst, die still ihres Weges vor ibr bergehend, Z Das letzte sagte sie stolz. So, nun moeyte Frau Elmhorst sich zufällig umsah. , hrem Sohn das erzählen, nun mochte sie ihm sagen, baß An- „Ah, Fräulein van Ingen, wie geht es Ihnen?" '.ere ihre Haarfarbe schön fanden. . , , / „Cornelis van Cooper bat eine große Mantage und :st sehr k s->ich " setzte sie noch rasch hinzu. sie geglaubt, unter einem Wust c ihr das Ganze doch etwas rätselbaft erschien, weil Gesina jetzt erung pochte ein Herz, ein altes j mmer so vornehm und teuer gekleidet war, während man sie k früher immer in einfachen, billigen Anzügen erblickte. erringen, aber er wurde in dieser Zett vocy ctnem weiteren Kreise segelfluginteressierter Männer durch seinen Wagemut und seine konstruktive Fähigkeit be kannt, als er seine erfolgreiche und doch so primitive „F. S. 3" erbaute und flog. Dieser Apparat war es, ver khm zu seinem ersten Weltrekord von acht Stun den und 42 Minuten verhalf, den er wahrend des zwei ten Rvssittener Segelflugwettbewerbs 1924 aufstellte. Dann kam für Schulz eine längere Pause in sei nen Segelflugleistungen, in der er viel vom Pech ver folgt wurde und fast niemals eine vollkommene start fertige Maschine zur Stelle hatte. In dieser Zwischen zeit wurde auch seine Leistung durch einen Franzosen überboten, der länger als zehn Stunden flog. Erft während des Allrussischen Segelflug-Wettbewerbs in ver Krim bei Feodasia im September-Oktober 1925 vermochte Schulz seinen Weltmeistertitel für einsitzige Segelflugzeuge zurückzuerobern, indem er bei böigem Winde von 14 Sekundenmetern mehr als 12 Stunden bis 400 Meter über die Starthöhe segelte. Martens hatte ihm hierzu seinen „Moritz" zur Verfügung ge stellt, mit dem er unverbraucht bei völliger Dunkelheit landete, weil der Wind schlagartig aussetzte. Zwei Stunden war er bereits zeitweise singend und pfeifend in völliger Dunkelheit gesegelt — nichts Neues für ihn, als den Inhaber einer Würde, die eines originellen An striches nicht entbehrt. Als Rekordinhaber im Nachtsegelflug hatte er sich während des dritten Deutschen Küsten-SegelflugeS 1925 erwiesen, indem er unter Starten und Landen bet völliger Dunkelheit 27 Minuten und 16 Sekunden über den Dünen schwebte. Als er zu seinem Angriff auf den Doppelsitzer- Weltrekord schritt, war er demnach bereits zweifacher Segelflug-Rckordinhaber. Dazu kommen nun die neuen Rekorde. — Man übertreibt nicht, wenn man von Schulz als dem Meister in der schwierigen Kunst des Segelfliegens spricht, der sicher auch etwaige Ueber. bietungen seiner Leistungen genau so wie bisher durch weitere Steigerung seiner persönlichen Leistungen wie- verum übertreffen würde — dank seiner echt ostpreu- ßischen Zähigkeit und Beharrlichkeit. Sammbrüche. Große Wasserschäden in den Provinzen Sachsen undSchlesien. Im Kreise Liebenwerda hat das Hochwasser der Elster, Pulsnitz und Röder, einem Nebenflüßchen der Schwarzen Elster, großen Schaden angerichtet. Bei Würdcnhain ist der Damm der Röder in einer Breite von 20 Metern gebrochen. Die Wassermassen sind mil Gewalt in die Dorfflur cingebrochen und haben das Land kilometerweit überslntet. Wiirdenhain 'st ge- ränmt. Schutzpolizei aus Dorgan, die Reichswehr aus Dresden, sowie freiwillige Organisationen «nd di« Feuerwehren der gesamten Umgebung bersnchen, di« Bruchstelle zu verstopfen. Bei dem Dorfe Strega bei Gub«m ist der Tamm der Neiße in einer Läng« von 40 Metern gebrochen. Tie fruchtbaren Fluren find verwüstet. Bo» den Rog genfeldern sind stellenweise nur noch die Nehren zu seheu. Tas Dorf Pohsen ist ganz von Wasser umgeben. Durch die Gehöfte des südlichen Dorfteiles fließt gur gelnd die Neiße, auf der Dorfstraße sind Riesenlöcher gewühlt, Scheunen find niedergerissen, Hä<«er werden unterspült, so daß sie cinzustürzen drohen. Die Pi oniere ans Kiistrin sind zur Hilfeleistung ansgeriicki und arbeiten mit den Bewohnern der Ortschaften krampfhaft an der Eindämmung der Dnrchbruchstelle. Sie trug es immer bei sich und zvg es nun aus der Tasche Erna Elmhorst betrachtete es. Ein vornebm und rassst aussehender Mensch, stellte sie fest. Gesina würde kaum unglück lich mit ihm werden und ihn wahrscheinlich lieben lernen. Sie sagte: „Mein Sohn hat sich auch verlobt, mit Adel« Sternhof, die beiden werden bald heiraten." Gesina wußte nichts darauf zu antworten. ,Sie kennen Fräulein Adele," fuhr die Dame fott, „Sie waren ja kurze Zeit dort im Hause. Wie ist sie eigentlich, sxhi zart und lieb, nicht wahr, sicher haben Sie damals schnell Freundschaft mit ihr geschlossen?" Gesina erwiderte ausweichend: „Ich war nicht lange bei Frau Sternboi. Ih.e Begleiterin verstand. Gesina van Ingen mochte nicht die Wahrheit sagen, aber auch eine Höflichkcitslüge widerstrebte ihr. Dieses Mädchen war so durchaus wahr, daß sie es nicht über sich brachte, irgend ein paar matte zustimmende Worte hin» zuwerfen. Adele machte es sich leichter, trotzdem sie erst ein paar Ma' mit ihr zusammen gewesen hatte sie bereits bemerkt, baß sie cs mit der Wahrheit nicht so genau nahm. Hatte es sich auch nur um Kleinigkeiten gehandelt, so tat es ibr doch weh, well Hans ihr immer von Ade.es Reinheit und Kindlichkeit vor schwärmte. Cs wäre traurig, wenn er einmal entdecken mußte, Adeles kleiner rosiger Mund konnte auch lügen. — Beim Abendbrot erzählte Erna Elmhorst Ihrem Mann und Hans von der Begegnung mit Gesina, und von dem, was sie von ihr gehört. Hans schüttelte den Kopf. „Das klingt alles so abenteuer lich. Eine ^andschuhbeirat, Nesse nach Indien, reicher Pian- tagenbesitzer." „Dieser Herr van Cooper drüben auf Java kann sich freuen, er bekommt eine der schönsten Frauen, die es gibt," sagte seine Mutter. „Oho. das ist Geschmacksache" widersprach Hans. ..ich zum Beispiel finde Adele viel schöner." „Das ist auch deine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit.'" brummte sein Vater, dem Adele gar nicht qefiel, „aber das Eine weiß ich, wenn sich die junge Holländerin sorglos entfalten kann, entwickelt sie sich bald zu eiiier vollendeten Sckönbeit." „Meinetwegen," brummte Hans halblaut und dann be- richtete er. daß er am 1. Januar als Assistent bei Geheimrat Wolter eintreten könne. - . » „Das ist ja ausgezeichnet." freute sich Hermann Elmhorst, , ein paar Jahre Praxis dort werden dir Routine geben." (Fortsetzung folgt.)