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Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda ü. Brand. .N 73. Erscheint jeden Wochentag früh 9 U.! Inserate werden bi« Nachm. 3 Uhr; für die nächste Nr. angenommen. § Freitag, den 29. März Pret« Vierteljahr!. LV Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 5 Pf. berechnet. 1867. Die süddeutsche Allianz. Graf Bismarck hat neuerdings seinen Freunden, wie seinen Gegnern eine ganz besondere Ueberraschung bereitet. Als ihm die Klagen der Reichstags-Opposition wegen des Ausschlusses Süd deutschlands und wegen der Haltestelle am Main unbequem wurden, als ihm zugleich die Franzosen mit der Debatte über die Thiers'- sche Interpellation ihre nationale Blöße der Eitelkeit zeigten, holte er die seit sieben Monaten fix und fertige Allianz mit den Süd staaten aus der Tasche und machte damit hüben seine Verehrer entzückt, drüben seine Rivalen verblüfft. Der Streich war ent schieden meisterhaft abgepaßt; nicht nur, daß der Abschluß dieser Traktate, durch welche die süddeutschen Staaten für Kriegsfälle un bedingt ihre Armeen dem König von Preußen unterstellen, äußerst wichtig ist, sondern auch die Art und Weise, wie diese Allianz des Nordens mit dem Süden seit dem August v. I. verheimlicht, und wie sie jetzt laconisch publicirt wurde, hat etwas Imposantes. Man kann daraus erkennen, wie gefährlich der Graf Bismarck als Gegner ist, wie weit er sich seine Ziele gesteckt hat, wie bestimmt und energievoll er auf dieselben losgeht und keinen Moment ver paßt, vorzudringen. Mag man nun über die Vertragstreue der Südstaaten, welchen diese Tractate gewissermaßen als Friedensbe dingung abgenöthigt wurden, denken, wie man will, Preußen wird sich schon sichern, was ihm die Verträge garantirt haben. Und so ist denn die militärische Einheit von ganz Deutschland so gut wie fertig, zum Schrecken Frankreichs, welches daö Bierzig-Millionen- Reich binnen Jahr und Tag an seinen Grenzen erstanden sieht; zum Aerger Oesterreichs, welches auf die Südstaaten noch immer seine geheimen Pläne baute; zum Triumph der Großpreußen und aller für die Einheit ä tont prix Schwärmenden, die alles Uebrige für Kleinigkeiten anzusehen gewilligt sind. In der That, Preußens Oberherrschaft ist durch die Zusicherung des Oberbefehls im Kriege über alle deutschen Heere gesichert, und ehe man noch diesen Ge danken ausdenken wird, ist wahrscheinlich auch ganz Deutschland zu einem Bundesstaate unter Preußens Leitung geeinigt. In Süd deutschland, wo wohl jetzt kaum noch von einem besonderen Bunde die Rede sein dürfte, muß man diesen Anschluß an Norddeutsch land allerdings bei der gefährlichen Lage der europäischen Verhält nisse für das Beste halten. Und wer wird und mag diese zunächst in militärischer Weise hingestellte Einheit Deutschlands hindern? Oesterreich? Es wird sich hüten I Frankreich? Nun Graf Bismarck wird wohl wissen, daß es doch noch einmal zum Kriege mit Frank reich kommen muß und je früher, desto besser. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so wird dieser Fall bereits sehr ernst ins Auge gefaßt und vielleicht, daß die Luxemburger Frage schon den Krieg enthält. — So wird's also mit der Einigung Deutschlands schneller gehen, als selbst die Freunde der Bismarck'schen Politik hofften und eines schönen Tages kann ein neuer Bundestag und ein deutsches Par lament da sein. Aber freilich, gewännen wir dabei noch die Schätze Indiens, an diesem Riesenwerk des preußischen Staatsmannes wird die Nation trotz ihrer politischen Apathie und weil ihr Jnstinct nicht schlummert, jene warme Freude nicht empfinden, die aus dem beruhigenden Gefühl der Sicherheit und der Hoffnungen erblüht. Die neue deutsche Einheit hat nichts mit dem Ideal der deutschen Nation gemein — im Gegentheil, da sie für die Freiheit keinen Platz und kein Interesse haben wird, zerstört sie dies Ideal, und wie wir fürchten, auf lange Zeit hinaus. Ein Militärstaat riesiger Art, der Millionen kostet, wird geschaffen: ein solcher Militärstaat kann nur eäsarischer Natur sein, in ihm kann nur Alles für Stär- kung dieses Cäsarismus hinarbeiten, oder er zerfällt. Deutschland wird Macht haben, mehr vielleicht als je; aber es ist dies nur die Macht der Bajonette, die uns fortwährend kriegsfertig erhält und welche ein unglücklicher Krieg in Atome zerschmettert — ohne Ret tung für das Volk, welches so auf den Gipfel gehoben würde, um dann jählings wieder in ein Nichts zurückzusinken. Und wenn die» Unglück auch fern bliebe — die deutsche Einheit ist doch nur die kalte, schneidende Einheit des Bajonetts und mit ihr wird die deutsche Nation auf den idee- und seelenlosen Materialismus ver wiesen, auf den Verzicht ihrer volkSthümlichen Bestrebungen. Da rum weckt diese Einheit nirgends freudige Begeisterung. Tagksyeschichte. Berlin. Die von dem Kriegsminister v. Roon dem Reichs tage übersandten Erläuterungen einiger die Wehrverfaffung deS norddeutschen Bundes betreffenden Artikel lauten wörtlich: Zu den Artikeln 50 und 53 bis 58 des Entwurfs der Verfassung des norddeutschen Bundes wird hierdurch bezüglich der beabsichtigten Einrichtungen des Bundesheeres Folgendes bemerkt: 1) Nach der letzten Volkszählung und nach den über die Vermeh rung der Bevölkerung gemachten Erfahrungen wird die Bevölkerung der Staaten des nordeutschen Bundes zu 30 Millionen zu veranschlagen sein. Die nach Artikel 56 zu 1 Procent der Bevölkerung festgesetzte Friedenspräsenzstärke des Bundesheeres stellt sich somit, excl. 13,000 Offiziere, aus circa 300,000 Mann incl. circa 29,000 Unteroffiziere. 2) Nach dieser Gesammtstärke wird, abgesehen von einigen be« sondern Formationen (wie beispielsweise die Unteroffiziersschulen, Feuer- werksabtheilung, die Landwehrstämme, die Invaliden rc.), unter An wendung der Formationsgrundsätze für die preußische Armee und bei vollständiger Durchführung der dadurch motivirten Absichten, das Bundes heer bestehen aus 13 Armeecorps, einschließlich des preußischen Garde corps. — Jedes Armeecorps umfaßt in der Friedenssormation 1 Ge- neralcommando, 2 Divifionscommandos, 4 JnfanteriebrigadecommandoS, 2 Cavalleriebrigadecommandos, 1 Artilleriebrigadecommando; 9 Jnfan« terieregimenter ä 3 Bataillone, jedes Regiment mit 57 Offizieren, 1633 Mann, 1 Jägcrbataillon mit 22 Offizieren, 534 Mann, 6 Ka vallerieregimenter ä 5 Schwadronen mit je 28 Offizieren, 712 Mann, unter Anrechnung der 2 beim Gardecorps mehr vorhandenen Regimenter, 1 Feldartillerieregiment, Regimentsstab 10 Offiziere 53 Mann, 3 Fuß- abtheilungSstäbe mit je 4 Offizieren 1 Mann, Stab einer reitenden Abtheilung 2 Offiziere 1 Mann, 12 Fußbatterien « 4 Offiziere 110 Mann, 4 reitende Batterien » 4 Offiziere 91 Mann, 1 Festungsartilleriere« giment, Regimentsstab mit 7 Offizieren 71 Mann, 2 AbtheilungSstäbe L 3 Offiziere 1 Mann, 8 FestungScompagnien ä 4 Offiziere 100 Mann, 1 Pionnierbataillon mit 18 Offizieren 503 Mann, 1 Trainbataillon mit 12 Offizieren 227 Mann. — Anmerkung. ». Beim Gardecorp» bestehen noch: 1 Cavalleriedivifionscommando, 1 Cavalleriebrigadecom« mando, 1 Gardeschützenbataillon zu 22 Offizieren 534 Mann, 5 Gardt« insanteriercgimenter haben den höher» Etat zu 69 Offizieren 2107 Mann, 2 Kavallerieregimenter mehr, mit je 28 Offizieren 712 Mann, welche bei andern preußischen Armeecorps in Anrechnung kommen. — K. Da» Königreich Sachsen bildet für sich ein Armeekorps, da-12. Bei diesem