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IMMMW -7^ MWM - ' - — -— - reikerger A^eiger und Tageblatt. Amtsblatt des «gl. Bezirksgericht« zu Freiberg, sowie der «gl. GerichtSämter u. der Skadkäthe zu Freiberg, Sayda u. Brand.' für dt. n-chsteM.-ngenommm. Raum mit s Pf. tenchnet. 4- Die Thronrede Napoleons Hl. Die Spannung, mit welcher man sonst den Reden Napoleons III. entgegen sah, hat längst aufgehSrt. Der Kaiser der Franzosen hat sich und Frankreich zur Ruhe gesetzt; da» Alter naht heran und mit ihm die Sehnsucht, aller Aufregung in Zukunft enthoben zu sein. Aber ein so trockene» Register seiner Politik, wie die dies malige Thronrede enthält, war man bisher von ihm nicht gewöhnt. »Nichts in der Aufzählung dieser ziemlich unbedeutenden Dinge, al« die Ermüdung eines Herrschers, der sich beflissen zeigt, seine Werke selbst zu loben und die Franzosen sammt der übrigen Welt endlich zu überzeugen, daß Alles in Frankreich.vortrefflich stehe, daß e» sich daher keine bessere Regierung wünschen könne. All' diese Redens arten über die auswärtige, wie innere Politik können wir mit Still schweigen übergehen; aber am Schluß giebt e« noch eine Stelle, welche von allgemeinerer Wichtigkeit ist und die einen interessanten Reflex mehr auf die innerste Gedankenwelt de» Kaiser« wirft. Der moderne Cäsar knüpft an seine nüchterne Darlegung der Lage Frankreich« eine Art politischer Moralpredigt und pädagogi scher Weisheit, die äußerst komisch wirkt, wenn sie nicht Hohn ist. Er erklärt sich mit großer Selbstgefälligkeit gegen das konstitutio nelle »der parlamentarische Regiment, wa« uns von einem Manne, der sich als Vertreter de» CäsariSmuS, d. h. der reinen Despotie, gezeigt hat, gar nicht auffällig ist. Jeder hält seine Fayon zu re gieren für die beste und jede« Volk, setzt Napoleon III. hinzu, muß solche Einrichtungen haben, wie sie ihm passen. Und so richtig die« ist, so sonderbar klingt da« au« dem Munde eine» Mannes, der sich die Kaiserwürde durch einen Staatsstreich sicherte und der doch kaum in dem holden Glauben leben kann, daß dieser Staatsstreich dem französischen Volke gefallen und daß die Mehrheit der franzö sischen Nation jemal« mit seiner cäsarischen Wirthschaft einverstan den gewesen sei und sie al» die für Frankreich beste Einrichtung anerkannt habe. Aber wenn er sich die» auch selbst aus dem Ho- cuspocu« der allgemeinen Bestimmungen eingebildet haben könnte, so ist e» doch ein wenig stark für das aufgeklärte Publikum, sich darauf etwa» zu Gute zu thun, daß die HMngnisse von politischen Gefangenen leer sind und keine Exilirttn mehr existiren, sondern daß Frankreich jetzt das glücklichste Land der Welt sei. Es ist Hohn, weil es der Wahrheit widerspricht, und noch mehr, weil Napoleon Itl. aus ganz Frankreich ein Gefängniß der freien Mei nung gemacht hat, einen Kirchhof, wo Alles stumm ist und die' Bahonette die Gräber bewachen. Am Ende könnte der Statthalter do« Polen jetzt dasselbe sagen. Rach dieser Gelbstanpreisung seiner Regierung kommt nun al« Hauptsache die Moral, und diese lautet äußerst pfiffig, nämlich so : Liebe Franzosen, ihr habt euch nun seit 80 Jahren sattsam . über RegierungStheorien gequält — laßt's nun genug sein. Da« Problem ist gefunden, unter dem CäsariSmuS seid ihr still und ver nünftig, denkt jetzt an eure Kochtöpfe und Geldbeutel — darüber Wird sich Cäsar freuen. Und wenn in euch auch noch der alt« französische Geist spukt, so müßt ihr ihn beherrschen — mit den «Wern Generationen wird dies nicht mehr der Fall sein, dafür wird die Regierung des Kaiser« sorgen, wenn sie eben noch ein Paar Generationen dauern sollte. Denn die Erziehung ist die Hauptsache — werden die Kinder unter dem Kaiserreich geboren, vom Kaiserreich erzogen, müssen sie dann nicht bonapartistisch wer den, wie unter dem Königthum royalistisch? Cäsar ist die Vor sehung, bedenkt da« und befolgt treulich, wa« er euch sagtl Ja, das ist freilich'richtig, so muß e» der CäsariSmuS machen, wenn er heute noch auf einen Bestand rechnen will, und gewiß ist, daß die Generationen, welche die napoleonische Regierung erzieht, für die Freiheit theilweise verloren sind und jemehr verloren sein werden, al» die alte Generation ausstirbt. Die Schule — daß muß da« Erste sein, wessen die Macht sich versichert, deren poli tische Beeinflussung sie erstrebt. Aber auch da« ist gewiß, daß die cäsarisch erzogenen Generationen ein traurige« Geschlecht hervor bringen, und der moderne Cäsar sollte e« doch wissen, daß Rom unter dem CäsariSmuS nach kurzem Glanz in elende Despotie und schließlich ganz in Verfall gerieth, ohne sich je wieder erholen zü können. Tagesgeschichte. BB^n, 25. Jan. Im Abgeordnetenhause wird nuu nicht früher eine Sitzung stattfinden, als bis der Präsident von der Re gierung darüber benachrichtigt ist, daß Vorlagen eingebracht werden; es sei denn, daß die Commisstonsarbeiten eine Plenardebatte er heischen. Heute herrschte in Abgeordnetenkreisen sehr große Bewe gung, man trug sich mit allerlei Gerüchten über die heute abge haltene Conseilsitzung und meinte, daß Mrabow's Rede, resp. Vir- chöw's Antrag in Betreff LauenburgS Anlaß zur Schließung resp. Auflösung des Hauses geMen Härten, daß ein Wahlgesetz octroyirt werden soll rc. Alle diese Gerüchte erwiesen sich als grundlos, al» man von gut unterrichteten Personen erfuhr, daß jene Conseilsitzung schon für den 18. d. M. anberaumt gewesen, wegen de« OrdenS- festes ausgefallen und lediglich Angelegenheiten bezüglich der Voll ziehung von TodeSurtheilen gewidmet war. UebrigenS gehen die CoiOmssionsarbeiten lebhaft vorwärts; heute erledigte die Budget commission die Etats der dritten Gruppe in der Gestütsverwaltung in circa 1'/, Stunden. Alle Positionen wurden angenommen und beschlossen, an den Hauptstellen die Resolutionen des Hauses vo« vorigen Jahre den Ansätzen gegenüber zu stellen. Es werden die Berichte gedruckt, aber nicht eher vertheilt und. in das HauS ge bracht, als bis der Vorbericht, mit dem Virchow betraut worden, beendet ist. Dies wird in circa drei Wochen der Fall sein. Gleich nach der Berathung sollen die Specialetats in Plenum berathen werden. Morgen Abend findet wieder Budgetcommissionsiitzung statt, Vormittags beginnt die Commission über Virchow'S, Lauen burg betreffenden Antrag ihre Thätigkeit. Das Staatsministerin« und der Minister de« Auswärtigen sind zur Theilnähme eingeladen. — Wie in den Augen der „Kreuz-Zeitung" General Prim aussteht, da» erzieht nachstehende Schilderung, die sie au« Part» erhalten haben will: Ein Herr, welcher mit Prim viel zusammen war , al« derselbe sich vor einiger Zeit mehrere Monate hier auf hielt, erzählt von demselben, daß derselbe stet« fieberhaft aufgeregt, immer unzufrieden, ruhmgierig und, stet« da« „Bessere" sehend, ein unerträglicher Kritiker und Feind de« „Guten" gewesen. Prim war in Pari« ein Löwe der Wintersaison, man lorgnettirte,ihn bet allen ersten Vorstellungen, man lauschte auf seine Worte in den Salon«, man beneidete und bewunderte ihn, wenn er im Boi« de Bolougne die schönsten Rosse au-ritt, ebenso im Fechtsaal bei Hrister, Überall.