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Mr. 103/1913 PAPIER-ZEITUNG 3835 Briefkasten Der Frage muß IO-Pf.-Marke beiliegen. Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur, wenn Abdruck ohne Namen gestattet. Ansprüche des Handlungsgehilfen im Konkurs des Geschäftsherrn Zur Frage 12971 in Nr. 98. Die Frage „Wird mein Vertrag {welcher lautete „unkündbar für beide Teile auf 5 Jahre“) durch ■die Eröffnung des Konkurses aufgehoben?“ wird von Ihnen dahin beantwortet, daß der Konkursverwalter berechtigt ist, dem Reisenden zur nächsten gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Die Ant wort hätte lauten müssen, daß dem Reisenden zunächst gekündigt werden kann, jedoch der Anspruch eines bedingten Schadenersatzes an die Konkursmasse bleibt. Das heißt: erhält er während der Konkursdauer eine Stellung zu einem niedrigeren Gehalt, so ist er berechtigt, den Unterschied zwischen seinem früheren und jetzigen Gehalt von der Konkursmasse zu fordern. Ebenso liegt der Fall, wenn er ohne Verschulden ohne Stellung ist; in diesem Falle hat er den Ausfall, an Gehalt ebenfalls von der Konkursmasse zu be anspruchen, das heißt, in jedem der beiden Fälle eine Sicherstellung in Höhe der Konkurs-Quote. Ende November lag bei der IV. Kammer des Kaufmanns gerichts Berlin, bei der ich als Beisitzer wirke, ein ähnlicher Fall vor. Ein Angestellter hatte noch 2% Jahre Kontrakt mit 200 M. im Monat, konnte aber nur eine Stellung mit 180 M. im Monat finden. Das Kaufmannsgericht entschied dahin, daß der Kläger für die 30 Monate einen bedingten Schadenersatz-Anspruch für das ausfallende Mindergehalt von 20 M. im Monat auf die Quote des Konkurses hat, und der Konkursverwalter nahm diese Ent scheidung des Kaufmannsgerichts ohne Urteilsfällung an. Also würde der Angestellte, falls eine Quote von 50 v. H. herauskäme, -eine Sicherstellung von 300 M. zu verlangen berechtigt sein, die ■er aber nur in monatlichen Raten von 10 M. abheben dürfte. IV. M. Angabe der Schwere Zur Frage 12999 in Nr. 100. Es war bestellt „Schwere nach Muster“. Wenn nun die Fabrik ebenso bestätigt oder gar nicht bestätigt hätte, so könnte der Käufer wegen falscher Lieferung klagen. Da er aber die Bestätigung der Fabrik, die eine Gewichts angabe von 95/100 g/qm enthielt, widerspruchslos annahm, so ist das Geschäft auf Grund dieser Bestätigung abgeschlpssen worden. Der Kauf ist nicht auf Grund der Bestellung, sondern auf Grund ■der Bestätigung zustande gekommen und daher ist die Beurteilung ■der Frage, ob recht geliefert ist, nicht nach der Schwere des Musters, sondern nach dem, was im Schlußschein, der Bestätigung, steht, zu fällen. Es kommt dabei § 150 Abs. 2 und § 151 BGB in Frage, d. h. der Antrag des Käufers gilt als abgelehnt, verbunden mit einem neuen Anträge, der dann nach § 151 auch ohne Annahmeerklärung rechtsgültig wird. Wenn der Käufer nachträglich feststellen konnte, daß das Papier um 24 g/qm zu schwer ist, so konnte er auch vorher die Schwere ermitteln und in seine Bestellung schreiben .—- oder mindestens die Bestätigung nachprüfen. Wir bleiben bei unserer in Nr. 100 geäußerten Ansicht, •denn nicht jeder Papierverarbeiter kennt die Bedeutung des Quadratmetergewichts. Wenn die Fabrik Papier von anderer Schwere als der des Musters liefern wollte, so hätte sie dies in der Bestätigung zum Ausdruck bringen müssen. Sonst konnte der Käufer glauben, daß das von der Fabrik festgestellte Quadrat- metergewicht mit der Schwere des Papiers übereinstimmt, war also zur Nachprüfung nicht verpflichtet. Später, als das Papier ankam, merkte er, daß es zu schwer ausgefallen war, und dies veranlaßte ihn ert, die Schwere nachzupriifen. Auf Abruf nach Bedarf 13008. Frage: Im April und Mai bestellte bei uns eine ■Zigarettenfabrik einen größeren Posten sogen. Zigarettenscheiden in lithographischer Ausführung, die auf Abruf nach Bedarf geliefert werden sollten. Die Abnahme bis heute beträgt nur nur 8% v. H. der Gesamtauflage, aber unser Kunde ist der Ansicht, daß er nicht verpflichtet ist, die Ware rascher abzunehmen. Wir stehen auf dem ■Standpunkt, daß nur die handelsüblichen Abruffristen in diesem Falle gelten können, und daß die Ware in einem Zeitraum von etwa 1 bis 1 % Jahr abgenommen werden muß. Wie denken Sie darüber? Antwort: Viele Handelskammern haben begutachtet, daß lithographische Arbeiten und andere Papierwaren nach Handels brauch innerhalb eines Jahres von der Bestellung an abge- nommen werden müssen, wenn nicht anderes vereinbart ist. Daß es in vorliegendem Fall heißt „Auf Abruf nach Bedarf”, ändert an der Anwendbarkeit dieses Handelsbrauchs nichts, denn zwischen „Abruf” und „Abruf nach Bedarf” besteht kein wesentlicher Unterschied, beide Bedingungen bedeuten, daß der Käufer das Recht hat, innerhalb gewisser Zeit nach seinem Belieben abzurufen. Gerichtsstand 13009. Frage: Gegen einen unserer Kunden in Oesterreich sind wir gezwungen den Prozeß anzustrengen, er verweigert nämlich die Annahme der von ihm bestellten Waren. Unser hiesiger Rechts anwalt behauptet, der Prozeß müsse dort in Oesterreich ausgetragen werden, weil es zweifelhaft sei, ob das hier erwirkte Urteil von der österreichischen Gerichtsbehörde anerkannt und ausgeführt würde. Es wäre aber für uns viel günstiger, den Prozeß hier zu führen und hier dem Gericht unsere Beweismittel vorzulegen. Urteile öster reichischer Gerichte werden von der hiesigen Gerichtsbehörde ohne weiteres vollzogen. Antwort: Nach deutschem Recht und wahrscheinlich auch nach österreichischem muß der Schuldner an dem Gericht seines Wohnortes verklagt werden, falls, nichts anderes vereinbart ist. Nur wenn der Schuldner ein ausländisches Gericht als für sich maßgebend anerkannt hat, wird dessen Urteil in der Heimat des Schuldners durchgeführt, und auch dann nur, wenn zwischen beiden Ländern ein Vertrag auf gegenseitige Durchführung von Gerichtsbeschlüssen besteht, wie es zwischen Oesterreich und Deutschland der Fall ist. Aenderung der Verladungsweise 13010. Frage: Wir haben eine Sendung, welche für Bu. be stimmt war, in Ladungsgelegenheit nach Bi. beordert. Dies ist uns auch von der Fabrik ordnungsmäßig bestätigt. Unsere Fabrik hat aber ohne vorherige Anfrage, da sie angeblicherweise keine Ladungs gelegenheit nach Bi. gehabt, die Sendung als Stückgutfracht un mittelbar nach Bu. gesandt, ferner eine Sendung ,die wir in Ladung nach H. beordert und auch darüber Bestätigung empfangen haben, nach L. gehen lassen. Sind wir berechtigt, die Fabrik für die höhere Fracht zu belasten ? Antwort: Die Fabrik hätte, wenn sie in der vorgeschriebenen Verladungsweise nicht versenden konnte, die Zustimmung des Fragestellers zu einer anderen Versendungsart einholen müssen. Wenn sie dies nicht getan hat, so erscheint Fragesteller be rechtigt, die ihm dadurch entstandene Mehrfracht von der Fabrik zu fordern. Schadenersatz fürs Nichtreisen 13011. Frage: Die Firma X stellte mich seinerzeit als Reisender an mit dem Bemerken, daß sie bei der Kundschaft in drei benachbarten Städten und deren Umgebung bestens eingeführt sei und ich be sonders deh auswärtigen Kundenkreis erweitern solle, da hier noch sehr viel zu machen sei. Bei meinem Antritt wurde noch lange über Einteilung der auswärtigen Tour gesprochen. Trotz meiner wieder holten Aufforderungen wurde ich aber nie nach auswärts gesandt, der Geschäftsführer besuchte diese Kundschaft immer selbst. Nun verkauft man als Stadtreisender in einer Stadt mit 80 000 Ein wohnern bedeutend weniger als auf auswärtiger Tour, da die Stadt kundschaft mehr telephonisch bestellt, während die auswärtige Kundschaft oft die Aufträge zurückhält. In meiner vorhergehenden Stellung habe ich im Durchschnitt täglich in der Stadt für rund 75 M., auswärts dagegen für rund 175 M. verkauft. Bei 3 v. H. Provision macht mir dies täglich 3 M. aus. Vereinbart waren monatlich etwa 10 Tage für auswärtige Tour, was für mich einen Schaden von monatlich 30 M. ausmacht. Meine Stellung dauerte 9 Monate. Würde eine Schadenersatzklage auf 270 M. Aussicht auf Erfolg haben ? Ich hatte Vertrauensspesen. Hätte ich aus wärts 10 Tage im Monat reisen dürfen, so hätte ich in der Stadt 10 Mittag- und 10 Abendessen gespart, was monatlich 25 M. aus macht, wenn ich beide Essen im Tag mit 2 M. 50 Pf. rechne. In der Stadt wurden mir nur die Fahrten mit der Straßenbahn vergütet. 10 Tage für auswärtige Tour waren mündlich vereinbart. Kann ich die sich hierdurch für 9 Monate ergebende Summe von 225 M. ein klagen, und bin ich außerdem berechtigt, eine Entschädigung für Kleiderabnutzung zu verlangen, welche ja meistens bei Vertrauens spesen durch einen kleinen Aufschlag auf den wirklich verbrauchten Betrag angerechnet werden ? Auf welche Art kann ich Schadenersatzansprüche geltend machen, nachdem die Firma ihren kontraktlichen Verpflichtungen bezüglich auswärtiger Tour nicht nachgekommen ist? Antwort: Der Umstand, daß Fragesteller in einer früheren Stellung auswärts mehr verdient hat als in der Stadt, ist nicht .beweiskräftig dafür, daß Fragesteller auch in seiner neuen Stellung auswärts im selben Verhältnis mehr verdient hätte. Daher erscheint die Forderung von 175 M. dafür, daß er nicht aus wärts beschäftigt wurde, nicht berechtigt. Dagegen kann er dafür, daß er 10 Tage im Monat in der Stadt essen mußte, einen Schadenersatz fordern, denn wenn er, wie vereinbart war, monatlich 10 Tage lang gereist hätte, so hätte er seine Kosten fürs Essen aufrechnen dürfen; jedoch erscheint die Forderung von 2 M. 50 Pf. für das Essen im Wohnort etwas hoch. Wir kennen keinen Brauch, wonach eine Entschädigung für Kleider abnützung in die Vertrauensspesen eingerechnet werden dürfte. Schadenersatzansprüche aus dem Dienstverhältnis des Handlungs gehilfen können beim Kaufmannsgericht geltend gemacht werden.