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Inzwischen wird zwischen den beteiligten höchsten Aemtern heftiger Streit darüber geführt, was mit dem unglückseligen Para graphen geschehen soll; der Präsident soll dafür sein, daß das Gesetz neu gefaßt und der Paragraph gestrichen wird; der Führer der Mehrheit im Unterhaus, Mr. Underwood, sträubt sich aber heftig gegen diese. Lösung, weil sie ihn lächerlich machen würde. Es ist daher noch gar nicht abzusehen, wie die Sache ausgehen wird. Albert Hirsch Holzzellstoff Generaldirektor Dr. Arthur Klein in Budapest hielt im Oktober auf der 85. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte zu Wien einen Vortrag „Ueber Holzzellulose”, dem wir folgende bemerkenswerte Angaben entnehmen. Der Vortrag ist in Heft 93 der Zeitschrift für angewandte Chemie abgedruckt. Holzverbrauch. Für 1907 hat Krawany den Verbrauch an Holz in der Papierindustrie auf 29 Millionen Festmeter geschätzt, während ich für 1913 allein den Verbrauch für Holzzellstofferzeugung auf 20 Mill. Festmeter schätze, und Snellman ungefähr den Bedarf für Holzschliff auf 13 Mill, und für Karton und Pappen auf weitere 5 Mill, geschätzt hat. Die Papierindustrie verbraucht also in 1913 rund 38 Mill. Festmeter Holz im Werte von mindestens 600 Mill. K. Für die 6 Jahre 1907/13 ergibt sich eine 30 prozentige Steigerung und eine durchschnittlich jährliche Steigerung von etwa 5 v. H., während andere Großindustrien im mehrjährigen Durchschnitte nur 2—3 v. H. Erzeugungssteigerungen aufweisen. Menge und Wert der Zellstoff-Erzeugung. 1913 werden schon über 4 Mill, t Holzzellstoff erzeugt, die über 800 Mill. K. Wert an der Erzeugungsstätte haben. Von dieser Erzeugung werden etwa rund 90 v. H. nach dem Sulfitverfahren und der Rest nach den alkalischen Soda- und Sulfatverfahren erzeugt. Die Vereinigten Staaten stehen an erster Stelle unter den Erzeugungsländern mit 1 500 000 t, dann folgen Schweden mit 740 000, Deutschland 700 000, Norwegen 280 000, Oesterreich-Ungarn 260 000, Kanada 210 000, Finland und Rußland mit 180 000 und 130 000 t Erzeugung, während die übrigen Länder nur unbedeutende Mengen fabrizieren. Ausbeute. Von etwa 55 v. H. Zellstoff, die im Holze enthalten sind, gewinnt man ungefähr beim Sulfitverfahren 80—85 v. H., beim Sulfatverfahren 65—70 v. H., beim Sodaverfahren 60—65 v. H. Der Rest geht durch chemische Veränderung oder mechanisch ver loren. Zukünftige Versorgung mit Rohstoff. Die Angst, daß die Holz zellstoffabriken überhaupt Mangel an Rohstoff haben werden, scheint unbegründet. Jetzt werden sehr wenig Laubhölzer, zumeist nur Nadelhölzer, und auch von den etwa 340 Arten der Taxineen fast nur die Abietineen verwendet. In Europa verwendet man meist nur Fichte oder Rottanne (Pinus abies). Weiß- oder Edeltanne (Pinus picea), Kiefer (Pinus sylvestris), daneben aber auch seltener einige Buchenarten (Fagus), Pappeln (Populus alba und italica) u. a. In Amerika wird spruce (Picea nigra), hemlock (Tsuga Canadensis) white und gray pine (Pinus Canadensis) und weniger poplar und aspen (Populus grandidentata und tremuloides) neben anderen sehr wenig benutzten Holzarten verwendet. Unter Berücksichtigung dessen, daß in Deutschland bei 60 jährigem Turnus für Fichte und Tanne 5—6 Festmeter und für Kiefer 3—4% Festmeter pro Hektar jährlich zuwachsen, verbraucht man, auf solcher Grundlage berechnet, insgesamt für Zwecke der Papier industrie, nicht nur für Holzzellstoff allein, heuer den Jahresertrag von etwa 80 000 qkm Waldfläche. Europa.hat von etwa 9% Mill, qkm Landfläche etwa 25 v. H. mit Wald bedeckt. Wenn heute noch un benutzte Hölzer später auch verwendet werden, wird auf absehbare Zeit trotz der Konkurrenz, besonders der Baugewerbe das Holz doch wohl zu schaffen sein, und alles spitzt sich auf die Preisfrage zu. Eine Verschiebung der Zellstofferzeugung nach waldreicheren Ge genden ist wahrscheinlich, doch muß die Zu- und Abfuhrmöglichkeit nach und von den Fabriken dabei mitbestimmend wirken, weil für je 100 kg erzeugten Zellstoffs etwa 500—600 kg Gütertransporte zu rechnen sind. Heute verursacht demnach die Zellstoffindustrie auch schon eine jährliche Güterbewegung von über 20 Mill. t. Preise. Zufolge der in den letzten 5—6 Jahren eingetretenen Stabilisierung der Preise ist wahrscheinlich, daß die Abwärtsbewe gung von etwa 36 M. die 100 kg Anfang der 80 er Jahre bis zu 18 M. jetzt zum Stillstände kam, und mit steigendem Preise ist Zellstoff- fabrikation auch schon in holzarmen Ländern möglicherweise ren tabel, wenn die Hilfsstoffe billig sind, gute Arbeitskräfte oder ent sprechender Zollschutz vorhanden ist. Das beweist Deutschland, das mehr als die Hälfte seines Holzbedarfes durch Einfuhr deckt. Bedarf an Arbeitern. Abwandern der Erzeugung nach anderen Ländern würde auch den Arbeitsmarkt beeinflussen, denn die Sta tistik zeigt für Deutschland, daß für 1000 tons Jahreserzeugung ungefähr 25 Arbeiter mit ungefähr 27 000 M. Jahreslöhnen benötigt werden. In anderen Ländern, wo noch größere Leutenot herrscht, versucht man, mit weniger Leuten durchzukommen und behilft sich mit mehr mechanischen Einrichtungen, aber die Jahreslohnsummen sind auch dort nicht sehr unähnlich der deutschen, wie es Ermittlungen der nord amerikanischen Bundesbehörden zeigten. Jede Wanderung der Zellstoffindustrie ist deshalb auch für das Erwerbsleben der betreffenden Länder von großer Bedeutung. Reinigung von Abwässern mit Kolloidton Auf die Nachprüfung des Rohlandschen Verfahrens, die H. Polz in.der Färberzeitung veröffentlichte 1 ), erschien in derselben Zeit schrift eine Erwiderung von P. Rohland. (Färberzeitung 1913, S. 461, Nr. 21.) Danach trifft die Behauptung von H. Polz nicht zu, daß Kolloid tone kompliziert zusammengesetzte Farbstoffe ohne Zusatz von Kalk nicht absorbieren. Das Gegenteil soll der Fall sein: Kompliziert zusammengesetzte Farbstoffe, wie Anilinfarbstoffe (basische und saure), pflanzliche und tierische Farbstoffe werden vom Ton ohne jeden Zusatz absorbiert. Nach Rohland ergibt sich dies aus ihrer kolloiden Struktur: Befindet sich ein Kolloidton in Berührung mit einer solchen Farbstofflösung und mit einem Abwasser, das solche Farbstoffe enthält, so bilden sich die Kolloidkörper des Tons, es entstehen zahlreiche Grenz- und Trennungsflächen in den kolloiden engmaschigen Geweben, die der Sitz der Oberflächen energie, der Oberflächenspannung und der Kapillarität sind. Rohland verweist hinsichtlich dieser Auffassung auf seine Versuche, die er auf der Tagung des Vereins der Zellstoff- Und Papier-Chemiker und des Vereins Deutscher Papierfabrikanten in Dresden im Sommer 1913 2 ) vorführte. Ferner wird vollkommen farbloses Abwasser ja auch von den Behörden nicht verlangt. Daß die gelbliche Farbe, die den nach dem Rohlandschen Verfahren gereinigten Abwässern der Firma Louis Beer noch anhaftete, nicht mehr absorbiert wurde, liegt nach Rohland daran, daß hier kein kompliziert zusammengesetzter Farb stoff mehr vorlag, der also, entsprechend der Eigenschaft des Kolloidtons, gerade kompliziert zusammengesetzte Farbstoffe zu absorbieren, nicht entfernt werden konnte. Auch in der Ablauge der Sulfitzellstoffabriken liegt nach Rohland eine solche Färbung vor. Die gelbliche Färbung ist also ohne Belang, nicht aber sind es die dunkelblauen und bräunen Brühen, die sich oft nicht einmal befreit von kleinen festen Bestandteilen, in die Vorfluter ergießen. Diese Abwässer sollen also offenbar nach dem Rohlandschen Ver fahren soweit zu reinigen sein, daß die Behörde das Ablassen der Wässer in die Flüsse nicht mehr beanstandet. Was die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens anbelangt, so sei diese von Polz nicht richtig dargestellt. Polz gab als Kosten für 10 000 kg Kolloidton 215 M. an. Diese hohe Zahl kommt zustande, weil der Ton gemahlen in Säcken bezogen wurde und hohe Be förderungskosten auf ihm lagen. Bezieht man den Ton aber in Stücken, also ungemahlen und nicht in Säcken, und holt man ihn nicht von weit her, sondern möglichst aus Gruben, die in der Nähe der Fabrik liegen, so kosten 10 000 kg — 1 Eisenbahnwagen — nur 50 M. Der Verwendung des Tons in Stücken steht nichts im Wege, da er mit Wasser von selbst zu feinem Pulver zerfällt. Auch die Menge des anzuwendenden Tops, die Polz angab, kann im allgemeinen verringert werden; denn das Saganer Ab wasser war ganz besonders mit Farbstoffen, festen Bestandteilen usw. verunreinigt. Die technische Einrichtung macht keine Schwierigkeiten, und zur Wartung genügt — entgegen der Behauptung von H. Polz — ein Mann, wenn auch die Absitzbecken öfter gereinigt werden müssen* Die Tone (gemeint sind wahrscheinlich die von Polz beanstandeten großen Schlammengen) könnten für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden. Was die Beseitigung der Gerüche anbelangt, so kommt es darauf an, den geeigneten Ton herauszufinden. Denn es gibt Ton, der starke Gerüche besser aufnimmt als schwächere und umgekehrt. Rohland erwähnt hierzu, daß die Abwässer einer Papierfabrik, kürzlich nach seinem Verfahren gereinigt, von dem Geruch nach Schwefelwasserstoff vollkommen befreit wurden. Die Absorptionsfähigkeit der Schlackenfilter ist begrenzt; denn sie absorbieren nur solange Farbstoffe und kolloid gelöste Stoffe, als die kolloiden Beimengungen in ihnen noch Absorptionsfähigkeit diesen gegenüber besitzen. Die Menge dieser Beimengungen aber ist sehr gering. Zum Schluß weist Rohland darauf hin, daß für das Abwasser jeder Fabriksgattung ein besonderes Reinigungsverfahren aus gearbeitet und der Kolloidton ausgesucht werden müsse, ferner daß es besser ist, ein brauchbares, den Behörden erwünschtes Reinigungsverfahren zu besitzen — wenn es auch etwas kostet — als teure Prozesse und Strafen zu bezahlen, Verantwortlichkeit des Betriebsbeamten Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck verboten Die Zellstoffabrik X stellt in ihrem Betriebe Papierstoff her. Die Zellstoffmasse wird in großen, mehrere Meter hohen und mehrere hundert Zentner fassenden gußeisernen Bottichen gekocht. Erst wenn das Wasser aus den Kesseln gänzlich entfernt ist, kann der Zellstoff herausgenommen werden. Hierbei wird die inzwischen festgewordene Masse zunächst von einem an der Seitenwand des Kessels befindlichen Mannloch aus in Angriff genommen. Eines Tages lief das Wasser sehr langsam ab, daß der Zellstoff nur sehr spät hätte den Kesseln entnommen werden können. Als gegen 1 Uhr 1) Siehe Papier-Zeitung Nr. 83, S. 3064 von 1913. 2) Siehe Papier-Zeitung Nr. 57, S. 2111 von 1913.