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3166 PAP IEJR-ZEI TUNG Nr. 86/1913 und rege; von den Vertreterfirmen dagegen wird allgemein Klage geführt, daß das Geschäft flau und leblos darnieder liegt. Nähere Untersuchung der Ursachen und Umstände führt zu folgende!- Erklärung dieser doppelseitigen Natur der Marktlage. Es-ist un- bestreitbar, daß Bedarf vorliegt und lebhafte Nachfrage herrscht. Das Druckereigewerbe ist gut beschäftigt, in der Papierverarbeitung rüstet man sich eifrig auf die Weihnachtszeit, und der Papierverbrauch in den Warenhäusern und Ladengeschäften erhöht sich beim Ein treten der nassen Witterung. Aus diesen drei Gebieten zieht der Großhändler seine Beschäftigung, weil die Anfragen an ihn gehen und die Deckung des Bedarfs von ihm erwartet wird. Er muß die nötigen Vorräte zu Händen haben, denn pünktliche Lieferung ist bei diesem Geschäft eine Hauptbedingung zur Erhaltung der Auf träge. Nun waren wohl zu keiner Zeit die Läger besser angefüllt als jetzt. Der unerwartet frühe Abbruch des Frühjahrsgeschäfts hinterließ einen unbehaglich großen Bestand an Vorräten, die den Sommer hindurch keine wesentliche Verminderung erfuhren, sich im Gegenteil durch das Eintreffen verspäteter Zufuhren weiter vermehrten. Zu diesen Vorräten in den Lagerhäusern der Groß handlungen müssen die zahlreichen Posten hinzugerechnet werden, welche die Einfuhrhändler an den Werften halten, um ihrer Groß kundschaft auszuhelfen unfeinen Ueberpreis für sofortige Ablieferung zu erzielen. Der Markt ist also so wohl versorgt, daß flotter Ge schäftsgang eine gute Weile fortbestehen kann, bevor sich merk liche Lücken zeigen werden. Daß gleichzeitig die Vertreterfirmen über Geschäftsflauheit klagen, Hegt gleichfalls an den übervollen Lägern. Sämtliche Käufer sind darauf bedacht, erst sich Luft zu schaffen und die Bestände wenigstens auf eine normale Stufe zurückgeführt zu sehen. Aber obendrein hat die gemachte böse Erfahrung der Anhäufung von Vorräten mehr als sonst zur Vorsicht beim Einkäufen gemahnt, und es ist wohl begreiflich, wenn unter solchen Umständen die Vorsicht etwas zu weit getrieben wird und die Anfertigungsaufträge für neue Posten ungebührlich lange zurückgehalten werden. Das englische Sprichwort „once bitten, twice shy“ (einmal gebissen, doppelt ängstlich) ist füt diese Stimmung der Kunden recht be zeichnend. Außerdem naht man sich der Zeit der Lageraufnahme mit Bücherabschluß, und da ist man allgemein bestrebt, die Be stände möglichst niedrig zu halten und nötigenfalls von der Hand in den Mund einzukaufen. Es sind also mehrere Ursachen, die für die hiesigen Vertreter das Geschäft recht schlecht gestalten. Es ist nicht nur schwierig neue Bestellungen zu besorgen, sondern es hält ebenso schwer Abrufe auf laufende Schlüsse zu erlangen. Betreffs der Preise drängt sich die Tatsache mehr und mehr auf, daß sie im Sinken begriffen sind, denn die Abwärtsrichtung hat bereits eingesetzt und ihre Opfer gefordert. Einerseits mag Uebererzeugung die Ursache sein, aber der unmittelbare Anstoß ist unzweifelhaft die ungünstige Lage im Weltmarkt. Die Aus fuhr nach China hat so empfindliche Einbuße gelitten, daß Papier maschinen, die ausschließlich für dieses Absatzgebiet gearbeitet haben, plötzlich frei geworden sind und in Tätigkeit gehalten zu werden wünschen. Gleichzeitig ist die Ausfuhr nach England be deutend schwächer als sonst in der Herbstzeit üblich. Weiter hat nach Erklärung eines Gewährsmannes das deutsche Inlandsgeschäft derart abgeflaut, daß mehr als je die Notwendigkeit zur Ausfuhr selbst bei verlustbringenden Preisen vorliegt. Die Vertreter machen keinen Hehl mehr daraus, daß den Fabriken mangels genügender Beschäftigung ungemein viel um Aufträge für sofortige Lieferungen zu tun ist. Das Zusammentreffen aller dieser Umstände führt un aufhaltsam und unvermeidlich zum Preisrückgang. So sehen wir denn auch, daß eine Papiersorte nach der andern diesem Geschick anheimfällt. Von Deutschland ist der Preis-Rück gang für Rotationsdruckpapier ausgegangen. Das Angebot lautet auf 1 penny das Pfund engl. weniger 5 v. H. oder, in deutsche Währung umgesetzt, 17 M. 85 Pf. die 100 kg netto, Lieferung frei Haus London. Eine englische Fabrik hat diesem Preissturz Folge leisten müssen, um die nötigen Aufträge zur vollen Aufrechterhaltung des Betriebes zu sichern. Schwedische Fabriken halten einstweilen noch zurück und ziehen vor, auf Formatdruck in leichteren Ge wichten und im Verhältnis lohnenderen Preisen überzugehen. Ordinär farbig Prospektpapier steht auf der untersten Stufe zu 1 % p. weniger 25 v. H. und es wird alles aufgeboten,- um nur Käufer zu finden. Der Preis für Satiniert Braunholz-Packpapier ist um 5 sh die Tonne ermäßigt worden, ohne den gewünschten Erfolg reich licher Aufträge zu erzielen. Mit Seidenpapier steht es nicht besser, denn die ganze Gattung der billigen holzhaltigen Packseiden und auch der mittleren Sorten in der Preislage von 15 bis 20 M. ist um etwa 5 v. H. im Preis zurückgegangen. Auf dem Markt für Pappen sieht es ebenso unerfreuHch aus» Der mühsam erklommene Hochstand der Preise für Strohpappe gehört bereits der Vergangenheit an. In ein paar Monaten ist der Preis um fast volle 20 M. die 1000 kg gewichen. Die jüngst in der Papier-Zeitung gemeldete Notierung von 105 M. fob Rotterdam , scheint uns hier auf einem Irrtum, absichtlich oder unabsichtlich, zu beruhen im Vergleich' mit den hier gleichzeitig gemachten An geboten, nämlich 92 M. 50 Pf. fob Harlingen. Es ist daraufhin ein größeres Geschäft hier zustande gekommen zum Preise von 4 Lstr. 17 sh 6 d die Tonne engl. weniger 2% v. H., Lieferung cif London. In Lederpappen liegt das Geschäft ungünstig, weil große Vor räte auf den Markt drücken. Im übrigen macht man verschiedent lich den Versuch, diese Ware mit Strohpappe, welche mit Braun holzpapier überzogen ist, zu ersetzen. Die Versuche sind indes im allgemeinen unbefriedigend ausgefallen, und dies Ersatzmittel wird sich nicht lange halten können. Immerhin beschränken solche Manöver zeitweise den Bedarf und beunruhigen den Preisstand. Binnen kurzem werden die deutschen Fabriken mit einem gewaltigen Gegner hier zu rechnen haben, das ist ein finnisches Fabrikat, Maschinenpappe, deren Erzeugung in großem Maßstab dort vor bereitet wird. Der gegenwärtige Marktpreis für greifbare Ware ab Londoner Werfte lautet 9 Lstr. die Tonne weniger 2% v. H. Für Anfertigungen in größeren Mengen wird 8 Lstr. 10 sh weniger 5 v. H. cif London gefordert. Die Nachfrage ist schwach und die Zukunft bietet keine Aussichten für Bessergestaltung der Preislage. A Neue amerikanischeAZollsätze Zur Ergänzung der in Nr. 84 auf Seite_3094 gebrachten Zollsätze entnehmen wir einer Zusammenstellung im Paper Trade Journal folgendes: Abteilung N: Verschiedenes Tarifnummer 388. Bleistifte aus Papier oder Holz oder aus anderem Stoff außer aus Metall, gefüllt mit Blei (lead, bedeutet auch Graphit) oder mit anderem Stoff, und Bleistifte aus Blei (Graphit) zahlen 36 Cent Zoll für das Groß, aber mindestens 25 v. H. des Wertes. Schiejerbleistijte zahlen 25 v. H. des Wertes. Zollfrei sind: Nach Nr. 531 Lactarin oder Kasein. Nach Nr. 571 Papierrohstoffc jeder Art, auch alle Gräser, Fasern, Lumpen und Abfälle, auch Jute-, Hanf- und Flachsabfälle, Gewebe-Abschnitte, altes Papier, Tau-Enden, alte Taue, alte Säcke und andere nicht besonders benannte Abfälle, ferner Jutetücher und Jutesäcke, die hauptsächlich zur Papiererzeugung benützt werden. Nach Nr. 651 außer Holzschliff und Holzzellstoff, ungebleicht oder gebleicht, auch Lumpenhalbstoff. Jubel der amerikanischen Zeitungsverleger John Norris, ehemaliger Geschäftsführer der New York World und in den letzten Jahren Vorsitzender der Abteilung für Papier im Verband Amerikanischer Zeitungsverleger, legt das letztgenannte Amt nieder, nachdem er in eifriger Werbe tätigkeit alles erreicht hat, was er sich für die Zeitungsverleger zum Ziel gesetzt hatte, nämlich völlig zollfreie Einfuhr von Papierstoff und billigem Druckpapier nach den Vereinigten Staaten. Der Ausschuß für Papier berichtet darüber wie folgt: Nach dem am 4. Oktober vom Präsidenten Wilson unter zeichneten Tarif läßt Amerika Zeitungsdruckpapier und Holzstoffe aller Art aus allen Teilen der Erde ohne irgend welche Beschränkung zollfrei herein. Damit ist der Zweck erreicht, für welchen der Papier ausschuß gebildet wurde. Der Markt für Papierkäufer ist nunmehr aufs äußerste erweitert. Vergeltungsmaßregeln gegen fremde Länder, die Papier und Papierstoff liefern, sind abgestellt worden. Die Tage einer Steuer auf das Wissen sind vorüber! Der Preis von 50 Dollar für die Tonne, der vor fünf Jahren von Papierfabrikanten gefordert wurde, ist seitens einer Anzahl von Papiergesellschaften auf weniger als 41 Dollar die Tonne herabgesetzt worden. Neue Papierhersteller erscheinen ständig auf dem Markt. Die Mehr erzeugung in den Jahren 1912 und 1913 wurde auf 1400 Tonnen, das sind 30 v. H. des gesamten Gebrauchs, berechnet. Der Zoll von 6 Dollar auf die Tonne, welcher zu Beginn unseres Kampfes erhoben wurde, ist ausgelöscht! Der Verbrauch von Zeitungspapier in den Vereinigten Staaten übersteigt 1 500 000 Tonnen im Jahr, so daß der Gewinn der Verleger aus den Ergebnissen, die durch die Arbeit des Papier-Ausschusses erzielt wurden, auf 9 bis 12 Millionen Dollar im Jahre geschätzt werden kann. Die Verleger können sich zu diesem Ausgang des Streites beglückwünschen. Die Unsicherheit ist vorüber. Die Papierhersteller können jetzt auf Grund feststehender Bestimmungen ihre Preise stellen. (Unter zeichnet Don C. Seitz, Herman Ridder und John Norris als Vor sitzenden.)