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hohe Bundesversammlung durch Verzichtleistung auf den Ersatz der ExecutionSkosten bezüglich Holsteins und Lauenburgs und durch Be- theiligung an Tragung der Kriegskosten bezüglich des Herzogthums Schleswig die finanziellen Zustände dieser Länder von denjenigen Lasten befreite, welche sehr schwer auf dieselben drücken würden, wenn sie jene Kosten allein tragen sollten. Gewiß hat es daher sämmtlichen deutschen Regierungen zu aufrichtiger Befriedigung gereicht, daß dem Vernehmen nach zwischen den höchsten Negierungen von Oesterreich und Preußen wegen Einberufung einer Vertretung der Herzogthümer bereits Verhand lungen gepflogen worden sind. Hat die Bundesversammlung diesem Vorhaben ihre), Beifall und ihre vollste Aufmerksamkeit zu widmen umsomehr Ursache, als sie sich von den zu erwartenden Kundgebungen der einzuberufenden Vertretung eine willkommene und werthvolle Unterlage für ihre ferner» Berathungen versprechen darf, so ist andererseits dadurch die Hoffnung gerechtfertigt, daß die höchsten Regierungen von Oesterreich und Preußen selbst die eben ange- dcutcten Gesichtspunkte und Anschauungen nicht zurückweisen. In diesen: Vertrauen stellen daher die Regierungen von Bayern, König reich Sachsen und Großherzogthum Hessen den Antrag: „Hohe Bundesversammlung wolle beschließen: 1) an die höchsten Regierungen von Oesterreich und Preußen die Anfrage zu richten, welche Schritte sie gethan haben oder zu thun beabsichtigen, um eine definitive Lösung der bezüglich der Elbherzogthümer noch schwebenden Fragen herbeizuführen, ob dieselben insbesondere gesonnen sind, eine aus freien Wahlen hervorgehende allgemeine Vertretung des Herzogthums Holstein in Gemeinschaft mit einer gleichen Vertretung des Herzogthums Schleswig zur Mitwirkung bei jener Lösung zu berufen und für welchen Zeitpunkt diese Einberufung, deren Beschleunigung sich aus den angeführten Gründen als in hohem Grade wünschenS- werth darstellt, in Aussicht genommen werden kann; 2) an dieselben höchsten Regierungen das Ersuchen zu stellen, daß sie auf die Aufnahme des Herzogthums Schleswig in den Deutschen Bund hinwirken ; 3) sür diesen Fall, und sobald die in dem Bundesbeschlusse vom 6. April d. I. ausgesprochene vertrauensvolle Erwartung sich erfüllt haben werde, die Bereitwilligkeit zum Verzicht auf den Ersatz der ExecutionSkosten bezüglich Holsteins und Lauenburgö und zur Betheiligung an Tragung der Kriegskosten bezüglich Schleswigs zu erklären, sei es, daß der Bund in seiner Ge- sammtheit für die Kriegskosten aufkommt, oder daß ein ver- hältnißmäßiger Antheil von denjenigen Bundesstaaten, welche an der Kriegführung nicht betheiligt waren, übernommen wird." Altona, 25. Juli. Die „Schleswig-Holsteinische Zeitung" bringt an ihrer Spitze die Anzeige des Verwaltungsrathes dieses Blattes, daß der Redacteur Herr M. May am 25. früh durch eine Abtheilung preußischen Militärs verhaftet und nach Rendsburg ab geführt worden ist. Derselbe hat seit 12 Jahren in Holstein gelebt und seine Thätigkeit in der deutschen Presse während dieser Zeit fast ausschließlich der Landessache gewidmet. Es heißt schließlich: „Wir erwarten, daß unter dem Schutze der Gesetze des Landes Herr.May in kürzester Frist im Stande sein wird, die Leitung der Zeitung wieder zu übernehmen. Inzwischen werden wir dafür Sorge tragen, ^aß dieselbe forterscheint in dem Geiste, in welchem sie von einer großen Anzahl hiesiger Bürger gegründet und von uns unabhängig und unbeeinflußt von irgend einer Seite unter der Redaction des Herrn May bis daher geleitet ist." Es folgt eine ähnliche Anzeige der Mitglieder des Büreaus des engern Ausschusses der schleswig-holsteinischen Vereine (Jessen und Semper), dessen Secretär Herr May ist; es wird hinzugefügt, daß der engere Ausschuß entschlossen sei, „in der jetzt mehr wie je bedrohten Lage des Landes seine Schuldigkeit zu thun." — Von den Stadtverordneten, dem stellvertretenden Bürger worthalter Herrn Ad Meher und Herrn B. Geske wird in der heute stattfindenden gemeinschaftlichen Sitzung der städtischen Collegien ein Antrag gestellt: „daß in Veranlassung der durch die preußische Militärbehörde mit Umgehung der Civilbehörden vorgenommenen Verhaftung und Fortführung des RedacteurS M. May die städtischen Collegien be schließen wollen, in einer an die Landesregierung sofort zu richtenden Eingabe, deren Hilfe für die Entlassung des Herrn May aus der Haft und deren Schutz gegen militärische Angriffe auf die persön liche Freiheit der Einwohner hiesiger Stadt in Anspruch zu nehmen." . — Ein Hamburger Correspondent der ministeriellen „N. A. Z." vom 25. Juli bezeichnet Herrn May, der aus Oberschlesien ge bürtig ist, aber schon seit längerer Zeit in den Herzogthümern lebt, als preußischen Unterthan. Es heißt darin in charakteristischer Weise weiter: „die städtische Polizei hat dem Vernehmen nach keine Kunde von dem heutigen Vorgehen, das schon am Abend vorher durch bedeutende Verstärkung der Wachen vorbereitet war. Viele nehmen als nächste Ursache des Schrittes das unkluge Auftreten des Ge nannten beim Bremer Schützenfeste an; der wahre Grund ist jeden falls in dem beschlossenen Vorgehen gegen die schleswig-holsteinischen Vereine zu suchen, die/in letzter Zeit hauptsächlich nach den Rath- schlägen des Verhafteten geleitet wurden. Offenbar will die preußische Regierung jetzt auf eigene Hand in den Herzogthümern vorgehen, ohne sich an Oesterreichs Theilnahme zu kehren." Sachsen. -s- Dresden, 27. Juli. Im Anschluß an das große Sän gerbundesfest fand gestern Abend die von den Mitgliedern des Ra tional - Vereins beschlossene Volksversammlung in der Tonhalle statt. Auf der Tagesordnung standen die „deutsche" und die „schleswig- holsteinische Frage". Nachdem Prof. Wiegard die Versammlung mit einigen Worten eröffnet hatte, ergriff zunächst über die „deutsche Frage" Vr. Schaffrath das Wort und begann: „Wo deutsche Männer sich zusammenfinden, Da muß der Funke, der zuvor nur glomm, Der lust- und krastbeleelte Funke zünden, In einem Gluthgefühle sich verkünden Und frei sich äußern, fröhlich, frisch und fromm!" Das soeben beendete große deutsche Sängerbundesfest habe so manches Wort von der Zusammengehörigkeit deutscher Volksstämme und deutscher Brüder vernommen, aber wenig von der Einheit und Freiheit des deutschen Vaterlandes. Selbst wo man von der Ein heit gesprochen, sei dies in so schüchterner Weise geschehen, daß sich jeder Partikularist damit einverstanden erklären könne. Es zieme sich daher wohl, ohne Scheu den Gedanken der nationalen Idee auszusprechen, mit nackter Brust zu sagen, was im Herzen wohnt, da Phrasen nichts mehr helfen. Die nationale Idee wolle zunächst weder einen Staatenbund, noch einen Einheitsstaat, sondern den deutschen Bundesstaat. Die nationale Idee verlange aber auch, daß in diesem Bundesstaat die einzelnen Glieder nicht ein Schein leben führen, nicht eine Existenz, die sie weder leben, noch sterben laste, sondern die sie mit innerer Lebenskraft beseele, dafür aber müßten die einzelnen Staaten einen Theil ihrer Hoheitsrechte zu Gunsten der deutschen Centralgewalt abtreten. Diese Abtretung müsse eine freiwillige und keine gewaltsame sein, denn die gesunde nationale Idee verwerfe jede Annexion (Ruf aus der Versammlung: Italien!), darum sei sie auch gegen die preußische Annexion. Die nationale Idee wollte zweitens einen freien Bundesstaat; Einheit und Freiheit seien unzertrennliche Forderungen. Die Einheit sei nur dann ein absolutes Gut, wenn sie mit der Freiheit, nicht aber mit der Polizeiwirthschaft verbunden ist. Nur ein freies Staaten leben — wie in Amerika — sei fähig, nach Außen mächtig aufm- treten. Darum verwerfe die nationale Idee ein vergrößertes Preu ßen oder Oesterreich; sie verwerfe, zu Gunsten des deutschen Parla ments, sowohl ein vergrößertes österreichisches oder preußisches Par lament, so hoch verdient auch das preußische Abgeordnetenhaus dastehe. (Bravo!) Denn weder Preußen, noch Oesterreich sei Deutschland oder mit Deutschland identisch; weder Preußens, noch Oesterreichs Interessen wären immer deutsche, sondern oft nur preu ßische oder österreichische, und umgekehrt seien die Interessen des übrigen Deutschlands nicht immer auch preußische oder österreichische. Preußens und Oesterreichs Macht, fährt Redner fort, ist daher nicht immer auch des übrigen Deutschlands Macht und den Interessen des letzteren dienstbar, sondern auch sogar gegen das übrige Deutschland und dessen Interessen verwendbar. Und darum ist es den deutschen Mittel- und Kleinstaaten, wie z. B. dem schleswig- holsteinischen Volksstamme, wohl eine Abtretung und Beschränkung von Hoheitsrechten zu Gunsten der Centralgewalt mit dem deutschen Parlament und der deutschen Neichsverfassung zuzumuthen, nicht aber zu Gunsten der preußischen Regierung, zumal ohne den Schutz und Schirm der deutschen Reichsverfassung und des deutschen Par laments. Wir verlangen im Bundesstaate Gleichberechtigung aller Glieder und wollen weder Preußen, noch Oesterreicher zweiter Classe werden. (Bravo!) Diesen Bundesstaat wollen wir aber auch nicht um jeden Preis, nicht durch „Eisen und Blut", nicht durch den Grundsatz: „Gewalt geht vor Recht", denn das ist Revolution, sondern auf dem gesetzlichen Wege erreichen, und dann wird dieser Staat auch seine Dauer haben. (Bravo!) Wir wollen diese Ein heit begründen mit unseren präsumtiv verfassungstreuen und nicht mit Regierungen, deren System sich auf die Junkerherrschaft stützt. Aus diesen Gründen empfiehlt Redner die Annahme folgender Re solution : „Die Volksversammlung vom 26. Juli in Dresden erklärt sich 1. wiederholt nur für einen freien deutschen Bundesstaat, 1332