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298 K Gelehrte, Naturforscher und andere Herren der Intelligenz ge wesen, die zuerst mit ihrem klugen Verstände aus gewaltigen Sätzen einen babylonischen Thurm von Weltweisheit aufgebaut haben und in diesen ihren Systemen die Welt nach ihrer Elle zugeschnitten und so zurecht gelegt haben, wie es ihnen in ihren Kram gepaßt hat, unbekümmert darum, ob solches menschliche Gebahren mit Lem göttlichen Worte und mit Dem, was Tau sende und Millionen vor uns als heilig und unantastbar ge halten haben, überrinstimmt. Diese Herren der losen Philo sophie gingen nämlich nicht von Gott, dem Urheber aller Dinge, bei ihrem Denken aus, sondern sie fingen in ihrer großen Be scheidenheit mit ihrem eigenen Ich an und kamen in ihrer Reihe von Vorder- und Nachsätzen gar nicht bis zu Gott, sondern leugneten sogar das Dasein eines persönlichen Gottes und damit auch das Bestehen einer göttlichen Weltordnung. Du hast vielleicht in der oder jenen Zeitung oder in sonst einem Buche die Namen solcher Männer mit großer Auszeichnung als berühmte Gelehrte nennen hören. Nun ist cs gar nicht unsere Absicht, ihnen Len Ruhm Ler Gelehrsamkeit absprechcn zu wollen und wenn sie ihre gefundenen vermeintlichen Wahrheiten für sich behalten oder für Andere unschädlich gemacht hätten, so hätte Las sein mögen. Aber einer jener Herren schrieb ein Blatt für das gewöhnliche Volk, ein anderer, noch berühmterer hielt z. B. in Heidelberg vor Professionisten und Handwerks gesellen Vorträge, und alle jene Philosophen und Gelehrten hatten in ihren Hörsälen eine Schaar Schüler, die bereitwillig diese Meinungen aufnahmen und gehörig verbreiteten. Du hättest solchen Irrlehren nicht geglaubt, lieber Leser; denn die göttliche Stimme, welche in Dir spricht,' würde zu laut gerufen haben; cs hätte Deinem gesammten Gefühle, Deinem ganzen iMeren Leben, dem geistigen Erbtheile von Deinem Vater und von Deiner frommen Mutter zu sehr widersprochen; es hätte ja. Liese Irrlehre Dir den letzten Stab aus der Hand gerissen und Deinen besten Freund Dir genommen. Nein, Du hättest solcher falschen Lehre gelacht; denn Du weist noch, welcher Segen im GLbet zu ihm, Deinem und unserm himmlischen Vater, liegt, wie Ruh und Frieden dann in Dein Herz kommt, wenn die Welt dich verkennt und doch Einer Dein Inneres recht sieht. Du hättest also solchen Anfechtungen Trotz geboten; denn Du bist ja noch der Glücklichen einer, der so Manches sein Eigenthum nennt, der Segen in seiner Hände Arbeit sieht, und der immer noch, wenn auch dann und wann kärglich, doch sein redliches, tägliches Brod hat. Aber denke Dir jungt, unerfahrene Leute, die als Gesellen in der Welt herumwaudern, die „fechtend" von Haus zu Haus und von Ort zu Ort ziehen und oft nur das Eigenthum nennen köuuen, waS im leichten Ränzel der Rücken trägt. Solche wandernde Handwerksgesellen kamen und kommen auf ihrem uyKäten Wanderleben auch in jene Gegenden, wo die „hohe Schule" solcher Lehren ist. Wir nennen z. B. die Schweiz. Zy jene? freien Republik die beiläufig gesagt, mit am Drückendsten jetzt vom Proletariat zu leiden hat können solche Lehren ungehindert ausgestreut werden. Da giebt es denn Vereine, wo Männer die Lehren jener Philosophen aus genommen, sie ihrer philosophischen Hüllen entkleidet und den dunklen giftigen Kern in populären Sätzen ausgesprochen haben, die dann in Wort und Schrift, in Flugschriften, in Zeitungen u. eben aussprechen, daß aller jener Glaube an die Bibel, an Gott, an Himmel und Hölle, an einstiges Gericht und Unsterblichkeit Lug und Trug sei; daß der Mensch seinen Gott in sich selbst habe, daß im Wohlbefinden auf der Erde das einzige Ziel und Glück der Menschen bestehe; daß also Jeder Las Recht habe, hier Glück und Wohlleben zu fordern und wie jene gottesläster lichen Lehren alle heißen. Siehe, solche Lehren fangen bei Leuten, die eigenthumslos die Welt durchwandern und allerdings oft Blöße und Mangel leiden, gewaltig Feuer und diese schworen dann draus: das sei pure Wahrheit und tragen als Apostel solcher bösen Lehre jene aufgefangenen Sätze mit sich von Ort zu Ort und die Herbergen sind dann die Versammlungsorte!, wo beim Glase Bier darüber gestritten und fest ausgemacht wird, daß doch die jetzige Weltverfassung Ungerechtigkeit sei, und daß Alles umzestürzt, der Besitz gleich vertheilt werden müsse — natürlich bei nächster Gelegenheit. Bei Lem Warten müssen aber auf die zukünftige Gelegenheit und bei Lem inneren Aerger, daß man jetzt blos Faust in der Tasche machen kann, verlernen sie das Arbeiten, verlernen wenigstens das freudige und gerne Arbeiten und das innere Raisonniren und Nergern macht ihr Blut so gallig und bitter, daß Unzufriedenheit im Herzen wohnt und Neid und Haß im Gesichte spricht. Wo aber Unzufriedenheit und NeiL und Haß, da, weißt Du, ist kein Segen trotz aller Arbeit, sondern lauter böses Ding in und außer Lem Hause. Das werden dann jene Gesellen, von denen die Clubbisten am Genfersee rühmen, Laß „ihre Schüler, die deutschen Gesellen, persönliche Feinde Gottes geworden seien, die zu Hunderten und aber Hunderten voll von diesen Ideen nach Deutschland zurückkehren." Das find dann jene Gesellen, bei denen verpönt ist, beim Zusprechen vor dem Meister de« Hut abzunehmen, dem Meister ein gut Wort zu geben, zu viel oder zu fleißig zu arbeiten, die oft „blau" machen und bei der geringste« Zurechtweisung sich ihr Wanderbuch weiter vifiren lassen. Das sind dann jene Handwerker, Lie, wenn sie selbst- N ständig anfangen, all ihr Heirathsgui in die erste Einrichtung H stecken, großartig anfangen, womöglich drei Stuben miethen: D eine Gesellen-, eine Familien- und eine gute Stube; die siH» denken, fernerhin blos vorschneiden zu dürfen, dabei dann und» wann noch in die nahe Schenkstube gehen, die Zeitung lesen » und ein Gläschen trinken zu können. In kurzer Zeit gcht's D bergunter; Lie großen Gedanken im Kopfe werden immer kleiner und Lie erste Kindtaufe wird oft schon im neuen Logis gehalten, 1 wo nur Eine Stube Alles umschließt. Und so gehen die Jah« ! fort; die Unzufriedenheit wächst; die goldenen Träume bleiben s unerfüllt; dagegen wird die Gegenwart immer schwärzer; Ler Meister muß allein arbeiten und so gehts fort bis zum Ende, d. h. aus dem Schuhmacher wird ein Schuhflicker und aus dem Schneider ein Ausbefferer re. — — Weißt Du noch, lieber Leser, was der Ausgangspunkt dieses ganzen traurigen Weges ; war? Das war ein Anfang ohne Gott; unsere Altvordern sagten bei jedem Anfänge: das walte Gott! und fingen in Be- rathung mit dem Ordner aller Dinge auch ihr kleines oder großes irdisches Gewerke an. Bei dem Manne der Neuzeit 8 aber, der auf breitester Grundlage des Zeitbewußtseins ruhte, I war so ein Gedanke, und so ein wiederholtes Rufen zu Gott I