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Nr. 8/1914 PAPIER-ZEITUNG 239 Hdreßbuch-Schwindel Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 16. Januar Nachdruck verboten Der Verlagsbuchhändler Julius Dicker in Magdeburg, geboren 1878, ist wegen schwerer Urkundenfälschung in Tateinheit mit vollendetem und versuchtem Betrug angeklagt. Im Juni 1912 wurde in Magdeburg unter der Firma „Mitteldeutsche Verlags gesellschaft Magdeburg" eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet, die die Herstellung und den Vertrieb eines Telephon adreßbuchs bezweckte. Geschäftsführer wurde der Angeklagte, der den Betrieb selbständig leitete. Das Adreßbuch enthielt einen alphabetischen Teil, ein Branchenverzeichnis und ein Rufnummer verzeichnis. Nur für die Aufnahme in das Branchenverzeichnis mußten die Bezieher eine Gebühr von 5 M. zahlen, sie erhielten aber ein Exemplar des Adreßbuchs umsonst. Die übrigen Aufnahmen erfolgten kostenfrei, die Auftraggeber mußten aber, wenn sie ein Exemplar des Buches bestellten, 3 M. dafür zahlen. In einer großen Zahl von Fällen soll Dicker die bereits unterschriebenen Aufträge der Besteller auf Eintragung in die kostenfreien Verzeichnisse da durch gefälscht haben, daß er von dem Buchdruckereibesitzer Kleppel zu Düsseldorf das Ersuchen um Lieferung eines Exemplars des Adreßbuchs darauf drucken ließ. Er versuchte dann, von den Kunden später den Betrag von 3 M. dafür einzuziehen, Nachnahmen lauteten auf 3 M. 50 Pf. In einzelnen Fällen erfolgte Zahlung, in anderen wurde diese verweigert und Anzeige erstattet. Der An geklagte stellt jede Schuld entschieden in Abrede, er wurde aber durch das Beweisergebnis überführt und zu einem Jahr drei Monaten Gefängnis sowie zu 5 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. Auf die Strafe werden 4 Monate und 2 Wochen Untersuchungshaft angerechnet. (Magdeburgische Zeitung) Haftung des Huskunftgebers Eine Geschichte in Briefen den 11. Aug. 1913 Herren in Herr Josef in Bochum wünscht mit uns in Geschäfts ¬ verbindung zu treten und gibt uns Ihre werte Firma als Referenz auf. Wir bitten demnach, uns freundlichst mitteilen zu wollen, welche Erfahrungen Sie in Ihrer Geschäftsverbindung mit dem Ge nannten gemacht und ob Sie ihn für einen mäßigen Kredit von 100 M. durchaus guthalten. Wir sagen Ihnen dafür im voraus unseren verbindlichsten Dank und sind jederzeit mit Vergnügen bereit, Ihnen in ähnlichen Fällen wieder zu dienen. , Papierwarenfabrik Rückporto. * * * den 12. August 1913 Firma in betr. Josef ...... Bochum Wir nehmen an, daß es sich um den Papiergrossisten handelt, welcher bis vor kurzem in Essen-Rüttenscheid wohnte. Mit diesem stehen wir seit 1 % Jahren in Verbindung. Die Bezüge desselben waren nur kleinerer Art, welche gemäß Vereinbarung prompt bezahlt wurden. Nach unseren Erfahrungen glauben wir, daß man den angefragten Kredit bewilligen kann, obschon uns die Verhältnisse nicht näher bekannt sind. Dies teilen wir Ihnen ohne unsere Ver bindlichkeit mit. den 13. Dezember 1913 Herren in Sie hatten die Güte, uns unterm 12. August ds. Js. eine Aus kunft über Herrn Josef in Bochum, früher in Essen-Rütten scheid, zu erteilen. Auf Grund dieser guten Auskunft, laut welcher wir einen von uns angefragten Kredit von 100 M. gewähren durften, haben wir ihm 19 M. 10 Pf. kreditiert. Es ist bisher aber keine Möglichkeit gewesen, für diesen kleinen Betrag Deckung zu er halten. Wir fragen daher ergebenst bei Ihnen an, ob Sie in der Lage sind, Herrn zu veranlassen, daß er den kleinen Betrag begleicht, andernfalls müssen wir uns geeignete Schritte ■ Vorbe halten. Wir sagen Ihnen dafür im voraus unseren besten Dank. (Blieb unbeantwortet, weil Freikuvert fehlte.) Papierwarenfabrik * * * Herren in den 3. Januar 1914 Im Verfolg unseres Ergebenen vom 13. v. Mts. ersuchen wir Sie hierdurch nochmals, für Deckung unseres Guthabens an Herrn Josef in Bochum zu sorgen, da wir auf Grund der uns von Ihnen erteilten guten Auskunft, sonst den Betrag von Ihnen ver langen müssen. Wir würden Herrn niemals irgendwelchen Kredit eingeräumt haben, wenn uns Ihre gute Auskunft nicht dazu veranlaßt hätte. Dafür müssen wir Sie verantwortlich halten. Unser Guthaben beträgt laut umstehender Nota 20 M. 40 Pf., um deren gefl. prompte Uebersendung wir bitten. Papierwarenfabrik Nota! Nr. 5711 19,10 M. 1.30 ,, Retourspesen, Zinsen seit 30. 11. 13. 20,40 M. Da die Auskunft, wie es scheint, lediglich aus Gefälligkeit, also nicht auf Grund eines Vertragsverhältnisses erteilt ist, haftet der Auskunftgeber nur, wenn ihm arglistiges Verhalten zur Last fällt, also wenn er wußte, daß die Auskunft unrichtig war oder unrichtig sein konnte. Dies Kenntnis hätte Fragesteller nachzuweisen. Aus den Typographischen Gesellschaften Berlin. Typographische Vereinigung. Herr Wonitzki teilte am 6. Januar mit, daß zahlreiche Neujahrskarten von Schwester vereinigungen, Firmen usw. eingegangen sind. Sie wurden auch gezeigt, kommen aber erst in einer späteren Sitzung zur Besprechung. Herr Herm. Homann sprach über „Stereotypie und Galvanoplastik" mit Demonstrationsmaterial. Die ersten Versuche Schriftplatten herzustellen, fielen in die Zeit von 1700/1710 und werden dem Pre diger- Johannes Müller in Leyden zugeschrieben. Man formte in Gips. Einer der ersten, welcher druckfähige Stereotypieplatten er zeugte, war jedoch der Goldschmied William Ged zu Edinburg im Jahre 1725. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Verfahren bedeutend verbessert. Im Jahre 1795 kam das Wort „Stereotypie“ durch Firmin Didot in Paris auf, Welcher sein Verfahren, Matrizen herzustellen, um davon Schriftplatten zu gießen, so benannte. Die Gipsstereotypie wurde weiter verbessert von Lord Stanhope in London in den Jahren 1800—1805. Allmählich aber wurde die Gipsstereotypie durch die Papierstereotypie verdrängt, auf welche man dem Schrift setzer Genoux zu Lyon schon im Jahre 1829 ein Privilegium erteilte. Diese Erfindung machte den Weg frei zum Massendruck. Sie wurde durch die Erfindung der Kaltstereotypie vervollkommnet, so daß heute jeder Druckereibesitzer eine Stereotypieeinrichtung besitzt. In großen Zeitungsdruckereien nimmt der Handguß zu viel Zeit in Anspruch. Da kam aus England eine Plattengießmaschine, welche das Gießen bedeutend schneller besorgte. Diese Maschine wurde aber noch überholt durch die „Autoplate", welche aus Amerika kam. Natürlich gehörte dazu auch eine widerstandsfähige Mater. Die heute in den großen Zeitungsbetrieben hergestellte Matrize hält ungefähr 50—60 Guß aus. Redner zeigt eine Matrize, von der 48 Ab güsse gemacht waren, ohne daß sie davon sehr angegriffen war und ging dann zu der Galvanoplastik über. Als man anfing, die Galvano plastik für den Buchdruck nutzbar zu machen, war das Verfahren noch recht langwierig. Man mußte von dem Original eine Negativ matrize herstellen, indem man das Original in Guttapercha oder Wachs abformte. Diese Gegenform mußte graphitiert werden, um sie leitend zu machen, und auf dieser schlug sich dann das Kupfer nieder. Dieser dünne Niederschlag wurde dann mit Schriftmetall hintergossen und montiert auf Schrifthöhe. Diese Galvanos ver besserte eine Erfindung von Dr. E. Albert in München. Die sogen. Albert-Galvanos stellte man her, indem man das Original in Weich- metall prägte. Die Kupferhaut, die später die Druckfläche bildet, wird direkt auf dieser Metallmatrize erzeugt. Die Herstellungszeit wurde durch dieses Verfahren bedeutend abgekürzt. Man verstählte auch diese Galvanos, um sie gegen Abnützung beim Drucken zu schützen. Der Referent erwähnte noch einige neuere Verfahren, deren praktische Verwendbarkeit aber noch nicht genügend er probt ist. Der Vortrag wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Zahlreiche Anfragen wurden in der Aussprache durch den Vortra genden beantwortet. O. F. Breslau. Typographische Gesellscha/t. Am 14. Dezember meldete in Vertretung des Vorsitzenden Herr Scholz eine Anzahl von Eingängen. Es waren einige Kalender der Firmen Host mann-Steinberg und Maschinenfabrik Johannisberg. Hierauf be richtete Herr Basler über die Bewertung des Programm-Wett bewerbes der Typographischen Gesellschaft Frankfurt a. O„ er bedauerte, daß eigentlich keiner der 19 Entwürfe einwandfrei sei. Schuld daran sei wohl der Umstand, daß die Entwürfe völlig ge zeichnet sein mußten. Der Rundsendung „Breslauer Arbeiten" war ein günstiges Referat der Düsseldorfer Schwestergesellschaft beigefügt, welches verlesen wurde. Den Schluß der Sitzung bildete der Beschluß über die Feier des Stiftungsfestes. Am 7. Januar wurde zunächst vom Vorsitzenden im Anschluß an seinen Glückwunsch für die Gesellschaft mitgeteilt, daß sich 8 neue Mitglieder zum Beitritt gemeldet haben. Unter den Ein gängen befanden sich außer zahlreichen Neujahrskarten je ein Kalender der Kunstdruckerei Künstlerbund Karlsruhe und der Schriftgießerei Poppelbaum, Wien. Unter „Geschäftlichem" teilte der Vorsitzende mit, daß die Gesellschaft bei der Verlosung des Kunstgewerbevereins einen Spitzenkragen gewonnen habe. Ueber die Verwertung dieses sowie des, vorjährigen Gewinnes soll die Generalversammlung beschließen. Der Vorsitzende berichtete dann über den Neujahrskarten-Wettbewerb an Hand des von der Lübecker Bewertungskommission verfaßten Referats. An den eingehenden