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Briefmarkenerzeugung in den Vereinigten Staaten Mr. J. E. Ralph, Leiter des „Bureau of Engraving and Prin- ting" (der Staatsdruckerei) in Washington, hielt in der kürzlich veranstalteten Internationalen Briefmarken-Ausstellung in New York einen Vortrag über die Arbeit der von ihm geleiteten Anstalt. Danach betrug der Papierverbrauch für die Markenerzeugung im Finanzjahre 1913 480 000 Ibs. (1 Ibs = 0,455 kg). Daraus wurden rund 11 Milliarden Marken gemacht im Nennwert von 185 Millionen Dollar. Soll eine neue Marke geschaffen werden, so wird eine Skizze entworfen und den zuständigen Amtsstellen vorgelegt. Ist sie gebilligt worden, so kommt sie in die Hände der Graveure; an jedem Stück arbeitet je ein Graveur für Bild, Schrift, Block schrift und Ornament. Durch diese Arbeitsteilung wird erreicht, daß jeder der Künstler in seiner besonderen Arbeit besonders leistungsfähig wird, und zugleich ist sie ein Schutz gegen Fäl schungen, da niemals ein Mann die ganze Zeichnung graviert. Von der gravierten Platte werden 400 Umdrucke auf die Druckplatte gemacht, und zur Uebertragung wird das von Jacob Perkins erfundene Verfahren angewendet. Nach diesem wird eine Walze aus weichem, enthärtetem Stahl unter starker Pressung über die gravierte Stahlplatte geführt, wodurch die Zeichnung auf der Walze im Relief erscheint. Dann wird die Walze gehärtet und dazu verwendet, auf einer weichen Stahlplatte Kopien des Originales zu erzeugen; diese Walzen können sehr oft gebraucht werden, bevor sie sich abnützen. Das Original wird nur zur Her stellung weiterer Walzen, aber nie zum Drucken selbst benützt. Gedruckt wird auf „Vier-Platten-Pressen”. Man hat vier Platten, damit die vier Verrichtungen: Farbenauftragung, Ab wischen, Polieren und Drucken gleichzeitig geschehen können. Dann gehen die Bogen unter einer Glaswalze durch eine Dextrin lösung, wodurch sie gummiert werden, und von hier werden sie durch Greifer in eine Trockenkammer befördert, in der sie in weniger als dreißig Sekunden getrocknet werden. Dann werden sie durch eine weiter unten beschriebene Vorrichtung in mehreren Richtungen gebrochen, um das Sich-Rollen der gummierten Bogen zu hindern, und schließlich werden diese Bogen von 400 Marken auf einer Schneide- und Perforiermaschine in zwei Ar beitsgängen perforiert und in Bogen von je 100 Marken geteilt. Dann erfolgt scharfe Durchsicht und hierauf das Zählen und Packen. Als Klebestoff dient Dextrin, das aus der teuersten Tapioca- stärke durch Rösten gewonnen wird. Im abgelaufenen Jahre wurden 450 150 Ibs. dieser Stärke verbraucht. Der Verbrauch an Druckfarben betrug 568 117 Ibs. Die Farben werden außer der gewöhnlichen Prüfung auf Schattierung einer besonderen Prüfung auf Beständigkeit unter worfen, die nach einem von Direktor Ralph entworfenen Ver fahren erfolgt. Die Veränderungen in den Farben geschehen näm lich unter dem Einfluß von Luft und Licht. Ueber die atmo sphärischen Einflüsse gibt die chemische Analyse Aufschluß, aber die Lichtbeständigkeit einer Farbe kann nur praktisch erprobt werden, wobei es natürlich unmöglich ist, einen Versuch vorzu nehmen, der jahrelang dauern würde. Nun hat man gefunden, daß eine Farbe, die durch drei Tage dem hellen Sommer-Sonnen- lichte ausgesetzt war und sich nicht verändert hat, tagelang dem zerstreuten Lichte eines gewöhnlichen Zimmers widerstehen kann. Die Menge chemisch wirksamen Lichtes, das die Sonne an einem wolkenlosen Sommertage abgibt, wurde photographisch ge messen. Da selbst sehr unbeständige Farben an einem Tage nur ganz wenig verblassen, so griff man zu folgendem Verfahren, um zu bestimmen, was für eine Wirkung eine längere Einwirkung haben würde. Ein Papierstreifen wurde mit der Farbe bedruckt und dem Lichte 1, 2, und 3 Tage ausgesetzt, wobei ein Teil mit schwarzem Papier bedeckt wurde. Indem man die bedeckten und die unbedeckten Teile des Papieres verglich, fand man, daß einige Farben täglich etwas mehr verblassen, während andere am ersten Tage etwas verblassen, sich nachher aber nicht mehr verändern. Man nahm an, daß die ersten mit der Zeit ganz ver schwinden würden, während die zweiten nach einem anfänglichen nicht sehr bedeutenden Blasserwerden sich nicht mehr ändern würden, eine Annahme, die durch weitere Erfahrungen bestätigt wurde, so daß heute nur noch Farben der ersten Klasse in der Staatsdruckerei verwendet werden. Jetzt werden diese Versuche mit einem künstlichen Lichte vorgenommen — der Quarz-Quecksilber-Lampe —, das so stark ultra-violette (chemisch wirksame) Strahlen besitzt, daß es be sondere Schutzvorrichtungen haben muß, weil sonst die Leute, die damit arbeiten, in wenigen Minuten Sonnenbrand bekämen. Bei der so getroffenen Auswahl wurde zwar etwas am Feuer der Farben geopfert, dafür aber an Weichheit gewonnen. Von Anilinfarben werden nur Rot und Farben, die Rot enthalten (Violett, Braun und Orange) verwendet; sonst gebraucht die Druckerei: für Gelb Chromgelb, für Blau Preußisch Blau und Ultramarine, und für Schwarz Beinschwarz, das eigentlich nichts anderes ist als Kohle. Das sind lauter Mineralfarben mit Ausnahme des Preußisch Blau, das teils organisch und teils unorganisch ist. Trotz aller Vorsicht lassen sich aber Schattierungen nicht vermeiden. Diese entstehen durch den sogenannten Oberton, den Farbton an der Oberfläche des Druckes, und den Unterton, den Farbton, der durch die Farbschicht durchscheint, welche beiden Töne sich trotz aller Vorsicht bei keiner Farbe gänzlich vermeiden lassen, ferner durch das Vergilben des Papiers. Es ist aber auch nicht, die Absicht der Druckerei, unzerstörbare Farben zu geben, da man sonst ohne Schwierigkeit den Post- stempel entfernen und die Marke wiederholt benutzen könnte, deshalb findet man, daß selbst schwache Säuredämpfe die Farben angreifen. Mr. Ralph führte dann eine Reihe von Beispielen an, die das vorzügliche Kontrollsystem der Druckerei beleuchteten, dem es zu verdanken ist, daß trotz der sehr großen Werte, die dort täglich durch die Hände der Angestellten gehen, bei wiederholten Revi sionen der Abgang auch nicht einer 1-Cent-Marke festgestellt werden konnte und kündigte schließlich die Vollendung einer neuen Maschine an, an der der technische Beirat der Druckerei, Mr. Stickney, sieben Jahre gearbeitet hat. Diese Maschine, eine Rotary-Presse, die schon in ganz kurzer Zeit laufen wird, führt 23 Arbeiten zu gleicher Zeit aus, druckt, gummiert, und per foriert die Marken, schneidet sie in Bogen von je 100 oder in Rollen von 500 oder 1000, und wird der Druckerei 65 v. H. oder 280 000 Dollar ersparen. New York, Dezember 1913 Albert Hirsch Unlauterer Wettbewerb durch Nachahmung der Reklame Von Dr. W. Stein, Leipzig Die Art der Nachahmung der Reklame, die man als Nach empfinden bezeichnen kann, ist leider an der Tagesordnung, ohne daß bisher wirksam dagegen eingeschritten werden konnte. Denn damit, daß dem anderen der gesetzliche Schutz für etwas versagt wird (beim Warenzeichen), das er sich widerrechtlich aneignete, ist dem Berechtigten keineswegs gedient. Ihm muß billigerweise das Recht eingeräumt werden, dem Nachahmer seiner Reklame, dem Benutzer seiner Idee deren ferneren Ge brauch zu untersagen. Sicherlich darf dieses Gebiet nur mit größter Vorsicht betreten werden, und überaus gelegen kommt eine Entscheidung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamburg (Aktenzeichen Bf V. 216/12), die wünschenswerte Klarheit schafft, und der grundsätzliche Bedeutung beizu messen ist. Das Landgericht Hamburg hatte dahin entschieden, daß mit einer verwechslungsfähigen nachgeahmten Bildreklame für ein anderes Fabrikat Reklame gemacht werden dürfe, sofern nur klar ersichtlich sei, daß die nachgeahmte Reklame ein anderes Fabrikat anpreisen solle. Das Oberlandesgericht Ham burg hob indessen das Urteil des Landgerichts auf und sprach die Verurteilung auf Unterlassung der nachgeahmten Reklame aus, da unlauterer Wettbewerb vorliege. In den Gründen ist folgendes ausgeführt: Unlauterer Wettbewerb kann auch in der Weise geschehen, daß jemand die Reklame eines anderen, weil er sie z. B. als originell und wirksam erkennt, nachahmt und für seine Ware verwendet in der Absicht, daß das Publikum auf diese Weise getäuscht werde und beide Erzeugnisse ver wechselt. Denn das Publikum sieht derartige Reklamebilder nur oberflächlich an, so daß es mehr das Bild der Reklame als den Namen der angepriesenen Ware sich einprägt. So kann es vorkommen, daß die Früchte einer wirksamen und kost spieligen Reklame von einem anderen geerntet werden, der nun mehr mit demselben — dem Publikum vertraut gewordenen — Reklamebild seine — andere — Ware anpreist. Wenn dies in der Absicht geschieht, das Publikum zu täuschen und in einer Weise, daß die Täuschung möglich ist, so liegt ein Verstoß gegen § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vor. Das Gericht bejaht beide Fragen. Die Gleichartigkeit der Reklame ist in die Augen fallend, auch wenn kleine Abweichungen vor handen sind. Das Gericht ist aber auch überzeugt, daß die Beklagte diese Irreführung des Publikums beabsichtigte. Die