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Nr. 12 PAPIER-ZEITUNG 413 kündigt euch erst nach der Höhe des Einfuhrzolles, ehe ihr Pack papier nach der Schweiz liefert, erkundigt euch bei den Schweizer Zollbehörden, die euch sagen werden, daß eure Pack-, Einschlag- und Tütenpapiere gar keine Packpapiere, sondern Druckpapiere sind, ,,andere“ zwar, aber doch Druckpapiere, die zu 10 Fr., keines falls etwa zu dem zwar schon sehr hohen, der Schweiz aber immer noch zu niedrigen Zollsätze von 7 Fr. verzollt werden müssen“. Hat aber der Schweizer Papiergroßhändler uns deutsche Papier fabrikanten warnen wollen, um uns üble Erfahrungen zu ersparen, oder wollte er vielleicht nur seine Geschäfte besorgen ? — Ja, höre ich einwenden, hat denn der Schweizer Papiergroßhändler nicht selbst ein Interesse daran, daß auch deutsches Papier nach der Schweiz zugelassen wird ? Gewiß ist diese Frage allgemein zu be jahen, aber es gibt zwei Arten Papiergroßhändler in der Schweiz: solche, die in allererster Linie die Erzeugnisse dieser oder jener Schweizer Papierfabrik verkaufen, und zum Teil an diesen Papier fabriken stark mit Kapital beteiligt sind, und solche, die da kaufen, wo sie gut und billig bedient werden. Die erste Art ist an Zahl klein, aber durch ihre Verbindungen mächtig; die zweite Art ist an Zahl größer, aber da diese Firmen nicht so gute Fühlung zueinander haben, bisher wenigstens nicht hatten, so konnten sie ihre Inte ressen nicht immer in genügender Weise wahren. Die erste Art Papiergroßhändler könnten eher als verkappte Papierfabrikanten bezeichnet werden, da die Interessen der Papierfabrikanten ihre eigenen sind, und von diesem Gesichtspunkte aus möge der „wohl meinende" Rat des Schweizer Papiergroßhändlers in Nr. 9 der Papier- Zeitung bewertet werden. Die neue Auslegung des Packpapierparagraphen seitens der Schweiz ist willkürliche Interessenpolitik. Damit werden lediglich die Interessen der Schweizer Papierfabrikanten vertreten, während die Schweizer Papiergroßhändler und die Papierverbraucher sowie die deutschen Papierlieferanten die Kosten werden bezahlen müssen, wenn es nicht gelingt, das seit Anfang 1906 bestehende und allein richtige Verzollungssystem wieder durchzubringen. Mit welcher Begründung die Schweiz die neue Auslegung des Packpapierbegriffs zu rechtfertigen sucht, geht aus einem Briefe der Schweizerischen Oberzolldirektion Bern an einen Schweizer Papiergroßhändler hervor, in dem gesagt ist, daß als Packpapiere nur diejenigen Papiersorten zu betrachten sind, welche sich als Druck-, Schreib-, Post- oder Zeichenpapiere nicht eignen, namentlich die Papiere, die aus minder sorgfältig zubercitetem Halbzeug hergestellt, stark wolkig, ungleichmäßig, wenig durchscheinend und nicht fein massig sind. Diese Definition für Packpapier sei in sachlicher An lehnung an das Vorgehen anderer Staaten in Verein mit Fachkreisen aufgestellt worden. Als solche nicht feinmassige usw. Papiere werden nun alle Papiere angesehen, die teilweise zur Herstellung von Tüten dienen und zu diesem Zwecke, wie allgemein üblich, meistens be druckt werden. (Muster anbei). Wie sieht nun aber die sachliche Anlehnung an die Definition anderer Staaten aus. ? In der Anmerkung zur Position des deutschen Zolltarifes 654 Packpapiere, in der Masse gefärbt, auch auf einer Seite glatt, Ver tragssatz 3 M. für 100 kg., ist ausdrücklich folgendes ausgeführt: „Als Packpapier werden ohne Unterschied des Stoffes, aus welchem das betreffende Papier hergestellt ist, alle Papiere behandelt, welche sich zur Verwendung als Druck-, Schreib-, Lösch- oder Zeichenpapier nicht eignen, insbesondere die Gattung der Tüten papiere, sowie die als Papier zum Einwickeln, Einschlagen oder Einpacken erkennbaren, in der Regel mehr oder weniger geleimten Papiersorten. Papiere dieser Art sind zum Satze von 3 M. für den dz auch dann zu verzollen, wenn sie auf beiden Seiten glatt oder ge glättet, in der Masse bunt gefärbt oder mit Gebrauchsanweisungen, Warenanpreisungen, Mustern und dergleichen bedruckt sind“. Der Zusatzvertrag zum Handels- und Zollvertrage zwischen Deutschland und der Schweiz, geschlossen am 12. November 1904 mit Wirkung vom 1. Januar 1906, der ein gegenseitiger ist, soll hiernach also von der Schweiz durchbrochen werden. Der Begriff Packpapier, der bisher von der Schweiz der geübten Zollpraxis nach der vorstehend angeführten Anmerkung zu § 654 des deutschen Zolltarifs entsprach, soll plötzlich eine Aenderung erfahren. Hinter all diesen Zollschwierigkeiten der letzten Zeit bei der Papiereinfuhr stecken, wie sich leicht feststellen läßt, die schwei- Zerischen Papierfabriken, und sie müssen sich einen großen Einfluß hei den Stellen zu verschaffen gewußt haben, die das letzte Wort in Zollangelegenheiten zu sprechen haben. In der Schweiz kommen in. den nächsten Wochen eine Reihe neuer Papiermaschinen in Be trieb und, daß zu gleicher Zeit, da mit den Vergrößerungen in der Schweiz begonnen wurde, die Zollplakcreien ihren Anfang nahmen, weist klar auf den Zusammenhang der Dinge hin. Die Schweizer Papierfabrikanten sind diejenigen Fachkreise, in deren Verein die neuen Zollauslegungen des Zolltarifes geschaffen wurden. Wie scharf diese Auslegungen sind, geht schon aus den beigefügten Mustern hervor, die durch die Schweiz. Zollbehörden als zu 10 Fr. verzollbar bestimmt worden sind, Papiere, die nichts weniger als feinmassig Sind im Vergleich zu den Druck-, Schreib- und Zeichenpapieren, die allein mit dem höheren Zollsatz von 10 Fr. betroffen werden sollten. Die Schweizer wirklichen Papiergroßhändler und Papierver- braucher werden als erste die Wirkung der neuen Richtung an sich Reibst verspüren müssen. Sie werden wissen, wie schnell sich die Schweizer Papierfabriken seiner Zeit dem ab L Januar 1906 in Kraft getretenen höheren Zollsätze durch Erhöhung ihrer Preise angepaßt haben. So wird es auch diesmal sein. Einstweilen sind immer wieder noch da, wo der Schweizer Papiergroßhändler den Zoll selbst zu tragen hat, die alten Sätze nachträglich und ausdrücklich als „Aus nahme“ zugelassen worden. Das soll aber zweifellos mit dem Augen blick aufhören, wenn die neuen Schweizer Papiermaschinen in Betrieb gekommen sind. 4 In zweiter Linie würden diejenigen deutschen Papierfabriken unter den neuen Verhältnissen zu leiden haben, die bei ihrer Lage im südwestlichen Zipfel Deutschlands seit Jahrzehnten nach der Schweiz geliefert haben und auf die Ausfuhr dahin ihrer Lage wegen angewiesen sind. Jene Fabriken sind ohnehin schon dadurch vielfach durch Schweizer Papier- und Zellulosefabriken geschädigt, daß ihnen in den badischen und bayrischen Wäldern die Preise für Zelluloseholz über Gebühr hinaufgetrieben werden, und ein erhöhter Zollschutz für die Schweiz auf Papier würde dieses Uebel noch vergrößern. Gegen die unrichtige Verzollung haben sich die Beteiligten tatkräftig beschwert, aber die Schweizer Behörden suchen die Er ledigung zu verschleppen, und der Einzelne ist dagegen machtlos. Mehr möchte man sich von einem Vorgehen der inzwischen um Schutz angerufenen deutschen diplomatischen Stellen versprechen, wenn diese die Angelegenheit mit dem Nachdrucke aufnehmen, der der Wichtigkeit der Sache im Hinblick auf die geübte Willkür der Schwei zerischen Zollbehörden zukommt. Was würden andere Staaten sagen, wenn Deutschland sich eine ähnliche Willkür zuschulden kommen ließe ? 1 Pfb. Zeitungspapier in Italien (Aus „Corriere della Sera", Mailand) Die Leser beklagen sich oft über die Minderwertigkeit der hiesigen Zeitungspapiere, ohne wahrscheinlich zu wissen, daß Italien zu jenen Ländern gehört, die ihr Zeitungspapier am teuersten be zahlen müssen. Dies rührt hauptsächlich daher, weil die italienischen Papierfabrikanten durch hohen Eingangszoll geschützt sind und sich deshalb nicht bemüßigt fühlen, so leistungsfähige Anlagen ins Leben zu rufen, welche ihnen ermöglichen würden, Zeitungs papier zu annehmbarem Preise abzugeben. Die meisten Fabriken sind nur mit schmalen Maschinen versehen und suchen darauf möglichst wenig Zeitungspapier zu erzeugen, weil sie daran infolge der mangelhaften Einrichtung zu wenig Gewinn erzielen. Mit dieser sehr wichtigen Frage beschäftigt sich die Ver einigung der Herausgeber italienischer Tagesblätter; da aber die vielen Unterhandlungen mit den Papierfabrikanten zu keinem freundschaftlichen Einverständnis führen konnten, bemüht sich oben genannte Vereinigung um Verminderung des Eingangszolles. Wäre nämlich dadurch ausländischer Wettbewerb möglich, so würden die italienischen Papierfabrikanten in ihrem eigenen Interesse mit geeigneten Anlagen viel mehr Zeitungspapier zu niedrigerem Preise herstellen. Die Unionc degli editori di giornali quotidiani in Italia beschloß in ihrer letzten Versammlung folgende Erklärung: „Die Zeitungsverleger haben infolge des erhöhten Verkaufs der letzten Monate ihren schon bei Ausbruch des Krieges kleinen Papiervorrat verbraucht, und es gelingt ihnen jetzt nur mit Mühe, den knapp bemessenen Bedarf zu decken, obwohl sie sich an alle Papierfabriken, die Zeitungspapier herstellen könnten, gewandt haben und häufig minderwertiges Papier zu übermäßigem Preise verarbeiten mußten. Nun wird der Eintritt wichtiger Ereignisse neuerdings einen erhöhten Papierverbrauch zur Folge haben, den aber die Papierfabrikanten nicht befriedigen könnten. Ja selbst beim regelmäßigen Verbrauch würde die Störung des Betriebes in einer größeren Fabrik genügen, um das Erscheinen der Haupt- Tagesblätter zu hindern. Die italienischen Papierfabrikanten haben bisher, obwohl seit geraumer Zeit von dem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt, nichts zur Beruhigung der Verleger getan, vielmehr haben alle die Fabri kanten, die keine Verträge mit den Verlegern abgeschlossen hatten, deren Verlegenheit benutzt, um übermäßige Preise für oft unbrauch bares Papier zu fordern. Als die Vereinigung der Papier-Fabrikanten zu einer gemeinsamen Besprechung am 18. Januar in Turin zusammen trat, erklärte sie, daß die Erzeugung nach ihrer Berechnung mehr als ausreichend sei, und versprach in unbestimmter Weise Er höhung der Erzeugung. Dies hat die Verleger in keiner Weise be ruhigt. Sie sind vielmehr überzeugt, daß diese Lage hätte verhütet werden können, und daß sie Papier zu bedeutend niedrigerem Preise erhalten könnten, wenn die italienischen Papierfabrikanten nicht unter dem Schutz des hohen Eingangszolles auf Zeitungspapier (12% Lire die 100 kg für Papier, das im Auslande 25 Fr. und noch weniger kostet) ihre Einrichtungen zur Erzeugung von Zeitungs papier im schlechtesten Zustande belassen hätten. Die Papierfabrikanten wurden vor 2 Monaten von den Ver legern um Angabe der Bedingungen ersucht, die zur Verbilligung des Papiers führen könnten, sie haben jedoch bis heute keinen Vor schlag gemacht. Und doch haben dieselben Fabrikanten in Privat gesprächen die Möglichkeit zugegeben, daß durch moderne Betriebs- Einrichtungen auch in Italien das Zeitungspapier bedeutend billiger, als es jetzt der Fall sei, abgegeben werden könnte. Mit Rücksicht auf all dies beschließt der Verein der Zeitungsverleger, sofort mit allen Mitteln und unter Verständigung mit allen Papierverbrauchern an die Beseitigung der beklagten Uebelstände zu gehen.“