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219, 21. September 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 10801 Sitzungen entwickelt wurden. Herr Ernst Röthlisberger, der das internationale Bernerbureau vertrat und General berichterstatter über diese Vorgänge war, hatte die Übersicht in vier Abschnitte eingeteilt, und man wird aus der kurzen, trockenen, hier folgenden Aufzählung ersehen, daß die Er eignisse in dem Zeitraum, der den Luxemburger Kongreß von seinem Vorgänger, dem Kopenhagener Kongreß, trennte, aus nahmsweise zahlreich und instruktiv waren. I. Revidierte Berner Übereinkunft. Der Bericht erstatter faßte in großen Zügen die von der Berliner Kon ferenz erzielten oder auch nicht erzielten Ergebnisse zusammen, setzte den Stand der Ratifikationen am 1. September 1910 auseinander und erwähnte die von drei Staaten gemachten Vorbehalte, sowie die Tragweite solcher Vorbehalte überhaupt; dann besprach er die in folgenden Verbandsstaaten zutage getretenen Bestrebungen und auf dem Gesetzeswege getroffenen Ausführungsmaßnahmen: Deutschland (Gesetz vom 22. Mai 1910 und Ausführungsverordnung vom 12. Juli 1910; Frage der Ausdehnung der Schutzdauer); Belgien (Parlamen tarischer Bericht über die Berner Konvention; vorgesehener Beitritt des Kongo zu derselben; Frage der Aufführung musikalischer Werke); Dänemark (Revision der internen Ge setzgebung); Spanien (Opposition gegen die vollständige An erkennung des Übersetzungsrechtes); Frankreich (Gesetz vom 14. Juli 1866; Rechtszustand der Werke der angewandten Kunst); Großbritannien (Außerparlamentarische Kommission; Reichskonferenz über das 6op^rigb1); Italien (Widerstand gegen die Ausdehnung des Übersetzungsrechtes und gegen die einheitliche Schutzfrist); Japan (Gesetz vom 14. Juli 1910); Luxemburg (Verordnung vom 14. Juli 1910); Norwegen (Opposition der Vertreter der periodischen Presse gegen den neuen Artikel 9 der Übereinkunft von 1908); Schweiz (Fragen betreffend die kunstgewerblichen Werke, die mechani schen Musikinstrumente und die Schutzfrist). Ganz besonders hervorgehoben wurden in Form einer eingehenderen Zer gliederung das so wichtige deutsche Gesetz vom 22. Mai 1910, sowie die Vorarbeiten für die Kodiftzierung der englischen Gesetzgebung. Hinsichtlich der Nichtverbandsländer sprach der Bericht erstatter von den durch Herrn Solberg gemachten An strengungen, um die revidierte Berner Konvention in den Vereinigten Staaten bekannt zu machen, sowie von der Ein reichung des von der holländischen Regierung ausgearbeiteten Gesetzentwurfes betreffend den unter gewissen Vorbehalten zu vollziehenden Beitritt Hollands zur Berner Konvention von 1908, welche Nachricht von der Versammlung mit hoher Be friedigung ausgenommen wurde und ihren Niederschlag in einer besonderen Resolution fand (s. u.). Als Sanktion für einzelne Stellen aus diesem Abschnitte des Berichtes sind die zwei allgemein gehaltenen Wünsche zu erwähnen, die vom Kongreß an die Verbands- und an die Nichtoerbandsländer gerichtet werden. Die Assoziation läßt es sich hier angelegen sein, wie auf dem Kopenhagener Kongreß zu erklären, daß sie grundsätzlich gegen das System der Vorbehalte auftritt, das nach ihrer Ansicht von den Ver bandsländern eigentlich gar nicht benutzt werden dürfte und das die der Union noch ferngebliebenen, aber den Beitritt wünschenden Länder nur im engsten Rahmen, d. h. nur als äußerstes Zugeständnis anwenden sollten. II. Gesetzgeberische Arbeiten außerhalb des direkten Bereiches der Berner Konvention. In diesem in der letzten Arbeitssitzung behandelten Kapitel ließ Herr Röthlisberger die auf parlamentarischem und verwaltungstechnischem Gebiete in folgenden Ländern einge tretenen neuen Vorgänge Revue passieren: Deutschland (Gesetz über den unlautern Wettbewerb vom 7. Juni 1909; Entwurf einer Strafprozeßordnung mit einer Einschränkung betreffend Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. die Ausübung des Urheberrechts); Österreich-Ungarn (gegen seitige Beziehungen in Sachen des Schutzes der musikalischen, auf mechanische Instrumente übertragenen Werke); Belgien (Schutz der Kunstwerke und der gewerblichen Muster und Modelle); Spanien (Königl. Dekret vom 8. April 1910; außergesetzliche Erleichterungen zur Erfüllung der Formali täten); Frankreich (Gesetz vom 9. April 1910 betreffend das Vervielfältigungsrecht an Kunstwerken; Forderung eines Rechtes auf den Mehrwert bei Verkäufen von Kunstwerken); Griechenland (Sondergesetze vom 11. Dezember 1909 und 29. März 1910); Italien (Gesetz betreffend Hinterlegung von Pflichtexemplaren vom 7. Juli 1910); Norwegen (Photographie gesetz vom 11. Mai 1909); Rußland (Gesetzentwurf betreffend Schutz des Urheberrechtes); Türkei (Neues Urheberrechtsgesetz vom 8. Mai 1910). III. Literarverträge. Im Abschnitt betreffend den internationalen, durch besondere Abmachungen vereinbarten Autorschutz hatte der Berichterstatter von den zwei Verträgen zu sprechen, die Rumänien mit Österreich (allein, ohne Ungarn) und Belgien geschlossen, sodann von dem zwischen Frankreich und Japan Unterzeichneten Vertrage zur Er zielung des gegenseitigen Schutzes ihrer Autoren in China; ferner von der allgemeinen Proklamation, durch die am 9. April 1910 der Präsident der Vereinigten Staaten die Bestimmungen des neuen amerikanischen Copyrightgesetzes auf 16 verschiedene Länder ausgedehnt hatte; vom Entwurf einer Literarkonvention, den ein besonderer Ausschuß der in Buenos-Aires versammelten vierten amerikanischen Kon ferenz am 26. Juli 1910 verfaßt hatte, endlich von den in der gleichen Stadt unternommenen Schritten zur Erlangung eines wirksameren Schutzes der fremden Autoren in der Argentinischen Republik. (S. Droit ä'Vutsur, gl. Nummer, S. 127.) IV. Judikatur. Hier mußte der Berichterstatter sich darauf beschränken, einzelne grundsätzliche Entscheidungen zu erwähnen; sie betreffen die Werke der Baukunst (Belgien), die Werke der angewandten Kunst (Deutschland), den Brief schutz (Deutschland, Belgien, Frankreich), die mechanischen Instrumente (Deutschland, Ungarn), die kinematographischen Erzeugnisse (Frankreich, Schweiz) und die Wohltätigkeits konzerte (Schweiz). Diese allgemeine Übersicht gab zu einer Reihe inter essanter ergänzender Mitteilungen Anlaß, die einzelne Kon greßteilnehmer machten und die im folgenden zusammen gefaßt werden sollen: Dänemark. Herr K. Glahn, Sekretär des Kultus- und Unterrichts ministeriums und offizieller Vertreter der dänischen Regie rung am Kongreß, führte aus, warum die Ratifikation der Berner Konvention von 1908 seitens seines Landes noch nicht erfolgen konnte. Die parlamentarische Beratung über die beiden Gesetzesentwürfe, durch die vorgängig die interne Gesetzgebung mit dem neuen Rechtszustand in der Union in Übereinstimmung gebracht werden sollte, mußte wegen der politischen Krisis verschoben werden. Das jetzige Ministerium wird sie aber dem Parlament nach dessen Wiederzusammen- tritt neuerdings vorlegen und hofft, der revidierten Kon vention bis zum nächsten Frühjahr — und zwar ohne Vor behalt — beitreten zu können, wenn diese Entwürfe an genommen werden. Allerdings hat sich eine gewisse Opposition gegen die absolute Anerkennung des Über setzungsrechtes geltend gemacht, da die Zeitungsredaktoren Schwierigkeiten für die Wiedergabe von Feuilletonromanen in Übersetzungen befürchten. Dagegen hat die Regierung den Wunsch, den ihr letztes Jahr der Kongreß von Kopenhagen ausdrückte, es möchte anläßlich der Durchsicht des Urheberrechtsgesetzes von 1904 1404