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Nr. 66. Grohenhainer Unterhaltung-- und Anzeigevkatt. Seite 2. Lothringen seit zwölf Jahren mit Deutschland wieder ver einigt ist, von den Vertretern des Landes bei den parla mentarischen Verhandlungen deutsch gesprochen werde. Ein Nachgeben der Regierung nach dieser Richtung würde ihr unfehlbar von ihren Gegnern in den Reichslanden als Schwäche ausgelegt und demgemäß ausgebeutet werden, und desto energischer muß die Negierung auf Ablehnung dieses Antrages bestehen. Auch sollte man meinen, daß den betreffenden Mitgliedern des Landesausschusses Zeit genug gelassen wäre, sich mit der deutschen Sprache hinreichend bekannt zu machen; im Uebrigen muß es den Wählern an heimgestellt werden, ob sie sich auch fernerhin durch Ab geordnete vertreten lassen wollen, die bei ihrer Unkenntniß der deutschen Sprache zu stetem Schweigen bei den Landes ausschuß-Verhandlungen verurtheilt wären. Was den zweiteu Antrag der reichsländischen Abgeord neten auf Beseitigung des Dictaturparagraphens anbelangt, so ist es sehr fraglich, ob jetzt schon der Zeitpunkt hierzu gekommen ist. Dieser Paragraph ermächtigt bekanntlich den Statthalter, bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit alle zur Abwendung einer solchen Gefahr erforderlichen Maßregeln zu treffen; die dem Anträge beigegebenen Motive behaupten nun, daß die Elsaß-Lothringer sich während der Zeit ihrer Zugehörigkeit zu Deutschland stets ruhig und friedliebend gezeigt hätten und deshalb ein Ausnahmegesetz gegen sie unnöthig sei. Wenn man auch ersteres zugeben kann, so ist hiermit doch noch nicht bewiesen, daß der Dictaturparagraph überflüssig erscheint. Niemand, der mit den Verhältnissen und der Stimmung in gewissen elsässischen Kreisen nur einigermaßen vertraut ist, wird leugnen, daß das einstweilige Weiterbestehen des Dictaturparagraphen in i>en Reichslanden als ein Gebot der Nothwendigkeit erscheint und die Regierung würde sicherlich ein gefährliches Experiment begehen, wenn sie in die Aufhebung dieses Ausnahme gesetzes willigen wollte, das gerade mit dazu beigetragen hat, die Ordnung und Ruhe in den Reichslanden aufrecht zu erhalten. Es kann indessen schon jetzt als gewiß gelten, daß man an leitender Stelle in Berlin weder diesem noch dem ersterwähnten Anträge Folge zu geben geneigt ist und auch im Reichstage wird sich hierfür keine Majorität finden. Die einzigen Parteien, bei denen die elsaß-lothringischen Abgeordneten auf volle Sympathie für ihre Anträge rechnen können, die polnische Fraction und die Socialdemokraten, sind viel zu schwach, als daß sie ihren Einfluß zu Gunsten dieser Anträge in bemerkenswerther Weise geltend machen könnten, und wenn einzelne Centrumsmitglieder den beiden Anträgen durch ihre Unterschrift ihre Unterstützung verliehen haben, so ist hiermit noch nicht gesagt, daß auch das Gros dieser Partei für die reichsländischen Forderungen stimmen würde. Jedenfalls aber werden sich die conservativen wie die liberalen Parteien diesen Anträgen gegenüber ablehnend verhalten, womit das Schicksal derselben besiegelt erscheint. Tagesnachrichten. Großenhain. Von dem Comito der Dresdner Pferdeausstellung war diesmal ursprünglich nur die Prämiirung von Pferden in Aussicht genommen; nachträglich hat dasselbe jedoch sich veranlaßt gefunden, auch eine Prä miirung für vorzügliche Leistungen auf industriellem Gebiete eintreten zu lassen. Die silberne Medaille als erster Preis und außerdem ein Ehrendiplom erhielten die Gebrüder Zander in Meißen für die von denselben ausgestellten drei Wagen. Diesen Preis der Ausstellung hatte bisher nur der Hofwagenbauer Gläser in Dresden erhallen. Bronzene Medaillen erhielten Wagenbauer Gall in Bautzen für ein vorzüglich construirtes Kranz vordergestelle, Kelle in Dresden für ein geschmiedetes Vordergestelle und Riemer Keil in Großenhain für einen äußerst sauber geflochtenen Zaum. Von den ver liehenen vier Preisen sind demnach drei an Industrielle aus der Provinz gelangt. — Ein Taubstummer, namens Karl Döring, colportirt hier und in der Umgegend ein Schriftchen unter dem Titel: „Des Menschen irdisches Dasein eine Weissagung auf das überirdische Leben." Der Ertrag aus dem Verkauf ist zum Besten des Unterstützungsfonds für alte, erwerbsunfähige Taubstumme bestimmt, in erster Linie für ein Asyl, welches ältere, von leiblicher Schwäche und Noth heimgesuchte weib liche Taubstumme aufnehmen soll. Möge sich auch bei dieser Gelegenheit der anerkannte Wohlthätigkeitssinn der hiesigen Bewohner wieder bewähren, damit obenbezeichneter Mann, wenn er anklopft, nicht unverrichteter Dinge abziehen muß, vielmehr einen regen Absatz des Schriftchens (das Exemplar kostet 30 Pf.) findet. Sachsen. Der deutsch-italienische Handelsvertrag vom 31. December 1865, sowie der zwischen beiden Theilen ab geschlossene Schifffahrtsvertrag vom 14. October 1867, die am 31. vor. Mts. außer Kraft treten sollten, bleiben nach neuerer Vereinbarung bis zum 31. Juni 1883 in Kraft. Der landwirthschaftliche Kreisverein zu Dresden, dessen Wirkungskreis sich über die Kreishauptmannschaft Dresden erstreckt und dessen Verbände zur Zeit 100 Vereine mit 5400 Mitgliedern angehören, hält seine diesjährige Haupt versammlung am 15. d. M. in Neustadt bei Stolpen ab. Die Tagesordnung umfaßt die Erstattung des Geschäfts berichts und einen Vortrag des Herrn Landesthierarzt Pro fessor Or. Siedamgrotzky über das Reichsviehseuchengesetz. Mit Rücksicht auf diesen Vortrag darf auf einen zahlreichen Besuch dieser Versammlung geschlossen werden, zumal die Reise nach Neustadt über Schandau-Sebnitz eine äußerst lohnende ist. Den mit den Frühzügen in Neustadt Ein treffenden soll eine interessante Unterhaltung insofern geboten werden, als die Besitzer dortiger renommirter Messerwaaren-, Blumen - und Knopffabriken den Besuch ihrer Etablissements gestattet haben. Die Zahl der Studirenden an der Universität Leipzig beziffert sich im laufenden Sommersemcster auf 3111, darunter 1319 Inländer (Sachsen) und 1792 Ausländer. Auf die theologische Facultät entfallen 574, auf die ju ristische 723, auf die medicinische 502 und auf die philo sophische 1312 Studirende; hierzu kommen noch 55 Hörer, so daß sich eine Gesammtzahl von 3166 Besuchern der Universität ergiebt. Der „Allgemeine Handwerkerverein" in Dresden veran staltet behufs Gesuchs der Nürnberger Ausstellung eine Extrafahrt dahin. Dieselbe wird am 15. Juli stattfinden, und zwar zu außergewöhnlich ermäßigten Preisen bei 14- tägiger Giltigkeitsdauer der Billets. In der Kirche zu Hermsdorf bei Frauenstein wurde am 24. Mai ein Kind getauft, von welchem nicht nur Vater, Großvater und Urgroßvater, sondern auch die Mutter des Urgroßvaters, also die Ururgroßmutter, dort leben und sich alle guter Gesundheit erfreuen. Aus Zwickau schreibt man dem „Dr. I." unterm 5. Juni: Zu dem hier in der äußern Schneeberger Straße wohnenden Pfandleiher Gräßer kam heute Nachmittag der bisher in hiesiger Stadt beschäftigt und in Schedewitz wohnhaft ge wesene Schuhmachergehilfe Karl Moritz Friedrich Weidauer, 32 Jahre alt, welcher vor einiger Zeit bei Gräßer'n eine Uhr verpfändet hatte, um sich angeblich nach dem Betrage der bis jetzt aufgelaufenen Zinsen zu erkundigen. Während des Gespräches brachte Weidauer Plötzlich einen über ein Kilo schweren, von ihm verborgen gehaltenen Stein hervor und versetzte mit demselben dem auf dem Sopha sitzenden Greis mehrfache Schläge auf den Kopf, fuhr auch Letzterem mit der Hand in den Mund, sah sich jedoch, da Gräßer ihm einen heftigen Biß in einen Finger beibrachte, gezwungen, sein Opfer zunächst loszulassen. Als Gräßer hierauf um Hilfe rief, ergriff Weidauer die Flucht, während es Er sterem gelang, sich bis vor die Vorsaalthür zu schleppen, woselbst er bewußtlos zusammenbrach. Weidauer, ein wegen Diebstahles schon wiederholt mit Gefängniß und Zuchthaus bestrafter Mensch, wurde kurze Zeit nach verübter That in einem hiesigen Gasthofsgrundstücke, woselbst er sich verborgen hatte, von der Polizei ergriffen. Die dem Pfandleiher Gräßer, einem schon 72jährigen Manne, von Weidauer'n beigebrackten Kopfverletzungen sind übrigens nach ärztlichem Ausspruche sehr schwerer Natur. Vergangene Woche wurde in der Mulde bei Colditz der Leichnam eines stark verwesten, ungefähr 40 Jahre alten, nur mit einer Unterhose bekleideten unbekannten Mannes aufgefunden. Da die linke Seite der Hirnschale eingeschlagen war, so ist ein Verbrechen nicht ausgeschlossen und hat die dasige Amtsanwaltschaft die nöthigen Schritte veranlaßt. Am 5. Juni Vormittags ereignete sich in Remse eine Explosion des Dampfkochers in der Holzstofffabrik, wobei das Dach durchschlagen wurde und einzelne Stücke über den Bahnkörper und die benachbarten Häuser flogen; sonstigen Schaden hat die Explosion nicht angerichtet. In Buchholz wurde am 1. Juni Abends der Handarbeiter Gropp gen. Walther aus Schlettau von dem Handarbeiter Emil Otto aus Buchholz mit einer Art Holzkeule derartig auf den Kopf geschlagen und verletzt, daß er bewußtlos vom Platze getragen werden mußte; erst am anderen Morgen hat er das Bewußtsein wieder erlangt und soll sein Zustand ein bedenklicher sein. Der Thäter wurde noch am nämlichen Abend zur Haft gebracht. Deutsches Reich. Die parlamentarische Campagne ist mit der am Dienstag im Reichstage begonnenen zweiten Lesung der Novelle zum Zolltarif wieder fortgesetzt worden. Nach Beendigung der Debatten über diesen Gegenstand, welcher das Haus wahrscheinlich durch mehrere Sitzungen hindurch in Anspruch nehmen wird, ist die zweite Berathung der Monopolvorlage in Aussicht genommen. Wie jetzt ver lautet, gedenkt sich der Reichskanzler, welcher am 5. Juni Abends in Berlin eintraf, an dieser zweiten Lesung der Monopolvorlage zu betheiligen. Was die Thätigkeit der einzelnen Reichstags-Commissionen anbelangt, so hat die Monopolcommission den Bericht festgestellt, welcher 21 Druck seiten mit einer Zusammenstellung sämmtlicher Petitionen enthält. Die Gewerbeordnungscommission setzte am Montag ihre Berathungen bis zu § 42 fort; dieser Paragraph, der von dem selbstständigen Betriebe eines stehenden Gewerbes handelt, wurde unter Ablehnung aller liberaler Amendements mit einzelnen unwesentlichen Abänderungen angenommen. Die Commission für die Unfall- und Krankenversicherungs- Vorlagen hat am gleichen Tage den § 4 der Kranken versicherungsvorlage genehmigt, welcher das Princip der Gemeindeversicherung enthält. Am Dienstag wurde bei § 6 ein Antrag der Abgg. Buhl und Müller angenommen, der die Bestimmung der Regierungsvorlage beseitigt, wonach die Krankenkassen die Unterstützung bei durch Unfall ent standenen Krankheiten leisten sollen. Sämmtliche Mitglieder des Reichstags haben jetzt von der Gotthardbahn eine Karte zur einmaligen Hin- und Rückfahrt der Strecke Luzern - Rothkreuz - Airolo, bis zum Ende des Jahres 1882 zu benutzen, erhalten. Ueber das schmerzliche Ereigniß, welches den 81 Jahre alten Prinzen Karl, den Bruder unseres Kaisers, in Kassel betroffen hat, theilt man der „9!. A. Z." noch mit, daß der Prinz sich am Sonnabend nach eingenommenem Diner durch Umhergehen im Zimmer einige Bewegung verschaffen wollte und dabei den vom Kammerdiener ihm zur Stütze dargebotenen Stock dankend ablehnte, da er sich kräftig genug fühlte, ohne denselben seine Promenade ausführen zu können. Hierbei muß der Prinz ausgeglitten sein und ist leider so schwer gefallen, daß er sich einen Bruch des linken Schenkelhalsknochens zugezogen. Die anfangs hef tigen Schmerzen haben nach Anlegung des Verbandes sich gemindert; der Kräftezustand war den Umständen nach be friedigend, einiger Appetit vorhanden. Fieber ist bis zum 6. Juni nicht eingetreten. Oesterreich. Nachdem das Programm des Sections- chefs v. Kallay betreffs der Verwaltung der occupirten Provinzen die Zustimmung sämmtlicher maßgebenden Kreise erlangt hat, ist dessen Ernennung zum gemeinsamen Finanz minister vollzogen worden. Am 5. Juni legte v. Kallay als Reichsfinanzminister den Eid in die Hände des Kaisers ab. Das kronprinzliche Paar begiebt sich am Sonntag früh von Reichstadt nach Berlin, indem Kronprinz Rudolf bei der Taufe des Sohnes des Prinzen Wilhelm in Vertretung seines kaiserlichen Vaters als Pathe fungiren wird. Aus Lemberg wird gemeldet, daß die von verschiedenen Blättern gebrachte Nachricht von der Aufstellung eine- Militärcordons an der russischen Grenze zur Hintanhaltung der Einwanderung der jüdischen Bevölkerung aus Rußland der Begründung entbehre. Es ist nur eine strengere Hand habung der Vorschriften über den Grenzverkehr angeordnet und die Gendarmerie angewiesen worden, darüber zu wachen, daß die Juden nur an den erlaubten Punkten über die Grenze gehen. Italien. In der Deputirtenkammer hielt der Präsident am 3. Juni Garibaldi einen warmen Nachruf. Die im Anschluß hieran von dem Präsidenten eiugebrachten Anträge, betreffend die Suspendirung der Kammersitzungen bis zum 12. Juni, eine zweimonatige Trauer, die Entsendung einer Deputation nach Caprera zur Theilnahme an der Begräbniß- feier, die Theilnahme in corpore an den Feierlichkeiten in Rom und das Anbringen einer Gevächtnißtafel im Sitzungs saale der Kammer, wurden einstimmig angenommen. Auf den Antrag des Ministerpräsidenten wurden ferner folgende Gesetzentwürfe angenommen: betreffend die Verschiebung der Nationalfeier auf den 18. Juni, die Bestreitung der Be- gräbnißkosten durch den Staat, die Errichtung eines natio nalen Denkmals unter Mitwirkung des Staates und die Bewilligung einer Pension von je 10,000 Francs für die Witwe und jedes der fünf Kinder Garibaldi's. Officiell wird gemeldet, daß Prinz Wilhelm von Preußen den König Humbert zur Uebernahme der Pathenstelle bei seinem neugeborenen Sohne eingeladen und der König diese Einladung angenommen hat. Am 4. Juni Mittags erschien in Rom ein clericales Witzblatt mit einem gegen Garibaldi gerichteten Artikel; als die eben vor der Universität versammelten Studenten dies erfuhren, eilten alle, 50 an der Zahl, in die Bureaux und die Druckerei des Journals, schlugen die Thüren ein, warfen die Setzerkästen zu Boden, verstreuten die Lettern, schlugen die Scheiben ein, rissen das Ankündigungsschild von der Mauer herunter und schleppten es durch die Straßen. Einen herbeieilenden Hauptmann empfingen sie mit dem Rufe: „Hoch das Heer!" Frankreich. In der Deputirtenkammer gelangte am 5. Juni der Gesetzentwurf, betreffend die Bewilligung eines Credits von 14 Millionen Francs zur Bestreitung der Kosten für die tunesische Expedition im zweiten Halbjahre d. I., zur Vertheilung. — Für den 6. Juni stand die von dem Deputirten Lanesson eingebrachte Interpellation wegen der Vorgänge im lateinischen oder Studentenviertel in Paris mit auf der Tagesordnung. Von dem Ausgange dieser Verhandlungen wird es abhängen, ob der Pariser Polizei- präfect Camescaffe auf seinem Posten bleibt oder den Wogen der gegen ihn erregten öffentlichen Meinung zum Opfer fallen wird. Der durch und durch radicale Gemeinderath von Paris will diese ganze Angelegenheit dazu benutzen, die Polizeiverwaltung der Hauptstadt selbst in die Hand zu bekommen. Das hieße in der That, die Polizei von Paris in die Hände der Communards ausliefern, und die fran zösische Negierung dürfte darum wenig Lust verspüren, der ohnehin schon sehr selbstständigen Pariser Stadtverwaltung noch neue Rechte und Befugnisse einzuräumen. Die Budgetcommission der Kammer verwarf am 2. d eine Reihe von radicalen Amendements, welche auf die Streichung des Cultusbudgets der Colonien und auf die Wegnahme der bis jetzt den Bischöfen und den Seminaren belassenen Staatsgebäude abzielten. Das Cultusbudget der Colonien (847,000 Frcs.) wurde um 58,600 Frcs. reducirt. England. Das Unterhaus nahm am 5. Juni zum Schluß den Art. 1 der irischen Zwangsbill mit 227 gegen 39 Stimmen und sodann den Art. 2 ohne Abstimmung an, worauf die Debatte vertagt wurde. Die „Times" empfehlen, England solle bei den inter nationalen Unterhandlungen betreffs Egyptens die Führung übernehmen, weil Englands Interessen dort größer seien, als die irgend eines anderen Landes. Der irische Oberrichter Baron Pallas beklagte anläßlich der am Freitag erfolgten Eröffnung der Dubliner Assisen, daß die Zahl der unentdeckten Verbrechen und Vergehen in Irland über 70 Procent betrage, ein Umstand, der zu ernstem Nachdenken zwinge. — Baron Fitzgerald, ein her vorragender irischer Richter, hat erklärt, er werde, sobald die neue Zwangsbill Gesetzeskraft erhalten habe, sein Amt niederlegen, da er es nicht mit seinem Gewissen in Ueber einstimmung bringen könne, die Obliegenheiten zu erfüllen, welche dieses Zwangsgesetz den irischen Richtern auferlege, d. h. Verbrechen ohne Zuziehung von Geschworenen ab- zuurtheilen. Rußland. Nachdem aus dem Czarenreiche lange Zeit hindurch so gut wie gar keine Nachrichten über die nihi listische Bewegung eingegangen waren, dringen wieder un heimliche Gerüchte über die Grenzen Rußlands hinaus. In Moskau sott eine Dynamit-Mine entdeckt worden sein, und der Generalgouverneur von Moskau, Fürst Dolgoruki, bemüht sich deshalb um seine Demission, weil er für die Katastrophe, deren Wahrscheinlichkeit man annimmt, nicht verantwortlich sein will. Ferner wurde am Boulevard Twer ein Offizier verhaftet, welcher geäußert hatte, der Czar möge sich verbergen, wie er wolle, ermordet werde er schließlich doch noch werden, wenn nicht anders, so durch einen Militär, da unter dem Militär Viele zur Vollziehung einer solchen That bereit seien. Diese Nachrichten, voraus gesetzt, daß sie sich bestätigen, werden ohne Zweifel das Gemüth Alexander III. von Neuem umdüstern und ihn wieder in seine kaum erst abgestreifte Abgeschlossenheit hineintreiben. Türkei. Die in Konstantinopel erwarteten preußischen Offiziere sind dort am 28. Mai angekommen. Atan sagt in Hofkreisen, der Sultan beabsichtige seiner Stimmung für Deutschland einen neuen Ausdruck zu geben, indem er dem deutschen Kronprinzen einige edle Pferde zum Geschenk mache; eine Abordnung, wahrscheinlich unter Führung Reschid Bey's, der mit Ali Nizami zusammen die frühere Ordensgesandtschaft an den deutschen Kaiser bildete, soll das Geschenk überbringen.