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10590 VSOenbloU f. d. Dtlchn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 22». I. Oktober 1908. Großen Staub wirbelte die Forderung einer Gruppe von Verlegern illustrierter Zeitschriften aus wegen Unter zeichnung eines Reverses. Der Vorstand hat diese Forde rung als unberechtigt energisch bekämpft. Bekanntlich ist es zu einer Rücknahme der Reverssorderung gekommen. Das Schreiben des Zentraloorstandcs der »Allgemeinen Vereinigung deutscher Buchhandlungsgehilfen« wurde dahin beantwortet, daß der Vorstand nicht gewillt sei. seinen Mit gliedern die Tabelle der Mindestgehälter als verbindlich zu empfehlen. Die brennendste Frage, die Rabatterhöhung bei Novi täten. ist keine theoretische geblieben. Die Geschäftspraxis hat sie bereits zu lösen begonnen, indim viele neue Er scheinungen der Belletristik, der populären Naturwissenschaft ic. mit 30 Prozent in Kommission gegeben werden. Auch der deutsche Verlegerverein hat in seiner diesjährigen Haupt versammlung eine freundliche Stellung dazu genommen. I» betreff der Reoision der Verkehrsordnung hat der Vorstand in einer außerordentlichen Zusammenkunft vom 29. Juni in Cöthen die ganze Materie einer gewissenhaften, sorgfältigen Durchsicht unterzogen und dabei die Wünsche der Mitglieder sowie andere geeignete Revisionsvorschläge ge bührend berücksichtigt. Die Revision ist dem Börsenverein zugestellt worden. Eine vom Böcsenvereins-Vorstand kürzlich gegebene An regung. die Kreisvereine möchten in ihren Bezirken eine Ver tretung des Buchhandels in den Handelskammern austreben, ist dahin beantwortet worden, daß die Handelskammern für rein buchhändlerische Fragen in den meisten Fällen versagen und ihr Einfluß auf die Geschäfte des Provinzialbuchhandels unerheblich sein werde. Eine Umgestaltung des »Osfiziellen Adreßbuches- scheint der Verwirklichung näher zu kommen; cs wird endlich eine Reinigung staltfinden. Über die Zweckmäßigkeit des einge schlagenen Weges wird sich streiten lassen; die Sache ist aber immerhin in Fluß gekommen und wird mit Hilfe der Kreis elnd Ortsvereine zu einem guten Ende geführt werden. Zum fünfzigjährigen Jubiläum hat der Vorstand das älteste Mitglied des Verbandes. Herrn Hugo Neumann in Erfurt, beglückwünschen dürfen. — Zum sechzigsten Ge burtstage gratulierte der Vorstand dem Schriftsteller Hans Hoffmann, der dem Verbände vor einigen Jahren ge legentlich einer Versammlung in Weimar näher getreten war. Der Jahresbericht wird nun zur Debatte gestellt und. nachdem niemand sich dazu meldet, einstimmig genehmigt. Punkt 1. Das Rechnungsjahr 1907/08 ergab in der Einnahme 1930 1 H, in der Ausgabe 1393 ^ 31 H, so daß ein Vermögensbestand von 536 70 H verblieb. Der Voranschlag für das nächstfolgende Jahr beträgt 1729 -O 70 H in der Ausgabe und Einnahme. Nach vor- hergcgangener Prüfung und Richtigbefund der Rechnung wird dem Schatzmeister, Herrn Hopser-Burg, unter Dank Entlastung und Genehmigung zum Voranschläge erteilt. Punkt 5. Die neuen Verkaufsbestimmungen für den Mustkalienhandel, die am 1. Oktober in Kraft treten, sollen gedruckt und den Mitgliedern zugestellt werden. Punkt 6. Der bisherige Vorstand wild durch Akkla mation einstimmig wiedergewählt. Punkt 7. Nach Einladung und auf dringenden Wunsch der anwesenden Coburger Kollegen wird mit großer Mehrheit bestimmt, die nächstjährige Hauptversammlung in Coburg abzuhalten. Die Vereinskasse übernimmt für die sich Be teiligenden die Hälfte der bisher üblich gewesenen Vergütung der Reisekosten. Punkt 8. Anträge sind nicht cingegangen. Punkt !>. Herr Wunschmann-Witlenberg bringt Verlegcrangebote zur Sprache, in denen Behörden, Vereinen, Fachkreisen, Schulen usw. Bücher zu Partieprcisen angeboten werden, wie sie der Sortimenter überhaupt nicht erhält, und ferner, daß in den bezüglichen Angeboten und Prospekten eine Angabe, daß das Buch durch die Buchhandlungen zu beziehen sei, überhaupt fehle. Besonders werde in dieser Weise häufig militärische Literatur den Kommandostellcn zum direkten Bezüge angeboten. Es werde dadurch der Eindruck erweckt, die Bücher könnten vom Verleger billiger als vom Sortimenter oder überhaupt nicht durch die Sortimentsbuchhandlungen bezogen werden. Herr Wunsch mann beantragt, es sei darauf hinzuwirken daß die Ver leger verpflichtet würden, die Sortimenter in den Stand zu setzen, ebenfalls zu Partiepreisen zu liefern. — Der Antrag wird angenommen. Der seitherige Jahresbeitrag von S ^ bleibt bci- behalten. Nach Erledigung der Tagesordnung schließt der Vor sitzende die Versammlung um 2»/^ Uhr mit folgenden Worten: »25 Jahre reicher Arbeit sind verflossen, die zu meist dem Kampf um den Ladenpreis gewidmet war. Neue Aufgaben werden durch die veränderten Zeitverhältnisse herausbeschworen, und wir wollen wünschen, daß der Sächsisch-Thüringische Buchhändler-Verband sich auch in den nächsten 25 Jahren seinen Aufgaben gewachsen zeigt und sich und der Allgemeinheit im Buchhandel gegenüber stets seine volle Schuldigkeit tun möge. — Das walte Gott!« Nach Schluß der Hauptversammlung erging man sich ein halbe Stunde lang in den prächtigen Parkanlagen der Loge zu den drei Degen, die einen herrlichen Blick auf die Stadt gewähren, um sich um 3 Uhr zum gemeinschaftlichen Mittagessen im Festsaale wieder einzufinden. Das vorzüg liche Mahl und die guten Weine erfreuten sich allgemeinen Beifalls, und das Mahl verlief in der anregendsten Weise. Die festliche Stimmung fand ihren Ausdruck in de» Tisch reden der Herren Kretschmann, Seippel. Warnstorff, Hopser, Tausch und Wunschmann. Ein vom Kollegen Herrn Hertel- Arnstadt verfaßtes Tafellied, mit Anspielungen auf bekannte, aktuelle Vorkommnisse im Buchhandel, konnte die frohe Laune nur noch steigern. Um den abwesenden Damen eine Auf merksamkeit zu erweisen, war der Festausschuß so liebens würdig gewesen, jedem Teilnehmer außer einer Kollektion von Künstlerpostkarten eine Bonbonniere mit köstlichem Inhalt auf den Tischplatz zu legen. Der Appell an die Mild tätigkeit ergab 100 ^ für den Unterftlltzungsverein. Gegen K Uhr wurde die Tafel aufgehoben. Für den Abend standen die verschiedenen Theater der Stadt zur Verfügung; die meisten zogen das zwanglose und behagliche Beisammensein in den Räumen des Restaurant »Reichshos» vor. Erst in später, bezw. früher Stunde trennte man sich. Am andern Tage vormittags 9 Uhr führte ein eigens gecharterter Dampfer die noch nicht abgereisten Kollegen aus der Saale in zwei Stunden nach Wetlin, dem überaus malerisch gelegene» Stammschloß des Sächsischen Königshauses. Die Fahrt durch das vielgewundene Saaletal mit seinen Burgen und landschaftlichen Schönheiten war äußerst reizvoll. Das Vcrgnügungskomitee hatte nicht bloß für blauen Himmel und Sonnenschein, sondern auch für eine originelle, überaus reichliche Atzung gesorgt, so daß man in heiterster Unterhaltung Wettin erreichte und die mehr stündige Fahrt überaus kurzweilig erschien. Ein Spazier gang führte durch das altertümliche Städtchen an der Seite des Sachsenschlosses entlang nach dem Waldrestauront des Großen Schweizerlings, wo ein Frühschoppen sehr willkommen war. Wenige Minuten entfernt erhebt sich auf dem höchsten Gipfel des Großen Schweizerlings ein monumentaler Bismarck-