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10588 Börs-Matt,. d. Dtschn. Buchh-nd-t Amtlicher Teil. 22g, 1. Oktober 1908. Nichtamtlicher Teil. Zum 25 jährigen Jubiläum des Ersten Redakteurs des Börsenblattes. In den ersten zwanzig Jahren seines Bestehens hatte das Börsenblatt nicht weniger als neun Redakteure. Dieser häufige, unerfreuliche Wechsel hatte erst sein Ende, nachdem Herr Julius Krauß im Jahre 1856 die Redaktion über nommen hatte und ihr länger als ein Vierteljahrhundert Vorstand. Am 1. Januar 1881 hat er sein 25jähriges Redakteurjubiläum gefeiert und heute ist es auch seinem Amtsnachfolger Herrn Max Evers vergönnt, auf einen gleichen Zeitraum ununterbrochener Tätigkeit als leitender und verantwortlicher Redakteur unseres Blattes zurückzublicken. Der Ausschuß für das Börsenblatt nimmt gern Gelegenheit, den Mitgliedern des Börsenvereins von diesem ehrenvollen Gedenktag ihres Be amten Mitteilung zu machen und den Jubilar an dieser Stelle herzlich zu beglückwünschen. Der deutsche Buch handel, in dessen wohlgefügter Organisation das Börsenblatt als offizielles Organ und unumgängliches Geschäftsblatt einen gewichtigen Faktor bildet, wird gern Kenntnis von dem Jubliäum des Mannes nehmen, der tagaus tagein mit Treue und Gewissenhaftigkeit bemüht ist, den Handels- und Verkehrsinteressen und der Weiterbildung unseres Standes zu dienen. Besonders werden seine vielen Freunde im Buchhandel, die er sich allerorten — während seiner Lehr- und Wanderjahre, dann als selb ständiger Buchhändler in Stuttgart und schließlich während seiner Redaktionstätigkeit in Leipzig — durch seine Liebens würdigkeit und seinen lauteren Charakter erwarb, sich gern an den Gedenktag erinnern lassen. Max Evers ist ein geborener Berliner. Am 1. April 1862 trat er nach Absolvierung eines Berliner Real gymnasiums, 16 Jahre alt, bei seinem Onkel Herrn Rudolf Gaertner, damals Besitzer der lebhaften Amelangschen Sorti mentsbuchhandlung in Berlin, in den Buchhandel ein und arbeitete nach beendeter Lehrzeit noch vom Oktober 1865 bis ebendahin 1866 als Gehilfe in dem Geschäft, stets unter persönlicher Leitung seines Onkels, der ihn für unfern an spruchsvollen Beruf aufs beste vorbereitete. Weiter nahm er Stellungen in der Nicolai'schen Buchhandlung (Wreden L Borstell) in Wriezen a/O., bei L. Rühe (Firma: Friedr. Nagel) in Stettin, Ernst Mohr in Heidelberg, Paul Neff in Stuttgart und in der Akademischen Buchhandlung von Vandenhoeck L Ruprecht in Göttingen. Am 1. April 1874 begründete er seine Selbständigkeit (zunächst in Gemeinschaft mit seinem Freunde Julius Bloem) durch Übernahme der Sortimentsbuchhandlung von G. Wildt in Stuttgart, die er am 1. Juli 1881 an Herrn Aug. Fr. Prechter weiteroer- kauste. Nach kurzer Tätigkeit in verantwortungsvollen Stellungen der Stuttgarter Tagespresse berief ihn am 1. Oktober 1881 der Vorstand des Börsenvereins, dessen Erster Vorsteher zu jener Zeit Herr Geheimer Kommerzienrat Adolf von Kröner in Stuttgart war, im Einvernehmen mit dem Ausschuß für das Börsenblatt zum verantwortlichen Redakteur unseres Blattes. Von Herrn Geheimem Hofrat vr. Oskar von Hase in Leipzig, als damaligem Vorsitzenden des Börsenblatt-Ausschusses, in die Geschäfte der Redaktion eingesührt, hat er seitdem in rastloser Tätigkeit an dieser Stelle zum Wöhle des deutschen Buchhandels gewirkt. Wer wie der Ausschuß sür das Börsenblatt öfters Einblick auch in die innere Tätigkeit der Redaktion des Börsenblattes nehmen kann, weiß einigermaßen zu beurteilen, welche Fülle von Arbeit ein Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren für den leitenden Redakteur in sich schließt. Denn seine Tätig keit ist keineswegs, wie es wohl bei politischen Zeitungen und manchem andern Fachblatt zutreffen mag, nur durch das gekennzeichnet, was den Lesern im Druck geboten wird. Bei den verschiedenartigen, oft widerstreitenden Interessen unseres vielverzweigten Buchhandels treten so viele Wünsche. Anliegen und Beschwerden an die Leitung des Vereinsblattes heran, die sich nicht für die Veröffentlichung eignen oder wenigstens nicht ohne weiteres zum Drucke befördert werden können, sondern sehr häufig einen längeren ausklärenden und belehrenden Schriftwechsel und eine ausgleichende, ver mittelnde, oft recht dornenvolle Tätigkeit erfordern. Während des sünfundzwanzigjährigen Wirkens des Herrn Evers hat das Börsenblatt mancherlei Wandlungen in seiner äußeren und inneren Gestaltung durchgemacht, die fast immer größere Anforderungen an die Leitung des Blattes stellten. Mit Eifer und großer Pflichttreue wurde er stets den erhöhten Ansprüchen gerecht. Im Jahre seines Amtsantritts (1883) betrug die Gesamt-Bogenzahl des Börsenblatts rund 750, im vergangenen Jahre (1907) waren es (bei größerem Format) Über tausend Bogen mehr. Haben auch die seit 1. August 1894 im Inseratenteil zuge lassenen mehrspaltigen Anzeigen den Hauptanteil an diesem Aufschwung, so hat doch auch der redaktionelle Text, der früher nur zweimal wöchentlich gegeben wurde, seit 1. Oktober 1894 eine bedeutende Erweiterung erfahren, indem zunächst in den »Nachrichten aus dem Buchhandel«, diesem für die breite Öffentlichkeit bestimmt gewesenen Nebenblatt unseres Fachorgans, dann seit 1. Juli 1896 auch im Börsenblatt selbst täglich redaktionelle (nichtamtliche) Aufsätze und Mitteilungen in reicher Fülle veröffentlicht wurden. Nicht unerwähnt mag ferner bleiben, daß in die Amts periode des Herrn Evers die letzten und wichtigsten Ereignisse der von 1878 bis 1889 währenden »Reformbewegung- im deutschen Buchhandel fielen, und daß die Tätigkeit des Börsenvereins nach seiner Reorganisation im Jahre 1887, als das stetige Anwachsen der verlegerischen Produktion und die damit verbundenen Schwierigkeiten im Büchervertrieb ihm immer neue Aufgaben stellten, aus allen Gebieten des buchhändlerischen Verkehrs und Rechts eine bedeutend um fangreichere wurde. Bei all den Bestrebungen, Kämpfen und Arbeiten des Börsenvereins zum Wohle des deutschen Buchhandels, die natürlich im Börsenblatt eine lebhafte Behandlung er fuhren, hat sich Herr Evers als sachkundiger, pflichtgetreuer und nach besten Kräften die Interessen des Gesamtbuchhandels fördernder Beamter erwiesen. Wurde auch in den letzten Jahren seine Gesundheit zuweilen durch krankhafte Anfälle geschwächt, immer ist er in zäher Energie und treuer Hin gabe an seinen Beruf wieder der Krankheit Herr geworden. Möchte ihm für die Zukunft eine ungestörte Gesundheit be- schieden sein und ihm auch ferner die Frische des Geistes und seine unverdrossene Arbeitsfreudigkeit erhalten bleiben! Leipzig, den 1. Oktober 1908. Der 'Ausschutz sür das Börsenblatt: Ferdinand Lomnitz. Max Weg. Paul Eger. Georg Thieme.