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P>L K7, 21. März 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Lischt,. Buchhandel. SSgg hier einiges über diesen Gegenstand borzubringen, damit die noch etwa vorhandenen irrigen oder sich widersprechenden An schauungen richtiggestelll werden. Der — für uns wichtigste - Literaturpreis wird von der Schwedischen Akademie zuerkannt, über den Stifter des Preises, Alfred Nobel, ist von der Franckh'schen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart eine kleine Schrift angekündigt, die Wohl alles Wissenswerte aus dem Leben dieses edelgesinnten Mannes bringen wird; seine Biographie hier niederzuschreiben er übrigt sich. Durch testamentarische Verfügung vermachte er etwa 35 Millionen Kronen für die nach ihm benannte Stif tung. Nur ein gewisser Teil der jährlichen Zinsen des ge nannten Kapitals entfällt auf die (fünf) in Frage kommenden Preise. Laut Bestimmung sollen die Zinsen jährlich in fünf gleichen Teilen als Belohnung jenen zufallen, die im Lause des verflossenen Jahres der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben; nämlich je ein Teil für 1. Physik, 2. Chemie, 3. Physiologie oder Medizin, 4. Literatur — für die hervor ragendste Leistung in idealistischer Richtung — und 5. Friedens preis (Tätigkeit für die Verbrüderung der Völker, Abschaffung oder Verminderung stehender Heere und Erweiterung von Friedenskongressen). Die Verteilung der Preise (zurzeit zirka 150 000 Kronen) erfolgt für Physik und Chemie durch die Schwedische Akademie der Wissenschaften, für Physiologie und Medizin durch das Karolinische Chirurgische Institut zu Stockholm, für Literatur ebenfalls durch die Akademie, während der Friedenspreis durch das nor wegische Parlament vergeben wird. Die vier ersten Preise werden seit 1901 in Stockholm, bei einer besonderen Feier, am 10. Dezember (dem Todestag des Stifters) den meist persönlich anwesenden Preisträgern vom König selbst überreicht. Bei dieser Feier hält jeder einzelne Preisträger einen Vortrag aus dem Gebiete seiner Wissenschaft; diese Vor träge und die Festreden erscheinen später im Buchhandel, in einem Jahrbuch gesammelt, unter dem Titel »I-ss xrix rinbol 19..« Für die Verteilung der rein wissenschaftlichen Preise sind außer der Akademie noch Mitglieder der nordischen Uni versitäten wie auch die früheren Preisträger mitbestimmend. Der größere Teil der jährlichen Kapitalzinsen wird den ins Leben gerufenen Nobelinstituten, die rein wissenschaftlichen Forschungendienensollen, zugeführt und für Vcrwaltungskosten verwendet. An derartigen Instituten sind bisher vorhanden: das Nobclinstitut für physikalische Chemie (Vorsteher der auch in Deutschland wohlbekannte Gelehrte Professor Svante Arrhenius) und die Nobel-Bibliothek, die zur Aufnahme hauptsächlich schönwissenschaftlichcr Literatur dient. Ein Zehntel der Jahreszinsen fällt wieder dem Kapital zu. Die Nobelstiftung wird übrigens demnächst mit dem Bau eines großartigen Palastes beginnen, in dem die bisher zerstreut untergebrachten Einrichtungen derselben, nebst Festsälen und ähnlichem, unter einem Dache bereinigt werden sollen. Der diesjährige (63.) Geburtstag von August Strindberg, der nun nach genügend langer Anfeindung allmählich auch in seiner engeren Heimat anerkannt und bewundert wird, gestal tete sich durch Theatervorstellungen, Konzerte, Fackelzüge und die nun zum Abschluß gelangte Nationalsammlung zu einer imposanten Feier. Durch Sammlungen wurden im ganzen etwa 45 000 Kronen aufgebracht, die dem Dichter in Form einer Nationalspende überreicht werden sollen. Auch hatte das für diesen Zweck gewählte Komitee im Laufe des Sommers eine Strindberg-Ausstellung veranstaltet, auf der fast alle Werke Strindbergs in Erstauslagen und zahlreichen fremd sprachigen Ausgaben, wie auch eine große Zahl Original manuskripte, Photographien und Porträts, als auch einige vom Dichter herrührende Ölmalereien zur Schau gestellt wa- Börscnblatt siir dm Dmtschen Buchhandel. 7g. Jahrgang. ren. Wenn auch die Zahl der Besucher eine unverhältnis mäßig geringe war, so hat die Ausstellung doch sehr viel dazu beigetragen, den Absatz der Werke Strindbergs zu fördern. Denn die Nachfrage wurde nach Eröffnung der Ausstellung eine merkbar lebhaftere und hält immer noch an. Hiermit erscheint mir nach bisherigen Erfahrungen jedoch nicht bewiesen, daß Vorträge und Ausstellungen stets von Er folg für den buchhändlerischen Absatz begleitet sind. So zum Beispiel fand hier eine Organisations« und Kontorausstellung, verbunden mit einschlägigen Vorträgen, statt, an der sich auch die Sortimentsbuchhandlungen beteiligten. Eine Unmenge Literatur über Handel, Industrie und Verwandtes war auf der Ausstellung zu sehen, die Bücher waren in offenen Regalen und auf Tischen ausgestellt, so daß sie von jedem Besucher durchblättert werden konnten: von einer merkbaren Nachfrage war aber trotzdem nichts zu spüren. Ebenso ging es mit einigen Vorträgen. Unter anderem hielt Professor Schu« macher-Bonn an der Handelshochschule zu Stockholm über weltwirtschaftliche Fragen vielbesuchte Vorträge. Sein bei Veit L Co. erschienenes Werk »Weltwirtschaftliche Studien« war in den Buchhandlungen überall ausgelegt, und doch sind vielleicht im ganzen nur fünf bis sechs Exemplare davon ver kauft worden. Es mag sein, daß weltwirtschaftliche Probleme keinen Anklang finden, doch wird man das bei anderen Vor trägen, wie zum Beispiel denen von Herman Bang, kaum sagen können. Auch er hat am Beginn seiner Vortragsreise, auf der ihn in Amerika der Tod ereilte, in Schweden Vor träge gehalten, zu denen das Publikum nur so herbeiströmte, ihm einen begeisterten Empfang bereitend. Seine Bücher aber kaufte fast niemand. Vielleicht, daß er schon von allen ge lesen ist. So zeigt es sich an kleinen Beispielen, wie Ausstellungen und Vorträge dem Buchhändler das eine Mal Gewinn brin gen, das andere Mal völlig versagen. Unter den schwedischen Weihnachtsneuigkeiten hob sich diesmal ganz besonders Selma Lagerlöfs neues Buch »Liljecronas Heimat« hervor, das schon Wochen vorher ange kündigt und mit Spannung erwartet wurde. Der berühmte Name der Verfasserin, wie auch der geschickt gewählte Titel, der eine Art Fortsetzung von dem Roman »Gösta Berlins« derselben Verfasserin versprach, trugen dazu bei, daß eine un verhältnismäßig große Anzahl Exemplare abgesetzt wurde. Kaum drei Wochen nach Erscheinen des Buches waren über 32 000 Exemplare verkauft, und ein Neudruck folgte dem an deren. Abgesehen von dem hohen Preise (geheftet Kr. 4.— ; geb. Kr. 6.—) rechtfertigt dieses neueste Werk der berühmten Verfasserin durchaus nicht die — allerdings hohen — Er wartungen, die daran geknüpft wurden. Es ist nahezu un möglich, es bis zu Ende zu lesen. Die Handlung schleppt sich außerordentlich langsam vorwärts, die volkstümliche Sprache wirkt gekünstelt, und nur stellenweise wird das Interesse des Lesers gefesselt. Das neue Buch von Sven Hedin »Von Pol zu Pol«, das in der schwedischen Ausgabe zwei dicke Bände von je etwa 500 Seiten umfaßt und geschmackvoll mit zahlreichen geographischen Abbildungen ausgestattet ist, wollte im Anfang auch nicht so recht gehen, was bei dem ebenfalls hohenPreise (geh.Kr. 4.50; geb. Kr. 6.— Pro Band) nicht zu verwundern ist. Nach dem anfänglich mäßigen Erfolg gewann es aber doch an Absatz fähigkeit, wenn sie auch hinter den Erwartungen zurückblieb. Weit erfolgreicher war derselbe Verfasser mit einer flotten politischen Broschüre »Ltt Varnin^sorck« (Ein Warnungs wort), die allein den Zeitungen in 420 000 Exemplaren gratis beigelegt wurde und ein »mächtiges Rauschen im schwedischen Blätterwald« hervorries. Die Gegenschriften beginnen schon zu erscheinen. Die Absicht des Warnungsrufes war, auf die 478