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4866 vörsenblaU ». Lt-chn «Lchhcm»^ Nichtamtlicher Teil. 90. 19. April 1912 darin, daß sie eine große Zahl Werke, die es nicht verdienen und sonst in den Pulten ihrer Autoren mit Recht vergraben blieben, zum Drucke befördern und so die Literatur, deren Pro duktion ohnehin so groß ist, daß kaum noch die Spreu von Korn zu unterscheiden ist, noch mehr anschwellen lassen, daß das Gute vollends in der Masse des Wertlosen untergeht. Ver- leger, die etwas auf ihre Berufsehre halten, nehmen nur in ihren Verlag auf, was sie der Druckerschwärze und der Flagge ihrer Firma würdig erachten — womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß sie das Würdigste immer erkennen, für das Gegen- teil bürgen ja genug berühmte Beispiele. Verleger von der eben geschilderten Art sind nicht viel besser als Kaufleute, die sich illoyaler Konkurrenz schuldig machen. Die Redaktion der »Neuen Züricher Zeitung« fügt dann noch hinzu: Das Vorstehende war schon geschrieben, als von dem Verlag Curt Wigand eine Sendung von nicht weniger als 47 neuen .Verlagsartikeln' eintraf! Es ist unnötig, dazu noch ein Wort hinzuzufügen. Nur die Veröffentlichung solcher Geschäftsmißstände kann diesem Treiben ein wenig steuern. Wie der eigentliche Buchhandel über solche Geschäfte denkt, hat das amtliche Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel mit erfreulicher Deutlichkeit aus- gesprochen, als es den eingangs erwähnten Kunstwartartikel abdruckte und zugleich zu der lendenlahmen Erwiderung des Dresdener Verlages Stellung nahm.« Gemäß § 16 der Bestimmungen über die Verwaltung des Börsenblattes haben wir Herrn Curt Wigand, Berlin-Halensee, aufgefordert, sich event. zu diesem uns von verschiedenen Seiten zugegangenen Artikel zu äußern. Da Herr Wigand anscheinend nicht gewillt oder in der Lage ist, dieser Aufforderung zu ent- sprechen, so müssen wir uns mit dem Abdruck des Vorstehenden begnügen. Denn daß wir seine Entschuldigung oder Recht fertigung übernehmen könnten, ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sich nach den Anschauungen des im Börsenverein organi- sierten Verlags die hier geschilderte Geschäftspraxis weder ent schuldigen noch rechtfertigen läßt. Post. — Auf dem Dampfer »Titanic« der 8tar I^ins, der auf seiner ersten, am 10. April von Southampton nach New York angetretenen Reise nach Zusammenstoß mit einem Eisberg gesunken ist, haben sich Briefposten aus Deutschland für ganz Nord- und Mlttelamerika sowie für Japan, Cuba, Cura^ao, Haiti-San Domingo, Jamaica, Porto Rico, Ecuador, Peru und Bolivien (La Paz) befunden. Es handelt sich dabei im wesent lichen um die Sendungen, die zwischen den Postabgängen ab Köln am 6. April I0«2 abends (zum Dampfer »George Washington« des Norddeutschen Lloyd — am 7. April aus Cherbourg) und ab Köln am 10. April 4^ früh (zum Dampfer »Titanic«) aufgekommen waren. Außerdem sind dem Dampfer »Titanic« zugegangen die Briefsendungen für Barbados, Columbien und Britisch-Guyana, die nach dem Postabgang ab Köln 6^» nachm, vom 9. April (zum Dampfer der Uail Ltes-ln kriotcek Company, am 10. April von Southampton) Vorgelegen haben. Ob die Briefposten mit dem Dampfer »Titanic« untergegangen sind, ist zurzeit noch nicht bekannt. Nach den über den Unfall veröffentlichten Zeitungs meldungen steht dies aber zu befürchten. aL. «om Reichsgericht. Fingierte Ladenpreise. (Nach- druck verboten.) — Die Erörterungen im Börsenblatt über dieses Thema, das sich vielfach auch mit dem »Mindestverkaufspreis« berührt, lassen ein am 16. April vom Reichsgericht gefälltes Urteil für den Buchhandel von besonderem Interesse erscheinen. Die Verlagsbuchhandlung Herm. Seemann Nachf., Berlin, hatte im vorigen Jahre Strafantrag gegen die Inhaber der Firma Heil brunn L Co. in Berlin erhoben wegen Vergehens gegen den un lauteren Wettbewerb. Die Firma Heilbrunn L Co. ist, wenn man kurz ihre Wesenheit charakterisieren will, ein sogenanntes »mo* dernes Antiquariat«, das neue Bücher als alte verkauft, wobei für die zum Verkauf kommenden Bücher ein fingierter Laden preis angesetzt wird, der aber nie im Buchhandel für diese er- zielt worden ist. Dadurch sollen die Bücher als besonders »billig« hingestellt werden. Im Jahre 1909 hatte die Firma Heilbrunn L Co. eine der von der Seemannschen Buch handlung herausgegebenen Elzevier-Klassiker-Ausgabe, die einen Ladenpreis von 3.— hatte, zum Verwechseln ähnliche Klassiker- Ausgabe »Elitebibliothek« veranstaltet. Inhalt und Außeres waren der Elzevierausgabe möglichst getreu nachgebildet, nur war d ttung in Wirklichkeit eine minderwertige. So wz ^.te Ledereinband der Elzevierausgabe durch eine ähnliche Lederimitation ersetzt. Auf der letzten Druckseite der Ausgabe befand sich, genau wie bei der Elzevierausgabe, eine Anpreisung der in dieser Aus stattung erschienenen weiteren 30 Werke mit den Worten; »Elitebibliothek. In gleicher eleganter Ausführung erschienen folgende Bände: Band 1 ^ 3.— usw.« In dieser Anpreisung sah das Landgericht Berlin II eine Verletzung des § 4 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb und verurteilte die Inhaber der Firma H. L Co. zu je 100 Geldstrafe. Gegen dieses Urteil hatten die Angeklagten Revision beim Reichsgericht eingelegt, in der sie Verletzung formellen und materiellen Rechts rügten. Der Reichsanwalt trat jedoch den Ausführungen der Revision in allen Punkten entgegen. Die auf der letzten Seite der Elitebibliothek befindlichen Anpreisungen stellen eine wissentlich falsche Angabe dar, durch die das Publikum getäuscht worden sei. Da in der Anpreisung stehe, daß die Bücher ^ 3.— gekostet hätten, so hätte das Publikum infolge dieser Angabe glauben müssen, daß, wenn ihnen nun die Bücher, wie geschehen, für 1.20 von der Firma Heilbrunn L Co. verkauft würden, ein besonders günstiges Ange bot vorliege. In Wirklichkeit sei der Ladenpreis der einzelnen Exemplare der »Elitebibliothek« aber stets nur 1.20 gewesen. Wenn die Angeklagten nun hätten drucken lassen, die Bücher hätten ^ 3.— gekostet, so hätten sie durch diese wissentlich falsche Angabe das Publikum getäuscht. Es seien zwar diese falschen Angaben in allgemein zur Versendung kommenden Preislisten nicht gemacht worden, die in allen Exemplaren der »Elite bibliothek« enthaltenen Anpreisungen aber stellten eine Art Preis liste dar, da die Anpreisungen für einen größeren, von vornherein nicht näher zu bestimmenden Personenkreis bestimmt seien. Der höchste Gerichtshof schloß sich den Ausführungen des Reichs anwaltes in allen Punkten an und verwarf dessen Antrag gemäß die Revision der Angeklagten als unbegründet. (Aktenzeichen: 2 v. 83/12.) Dentscher Mnsiralien-Verleger-Berei«. — Die ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Musikalien-Verleger-Vereins findet Donnerstag, den 2. Mai, nachmittags 3 Uhr, im »Sachsenzimmer« des Buchgewerbehauses, Leipzig, Dolzstraße, statt. Auf die Tagesordnung sind nachstehende Punkte gesetzt worden: 1. Geschäftsbericht und Rechnungslegung. — 2. Wahl zweier Mitglieder in den Vorstand. (Satzungsgemäß scheiden aus die Herren Ludwig Bloch und vr. Gustav Bock, Berlin. Beide Herren sind auf weitere drei Jahre wieder wählbar.) — 3. Be ratung über die von der (vom Verein der Deutschen Musikalien händler einberufenen) Kommission zur Revision der Verkaufs ordnung gemachten Vorschläge für die neuen Bestimmungen. (Eine Aussprache der Verleger vor den Beratungen im Verein der Deutschen Musikalienhändler ist deshalb von größter Wichtig keit, weil das Sortiment — wie aus den bisherigen Verlaut barungen in »Musikhandel und Musikpflege« hervorgeht — der Meinung ist, erst dann zu einer Entscheidung gelangen zu können, wenn es die Stellungnahme des Verlages zu der Frage der Ver kürzung oder gänzlichen Abschaffung des Kundenrabatts kennen gelernt hat.) — 4. Aussprache über die Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig 1914 (Bugra). — 6. An träge aus der Mitte der Versammlung. (Gemäß 8 12 Absatz 4 der Vereinssatzung.) Personalna chrichten. Gestorben: am 16. April Frau Elisabeth Stauffer, Inhaberin der Firma Th. Stauffer in Leipzig. Die Verstorbene übernahm nach dem Tode ihres Mannes Th. Stauffer im Juli 1993 dessen 1872 gegründete Buch- und Anti quariatshandlung und hat sie bis zu ihrem Tode im Sinne des Verstorbenen weitergeführt. Frau Stauffer war Mitglied des Vereins der Buchhändler zu Leipzig und des Börsenvereins.