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3888 Nichtamtlicher Teil. »S 110, IS. Mai 1901. schehen, sie ist in solcher Form als ein selbständiger Nach trag der Verlagsordnung für den deutschen Buchhandel aus- gegeben worden. Besondere Feststellungen auf dem Gebiete des Verlags rechtes waren die Zusammenstellung der gebräuchlichsten An zahl von Freiexemplaren für die verschiedenen Arten von Mufikalien, die auf Grund von Vorarbeiten des Herrn I)r. Max Abraham in der Hauptversammlung 1895 statt fand, und die Stellungnahme gegenüber der Veranstaltung von Sängerheften für Chöre und Sängerbünde durch eine gemeinsame Erklärung einer größeren Anzahl von Verleger mitgliedern des Vereins. In der Hauptversammlung >895 wurde ein Ausschuß für das musikalische Verlags- und Ur heberrecht eingesetzt, der ans den Herren Hugo Bock in Berlin, Alwin Cranz in Hamburg, vr. O. von Hase in Leipzig, F. Simrock in Berlin und vr. Ludwig Strecker in Mainz, als dem Vorsitzenden, bestand. Gingen in Fragen des Urheberrechtes gelegentlich die Meinungen auseinander, so herrschte über die des Verlags rechtes, als des angewandten Urheberrechtes, unter den Mit gliedern kaum irgendwo ein Widerstreit. Der Verein war bei Vorbereitung auch des Reichsgesetzes über das Verlags recht im Reichsjustizamte durch den Vorsteher und angesehene Mitglieder vertreten, auch nahm er zu der im Juli 1900 erfolgten Veröffentlichung des Entwurfes in einstimmigen Beschlüssen Stellung, und richtete dementsprechend seine Ein gaben an Bundesrat und Reichstag. Leider war durch die konstruktive Gestaltung des Entwurfes, der Werke der Litte- ratur und der Tonkunst über einen Kamm scherte, das Be streben, die Besonderheiten des Musikalienverlages geltend zu machen, fast aussichtslos geworden. Die Aussonderung einer Seite des Urheberrechtes aus dem Verlagsrechte hat dazu geführt, daß der Mustkalienverleger, dem das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung nichts hilft, wenn er nicht auch der Verwendung dieser Exemplare zu musikalischen Auf führungen sicher ist, kaum von diesem neuen Verlagsgesetz wird Gebrauch machen können, zumal auch das Hiueintragen des im Musikalienhandel nur ganz beschränkt verwendbaren Auflagebegriffes und die Abtrennung der Bearbeitungsrechte ihm eine gewerbliche Nutzung, wie sie je nach den mannig faltigen Gestaltungen des Musiklebens und der Eigenart des besonderen Werkes nötig wird, unmöglich macht. Der Musi- kalienoerleger wird dadurch nach wie vor auf den Boden des Urheberrechtes verwiesen. Es ist nichts unterlassen worden, um Verständnis für die Besonderheiten des Musikalienverlags zu erwecken; auf diesem Gebiete ist jedoch unsere Arbeit ohne Erfolg gewesen. Eine praktische Bedeutung wird dieses neue Reichsgesetz für den Musikalienhandel kaum haben, weder eine Förderung noch eine Schädigung. Gehen Urheber- und Verlagsrecht zunächst die Verleger an, so ist mit Schaffung von Bestimmungen über den Ver kehr mit dem Publikum eine, den gesamten Musikalien handel angehende Arbeit erstmalig in Angriff genommen worden. Schon ein Jahr vor den neuen Satzungen des Jahres 1888 traten die ersten Rabattbestimmungen für den deutschen Musikalieuhandel in Kraft; der Musikalienhandel folgte damit zögernd den Spuren des deutschen Buchhandels. Der Vorsteher hatte bei der ersten Ordnung der Verkehrs normen im deutschen Buchhandel, als selbst an diesen Kämpfen im Börsenvereins-Vorstande beteiligt, geraten, den Musikalienhandel vorläufig beiseite zu lassen. Als aber im Jahre 1887 die Durchführung eines geordneten Rabatt wesens im Buchhandel gesichert zu sein schien, war es an der Zeit, auch für den Musikalieuhandel vorzugehen. Zunächst wurden in Leipzig und Berlin in den örtlichen Vereinigungen Rabattbestimmungcn getroffen, die in der Haupt versammlung am 10. Mai 1887 zu einheitlichen Rabatt bestimmungen der deutschen Musikalienhändler auf Grund der zwischen dem Berliner und Leipziger Musikalienhändler verein vereinbarten Höchstrabatte Anlaß gaben. Durch die neuen Satzungen vom Jahre 1888, die körperschaftliche Mit glieder vorsahen, wurden diese Bestimmungen, da die Kreis- vereine des Buchhandels in großer Zahl dem Verein der deutschen Musikalienhändler beitraten und ihre Mitglieder auf die Verkehrsnormen des Vereins der deutschen Musikalien händler verpflichteten, im gesamten Gebiete des deutschen Buch- und Musikalienhandels geltendes Recht, das durch die Einsührung ausdrücklicher Erklärungen sowohl der Sortiments händler als der Verleger eine feste, dauernde Grundlage ge wann. Durch diese Bestimmungen ist insbesondere der Ter rorismus der öffentlichen Rabatlanerbietungen ganz beseitigt worden, während bei gelegentlichen, thatsächlichen Umgehungen der Verein bindend einzutreten hatte, wobei ihm fast durch weg die friedliche Beseitigung der Uebelstände gelungen ist. Bei der thatsächlichen Durchführung der Verkehrsnormen gegenüber dem Publikum galt es, die Kollegenschast aus einem Felde, wo bisher schrankenlose Willkür geherrscht hatte, nach und nach zur frei gewollten Einschränkung der Freiheit des Handelns, zum Gemeingefühl und zur Pflicht zu ge wöhnen. Solche Erziehung, die besser wirkt als übereiltes Strafgericht, erfordert Geduld, milde Formen und gleich mäßige Festigkeit. Die Pflicht der Ueberführung liegt jetzt auf dem Vereinsausschusse, der von den als Organe aner kannten Vereinen des deutschen Musikalienhandels, z. Z. dem Berliner und Leipziger Ortsvereine und dem Mitteldeutschen Kreisvereine, sowie dem Vereine der deutschen Musikalien verleger, gewählt wird. Der Vereinsausschuß konnte auch in diesem Jahre alle Fälle von Verfehlungen gegen die Rabatt bestimmungen glatt beilegen, da in den meisten Fällen schon die der Geschäftsstelle übertragenen Verhandlungen die Nieder legung bündiger Erklärungen zur Folge hatten. An einzelnen Orten wurde die Ordnung auch auf die Regelung der Leihgebühren erstreckt. Die Restbuchhandels- Ordnung wurde ganz nach dem Vorgänge im Buchhandel in der Hauptversammlung 1897 angenommen. Auf einem besonderen Gebiete des Mufikalienhandels, dem Vertriebe des Opernmaterials, wurde bereits in der Hauptversammlung 1895, nach Vorberatung mit der Vertretung des »deutschen Bühnenvereins-! ein Staffeltarif, je nach der Bedeutung der Bühnen und der Art der Opern als Einakter, Mehrakter und Vollopern, als Norm festgesetzt. Ursprünglich nur als Unterlage für Neuigkeiten gedacht, ist dieser Staffeltarif eine bequeme Norm für den weiteren Verkehr auf diesem Gebiete geworden. Das Verhältnis zu den Warenhäusern wurde seit der Hauptversammlung im Jahre 1893 wiederholt erörtert. Bei dem rapiden Wachstum dieser Wucherpflanzen war es bisher immer nur möglich, allzu üppige Triebe zu beschneiden. Besondere Verdienste hat sich auf diesem Gebiete der Ber liner Ortsverein und sein außerordentlich rühriger Vorsitzender, Herr Willibald Challier, erworben. Durch die Satzungen vom II. Mai 1898 wurde den Mitgliedern G 4>! 2) die Pflicht auferlegt, an Bazare und Warenhäuser, die sich nicht zur Einhaltung der Verkaufsnormen des Vereins der deut schen Musikalienhändler dem Verein gegenüber verpflichtet haben, nicht zu liefern. Nur durch unverdrossene Arbeit kann es gelingen, die schwere Schädigung des Sortiments- Musikalienhaudels, auf dem der erfolgreiche Vertrieb des Musikalien-Verlagshandels beruht, einigermaßen einzudämmen. In der Ordnung der Verkehrsnormen gegenüber dem Publikum hat der Verein mit der Statutenbestimmung des Jahres 1877, sich in keiner Weise in den privaten Geschäfts- Vertrieb der einzelnen Mitglieder zu mischen, gebrochen. Er hat an Stelle dessen den Grundsatz gesetzt, daß des all-