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für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. H e r a u s g e g e b e n von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvcrcinü. 106. Dienstags, den 7. December 1841. Was nützen und schaden Buchhändler-Blätter. Zeder sehe, wie er's treibe, Itter sehr, wo er bleibe, Und wer steht, daß er nicht falle. Goethe. Bevor der Buchhandel noch ein öffentliches Organ hatte, durch welches Mißbrauche, die dem Gesammtverein Nachtheil bringen, zur allgemeinenKcnntniß gebracht und gerügt werden konnten, bevor ferner noch in den seit 1825 bestehenden Gene ralversammlungen am Sonntage Cantate mancher Un fug öffentlich zur Sprache gebracht werden konnte, hatte icdcr Buchhändler die Freiheit, nach seinem Belieben zu schalten und zu walten. Er hatte nicht zu befürchten, selbst bei der unbeschranktesten Schleudere!, bei der empörendsten Verhöh nung seiner pekuniären Verpflichtungen, bei den gröbsten Ein griffen in seiner Collcgcn Verlagsrechte, bei der schamlosesten Titel-Nachäfferei, bei einem die Ehrenhaftigkeit des Gewerbes herabwürdigendcn Geschäftsbetrieb, bei gegen alle Usancen streitenden, willkührlichcn Verlegerdruck öffentlich aufgedeckt und zur Rede gestellt zu werden, und obschon sich durch solche Oeffentlichkeit und stets drohendcStcafe seit20 Jahren weder der übertriebene Rabatt noch die übrigen eben genannten Krebsschäden merklich vermindert, ja vielleicht noch zugcnom- men haben, so wird doch Niemand den Nutzen dieser Publi city verkennen oder läugncn wollen, daß ohne dieselbe alle diese Ucbel nicht noch weit vielfältiger Vorkommen würden. Indem somit die Heilsamkeit einer Ueberwachung der Oeffentlichkeit zugcstanden wird, muß jedoch auch dagegen protestirt werden, daß solche nicht zu weit getrieben und bis zur Ungebühr ausgedehnt werde. Man muß nicht vergessen, daß ein Jeder unbeschränkter Herr seines wohlerworbenen Eigenthums ist, und daß es eine ungcbührlicheAnmaßung wäre, ihm in seiner freien Disposition darüber kecke Vorschriften zu machen. Nicht überall kann der Geschäftsbetrieb über einen Leisten geschlagen werden, nicht überall sind die Gebräuche 8r Jahrgang. dieselben, oft sind sie nach bestehendem Herkommen und üblichcrSitte zu modificiren. Der eine versucht seinen Vor theil aus die, der andere aus jene Art. Wer kann es wagen, den Wegen und Mitteln, die sich das Nachdenken, die Spe kulation und die Erfahrung jedes Einzelnen bahnt, Grenzen setzen zu wollen, und in irgend welcher Handelsbranche wür den sich dergleichen bedrückende Beschränkungen behaupten können ? deshalb wolle man nicht über jede Abweichung, selbst über die schuldlosesten Maßregeln, zu denen sich der Einzelne veranlaßt sieht, z. B- über dasZurückverlangen dcc Novitäten, über das Prädicat: „löbliche Buchhandlung" und andere dgl. Geringfügigkeiten, Geschrei und Lästerung erheben. Die Zahl der Handlungen, die ohne alle Eoncurren; den Allein handel, durch Privilegien rc. geschützt, in volkreichen Städten behaupten und theils unverantwortlich vernachlässigen, die sich einer großen und rabattlosen Kundschaft erfreuen, die ohne alle Anstrengung gleich Bäckern und Apothekern ein solides, glattes und großes Geschäft machen, wird jetzt nicht mehr bedeutend sein. Diese Glücklichen haben gut reden von der Würde des Geschäfts und von der strengen Aufrecht haltung alter bestehender Vortheile und Bequemlichkeiten. Anders verhält es sich mit der Mehrzahl der durch Eoncur- rcnz, durch ein verwöhntes, rabatlgieriges, übersättigtes und dabei armes oder unzureichendes Publikum gedrückten und mit großen Schwierigkeiten kämpfenden Eollegen. Sie müs sen ihre Kunden und Nichtkunden durch Einsichtssendungen bombardiren, Journal- und Almanachscirkel errichten, sich Nebenartikel zulegcn und ihren Verkehr durch Boten und Eolporteure beleben, und während sie, wenn sie sonst ihren Verpflichtungen treulich Nachkommen, von den Einen mit Recht für thälige, der Gesammtheit nützende Männer gehal ten werden, schreien die Andern über das Verderben und die Herabwürdigung des Geschäfts, über Vermehrung der Eta blissements, gegen die es doch bei der zunehmenden Bevölke rung und bei dem unaufhörlichen Nachwuchs kein rechtliches 201