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wieder in der Nähe von Mittweida, wo in Krumbach am Montag Mittag das gesammle Arbeiterpersonal der Schlenzig'schen Pappen« fabrik die Arbeit eingestellt hat. — Dresden, 5 August. Auf Allerhöchsten Befehl wird wegen erfolgten Ablebens Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen der Niederlande, Alexander, Prinzen von Oranie», am Königlichen Hofe die Trauer auf eine Woche, vom 6. bis mit l2. d. Mts. augelegt. — Aus dem LandgerichtSgefängniß Freiberg ist am Montag Nachmittag der wegen schweren Diebstahls daselbst inhastirte 36jährige Handarbeiter Rochlitzer ans Welschhufe entsprungen. Während der Barbier sich beim Gefangenen befand, hatte der Diener es miter- lassen, die Thüre zu verschließen, welchen Umstand Rochlitzer be nützte, die Zelle und das Arresthaus zu verlassen und nach Ueber- steigen der den Gesangenenhof umschließenden Mauer daS Weile zu juchen. —- Das Städtchen Taucha bei Leipzig befindet sich seit einigen Tagen in einer begreiflichen Aufregung. Der Bürgermeister des Ortes, Namens Bröse, ein Mann in den fünfziger Jahren, ist unter Mitnahme von Gemeindegeldern — man spricht von 12000 Mark — flüchtig geworden. Die behördlichen Maßregeln zur Verfolgung des Flüchtigen sind bereits eingeleitet. — Das „Dresdn. Tgbl." schreibt unterm 8. August: Am Mittwoch Nachmittag wurde aus dem Dresdner Bahnhofe zu Leipzig der seit einigen Tagen flüchtig gewordene Bürgermeister Bröse aus Taucha, der sich, wie es heißt, eines Kafsendefectes von mehreren Tausend Mark schuldig gemacht hat, von einem Schutzmann« angehalten und an die kgl. Staatsanwaltschaft abgeliefert. Nach seiner Versicherung hatte Bröse sich selbst der genannten Behörde stellen wollen. — Oelsnitz i./V. Daß heutzutage jede Gelegenheit benutzt wird um Schwindel zu treiben, zeigt abermals folgender Vorfall. Am 5. ds. Mts. erschien bei dem Tags vorher abgebrannten Klempner Roßbach ein Mann, welcher sich als Agent der Versicherungsgesell schaft ausgab, eine Skizze des Brandes aufnahm, sich mißbilligend über verschiedene beim Brande getroffene Anordnungen, welche der Gesellschaft Schaden machten aussprach und schließlich ein Protokoll in Schriftzeichen, wahrscheinlich sollten es stenographische sein, ab- faßte, welches der Kalamitose unterschreiben sollte. Diesem schien das Auftreten des Herrn Agent doch etwas verdächtig und schickte unter der Hand nach der Polizei, welcher gegenüber sich der angeb liche Agent als ein Schneidergeselle aus der Gegend von Plauen entpuppte. Derselbe hatte jedenfalls gehofft, hier einige M. heraus zuschlagen, was ihm aber nicht gelang. — Reichenbach, 6. August. Daß man heutigen Tages mit anderen Verhältnissen zu rechnen hat, als sonst, zeigte sich recht deut lich in den letzten Tagen. Schon mit den Nachmittags 4 Uhr Zügen gingen am 4. August hiesige Geschäftsleute nach Zwickau, Werdau und Leipzig ab, um Glaser zu reguiriren und Dachziegel zu kaufen. Sie waren bei ihrem Ankauf zum Theil schon überholt durch die Telegramme, welche sofort aufgegeben worden waren, als noch die Hagelstücke die Straßen bedeckten. Man begriff, daß bei einer so umfänglichen Katastrophe die hiesigen Lager, sowie die einheimischen Arbeitskräfte nicht ausreichen konnten. Infolgedessen erschienen denn auch gestern auswärtige Glaser und griffen mit ein, während die hiesigen gleichzeitig eine umfassende Thätigkeit entfalteten, um dem Nölhigsten zunächst abzuhelfen. Aber auch die Angebote von Material traten alsbald in ausgiebiger Weise hervor und die Eisenbahn wird dafür sorgen, daß dem Bedarf rasch entsprochen werden kann. Die Arbeiten an den Dächern werden sich in die Länge ziehen, da diese mehr Vorbereitung, Material und Arbeitskräfte erfordern. — Selbst die eisernen Dachplatten haben sich gegen das Wetter nicht wider standsfähig genug erwiesen. — Noch kommen ans den verschiedensten Gegenden Mit- theilungen über die gefährlichen Wirkungen der letzten Gewitter. In Oelsen schlug der Blitz in den Giebel des Mühle'schen Hauses und richtete Unglück an, indem er, am Uhrkasten herabstreifend, ein in der Nähe befindliches Kind derart betäubte, daß man es längere Zeit für tobt hielt. Einer Frau wurden ferner die Beine gelähmt. In Rathmannsdorf brannte das Wohnhaus des Maurers Richter vollständig nieder, und die Frau wurde vom Blitze getroffen, sodaß sie schwerkrank darniederliegt. In Halbest adt schlug der Blitz in einen Birnbaum, während in Nikolsdorf eine Strohfeime ent zündet wurde. Die Felder von Gohrisch sind ebenfalls total ver hagelt. Von den betreffenden Besitzern soll leider nur Einer ver sichert haben. In Schandau, sowie Psaffendorf rc. haben die Schloßen nichts gethan. In Plauen i. V. fuhr der Blitz durch ein Glockenthürmchen in das Wohnhaus einer Ziegelei, durchschlug, von oben kommend, Decken und Wände, lief in der Parterremohung an einer Hängelampe herunter und tödtete augenblicklich eine gerade darunter stehende Frau. Der Blitz fuhr dann durch den Fußboden in den Keller und traf dort die Magd des Hauses, welche eine Arbeit verrichtete, an der Brust und warf sie nieder. Die Frau wurde vom Blitze au der linken Schulter getroffen, der dann den ganzen Körper durchfuhr. Sie war auf der Stelle todt. Die Magd kann am Leben erhalten bleiben. Die Kinder der Getödteten sahen in der Stube den Blitzschlag mit an. In Stöckigt wurde zu derselben Zeit der Tagelöhner Pippich, der vom Felde nach Hause zurückkehrte, vom Blitze erschlagen. Auf der Kohlengrube Mansfeld bei Markranstädt wurden in dem dortigen Pferdestall ein Knecht und vier Pferde vom Blitz getroffen und für einige Zeit betäubt. In Connewitz schlug der Blitz in die Erkerstube eines Grundstückes. Von den dort anwesenden Eheleuten wurde der Mann vom Blitz fast betäubt, während die Frau, welche Wöchnerin ist, mit dem bloßen Schreck davon kam. Auch ist der Dachstuhl abgebrannt. Das Feuer wurde jedoch baldigst gelöscht. In Pilüdorf bei Sayda endlich zündete ein Blitzstrahl die zum Gutsgehöste des Gasthoföbesitzer Krönert gehörende Scheune und legte dieselbe mit bedeutenden Fnttervorräthen binnen kurzer Zeit in Asche. — Die am Montag im weiteren Umkreise anftretenden Ge witter baben namentlich auch in Thüringen und Neuß arg ge- wüthet. Aus Auma wird berichtet, daß daselbst Schloßen von der Größe der Hühnereier massenhaft fielen, mitunter sogar Stücken von der Größe eines Gänseeies. Wo das Wetter ausgetroffen, ist die noch anstehende Ernte total vernichtet. An eine Krauternte ist ebenfalls nicht zu denken. Ungeheure Waffermassen haben an den, an den Bergen liegenden Feldern große Rinnen gerissen, Erdreich und Kartoffeln, sowie Runkeln und dergleichen Früchte mit fort- geschwemmt. Die Aeste im Durchmesser von 2 am sind von den Bäumen, so daß nur noch Stumpfe dastehen, und die Ziegel auf den Dächern und die Fenster fast alle zerschlagen. Glaser und Dach decker sind in voller Thätigkeit. Am meisten haben die Dörfer Za belsdorf, Stelzendorf, Läwitz. Förthen und Pahren gelitten. Dort spotten die Masse und Größe der gefallenen Schloßen jeder Be schreibung. — Auch aus Zeulenroda kommen ähnliche trübe Nach richten. Die Eiskörner waren dort einzeln so groß wie Hühnereier, viele wie Taubeneier, die meisten wie Pflaumen. In den Gärten liegt das unreife Obst dicht gesäet. Auf den Feldern sind viele Halme zerknickt, und namentlich sind zahleiche Körner aus den Aehreu geschlagen worden, so daß mindestens so viel verloren geht, als der Samen betragen hat. Die vielen Hunderte der zertrümmerten Fen sterscheiben machten einen schanerigen Eindruck. In einem größeren Hause am Markte sind 62, an der nördlichen Seite der Stadlkirche 87 und an der schmale» westlichen Seite 25 zerbrochene Scheiben gezählt worden. In den Nachbarflnren sind eine größere Anzahl Rebhühner und junge Hasen gefunden worden, die durch das Hagel wetter gelödtet worden sind. — Am traurigsten soll es in dem Dorfe Pahren aussehen, wo viele Ziegeldächer so zertrümmert sind, daß es den Anschein hat, als hätte eine Feuersbrunst daselbst gewüthet. So sind denn in wenigen Minuten die schönen Hoffnnngen der Landleute jener Gegend auf eine gesegnete Ernte mit einemmale vernichtet und der Schaden um so fühlbarer, als dieselben schon mehrere Jahre hindurch geringe Ernten gehabt und nur ganz wenige ihre Früchte gegen Hagelschlag versichert haben. politische Wochenschau. Deutsches Reich. Obwohl die Zusammenkunft der Kaiser von Deutschland und Oesterreich seit längerer Zeit ein alljährlich wiederkehrendes Ereigniß ist, so beschäftigte sich in letzter Woche doch wiederum die öffentliche Discussion mit Vorliebe niit ihr. Eine große politische Aktion ist ja nun allerdings auch die diesjährige Zusammenkunft der beiden erlauchten Kaiser in Ischl nicht gewesen, wohl bedeutet sie aber die außerordentliche Stetigkeit und Festigkeit des deutsch-österreichischen Einverständnisses. Einige politische Auf gaben der Gegenwart mögen deshalb ja immer bei der Kaiserbegegnung in intime Berathung gezogen worden sein, dafür spricht der Umstand, daß der österreichische Minister des Auswärtigen Graf Kalnoky während der Begegnung der beiden Monarchen nach Ischl gekommen war. Aber da der politische Horizont in Europa absolut friedlich gestimmt ist, kann die Hauptbedentnng der Zusammenkunft der beiden Herrscher lediglich in der abermals erneuten Constatirung der intimen Beziehungen derselben und ihrer Reiche liegen. Daß darauf und aus dem Anschluß Rußlands und Italiens an diesen Friedensbund auch weiter die Wahrung des europäischen Friedens sich ergeben werde, ist die feste Hoffnung der Völker. Ans Kaiser Wilhelnis eigenem Munde und zwar während der Begrüßung, die der erlauchte Herr mit der Kaiserin von Oesterreich auf dem Bahnhofe zu Ischl austauschte, hat man erfahren, daß ihm die diesjährige Badekur in Wildbad Gastein außerordentlich gut be kommen ist und die Gesnndheit des Kaisers neu gekräftigt wurde, was bei dem hohen Alter desselben ein wahres Himmelsgeschenk ist. — Die Abreise Kaiser Wilhelms von Ischl erfolgte planmäßig am Donnerstag und traf der Monarch am Freitag pünktlich in seiner Sommerresidenz, Schloß Babelsberg, bei Berlin, ein. Wie aus einer in der gnädigsten Form gehaltenen Cabinets- ordre hervorgeht, hat der Kaiser huldvollst das Protektorat über den anläßlich des vierhundertjährigen Geburtstags Luthers gegründeten „Centralverein der deutschen Luther-Stiftung" angenommen. Der Centralverein dient lediglich dem Zwecke, die Erziehung und Aus bildung der Kinder von unbemittelten evangelischen Pfarrern und Lehrern zu erleichtern. Zu der in Fulda in diesen Tagen stattgefuudenen Versammlung der preußischen Bischöfe waren in Person eingetroffen: die Bischöfe von Münster, Ermland, Trier, Hildesheim und Osnabrück. Das Fürstbisthum Breslau, sowie die Bisthümer Kulm, Paderborn und Limburg waren durch Domkapitulare vertreten. Die Berathungen fanden im bischöflichen Palaste zu Fulda statt. Als muthmaßlicher Director des Reichsgesundheitsamtes wird in den medicinischen Kreisen Berlins neuerdings Professor Skrczeczka, Decernent in der Medicinalabtheilung des Cultusministeriums, ge nannt. vr. Koch, der bislang für den Nachfolger vr. Struk's galt, hat abgelehnt. Er glaubt, die geschäftliche Leitung des Amtes nicht übernehmen zu sollen, weil seine Specialforschung seine ungetheilte Arbeit dauernd erfordert. Skrczeczka galt als eine Autorität auf dem Gebiete des öffentlichen Sanitätswesens. UebrigenS ist es dem