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Der Zehörden-Gartenbau 1. März 1926 Die ausgefüllten Nachrichtenbogen bitten wir an Herrn Gartenbaudirektor Faulwetter, Münster i. W., Gut Insel 1, zu senden, der gegen Rückporto und eine Gebühr von 2. RM. für Schreibarbeiten auf Anfordern die gesamte Statistik jedem Interessenten zur Verfügung stellen wird. Der Verband bittet, sich möglichst lückenlos an der Rund frage zu beteiligen, sich die kleine Mühe nicht verdrießen zn lassen. Das hereiugebrachte Material dürfte, vertraulich behandelt, für viele Verwaltungen und Kollegen ein guter Berater und Führer werden — wenn sich alle beteiligen. Die Aufnahme wird pünktlich am 12. März geschlossen, das Material umgehend bearbeitet und versandt. Die Hauptgeschäftsstelle. Der 1, fackkursus für Gartenbau in Königsberg in ?r. Ein Unternehmen unserer Landesgr. Ost- u. Westpreutzen. Die Landesgruppe Ost- und Westpreutzen des Reichs verbandes deutscher Gartenbeamten unternahm kein kleines Wagnis, als sie die Abhaltung eines Vortragskurses für Gartenbau in Königsberg beschloß, war doch die Bedürfnis frage und alles sonstige ungeklärt und die Beschaffung der Mittel völlig ungelöst. Der Erfolg hat jedoch den Ver anstaltern Recht gegeben, erreichte doch die Besucherzahl bei manche» Vorträgen die 300 und schon während der An meldungen zeigte es sich, daß die zuerst iu Aussicht ge nommenen Ausmaße des Lehrganges dem unerwartetgroßen Anstrom nicht genügen würden. Ein Erfolg war es auch deshalb, weil die lebhafte Anteilnahme der Zuhörerschaft bewies, daß ein großes Fortbildnngsbedürsnis unter den ostpreußischen Gartenfachleuten vorhanden ist und Befrie digung sucht. So wurde auch das Versprechen, die Vor tragskurse zu wiederholen, mit lebhaftem Beifall der Hörer begrüßt. Zuhörer und Vortragende bildeten bald eine geistig verbundene Arbeitsgemeinschaft, so daß der Geist dieses 1. Lehrgangs sich bald im Lande auswirken dürfte zum Segen unserer ostpreußischen Heimat, der, wie der Vorsitzende Butz, Königsberg, in seinem Begrützuugswort sagte, diese Veranstaltung dienen sollte. Stadtgarteninspektor Naumann, Königsberg, eröffnete den Reigen der Vorträge mit einer Einführung in die Ver wendung der Nährstoffe im Garten. In wohldurchdachten Ausführungen begründete er den Wert und die Bedeutung des Stalldüngers im Garten, die Wirkung der einzelnen Nährstoffe überhaupt und die Anwendbarkeit der neueren und alten Handelsdünger. Sehr viele praktische Anwen- dungsmöglichkeiteu wurden erläutert. Das Leben der Pflanze, insbesondere den Wasserumlauf und die Nährstoffbeförderung und Umwandlung erläuterte Garteninspektor Butz, Königsberg, dessen reiche Erfahrungen in der praktischen Auswertung wissenschaftlicher Ergebnisse den Teilnehmern sehr wertvolle Anregungen für den eigenen Betrieb gaben. Den dritten Vortrag brachte der Führer der ostpreu- tzischen Erwerbsgärtner, Herr Gehlhaar, Lawsken, der sich in bekannter Art uneigennützig in den Dienst der Sache ge stellt hatte und seine reichen Erfahrungen auf dem Gebiete des Umveredelns der Obstbäume zum besten gab. Dieser Vortrag war deshalb so besonders wichtig, weil die ost- Preußischen Obstgärten noch viel zu viele unrentable Sorten aufweisen, deren Umveredlung mit wirtschaftlich ergiebigeren Sorten von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. Aus einem anderen großen Gebiet, der Staudeukultur und -Anwendung gab der Direktor der Stadtgärtuerei Insterburg, Kaufmann, seine wertvollen Erfahrungen be kannt. Der ostpreutzische Garten ist im allgemeinen noch recht blütenarm. Wohl weisen auch die kleinsten Gärten des Landes Stauden auf, die sich von Generation zu Gene ration in den Gärten vererbt haben und die Fülle der Schönheit in Form und Farbe, die unsere neueren Stauden züchtungen bei aller Anspruchslosigkeit aufweisen, kennt der ostpreußische Garten leider noch viel zu wenig oder in unrichtiger, wirkungsloser Anwendung, so daß gerade in einer weitgehenden Verwendung von Stauden schlummernde Möglichkeiten ungeahnter Gartenfreuden geweckt werden kön nen, zumal sowohl der kleine Garten, wie auch der große landschaftlich gehaltene Park die weitgehendsten Verwen dungsmöglichkeiten bieten. An Stelle des iu letzter Stunde erkrankten Dr. Lemcke sprach Fachlehrer Hildebrandt, Taviau, über die Schädlinge des Gartens und ihre Bekämpfung. Er machte zunächst darauf aufmerksam, daß sehr viele Schäden unserer Pflanzen bedingt sind durch örtliche oder klimatische Verhältnisse. Soweit diese zn beseitigen sind, wird oft auch mit der Ursache die Krankheit verschwinden. Das gilt auch für alle ansteckenden Pilzkrankheiten, die besonders unter ungünstigen Verhältnissen eine günstigere Verbreitungsmöglichkeit haben. Er besprach dann im einzelnen die wirtschaftlich bedeutend sten Gartenpflanzenkrankheiteu, Verhütung und Heilung derselben, selbstherstellbare und häufige Gegenmittel und ihre Bedeutung und die Frage der mechanischen Bekämpfung durch brauchbare Baumspritzen. Mit einem Aufruf zu gemeinsamer Durchführung der Schädlingsbekämpfung, die allein Zweck und Wert hat, schloß der Vortragende. Einen ganz besonderen Genuß und wohl den Höhe punkt des Lehrgangs brachte der feinsinnige, von hoher Einfühlung getragene Vortrag des Gartendirektor Schnei der, Königsberg, über den Begriff der Gartengestaltung, um so wirksamer, als alle Ausführungen des Redners durch eine Reihe von Lichtbilderbeispielen erläutert wurden, die auch einfachem Verständnis den Sinn der Ausführungen näherbrachte. Vielen Teilnehmern werden durch diesen Vor trag die Augen geöffnet sein für Dinge, an denen sie oft bei der Unterhaltung ihrer Gärten teilnahmslos vorüber gingen. Diesen Vortrag müßte eigentlich jeder Garten besitzer hören und sehen, um sich eiufühlen zu können in die Möglichkeiten verständnisvoller Verschönerung seines Wohnsitzes und Gartens. Der zweite Tag begann mit launigen aber sehr viel Erfahrung vermittelnden Ausführungen des Obstbauinspek tors Geher, Marienwerder, über neuzeitliche Erfahrungen im Gemüsebau. Gehers Mahnung zu rationeller wirtschaft licher Gemüsekultur, zu einwandfreier Bodenkultur und rich tigem Lockern, seine Warnung vor unvernünftigem Gießen, sowie seine Anregungen auf betriebswirtschaftlichem Ge biet waren äußerst wertvoll. Der Führer der ostpreußischen Baumschulbesitzer, Fuchs, Allenstein, führte in das reiche Gebiet der Unterlagen fragen ein. Gerade iu Ostpreußen sind die Erfahrungen und Kenntnisse auf diesem Gebiet noch recht dürftig, so daß vielen Hörern äußerst wertvolle Aufschlüsse gegeben sind, zumal ja doch die Wahl richtiger Unterlagen Erfolgsvor^- bedingung für Obstkulturen sind. Gartendirektor Rodenkirschen, Königsberg, wies in sehr ansprechenden Ausführungen ans den Wert der neuen Ein- hcitspackung als einer wesentlichen Vorbedingung für die Regelung der Absatzfrage hin. Ganz ziel- und planvoll geht hier die Gartenbaudienststelle der Landwirtschaftskammer an die Aufgabe der Einführung dieser durchdachten und erprobten Verpackung/ die für die Erfassung der ostpreu- ßischen Obst- und Gemüseernte von höchster Bedeutung ist. Dem großen Kreis Hörer wurde sehr viel wertvoll Neues durch die Ausführungen des Redners geboten. Garteninspektor Heidenhain, Allenstein, sprach über Vogelschutz, als einer wirtschaftlich bedeutsamen Schädlings bekämpfung. Der Vogelschutz ist kein Liebhabergebiet und keine Spielerei, wie oft angenommen wird, sondern ganz außerordentlich bedeutsam. Daher sollte für die Schaffung von Nistgelegenheitcu, Vogelschutzgehülzen, Futterplützen und anderen Hilfsmaßnahmen für die Bogelwelt das Äeußerste getan werden. ! Die Frage der klimatischen Einflüsse auf den vstpreu- ßischen Gartenbau besprach Fachlehrer Hildebrandt, Tapia». Das Relief der Provinz, geologische Eigenheiten, abnorme Witterungserscheinungen wie die abweichenden Witterungs verhältnisse in der Provinz je nach Boden, Lage u. Höhen verhältnissen, die besonderen Einwirkungen auf den Obst bau, den Gemüsebau, die Blumenkultur und die Garten verschönerung wurden an der Hand reichen Tatsachenmate rials geschildert. Die Wichtigkeit der Ueberwindung kli matischer Einflüsse durch Züchtung und Artauslese, ratio nelle Glashauskulturen, durch Schutzmaßnahme!» Förderung des schnellen Pflanzenwuchses durch Bodenkulturen, Dün gung, Bewässerung u. a. sollten dem Hörer ein Bild von den Zukunftsmöglichkeiten im ostpreußischen Gartenbau ge ben, und namentlich warnen vor Kulturversuchen, die durch die Verhältnisse Ostpreußens nicht ermöglicht werden kön nen, andererseits aber einer bewußten Ausnutzung unter Anlehnung an die gegebenen Verhältnisse unserer Heimat provinz das Wort reden. Am Sonntag nachmittag sprach noch Landwirt Dittloff über den Torfmull und seine Anwendung im Garten. Diese von Lichtbildern begleiteten und von landwirtschaftlichen Kulturerfahrungen getragenen Ausführungen brachten oft wesentlich neue Anregungen aller Art, die sich in Ler Praxis reich auswirken dürften.