Volltext Seite (XML)
Voigtländischer Anzeiger. 35. Stück. Freitags den zi. August 1804. Etwas über hie Unterhaltung in gebildeten Zirkeln. ^^ewöhnlich fehlt es in Gesellschaften aller Art, oft in Zirkeln, wo sich geistvolle Menschen versammeln, an Interesse und gemeinschaftli cher Unterhaltung. Sind die Neuigkeiten des Tages durchgefprochen, Hal man Verschiedene über Verschiedenes gehört oder ausgesragt; so stockt oft plötzlich die Unterredung, und man setzt sich zum Spiel, um wenigstens mit An stand — schweigen zu können. Das Spiel ist allerdings für unsere Zeiten, und für unsere Art zu seyn, eine oft angenehme, ost noth wendige Zerstreuung; aber es darf nie, wie es gewöhnlich der Fall ist; in der Societät die Hauptsache seyn. Zur Unterhaltung seiner Gäste kann und muß der Wirth das Meiste beitragen. Auf ihn fällt immer das Vergnügen oder die Langeweile seiner Gesellschaft zurück. Er kann cs aber, wenn er aus eine leichte, ungezwungene Arc — Abwechselung in die Unterhaltung seiner Gäste zu bringen vermag. Es sollte keiner einen Gast einladen, ohne vorher darüber nachzndenken, wie und womit er ihn unterhalten möge. Der Geladene kann es nicht. Er kommt, wieder Zuschauer vor die Bühne, mit einem unbe stimmten Verlangen, aber immer mit der Vor aussetzung, daß man ihm wenigstens den Stoff zu seiner Unterhaltung bieten werde. Dieß kann er fordern. Was man von ihm verlangt, ist, daß er keinen üblen Humor, sondern eine gute frohe Stimmung mit in die Gesellschaft bringe, in welche er eintritt. Es ist zu viel gefordert, wenn man sich blos mit Sprechen über unbestimmte Gegenstände unterhalten soll. Die Worte sind gut, sagt Göthe, aber sie sind nicht das Beste. Die Meinungen sind zu ver schiede», und der Verhältnisse zu viel, als daß man nicht bald ein gegenseitiges Schweigen über diesen oder jenen Gegenstand beobachten sollte. Dazu kommt die gerechte Furcht man cher Leute, etwas Ungereimtes zu sagen, und so verstummen sie lieber ganz. Angenehm ist es, wenn der Wirth oder ein anderer dem ver sammelten Zirkel eine noch unbekannte interes sante Anekdote, eine neue Bemerkung, eine Notiz, oder etwas dergleichen, mitzucheilen vermag, weil ein gegenseitiges Urtheilen und Verständigen über eine Sache, zur Unterhal tung viel beiträgt. So bald man bemerkt, daß die Sprachaccorde einzelner tönen, und das Forte der Lippen allmählig ins Piano übergeht, muß man darauf bedacht seyn, durch etwas Neues und Picantes der Unterhaltung einen neuen Schwung zu geben. Bei größeren Ge sellschaften, und, wo es zu haben ist, würde ich in diesem Fall zur Aufführung eines kleinen Schauspiels rachen, von der Art, wie Herr von Kotzebue in feinem Spiel-Almanach einige treffliche Proben mitgccheilt hat. Man braucht dazu