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,87 ----- denen man die Nahmen; Nation'/ Gesetz und König gegeben Habe; Nation undGe- setz waren gestorben, aber der König lebe und befinde sich wohl. Bey der jetzigen Lage der Sachen könnte man von diesen g. Knaben sagen: Gesetz und König sind gestorben und Nation hat ein sehr gefährliches hitziges Fieber. Eine kleine Geschichte aus den mittleren Zeiten. Ehrlichkeit und Treue gefällt Freunden und Feinden, so lange sie ihren Nutzen be fördert; ist aber ein ehrlicher Mann in dem Fall, daß er seines Amts wegen andere zu ihren Pflichten anhalten muß, oder mit ih- «en zum Schaden eines dritten nicht in ein Horn blasen will: so ziehet ihm oft seine Treue und Ehrlichkeit die gefährlichsten Verfolgungen zu. Selten qb«r untniiesst ek> Wenn der Sturm M'HHrückMg vorüber ist, glänzt sein« RochWMuhel. helle»- «ls zuvor, so wie nach einem Zwitter vt* Son ne. Ein Beyspiel hieran lieftrt folgende Geschichte: Mastin Ma HcM,, Herr zu Verona, hatte einen HqMMMsier, der Von her niedrigsten Otnsie eines Haus- knechtS zu dieser wichtigen. Md ansehnlichen Stelle gelangt war, weil er sich durch Treue, Ehrlichkeit und Fleiß vorzüglich ausqezeich. net hatte. Ineinem zwanzigjährigen Dienst hatte er sich durch Mäßigkeit, Sparsam- keit und Ordnung ein ziemliches Vermögen erworben. Lange hatte der Neid einiger Höflinge seine giftigen Zähne wider ihn ge- wezt, lange suchten sie Gelegenheit, sich ei- nen Mann vom Halse zu schaffen, der das Eigenthum seines Herrn mit Luchsaugen be« ----- -rr obachtete und alle Ränke ihrer Habsucht ver eitelte. Endlich glaubten sie eine günstig^ Gelegenheit hierzu gefunden zu haben, als ihr Fürst zu einem Kriege eine gross Sum- me Geld nöthig halte nnd auf allerley Mit- tel dachte, sich dieselbe zu verschaffen. Gnä digster Herr, sagten sie zu ihm, warum su chet Ihr doch auswärts mit so vieler Sorg- falt, was Ihr selbst in eurem eigenen Hau se habt? Es ist ein Mann in Euren Dien sten, der als Bettler zu Euch kam und der Euch durch den Schein der Ehrlichkeit so zu blenden wußte, daß Ihr ihm einen gra sen Theil Eurer Einkünfte anvertrautet und bis diese Stunde noch nicht einsehl, daß er sich von dem Eurigen bereichert hat. Sel- ne Kisten sind voll Geld und die Eurigen sind leer. Er hat seit vielen fahren keine Rechnung abgelegt; was ist wahrscheinli- cher, als daß er Euch betrogen hat? Ihr meynet meinen Hausverwalter, antwortete ihnen der Fürst; er ist treu —doch, ich brauche Geld! wo ist ein Mensch, der nicht betrügen könne? Er soll Rechnung 'ablegen; rufet ihn. Da der Hausverwalter erschien, befahl er ihm, alle seine Papiere seit dem Anfang seiner Verwaltung an zusamenzusuchen und und in Zeit von 4. Tagen Rechnung abzu- legen. Der alte Diener war wie vom Donner getroffen, da er seinen Herrn so sprechen hörte, welcher sich bisher mehr auf seine Ehrlichkeit als auf.Rechnungen verlas, sen hatte. Kaum konnte er aus Bestürzung so viel hervorstammeln, seine Bereitwillig, keit an den Tag zu legen. Er gienq zitternd nach Hause und ie mehr er der Sache nach, dachte, ie unmöglicher schien es ihm, eine so vieltährige Verwaltung mit Rechnungen zu