Volltext Seite (XML)
Christel. Roman von Freifrau Gabriele von Schlippenbach. a Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Ja, gern' Wohin willst Du?" „Ruf daS Vorwerk. Ich will einen Knecht mieten und mit dem Pferdehändler Baruch sprechen. Auch nach der Herde nach ich sehen; das Auge des Herm ist überall nötig." Christel freute sich «ruf den Ausflug. Seit sie in Hollkitten war, stand sie um sieben auf und leistete dem Bruder Gesellschaft, wenn er seinen Kaffee trank. Sie sorgte dafür, daß er di« weichgekochten Eier rechtzeitig bekenn, eben so den rosigen Schinken oder die kräftige Rauchwurst. Frau Alice schlief bis in den Tag hinein. Früher hatte Steinaus erste Frau Marga rete ihm bei dieser Mahlzeit gegenübergesessen, jetzt tat es die Schwester. Ja, die kühl« Erde deckte das treue Herz, das einst voll Liebe für Mann und Kind geschlagen. Ein grüner Hü gel und die wehe Erinnerung waren allein ge blieben, und das Kind, ihr Ebenbild, an dem des Vaters Herz voll Zärtlichkeit hing. Christel und ihre Nichte pflückten einen schö nen Feldbiumenstrautz, dann fuhren sie nach Haus«. — Gegen sieben kam Steinau heim. Es zog ihn doch zu seiner Frau, nachdem er gehört, daß sie gegen sein Kind freundlicher als bisher gewesen war. Alice ihreseits hatte sich nach der Gesellschaft ibres Mannes gesehnt. Sie kam ihm ein Stück Weges entgegen und sagte ihm, daß sie ihn vermißt hatte. Steinau war ein selten gutmütiger Mensch. Er legte die Arme um sein schönes Weib, die es ihm dieses Mal nicht wehrte, obgleich er im Reitanzuge war. „Haft Du mich lieb?" fragte er leise. „Ja, Dols, aber ich muß mich erst hier eingewöhnen, es ist mir alles fremd. D i mußt mit mir Geduld haben." Als Christel mit dem goldgelben, trefflich geratenen Gerkuchen und frischem Salat kam, traten ihr der Bruder und Alice Arm in Arm entgegen. „Wieder ein Versöhnungsfest," dachte Chri- stel. „Möchte die gute Stimmung lange bei ihr vorherrschen!" * * « Die Spatzen zwitscherten noch schläfrig un ter dem Dach, und die Blumen öffneten ihre Kelche, als ein neugieriger Sonnenstrahl das blond« Haupt der jungen Schläferin traf. Christel blinzelte durch die dichten Wim« Pern, dann erinnerte sie sich der Verabredung mit dem Bruder und sprang leichtfüßig aus dem Bette. Nun schnell den Schlaf aus den Augen gewaschen, das lange Haar gelöst, das ivie ein goldener Mantel sie umwogte, di« dik- len Zöpfe geflochten und in die Kleider ge schlüpft. In zebn Minuten war sie fertig. Sie beugte sich über die kleine Ida, die das Zim mer mit ihr teilte, und lützte sie leise, dann glitt sie die Treppe hinunter. Adolf Ivar noch nicht da. Sie strich für ihn das Brot und legte ihm alles zur Hand. Als er ins Spei sezimmer trat, ries sie ihm ein fröhliches „Gu- ten Morgen" zu. „Schöner Tag, heute, Kleine." „Prächtig," gab sie munter zurück. „Ich freue mich der frühen Stunde; es ist eine Sün de, länger zu schlafen." Nachdem sie tüchtig gefrühstückt hatten, bestie gen sie den kleinen Wagen; der Fuchs wieher te, rmd die Fahrt begann. Wie wundervoll war die erwachende Erde im ersten Glanze des jungen Tages! Der Tau der Nacht lag noch auf Wiese und Anger, blitzte an den Zweigen der Gesträuche und fültte die zarten Kelche der Blumen, die schlaf trunken die Aeuglein öffneten Ein Zug wil der Enten flog pfeilgeschwind vorüber. Im Walde äugte ein schlankes Reh und setzte mit leichtem Sprung über das niedrige Gehölz. Und ein Duften und frisches Blühen überall, kein Matt regte sich. Die Lüft hatte noch die herbe Kühle der Nacht, die Sonne lachte goi- dig im Mau, und Moos und Farren grünten um die Wette. Christel war ganz still geworden. „Der liebe Gott geht durch den Wald," sag te Steinau. „Ja, dieses Gefühl hatte ich eben auch", stimmte Christel! bei. „O, wie wenig wissen die armen Städter, welch köstlicher Genuß es ist, so hn der Frühe sich an der Gotteswclt zu erlaben! Ich meine immer, inan muß besser im Verkehr mit der Natur werden. Nirgends fühlt man sich dem himmlischen Vater näher. Wie Säulen ragen die schlanken Stämme der Bäume empor. Jeder Grashalm, jedes Matt spricht von Gottes Güte und Allmacht." „Und Du mußt in der Stadt leben, armes Kleinchen." „Ja, Bruder, aber ich fühle mich ganz als Larrdkind- Mn ich dock) zehn Jahre, die er sten meines Lebens, in Hollkitten gewesen; lie be ich doch über alles die Scholle, die unsere Wiege trug. Darum genieße ich mein Hier sein von ganzer Seele, mein Bruder, und eins steht bei mir fest: ich will mir einen Land wirt heiraten." Sie sagte das mit so komischem Ernste, daß Steinau lachen mußte. „Lache nicht", sie kniff ihn in den Arm, „ich bleibe alte Jungfer, wenn ich keinen be komme, der das Land bebaut. Einen Offizier mag ich nicht, und einen Referendar — — pah! was hat die arme Hilde von dem Luf tikus!" „So glaubst Du, daß sie ihn noch immer liebt?" „Na ob! Tot ärgern kann ich mich darüber. Ihre besten Jahre schwinden. Es ist eine aus sichtslose Sache, aber sic läßt sich nicht raren und bleibt ihn treu, obgleich sie ganz ander« und bessere Partten hätte machen können." „Wie denkst Du Dir denn Deine Heirat, Christelchen?" „Sechs Wochen verlobt, dann wird gehet- ratet — Punktum!" Steinau lachte herzlich. „Lache nicht, Bruder, so wird es sein, — nicht anders." „Der Mann, dem ich Dich anvertraue, muh ein Staatskerl fein." „Natürlich, — anders tue ich es nicht. Ueb ermäßig reich braucht er gar nicht zu sein. Er muß die Arbeit sieben und — mich ganz schrecklich." „Na, das wird keinem Manne schwer fal len. Du bist ein sonniges Pusselchen, Kleine." Liebevoll sahen seine Augen auf sie nie der. Sie glichen sich. Beide hatten dasselle blonde Haar, dieselben dunkelblauen Augen, nur waren die des Mannes ernster. Auch das edle Oval des schmalen Gesichtes war ihnen gemeinsam. Unverkennbar war der rassige Zug bei beiden. In lebhaften, Geplauder legten sie den Weg zurück. Knechte mit Ackergeräten ^cgcgn-tcn ihnen, ein hochbepackter Wagen, den zwei Gäu le zogen. Steinau erklärte der Schwester al les: die uml/erliegenden Gehöfte, die Vorwer ke und die Mühlen. Aus einer kleinen Anhöhe hielt er den Fuchs an. Unweit davon lag ein stattliches Hous. Seine Fenster glitzerten in der Morgensonne; Wirtschaftsgebäude und Stallungen lugten zwi schen dem Laube der Bäume lervor. „Ist das nicht Steinsee?" fragte Christel. „Soviel ich mich aus meiner Kindheit erin nere, muß es der Besitz eines Herrn von Nö.rbach sein." „Jawohl. Der alte Röhrbach kränkelt, seit ihm die Fran gestorben. Er war ein tüchti ger Landwirt. Leider ist die Wirtschaft zu- rückgegangcn, weil er nicht mehr nach dem Rechten seh«n kann Sein einziger Sohn dient sein Jahr ab; es ist zweifelhaft, ob si« sich halten können." Sie fuhren weiter, erreichten nach einer Viertelstunde das zu Hollkitten gehörende Dor- werk und stiegen aus. „Jck> fürchte, Tu wirst Dich langweilen, Kleine", sagte Steinau, „ich Hale längere Zeit zu tun." „O, ich werde nur die Zeit schon vertrei ben, Adolf." Christel sah sich das -Haus und die Ställe an, guckte in den Gemüsegarten und trank ein GlaS Msilch, das die Fvau des Verwalters ihr anbot. „Die reine Sahne", dachte sie. „In der Stadt gibt es so köstlich« Milch nicht; sie ist verfälscht Und wässerig." Den Strohhut weit zurückschiebcnd, machte sie sich auf den Weg. Es ging so gut am Rain entlang. Nachdem sie eine Weile ge gangen, sah sie einen Feldstein, aus dem stand „Rittergut Steinsee". Sie pflückte die Blumen, die sich eben er schlossen: dicke, gelb« Ranunkeln, wilde Ane- monen, blaue Glockenblumen. Immer lveiter ging sie. Der Strarch wuchs in ihrer Hand. Sie hatte den Rock geschürzt; stink eilten die kleiner, Füße in den Lederschuhen über das Gras. (Fortsetzung folgt.) Altwerden. Es gibt Alternde — heißt es in einer reizvollen Plauderei über „Altwerden", von Dagobert Winter in der so eben erschienenen, neuesten Nummer von „Welt und Haus" —, die da behaupten, daß sie nicht noch einmal so jung sein möchten. Schweigen wir von diesen Unglücklichen, die den Nieder gang dessen nicht betrauern können, was sie niemals besessen, die in schweren Leiden, im aufreizenden Kampfe um das tägliche Brot ge rungen laben und schließlich froh sind, wenn sie ein Plätzchen finden, wo sie ausruhen kön nen von ihrer Jugend. Unser Mitleid verdie nen mich jene Anspruchsvollen, Hochstrcbenden, ewig Harrenden, die stets dos positive Heute dem illusorischen Morgen geopfert holen, und die, wenn sie merken, daß ihnen das schlüpfri ge Ting „Jugend" da* ei unter der Hand ent wischt ist, trotzig rufen: „Fahr wo'l, du sollst mir keine Sorgen mehr machen." Ihnen oft unbewußt bleibt die Bitterkeit der unausgelch- ten Jugend an ihnen lösten nnd 'nacht si« zu nervös«« Menschen oder gar zu Neurasthenikern. Erreichen sic auch in späten Jahren, »vas sie in der Jugend erstrebten, so sind sie doch nicht glücklich. Später Rubin beseligt selten. „Nock; rmr versilbertes Haar grünen die Lorbeeren Apolls" — aber es ist doch süßer, wenn der' Kranz scharr die dunklen Locken zierte. Wie manches ergraute Haupt schüttelt sich erschau dernd, wenn es unter der endlich errungenen grünen Krone zum ersten Male Zeit findet, sich selbst zu entdecken, schüttelt sich, daß der Kranz herunterfliegt, der zu teuer erkauft war um — den Preis der Jugend. Und im Auge schim wert die Schmerzenstväne um versäumtes, un einbringliches Glück. (Heft 19 mit der voll ständigen Plauderei kann als Probenummer durch jede Buchhandlung bezogen werden oder direkt vom Verlag von „Welt und Haus", Leipzig, Weftstraße 9, kosten- und portofrei.) 8 vnssre Marine bestes pfg. Cigarette r KSmMchr behördlich »orgrschrirbr«« alS: Preis-Verzeichnisse für Lebensmittel für Fleischereien, Material- und Grünwarengeschafte MMtm-W über BeMnbW der MWeiMilbW Vebnütm-W SberEiMrMW berAeisch- MRttvtrbMchs AvfiihWMtmdMg M BllndeMtsvttordimg über die Bereitung son Knche« Gesundheitspolizeiliche Vorschriften für den Verkehr und daS Feilhalten in Gast- und Schankwirffchaften, sowie in offenen Verkaufsstellen Verbote für jugendliche Personen sind vorrätig in der Geschäftsstelle dieses Blattes. Kieknrck » ^Idrvvkt Odsmottu Sl»u»«rvl«8trr»»»v Air. I En gros. La ätztLÜ. Sringv mein« Straus-, ^älvr- Mdmssekinvn, 80vi« allo »llckorso k^steme, ÜMd-MjMdim nt k'akrrLilvr tun billigst, kroiadorsednaag ja ompsskleacko kämaoeuag. ViertvMdrlledv Latonraki. von 1V blark g««1»ttvt. KMrckMÄ in Blocks geheftet und fortlaufend numeriert, hält in verschiedenen Farben stets auf Lager die Buchdruckerei Korn L Lehmann. ttlsnnsn- u. Ilnaben-INN« «M« stet» »a» Renette «W, irr dekauut gute» Qualitäten zu billigste« Preise» empfiehtt Paul Weber, AlllMWij. Feldpoft.Bricsumschlägc sowie Mdpost-Poftkartcn sind -u haben in der Brtchdrmkerei Hsrn L Lehmann. öunuhoW rsq ui uchlMSW sumra, chjunW Witz „ruriT --NVM" rhn 81 svvrym uz .„suuoI rnL" ,uv-iwffZE ihn 01 '„-saM rn?" ,uv-nvffstL -hl! 01 Vi ütarvunir-gol u; '„sjrM in?" ruvrnvrjsrg rV^»,-Ü«,hoch u) ahn 6 V4 h!pj SvlnsM u--rs -ushs-ctj nk Z, u, PNgvHe ,ivA ütlvlkäD -nopniqtMi pnn Gemeinde-BerbaudS-Girok»»«, Nr. S. EMO Reichenbrand (Endstation der Straßenbahn. — Garantie der Gemeinde.) Hetursparbüchse» werde» »»e»t-ettllch abgegebe». HVtvÄvr olkvn! Sie KWei des Zmi. SelbsterlebteS ta den Kriegsjahren 1914/18. Mit Beiträgen von H. Dreßler, Marie Schade, Pfarrer Salewsky, Pfarrer Just, Amtsvorsteher Graap u. a. Herausgegeben von Wilhelm Köhler. 193 Seiten Tert mit einem farbigen Titelbild und 60 Original- zeichnungen im Text. — Preis nur 1 Mk. K AM Wii die Mn. Bilder «r Lfyreußm Leidenszeit. Selbsterlebtes. Nach Berichten von Ieldzugstetlnehmern zusammengestellt von Major Victor v. Strautz. 176 Seiten Text mit 62 Abbildungen — Preis »O Pfennige. Tas Alltgstagebuch des Mms Acht Schilderungen seiner Erlebnisse auf dem Marsche, im Quartier, im Gesecht und als Verwundeter im Lazarett. Herausgegeben von seinem Freunde, mit einem Vorwort von Major Vietor o. Strantz. 192 Seiten Text mit 35 Originalzeichnungen. — Preis 1.20 Mk. Vorstehende Bücher sind zur Versendung an Angehörige tm Felde besonders geeignet und stets vorrätig in der Geschäftsstelle dieses Blattes, üontobnebvr in allen Größen und Stärken, fest gebunden, ImMeliebiichtt, Lieferscheine tm me», Rechnungsmappen, Kopterbücher, sowie sämtliche Kontor- und Büro-Artikel empfiehlt ü-osngnovb, btvrsäort NMenkart-N reichhaltiger ««»Wahl empfehlen Hör« ck Lehma««.