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ten auf dem Fichtelbergs betrug 150 000 Mk. Nun soll tatkräftig an die Erbauung des ge- planten Bismarckturmes auf dem Fichtelberge gegangen Meiden. Wolkenstein wurde als näch ster Tagungsort gewählt. Aus Vorschlag des Vereins Annaberg wurde der Gesamtvorstand in der Weise verstärkt, daß künftig die drei größten Vereine je ein Mitglied stellen, sieben weitere Beisitzer sollen den anderen Vereinen angehören. Die Vorstandswahl ergab an Stelle des aus Gesundheitsrücksichten zurllcktretenden bisherigen Vorsitzenden Herrn Möckel die Wahl des Herrn Oberamtsrichters Gilbert aus Schneeberg. Als zweiter Vorsitzender wurde Herr Pfarrer Lösche-Zwönitz wiedergewählt. * Flöha, 2. Okt. Ein schwerer Unfall ereignete sich am Sonnabendabend auf dem hiesigen Bahnhofe. Als ein Güterzug nach Chemnitz ausfuhr, stieß er an eine Ran gierlokomotive, die anscheinend zu nahe an der Weiche hielt. Die Lokomotive stürzte um und der Führer Weber aus Flöha erlitt dabei schwere Verletzungen. Der Verunglückte wurde nach dem Stadtkrankenhause in Chemnitz über geführt. Der Heizer kam unverletzt davon. * Dresden, 2. Okt. Den Feierlichkeiten bei der Einweihung des neuen Rathauses, das nach fünfeinhalbjähriger Bauzeit mit einem Kostenaufwand« von neun Millionen Mark nach den gemeinsamen Entwürfen des Archi tekten Roth und des Stadtbaurats Bräter er richtet wurde, ging bedauerlicherweise ein grel ler Mißton voran. Verbrecherhände hatten in der Nacht die 72 Meter lange und etwa 6 Meter breite Freitreppe, die für die Auffahrt der Gäste in Aussicht genommen war, über und über mit blauer Anilinfarbe besudelt. 20 Aufwarteftauen brauchten längere Zeit, bis al les wieder gesäubert war. Dann erfolgte die eigentliche Feier ohne Störung, bei der Ober bürgermeister Beutler die Festrede hielt. Ein Festbankett schloß die Einweihung. Den Tä tern ist man auf der Spur. — Eine besuchs weise hier sich aufhaltende 27jährige Priva tiers lief beim Ueberschreiten der Fahrbahn auf dem Albertplatze in eine Droschke und erlitt mehrere Rippenbrüche. Im Friedrichstädter Krankenhause ist sie an ihren schweren Ver letzungen verschieden. — Der Gastwirt Teich, der, wie berichtet, am Donnerstag vom Schwurgericht wegen Körperverletzung mit töd lichem Ausgange zu 1ZH Jahren Gefängnis verurteilt wurde, hat sich Sonnabend früh in seiner Zelle erhängt. — Die dritte Strafkam mer des hiesigen Landgerichts verurteilte den 26jährigen Kaufmann Ernst Paul Weber we gen Betrugs zu 4^ Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust. Weber hatte in seiner Stel lung als Beamter der Aegyptischen National bank in Kairo durch falsche Buchungen 173 000 Mark erschwindelt. Er wohnte zuletzt in Dres den. * Leipzig, 2. Okt. Zu der am Sonn tag den 16. Oktober stattfindenden feierlichen Eröffnung der Ausstellung französischer Kunst werke des 18., 19. und 20. Jahrhunderts in den Räumen des Leipziger Kunstvereins hat der König seine Teilnahme zugesagt. — Ver gangene Nacht hat in der Dresdener Straße vor dem Tanzlokal Pantheon zwischen mehre ren Personen eine blutige Schlägerei und Mes serstecherei stattgefunden. Dabei wurde einem 24jährigen Bauarbeiter ein Dolchmesser in den Rücken gestoßen, sodaß er schwerverletzt ins Krankenhaus geschafft werden mußte. Der Tä ter ist verhaftet. — Wegen Erpressung erfolgte die Festnahme eines 20 Jahre alten Hand lungsgehilfen. Der junge Mann hatte von ei nem etwas ängstlichen .Kaufmann dadurch wie derholt Geld erlangt, daß er ihm drohte, er werde bei ihm einbrechcn und ihn töten. Als das schließlich nicht niehr wirkte und der Kauf mann sich weigerte, noch weiteres Geld herzu geben, drohte er, er werde ihn wegen sittlicher Verfehlungen zur Anzeige bringen. Nun erst rief der Kaufmann die Hilfe der Kriminalpo lizei an, die den Erpresser schleunigst hinter schwedischen Gardinen setzte. * Borna (Bez. Leipzig), 1. Okt. In den Gehöften des Gutsbesitzers Espenhain und der Gutsbesitzerin Witwe Lehmann in Lobschütz bei Zwenkau ist die Maul- und Klauenseuche festgestellt worden. * Marienberg, 2. Okt. Als heute nach mittag 2 Uhr der 45jährigc Steindrncker Oertel von einem Baume Birnen abnahm, wurde ec plötzlich vou einem Herzschlag betroffen und war auf der Stelle tot. Da er iu deu Ziveigen liegen blieb, mußte die Feuerwehr geholt werden, die ihn mittels einer Leiter hcrabholte. Der Vor gang hatte einen großen Menschenauflanf zur Folge. * Plauen i. V., 2. Okt. Eine heftige Gasexplosion erfolgte im Stadtteil Haselbrunn in der Erkerwohnung des Limmerschen Hauses. In der betr. Wohnung hatte bis jetzt der Steinbrechmeister Casagrande gewohnt, der im Lause des gestrigen Tages ausgezogen war. Bei dieser Gelegenheit hatte er die ihm gehö rige Gaslampe abgeschraubt und niitgenom- nien, jedoch vergessen, das Zuleitungsrohr zu verschließen. Aus diesem Grunde entströmte das Gas fortgesetzt dem Zuleitungsrohr und machte sich gegen Abend auf den Hausfluren bemerkbar. Der Hausbesitzer holte die ausge zogenen Eheleute Casagrande herbei und be trat dann mit diesen das Zimmer. Da sie eine brennende Lampe bei sich trugen, erfolgte die Explosion. Alle drei im Zimmer befind- liehen Personen wurden verletzt und erhielten zumeist Brandwunden an Händen und Armen sowie im Gesicht. Infolge der Heftigkeit der Explosion sind auch die Scheiben der geöffne ten Fenster zersprungen und die Decke sowie die Wände des leerstehenden Zimmers beschä digt worden. Kleine Chronik. ' 15V Bergleute eiugtschlosseu. Aus Eagle- Paß (Texos) wird gemeldet: Einem Gerücht zufolge sind infolge von zwei Explosionen, die am Freitag und Sonnabend erfolgten, 150 Bergleute auf der Zeche .Palau" bei Murqucz-Coahnila (Mexiko) ein geschlossen worden * VuvtKunglück. Aus Ncwyork wird gemeldet: Tin Dampfboot, welches eine große Anzahl von Matrosen zur Flotte, die im Hudsonfluß vor Anker liegt, zurückbrachte, ist unterwegs gesunken. Etwa l2 Mann sollen ertrunken sein. Ungefähr 60 Mann wurden gerettet. * Ei« Luftballon abgeftkrzt. Ein Ballon, der gestern mittag vom Kristallpalast in London aus aufgestiegen war, ist in der Nähe der Gemeinde Roydon in der Grafschaft Essex aus einer Höhe von 2500 Metern infolge schlechten Funktionierens des Sicherheitsventils abgestürzt. Vier Personen, darunter eine Künstlerin, befanden sich in der Gon del. Der Ballon maß 1850 Kubikmeter und halte zuerst einen gelungenen Flug über die Stadt London auSgeführt in durchschnittlicher Höhe von l500 bis 2000 Metern. In der Gegend von Roydon stieg der Ballon zu einer Höhe von 3000 Metern auf. Der Pilot zog zum ersten Male daS Sicherheitsven til, das gut funktionierte, worauf der Ballon um 400 Meter fiel. Dann fing der Ballon wieder an zu steigen, und der Pilot zog zum zweiten Male das Ventil. Diesmal aber gelang es ihm nicht, daS Ventil wieder zu schließen, und der Ballon fiel mit furchtbarer Geschwindigkeit zur Erde. Der Anprall war schrecklich und wurde nur dadurch etwas abgeschwächt, daß die Gondel zunächst auf einen Baum fiel. Die Insassen wurden schwer verletzt, am schlimmsten rin Herr Kerr, an dessen Aufkommen gezweifelt wird. * Von -eu Lust-Eroberern. Derselbe Tag, an welchem der bei seinem kühnen Simplonfluge verunglückte Aviatiker Chavez in Paris bestattet wurde, brachte neue schwere Unfälle : Aus der Fahrt von Trier nach Vietz stürzte der junge Flieger Ingenieur Heinrich Haas beim Dorfe Wellen auS einer Höhe von 150 Metern infolge Propellerdefektes ab und fiel sich zu Tode Die schadhaften Propeller verursachten eine Explosion und, sich wiederholt überschlagend, sauste die Maschine mit ihrem In sassen zu Boden nieder. Helfer waren sofort zur Stelle, konnten aber nichts mehr retten. Unter der durchgcbrochencn Maschine lag dec Sterbende, der in wenigen Minuten seinen letzten Seufzer tat. Haas hatte seine Pilotcnprüfung erst am 5. September in Johannistal bei Berlin abgelegt und galt als ein sehr zukunftsreicher Aviatiker — Ein Zusammenstoß zwischen zwei in der Lust schwebenden Aeroplancn ersolgte in Mailand, sodaß beide Maschinen aus einer Höhe von zwanzig Metern zu Boden stürzten. Der eine der beiden Insassen ist tödlich, der andere leicht verletzt. Bei dem Anprall aus dem Boden explodierte ein Motor, sodaß das herbeieilendc Pu blikum schleunigst zurückwich ' Zu Lobe gerast haben sich mehrere Automo bilisten und Chauffeure bei einem Kraftwagen-Wett rennen in Newyork um einen vom Milliardär Vander bilt aufgesetzten Becher. Ein Automobilbesitzer und ein Chauffeur waren sofort tot, andere sind schwer verletzt. Auch ein Zuschauer wurde von einer Maschine erfaßt und mit Schädelbruch, Beinbruch und inneren Verletzungen aufgehoben. Ein anderes Au tomobil stürzte von einer Brücke herab; sieben Per sonen sind tödlich verletzt. * 30 Personen tu Krakau wegen Lpionage verhaftet. In Krakau fanden große Haussuchun gen statt. Dreißig Personen wurden verhaftet, die der AuSspionierung militärischer Geheimnisse verdäch tig sind und anscheinend im Dienste der russischen Geheimpolizei stehen. Ferner wurden große Dyna- mitlager gesunden. * Selbstmorde. In Berlin machte die franzö sische Erzieherin der Fürstin Pleß, Mademoiselle Miguel, der ein Teil ihrer Funktionen genommen worden war, aus gekränktem Ehrgefühl ihrem Leben ein Ende, ohne daß ein eigentlicher Anlaß vorlag. Die Leiche wurde aus dem Teltowkanal gezogen. — Ein Buchhändler in Gleiwitz war «ach Unter- schlagungen einkassierter Gelder geflüchtet. Bei Rud- zinitz fand man ihn jetzt tot aus den Schienen. * Mord-Lümmel. Daß junge Großstadtburschen am liebsten Verbrechen gegen GeldbrieftrSger, Kassen boten und andere Personen unternehmen, hat sich in Berlin und anderswo letzthin wiederholt gezeigt Pariser Mord-Lümmel, kaum fünfzehnjährig, haben aber ihre deutschen Altersgenossen weit übertroffen. Sie ließen bei einer Firma emenZahlungS auftragfür ihre Wohnung abgeben und überfielen den Mann, als er in das Zimmer trat Sic schlugen den Aermsten mit einem Bügeleisen nieder, öffneten ihm die Halsader, nahmen ihm sein Geld ab und verschwanden. Da der Mord erst am fünften Tage nach der Tat entdeckt wurde, so hat die Polizei jetzt sehr schwere Arbeit. * Die Lat eines Eifersüchtigem In Zabrze erstach auf offener Straße der Invalide Paszck auS Eifersucht seine Haushälterin Schlachta. Dann tötete er sich selbst. * Bou Wilderern erschossen. Der Amtsrichter Siebe aus Gleiwitz wurde am Sonnabend im Czer- nitzer Forst von Wilderern erschossen. * Durch Leuchtgas vergiftet. In dem Hause RcgenSburger Straße 5 in Berlin hat sich in der Nacht zum Sonnabend die Kaufmannswitwe Justine Jakobsohn in Gemeinschaft mit ihrem fünfjährigen Söhnchen Eduard durch Leuchtgas vergiftet. Frau Jakobsohn, die aus Posen stammt, hatte getrennt von ihrem Manne gelebt. Kurz vor Weihnachten verübte derselbe in Posen Selbstmord. Um sich nun einen Lebensunterhalt zu verschaffen, nahm sie eine größere Wohnung, die sie weiter vermieten wollte. Sie hatte damit jedoch keinen Erfolg und geriet in Not, die sie schließlich zu dem verzweifelten Schritte getrieben hat. Die rasch herbei gerufene ärztliche Hilse war erfolglos. * Selbstmord eiueS Primaners. Am Freitag hat ein 17jähriger Primaner, Sohn eines Straßen bahnschaffners, in der Wohnung seiner Eltern in Berlin Selbstmord durch Erschießen begangen, weil er ein unbefriedigendes Schulzeugnis erhalten hatte. * Am Grabe des Geliebten. Am Grabe des jüngst verunglückten Fliegers Pillot auf dem Mont Martre-Friedhof in Paris erschoß sich aus Ver. zweiflung über dessen Tod feine Geliebte, die Tänzerin Gabriele Prevest- * Zeitung uud Arbeiter. Die Zeitung „Los- AngeloS-Times" in Nordamerika, die mit den Ar beiter-Genossenschaften eine erbitterte Fehde führte, ist von ihren Gegnern buchstäblich in die Luft ge sprengt worden. Eine Dynamitbombe wurde in da- Druckereigebäude geworfen und setzte im Nu das selbe in Flammen. Getroffen wurden, da die Re dakteure sich schon entfernt hatten, nur Setzer und Drucker, die aus den Fenstern zu springen ver suchten, aber dabei meist getötet oder verwundet wurden. Die Zahl der Umgekommencn beträgt allein über 30. * Mord a« einem 15jährigen Suade«. In Lindenhorst bei Dortmund hat ein Mann, der flüch tig geworden ist, einen Ibjähriaen Knaben in den Dortmund-Emskanal gestoßen. Die Leiche dcS Knaben wurde geborgen. Der Kapitän eines Dampfers will gehört und gesehen haben, wie der junge Mensch flehend um sein Leben bat und sich aus den Fluten herausarbeiten wollte Der Mann stieß ihn aber mit dem Fuße ins Wasser zurück Theater in Hohenstein-Ernftthal. Die gestrige Abendvorstellung im „Hotel Drei Schwanen" war erfreulicherweise recht gut besucht und machte uns mit dlm Sc-.rdouschen Lustspiel „Madame Sans Gene" bekannt. Mit Volks- und Speltakelszenen beginnt der erste Akt, setzt sich im zweiten in einer schwankyasten Gesellschafisszene fort und findet im dritten und vierten Akt eine tragische Folge, Erst der Schluß löst das Stück Instspielhaft auf. Mil rohen Mitteln ist dcr Schwerpunkt auf die Charakteristik der Madame SanS-Gene gelegt, um Thentereffelte zu ermöglichen. Wahrend der Revo lutionszeit unterhält Katharina Hübscher wegen ihrer UngenierthUt (im besseren Sinne) Madame SanS-Gene genannt, eine Wäscherei Sie wäscht für Herrn sioucho, den späteren Polizeiminister, sie wäscht für den armen Offizier Bonaparte, der seine Rechnung nicht bezahlen kann und dann Kaiser von Frankreich wird, sie wäscht auch sür den königlichen Exerziermeister und Sergeanten Leföbvre, den späteren Herzog von Danzig Bonaparte interessiert sie, ja er wäre der Mann gewesen, ihre strenge Tugend zu Fall zu bringen, wenn er sie beachtet hätte Aber seine militärischen Studien hielten ihn davon ab Sergeant Leföbvre hat da? Glück, auf einem Ball in Vauxhall ihr Ritter zu werden, und von da ab liebt sie diesen Mann treu und innig. So steht cS, als daS Stück beginnt. Vom Laden Kaiharinas aus sieht man eine vollsbelebte Straße von Paris, und man hört die Kanonen, womit die Patrioten gegen die Tuilerien vor gehen. Es ist dcr !0. August 1792. Ein österreichischer Offizier, Graf Neipperg, rettet sich schwerverwundet in den Laden, und Katharina, von Mitleid erfaßt schützt ihn auch gegen Leföbvre. dessen dadurch angefachte Eifer sucht bei dem Anblick des Echwerverwundeten schwindet. Der zweite und die folgenden Alte spielen im September 1811 auf dem Residenzschlosse Compis ne. Bonaparte ist Kaiser Naprleon und mit der Erzherzogin Marie Luise vermählt Der ehemalige Sergeant Lefebvre ist Marschall und Herzog von Danzig, seine Frau, die ehe malige Wäscherin Katharina — Madame Sans-Gene veritable Herzogin. Neipperg ist österreichischer Gesandter, aber Feind Napoleons, da ihn der Kaiser haßt, weil er der Jugendfreund der Kaiserin ist. Der dritte und vierte Akt führt nun Napoleon persönlich vor. Er ist ärgerlich über die auswärtigen Zeitungen, die über ihn und namentlich über den envaS skandalösen Lebenswandel seiner Schwestern herzlehen, und in einer intimen Familienszen« liest er den Frauen den Text. Darauf empfängt er Katharina. Er ist entschlossen, auf Scheidung zu dringen. Als er aber in der Marschallin die ehemalige Wäscherin Sans-Göne wiedererkennt und damit seine Jugendzeit heraufbeschwört, als er erfährt, daß sie als Marketenderin und Krankenpflegerin mehrere Feldzüge mitgemacht, sogar verwundet worden, ja, al» sie ihm ihre einstige Schwärmerei für ihn erzählt, ist er ganz entzückt von lhr und tritt auf ihr, Seite. In dem Moment, al» er Katharina huldvoll entlassen will, werden beide Zeugen, wie Graf Neipperg, von der ersten Dam« der Kaiserin, der Gräfin Bülow geleitet, in das Schlaf zimmer Marie Luisen» gehen will. Wütend läßt Napo leon den Grafen von seinrn Dienern festnehmen und wird nur durch Katharina verhindert, den vermeint lichen Nebenbuhler sofort zu töten Er schickt nach Savary, um Neipperg noch in der Nacht erschießen zu lassen Savary kommt und läßt Neipperg durch seine Polizisten zum Tode führen. Da tritt der Kaiser au» seinem Zimmer. Er weiß nun, daß Maija Luise dem Grafen nur cinen Brief an den Kaiser von Oesterreich übergeben wollte. Diesen Brief hat er gelesen. E» wird darin der Wunsch ausgesprochen, man möge Neipperg fern von Frankreich halten, den ungerechten Argwohn Napoleons nicht zu verschärfen. Nun will der Kaiser den Todesbefehl widerrufen Umsonst! Savary erklärt, es sei zu spät. Da erscheint Fouchö ES ist nicht zu spät; er hat, wie immer, alles gewußt und den Grafen gerettet. Napoleon ist erfreut. Ec gibt Savary die Ent lassung als Polizeiminister und setzt Fouchö wieder ein. Dem Marschall Leföbvre sagt er, indem er ihm Katha rina übergibt: „Heb 'sie dir gut auf! Du findest nicht mehr ihresgleichen!" Gespielt wurde von allen Darstellern mit recht gutem Gelingen und hinterließ die Aufführung auf daS Pu blikum den denkbar besten Eindruck. Heute Montag abend kommt das geistreiche geniale Werk „Ein seltsamer Kall" hier erstmalig zur Auf führung. Mittwoch abcnd wird daS wirklich brillante Lustspiel „Hofgunst" von Trotha wiederholt. Die sehr vornehme reichhaltige Garderobe, sowie das vorzügliche Zusammenspiel dürfte wohl auch dem verwöhntesten Theaterbesucher genügen. Depeschen Gern. Auf Schloß Ernstbrunn starb Fürst Heinrich XXIV. von Reuß-Köstritz im 55.Lebens jahre. Berlin. Der gestrige Sonntag verlief in Moabit vollkommen ruhig. Der Verkehr war zwar stärker als sonst, weil viele Neugierige kamen, um sich den Schauplatz der Ausschrei tungen anzusehen, nirgends aber kam es zu Ansammlungen oder Aufläufen, sodaß bereits um 9 Uhr abends der größte Teil der Schutz leute nach Hause entlassen werden konnte. Um 1l Uhr wurden dann auch die übrigen Schutz leute bis auf die ständigen Patrouillen ent lassen. Mau hatte davon Abstand genommen, die Wirtschaften in den gefährdeten Straßen zu schließen. Für heute ist außer dem stän digen Moabiter Schutzmannkommando nur eine Verstärkung von 40 Mann vorgesehen. Die Tumulte scheinen nun doch ein Menschenleben gefordert zu haben. Der Arbeiter Macholowski ist an einer Schädelverlehung gestorben. Es ist möglich daß er die Verletzung bei einem Auf lauf durch einen Säbelhieb erhalten hat. — Der Verein „Ausländische Presse" hielt gestern eine außerordentliche Generalversammlung ab, in welcher einstimmig eine Resolution ange nommen wurde, in der es am Schlüsse heißt: „Die Generalversammlung, welche sich mit ih ren vier englischen und amerikanischen Kolle gen vollkommen solidarisch erklärt, legt gegen den vom Polizeipräsidium vertretenen Stand punkt entschieden Verwahrung ein." Kastel. Die Verhandlungen des national- liberalen Parteitages sind gestern geschlossen worden. Zu einer Beschlußfassung kam cs nicht. Prag. In Kladnow nahmen Demonstra tionen gegen die Teuerung der Lebensmittel einen äußerst bedrohlichen Charakter an. Tau sende von Arbeitern durchzogen die Straßen und forderten Staatshilfe, die Statthalterei hat ein Bataillon Infanterie, drei Eskadrons Dragoner und 150 Gendarmen nach Kladnow entsandt, da weitere Zwischenfälle befürchtet werden. Ncwyork. Zu der Vootskatastrophc auf dem Hudson (siehe „Kleine Chronik") wird noch gemeldet, daß die Zahl der Ertrunkenen noch weit größer sein kann, als 20, da man nicht weiß, wie viele Matrosen auf dem gekenterten Boote die Rückkehr nach dem Schlachtschiff unter nahmen. Das Meer war sehr aufgeregt uud als sich die Barkasse dem Kriegsschiff näherte, drängten die Matrosen, von denen viele betrunken waren, nach dem vorderen Teil des Bootes, das infolgedessen umkippte und sank. Ein Obermaat des Schiffes namens Chevalier warf sich mit einigen Kameraden ins Meer, um die des Schwimmens nicht Kundigen zu retten. Es ge lang ihm, allein l5 dcr mit den Wellen Ringen den an Bord zu bringen. Bei der 15. Rettung verlor ec jedoch die Besinnung und wurde nach derKrankeuabteilung des Kriegsschiffes „Newha- mashire" gebracht, wo er iu Wahnsinn verfiel. Mau konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, Selbstmord zu begehen. Die Mehrzahl der Er trunkenen war des Schwimmens nicht knndig. Unter der Bevölkerung herrscht infolge des Vorkommnisses große Erregung.