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ÄWkPhriiUi«Hl!ißIhii>cl Ailingkl Nr 21 Sonntag, den 26 Januar 1613 40. Jahrgang Postillon d amonr. Faschings-Novellette von W. Ahlen. (Nachdruck verboten.) Draußen stürmte es und Hagelschtoßen prasselten hernieder. Hugo hatte daher seinen Wettermantel an gelegt. Frau Käthe aber, die praktische junge Hans'ran, benutzte die Gelegenheit, den Winter paletot ihres Gatten einmal gründlich zu klopfen und zu bürsten. Die frühen Morgen stunden waren die ungestörtesten für sie. Denn Bubi, das blondlockige Glück des Hauses, im übrigen aber ein rechter kleiner Krakehter, schlief noch in seinem Gitterbettchen. So — der Paletot war ans dem ff. ge säubert! Nun schnell damit .n den Kleider schrank und dann weiter im Text, — die Wohnung blitzblank gemacht! Unler solchen Gedanken war Frau Käthe mit der Hand in die Taschen des Rockes ge fahren — rein mechanisch war es geschehen. In einer Tasche knisterte ein Papier. Käthe zog es lervcr und erkannte, daß es ein zer- lnitterles Briefblatt war. Vermutlich o.n alter Geschäftsbrief — Ordnungsliebend, wie sie war, glättete sie das Papier. Tann erst senkte sie die Augen aus die Schrift — Es waren nur wenige Zeilen und flüchtig mit Bleistift geschrieben: Heute abend 10 Uhr auf der Redoute im Apallosaal! Spanierin an der ersten Säule links! In sehnlichster Erwartung Postillon d'amour. Frau Käthe war blaß geworbou, sehr blaß. Es war ihr, als habe eine eisige Hand sie be rührt. Zitternd lehnte sie an der Wand, kei nes klaren Gedankens fähig . . . Ein Abgrund schien sich vor ihr auf- zutun . . . Hugo, ihr Hugo, hatte diese Zei len erhalten? Von einer, die in „Sehnsucht" ihn erwartete? War es möglich, faßbar, daß auch sie — Käthe Allstem — eine arme, be trogene Frau war!? Kaleidoskopartig drängten Bilder sich vor ihrer gequälten Phantasie. Sie verglich Hugos Benehmen gegen sie jetzt mit seinem im ersten Jair ihrer Ehe. Seine übersprudelnde Zärt lichkeit war allmählich in ein ruhigeres Ge leise übergegangen, wie Gewohnheit und ge sicherter Besitz es zeitigten. Aber Gleichgültig keit, oder gar Lieblosigkeit hatte sie nie an ihm gewahrt, — mein Gott, sie waren ja doch oins gewesen an Sinn und Seele — bis heute. Und eins in zärtlichster Liebe zu ihrem Knaben — Frau Käthe schluchzte leidenschaftlich. Ihr kam Hugos Bruder, ihr Schwager Benno., in den Sinn, dem der Leichtsinn im Mute lag und der es trotz seiner Liebe zu seiner Braut, einem hübschen, feingebi'ldeten Mädchen, nicht lassen konnte, galanten Abenteuern nachzugehen. Wie oft klagte Hugo darüber und wie manches Mal hatte sie, Käthe, insgeheim die junge Braut beklagt! Und nun? Nun war sie selbst die Be trogene — Beklagenswerte — Heute abend 10 Uhr? Wenn Hugo, der sie Abende meist daheim verbrachte, heute unter irgend einem Vorwand fort blieb, dann ging er zur Redoute! Und sie? Sie würde sich überzeugen — die cülte Kin- dersrau würde Bubi bewachen — und sie in einem Domino verfolgen und das Paar be obachten . . . Und dann — was dann —? „Ma — nm!" ertönte in diesem Augenblick ein Helles Sümmchen. Mit einem Schrei eilte Frau Käthe zu dem Kleinen bin und sank schluchzend an dem GLtcrbektchen nieder . . . * * * Hugo Alleinstein war recht zerstreut, als er mittags vom Bureau nach Hause kam. Bubi, en prächtiges Kerlchen, rund und rosig wie ein Posaunenengelchen, der ihm jauchzend entgegenkugelte, bekam nur einen flüchtigen Kuß. Das alterierte den kleinen Mann, der gewohnt war, daß Papa ihn auf den Arm hob und lachend herumschwenkte, derart, daß er in lautes Wehgeschrei ausbrach. Frau Käthe bekam bei der kurzen Abfertigung ihres Lieb- lings blasse Lippen und eilte mit dem Jun gen hinaus. Hugo bemerkte gar nicht, daß der Junge bei Tische fehlte, und auch nicht Käthes Mienen, noch die Gloriole von sitt licher Hoheit, U.e unsichtbar ihr hübsches frau liches Bild verklärte. Schweigend nahmen die Gatten das Mahl oin; das heißt, Frau Käthe stocherte mit verzweifelter Anstrengung, einen Bissen hecuwler zu bekommen, in den Speisen auf ihrem Teller; Hugo aß überhastig und schien mit seinen Gedanken weit entfernt zu sein. Auch hielt er beute nur ein V ertelstünd- chen Nachmittagsschlaf. Sprang dann hastig auf und sagte im Hinausgehen, ohne seine Frau anzusehen: „Liebes Kind, warte nicht mit dem Abendessen auf mich. Es kann svät werden, bis ich komme. Ich — janun — ich habe .eine Mission vor —" „Eine Mission?" fiel Käthe, leichenblaß, mit Nachdruck ein. Er gewahrte ihre Erregung nicht, aber räusperte sich ungeduldig: „Nun ja. — Du VsWli-MMM » DsbM- u. MktM-MlMling AlSNSMOM O AMMsM G ImMNZjOM ^6jbM80k6 40» MtlKIIM8kKk 42» IwktlMktlK 42» öMMsttlK 8Mi8 I^isksrunZ vottslänäiZsr Dr-Äul-^äsQks-HusslÄttunZsn tierrEnwÄSLks " 80"üu8oktsll eroislLgs. Korsetts Ltrstlelassigo, boväkrto Hualitö-Wn ru »uorksunt iatsLokIiok dilliFSn lob biets vino ^usvskl, wlo soloko von anckoroe 8vits auob niokt »auäkorvä orrviobt vorckon ckürkte. K K Allerlei Kurzweil. » « Dentspriiche. Treuem Schaffen Ruhm und Frieden, Klugem Wagen: Glück, Gewinn! Reinstes Lcbensglück hiniedcn Tapfrem, gottergebnem Sinn! * * * Schilt nicht mich und die Meinen, Sieh erst auf dich und die Deinen Findest dn nichts bei dir und den Deinen, Dann komm' zu mir und den Meinen. Nätfelecte Rätsel. 1. Zu beneiden bist du, kann es dir gelingen, Mich durch dein edles Streben zn erringen, Zn neiden, wenn mich dir die Menschen geben Hinans bis über dieses Erdenlcben. Nimmst dn mein erstes Zeichen, so enthüllt Sich dir der Hoffnung und der Jugend Bild, Und nimmst du mir gar noch ein Zeichen fort, So führ' ich dich hinauf weit in den Nord'. 2 Voll Eifer, Fleiß und Leidenschaft Es dir mit „d" alltäglich schafft Damit dein Geist das All erfaßt. Streichst du das „d" hingegen weg, Vernichtet cs oft Müh und Zweck, Stürzt, untergräbt und reißet ein, Was deines Lebens Werk sollt' sein. Logogriph. Ich trug viel hohe Ehren Im alten Testament. Und weiß, daß aus dem Treibhaus Mich jeder Gärtner kennt. Ich war zwar nicht von Adel — Doch willst du, daß ich's bin, So setz' nur eine Letter Vor meinen Namen hin. Homonym. Ich war schon in der Jugend Zeiten Gleich einem silberhaar'gcn Greis; Und willst dll mich auch anders deuten, Du raubst mir nicht mein reines Weiß. Ich breite als der zart'ste Schleier, Mich langsam aber sicher aus, Und trage von des Kampfes Feier Gar oft des Sieges Preis nach Haus. Scharade. Er war von Erstem ein Händler Und nahm's mit dem Maß nicht genau. Jüngst erstes an seinem Ersten Eine schlichte Arbeiterfrau. Die wollt er beim Messen bemogeln, Doch war das Weiblein schlau, Es holte einen Schutzmann, Der packte den Händler rauh. Er hat ihn ins Zweite genommen, Und Strafe hat jener bekommen, Denn macht' er auch Winkelzüge, Versucht es mit Finten und Lüge, — Das Weiblein blieb ganzens und sagte Frei aus, was ihm gar nicht behagte. Er mußt' ins Gefängnis wandern, Als Warnung für alle andern. Scherzfragen. 1. Welche Rosen haben keine Dornen? 2. Wer ist am friedfertigsten? 3. Wohin ging Jakob, als er 12 Jahre alt war? 4. Mit welchem Zuge kommt man znrück, anstatt vorwärts? Bilder-Rätsel. (Auflösungen in nächster Nummer.) AuflAsnnge« auS Nummer 3. Der Rätsel: 1. Majoran — Majorat. 2. Pen del — Ende. Des Logogriphs: Bau — Gnu — Sau — Tau. Der Scharade: Roß — Trappe — Roßtrappe. Des Zweisilben-Rätsels: Nilpferd. Der Steigerungsscherze: 1. Mai, Maier, meist. — 2. Drei, Dreier, dreist. — 3. Bau, Bauer, baust. — 4 Weil, Weiler, weilst. Des Bilder-Rätsels: Mitgistjägcr. Linder-Ieitllug 1913. Nr. 4. I Redaktion, Druck und Berlag von Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal. Die Geschichte von dem eitlen Mützenmacher. Von Arthur Roehl. Es war einmal ein Mützenmacher, der, weil ihm das Mützenzuschneiden und -Nähen tagein und tagaus langweilig geworden, be schlossen hatte, sich ein anderes abwechselungs reicheres und leichteres Gewerbe zuzulegen. Er hatte sich einen italienischen Leierkasten mit den neuesten Melodien auf der Walze gekauft, setzte sich eine knallrote Soldatenmütze auf und erzählte den Leuten, um sich interessant zu machen und seine Einnahmen zu fördern, von allen den blutigen Schlachten, die er mit- gemacht hatte. Mit der Unverschämtheit, die er hatte, flunkerte er dazu auch noch von schweren Verwundungen, die er in dem Kriege abbekommen. Der Filou schnürte sich um das Gelenk seines Armes, der natürlich nie eine Kugel gerochen, dicke Bandagen, daß er den Arin mit bestem Willen nicht krumm kriegen konnte. Und dann zeigte er ihn, wenn er leiern ging, den Leuten. „Das ist der Arm," sagte er, „den der Granatsplitter zer schmetterte. Hei, wie sie pfiffen, die blauen Bohnen, an diesem Tag. „Ein Glück nur," wie er hinzuzusetzen pflegte, „daß der Granat splitter nicht den rechten Arm streifte. Ich könnte sonst hier euch nicht einmal den Leier kasten spielen." Daß sein Arm heil und kräf tig und völlig gesund, das bekam täglich dann aber am Abend seine Frau daheim zu verspüren, wenn er, von seiner Tagesarbeit heimgekchrt, sie zu verprügeln anfing, weil er immer nur lauter teure knusperige Sachen zum Abendbrot haben wollte, die ihm aber doch seine Frau für das knappe Wirtschafts geld, das er ihr gab, nicht vorsetzen konnte. In allen Stadtvierteln, wo er leiern ging, war er übrigens bald eine allbekannte Er scheinung. Und wenn es hieß: Schulze mit dem Granatsplitter kommt, drehten sich auf den Höfen die Kinder im Kreise, die Küchen feen rissen die Fenster auf und di« Sechser und Groschen, in Papier eingewickelt, flogen liur so heraus, wenn er die Blaue Donau oder das Gebet der Liebe andrehte. Die Mützenmachern hatte er so gut wie ganz an den Nagel gehängt. Da war nes Tages ein Mann zu ihm in seine Hofkellerwoynnng gekommen, der eine große Rolle schwarz- und weiß- und rot- karriertcn Tnchstoff unter seinen Ann trug und nach dem Herrn Mützenmacher Schulze fragte. Er sagte, daß er von dem Stoff, den er bei sich halte, zwei Dutzend Mützen von einer ganz bestimmten Fa<?on gemacht babcn möchte, und daß inan ihm für diese Arbeit den Herrn Schulze empfohlen. Langsam erhob sich der von dem Sopha, auf den er pennte. Er halte so lange keine Bestellungen mehr auf Mützen gehabt, daß er überhaupt vergessen zu haben schien, daß er einmal welche gemacht. Widerwärtig brummte er denn auch nur etwas zur Ant wort, woraus der Fremde heraushören konnte, daß er keine große Lnst habe, den Auftrag zu übernehmen. „Hm," sagte der, „schade, sehr schade, da diese Bestellung eigentlich ein Vertrauens- austrag ist, den ich nicht jedermann über geben darf. Der Stoff, von dem die Mützen zu schneidern sind, ist nämlich so eine Art von Zauberstoff. Und mit den Mützen daraus hat es eine eigene ans Uebernatürliche strei fende Bewandtnis." Der Leiermann horchte auf. „Was?" sagte er und sah den Fremden halb neugierig, halb ungläubig an. „Zauberstoff? Ueber natürliche Bewandtnis?" Der andere nickte. „Jawohl," bestätigte er. „Die Mützen, ans diesem Stoff hergestellk, die haben eine Zauber kraft, wie eine Wünschelrute aus dem Märchen." Der Leiermann besah sich den Slvff näher. Er befühlte ihn mit den Fingern. Er schüttelte den Kopf. „Aber es ist ein ganz alltäglicher Stoff," sagte er. „Extraes daran nicht die Spur."