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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 26.01.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191301267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19130126
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19130126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-01
- Tag 1913-01-26
-
Monat
1913-01
-
Jahr
1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 26.01.1913
- Autor
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weißt, ich mag das Ausflügen »licht. Darum auch eben . . ." Er brach den Satz ab, nickte ihr zerstreut, doch nicht unfreundlich zu und rief: „Vertreibe Dir die Zeit mit BuR! - Addio!" Damit fiel die Tür hinter ihm zu. „O ich Unglückliche . . ." hallchte die Zu rückbleibende. Dann aber trat eiserner Wille auf ihr liebes Gesicht und kurz entschlossen traf sie ihre Vorbereitungen zum Besuch der Redout«. * * * Käthe Allenstein klopfte das Herz heftig, als sie um die zehnte Abendstunde in einem gelben Domino, die Larve vor dem Gesicht, in den Apollosaal trat, mitten hinein in das Maskengewimmel, denn das Fest hatte längst begonnen. Das tolle Dreibeil hier, die lauten Wogen der Lust und des Uebermures, dazu die brausenden Klänge verwirrten in ihrer gegenwärtigen Gemütsverfassung Frau Käthe. Sofort flog ihr Mick nach der ersten Säule links. Noch war die Spanierin hier mcht, aber es fehlten auch noch einige Minuten an zehn. Sobald eine männliche Maske löugos Gestalt ähnelte, verfo'gft Käthe sie init den Blicken. Plötzlich vernahm sie nahe die Glöckchen eines Tambourains. Und nun tänzelte ge schmeidig, sich den Weg bahnend, eine Spanie rin durch die Scharen. In rotem, goldgestick- ten Atlasrock, einen flimmernden Seidenschal um die schlanken Hüften geschlungen. Dazu ein goldgebrämtes Jäckchen aus schwarzem Sammet, das sich über einem Weißen Blusen hemd öffnete, dessen durchsichtiges Gewebe die glatte Haut durchschimmern ließ. Unter der roten At asmütze, die diademartig das Haupt zierte, quoll nachtschwarzes Haar hervor. Jetzt hatte die Spanierin die Säule links erreicht. Sie lehnte kokett den Kopf an die Säule, setzte das in roten Atlasschuhen steckende Füßchen voran, und spähte durch die Augenöffnungen der Halbmaske blitzenden Blickes suchend in die Menge. Diese Spanierin war offenbar schön, kokett und temperamentvoll, und Käthe Allenstein fühlte alle Qualen der Eifersucht und des schmerzlichsten Zornes. Und nun sollte sie Wohl gar mit ansehen, Ivie Hugo mit dieser Spanierin flirtete und schön tat! Das ertrug sie nicht! Doch — was tun? Inmitten dieser übermütigen Menge einen Eklat herbsiführen? O, sie begriff jetzt jene Unseligen, die zur Mordwaffe greifen, um ibre Nebenbuhlerin zu beseitigen! Sie wollte — Erschrocken fulr sie zusammen, als eine Schar Bajazzos, die sich an der Hand hielt, sie plötzlich umzingelten und unter Possen und tollen Witzen umtanzten. Vergebens streb'e sie, den Uebermütigen zu entönnen Wie eie unlösliche Kette hielten die Heinde Nr Bajazzos fest. Und so, Hand 2 an Hand, umhopsten und umhüpften diese den armen, bedrängten, gelben Domino. Durch dis Spiel von Haschen und Sträu ben ward der Domino nun ganz zufällig immer näher der ersten Säule links getrieben. Ueber dem Versuch, den Bajazzos zu ent- fliel-en, hatte der Domino diese Stelle außer Acht gelassen. Um so heftiger erschrak dieser, als plötzlich nah eine wohlbekannte Männer stimme erklang — Hugos Stimme! Gedämpft, aber doch deutlich, weil dringlich im Affekt der Erregung. „Durch eine Verwechslung unserer Vor namen von Seiten des Briefträgers gelangte Ihr Billet in meine Hände, statt in die Hände meines Bruders, meine Dame! Benno weiß nichts von dem Billet und nichts von mei nem Hiersein. Beabsichtigen Sie, das Brautpaar ausein ander zu bringen, meinem Bruder ferner nach zustellen, so werde ich gegen Sie Vorgehen, werde Wege einschlagen, die kompromittieren — Ihre Handlungsweise ans Licht ziehen." Eine Sekunde lang folgte Schweigen. Dann ertönte die Stimme des Sprechers abermals. In verändertem Tonfall rief er in die lär mende Bajazzoschar hinein: „Sie mißbrauchen die Maskenfreiheit, meine Herren Bajazzo! Sehen Sie denn nicht, daß Sie den Domino belästigen?" Damit durchbrach Hugo Allenstein, der ebenfalls im Domino war, den Kreks und bot dem gelben Domino ritterlich den Arm. „Wünschen Sie in den Vorraum, meine Gnädige? Oder wünschen Sie nach Hause?" fragte er höflich. „Nach Hause . . ." flüsterte mit verstellter Stimme der gelbe Domino. Aber aus dieser Stimme zitterte ein Etwas, zitterte jener Jubel, den nur derjenige empfindet, der schon sein Glück lat entfliehen sehen. Wer aber beschreibt Hugo Allensteins Er staunen, als der gelbe Domino ihm draußen plötzlich uni den Hals flog und nun «in Redestrom sein Ohr traf. Zwischen Lichen und Weinen schwankend, bekannte Frau Käthe dem erstaunten Lauscher, was sie durchlebt un>d durchlitten und wie sehr der Schein hier qe- trügt habe. „Ohne die aufdringlichen Bajazzos hätte ich nicht Gelegenleit gehabt, Deine Worte zu hören, Hugo, und wäre jetzt noch totunglück lich. Aber sag' doch, Schatz, weshalb nur handeltest Du, olme Dich mir mitzutevlen?" Hugo Allenstein zog die Hand seines er regten Frauchens in seinen Arm. „Eben weil ich mein Frauchen kenne, und weiß, wie leicht erregbar es ist, handelte ich insgeheim. Frauenmund fließt leicht über, und ich will nicht, daß Bennos Liebschaften bekannt werden und seine Verlobung zurückgeht. Denn ich erhoffe gerade aus dieser Verbindung einen günstigen Einfluß auf den Leichtfuß Ich denke, daß die Abkanzelung eben die Psewdo- Spanierin zur Vernunft bringt und diese lei dige Affäre abgetan ist. — Und nun zu Dir, kleine Sünderin! Wie konntest Du Deinem Hugo solche schwane Tat zutrauen? Sofort Buße tun! Unter drei Busserln bekommst Du keine Absolution!" Glückselig lachend küßte Frau Käthe ihren Hugo. „Ihr Männer müßt doch immer das letzte Wort behalten! Und ich war doch immer die Geängstigte! Denke doch nur: Postillon d'amour!" „Für uns zwei, Käthe, gibt es nur einen Postillon d'amour: Unsern kleinen Posaunen engel daheim — Bubi." Christentum und Kirche. Worte zum Nachdenken. Wir wol len stets durch Handeln vollkommener werden, Gott aber will uns meistens durch Leiden vor anbringen, denn dem Handeln lMngt immer etwas Eigensüchtiges noch an. Wir müssen in unserm irdischen Dasein meistens sogar mehr mals in ein Feuer, das in uns prüfen und verbrennen soll, was nicht reines, unzerstör bares Gold ist, und es ist ein gutes Zeichen, wenn das Feuer heiß gemacht werden darf. Gott, der uns am besten kennt, weiß recht wohl, warum er manchen Leuten wenig schwöre Leiden schickt. Schickt er aber dir welche, so sei gewiß, daß du sie aushalten kannst. (C. Hilty.) — Meine Auffassung vom Leben erinnert so unmittelbar an das Bibel- wort, daß Gott den Menschen zu seinem Ebenbild geschaffen habe, daß es Gott absicht- lich verleugnen hieße, wollte ich achtlos an die>- ser Uebereinstimmung Vorbeigehen. Es ist frei lich walr, daß wir Gott aus diesem Ebenbild nur unvollkommen zu erkennen vermögen. Aber wenn wir ihn auch nicht gmz zu erfas sen vermögen, was hindert uns, diejenigen Setten seines Wesens vor Augen und im Her zen zu haben, welche wir zu erfassen vermögen, und zu ihm als einen allmächtigen und all liebenden Vater unsere Herzen zu erheben . . Mir erscheint das Leben wie eine teilweise Offenbarung Gottes. Nicht eine unsichtbare, sondern eine sichtbare Hand ist es, die uns zur wahren Freiheit erheben will, zur Freiheit durch die Liebe. /Ed. von Rindfleisch, ber. Anatom in Würzburg.) — Eines Tages habe ich den Hauch des Todes auf meiner Stirne verspürt, und die Schrecken des Gerichts und dis Bedürfn s eines ewigen Lebens sind in meiner Seele wach geworden. Da habe ich die Bibel wieder gelesen. Ich habe sie so ge lesen, wie man sie lesen muß, mit einem ein fältigen, vertrauenden Herzen. Und da habe ich auf jeder Seite, ja in jedem Worte des erhabenen Buches die ewige Wahrheit leuchten sehen. Heute glaube ich fest an alle darin be richteten Wunder, die ja übrigens durch die Evangelisten mit einer Sicherheit und Genauig keit bis in die kleinste Einzelheit erzählt, be schrieben und bestätigt werden, daß daraus schon die augenscheinlichste, vollständigste Auf- richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Berichter- statter spricht. Jawohl, Jesus hat den Tau ben das Gehör, den Blinden daS Gesicht, den Lahmen den Gebrauch ihrer Glieder, den Toten das Leben wiedergegeben. Er hat während feines kurzen Lebens auf dieser Erde diese wunder baren Wohltaten in reicher Fülle um sich her bereitet, um zu beweisen, daß er der Sohn des lebendigen Gottes sei, und um die Wahr heit zu bringen, die seil 1900 Jahren den Herzen der Menschen, die Gott nach seinem Erbarmen liebt, den Frieden gibt. Diesen Glauben an Jesum Christum habe ich wieder- gefunden, und ich will ihn in meinem Innern bewahren. Armer Mensch, höre nicht auf die jenigen, welche dir einreden, der Glaube sei tot! Ich bin lange dir gleich gewesen, o du armes, in der Irre umhevgetrieb mes Herz. Wie du, o mein Freund, war ich überaus elend. Ich suchte unbewußt einen Vertrauten voll Grmde und Zärtlichkeit. Ich habe ihn gefunden. Mache es, wie ich, öffne deine Bibel und komme zum Kreuze, zu Jesu: dann wirst du Ruhe finden für deine Seele. (Fran cois CoppSe, französ. Dichter, geb. 1834.) Trikot-MSttNWsWren ausfallend billig mb gut karrft man am beste« bei Paul Heymer Spezialhaus Chemnitz, BrLckenstr. LL hinter der Zeitnngshalle, neben Schürzen-Kühn. IN cior WWWlik «n «n lVlsgnus Külin, Oksmmlr, örücksnstcasss 21, Köm§sftasss kauft man Lu «irlüivli billigen Preisen. Kesls unü dkIAts ksriTWeUe liß MilemilüM. „Wem, säum," fuhr der Fremde fort. „We- solche Mütze aus diesem Stoff auf- ßtzt, dem füllen sich die Taschen, ohne daß er den Finger rührt, mit allen Schätzen der Welt." Der Leicrmann plinkelte mit den Augen, als ob er sagen wollte, daß er nicht ein Mann wäre, der sich derlei Märchen auf binden ließe. Er grinste. „Hm," sagte er, „Zauberkunst und Hexerei — windige Post! Gut, Tröpfen vorzuerzählen." Ec rieb sich die Hände. „Pah," meinte er. „Was cs so mit der Zauberei in dieser Welt auf sich hat, und wie so was gemacht wird, das weiß ich auch. Stehe selbst bei einem guten Teil Menschen im Geruch, übernatür liche Kräfte zu besitzen." Er erzählte dem Fremden, um sich ihm als Kollegen aufzuspielen, wie er einmal ein ganzes Stadtviertel dumm gemacht hatte. „Und das war nämlich so," erklärte er. „Ich komme mit meinem Leierkasten in solch ein Wirtshaus hinein und will anfangcn zu orgeln. Was untersteht sich der Wirt? Der Mann sagt mir, seine Gäste wünschen nicht meine Musik zu hören und er packt mich und bedeutet mir, mich mit meinem Leierkasten zu packen. Haben Sie so etwas schon einmal erlebt! Das Leierkastenspielen mir zu unter sagen! Na, ward ich da grätig. Ergrimmt erhob ich meine Rechte und stieß auf Wirt und Wirtshaus, ich will es gar nicht sagen, was für Schreckensflüche aus. Not, Pest und Pestilenz breche herein über die ungastliche Glätte, kein Zecher mehr atme und trinke an diesem Orte —" „Alles schön," unterbrach ihn der Fremde. „Hat der Fluch denn auch was genützt?" Der andere nickte. „Doch, doch," sagte er. „Ich fing mir nämlich am folgenden Tag so einen Frosch. Ein kleines, grünes, zappliges Ding. Mit dem in der Tasche begab ich mich in dieses Wirtshaus, und sowie ich mich unbeobachtet sah, stak ich ihn fest, tief unter das Billard. Da sollte er verwesen. Ich danke, dachte ich mir, dann für den Geruch, den er dann durch das Haus verbreiten würde." „Und nun?" fragte der Fremde. „Der Fluch ward erfüllt I" grinste der Mützenmacher. „Kein Zecher mehr, der in dem Wirtshaus zurückblieb, umsonst, daß sie Fenster öffneten und Dielen aufrissen. Sie entdeckten den faulenden Frosch nicht unter dem Billard, und nicht eher schwand der Ge ruch und kehrte Leben wieder ein in das HauS, als bis der verzweifelte Wirt reumütig sich an mich mit der Bitte wandte: „Komm und hebe den Fluch, den du über mich ge bracht hast und über mein Haus." Der Fremde, dem weniger an der Kolle gialität des Mützenmachers, als an der Her stellung seiner Mützen lag, unterbrach ihn. „Ja, ein ganz feiner Trick," sagte er, „aber hier liegt die Sache doch etwas anders, au diesem Stoff hängt, wie ich Ihnen sagte, wirklich ein Zauber. Entschließen Sie sich also, ob Sie die Mützen anzufertigen bereit sind oder nicht. Uebernehmen Sie aber die Arbeit, so sage ich Ihnen gleich: Versuchen Sie nicht aus diesem für zwölf Mützen be stimmten Stoff eine dreizehnte Herauszu kriegen, die Sie, wie Schneider so was tun, für sich als Schmuh-Mütze behalten möchten. Ich rate Ihnen nicht. Die Zauberkraft des Stoffes kann sich fürchterlich gegen den un rechtmäßigen Besitzer kehren. Und nachdem ich Ihnen nun so meine Bedingungen ge stellt und Sie gewarnt habe, frage ich Sie: Fertigen Sie das Dutzend Mützen aus diesem Stoff für mich an, oder nicht?" Der Mützenmacher faltete seine Hände über die Brust und drehte die Daumen. Er erklärte vor allem, daß er sich schwer be leidigt fühle von dem Argwohn des Frem den, als ob er ein Mann sei, der von einem ihm anvertrauten Stück Ware schmutz mache. „Nein," sagte er, „da bin ich doch ein an derer Mensch." Am Ende aber sagte er: „Ja! Er wolle den Auftrag übernehmen. Und er nahm den Stoff und machte sich auch, sobald der Fremde fort war, gleich an die Arbeit. Er schnitt und stichelte und säumte, eine halbe Woche verging, dann waren die Mützen fertig. Aber natürlich hatte er, allen War nungen des Fremden zum Trotz, doch drei zehn Mützen herausgeschnitten. Was ein richtiger Schneider ist, der kann gar nicht anders, und selbst aus dem knappsten Maß sucht er noch für sich schmutz zu machen. Aber als der Fremde kam und die Mützen abholen wollte, gab er das natürlich nicht zu. Als der Fremde fragte: „Aber Sie sind auch ganz gewiß, daß Sie keine dreizehnte Mütze aus dem Stoff ge macht haben?" Da schien er ganz ungemütlich werden zu wollen. „I, wo werd' ich denn?" knurrte er. „Bin ich ein Dieb?" Aber als der Fremde mit seinem Dutzend Mützen abschob, setzte er sich sofort seine hübsche, neue, buntkarrierte Kappe auf und setzte sie auch nicht ab, als er nachmittags auf seine Konzerttour ausging. Die Warnungen des Fremden schreckten ihn nicht; auf einen kleinen Versuch aber konnte man eS jeden falls ankommen lassen. Wie er nun mit seinem Leierkasten von Haustür zu Haustür wanderte und da das Leierkastenspielen, das endlose Drehen der Kurbel auch eine Arbeit ist, bei der man in Schweiß kommen kann, in seine Hosentasche faßte, um sich ein Sack tuch oorzuholen, sich die Stirn zu wischen — fühlt er da nicht richtig in seiner Tasche etwas, was vorher nicht darin war und — was ist es ? Was holt er vor? Eine goldene Uhr! Und wie er in freudigem Schrecken auch in die anderseilige Tasche hineinfährt — Herr! Himmel! Auch darin ein Schatz. Ein gol denes Armband. Nun wußte er, war los war. „Hihi, haha," dachte er, „kein Wunder, daß dem Fremden nichts daran lag, daß ein anderer eine Mütze von seinem Zauberstoffe besaß. Er fürchtete die Konkurrenz. In einem Wirtshause, wo er nach ge taner Arbeit einkehrte, nahm er die ganzen Herrlichkeiten, die sich während der Konzert tour in seinen Taschen gesammelt — es waren ihm noch eine ganze Reihe andere schöne goldene Sachen inzwischen zugeflogcn — aus den Taschen und breitete sie, um sie sich näher zu besehen und zu bewerten, auf dem Tisch vor sich aus. Den Leuten, die über den Reichtum, den er vorbrachte, erstaunten, zeigte er seine Mütze, und da er ihnen nicht erzählen wollte, daß diese Mütze eigentlich nur ein Schmuhstück war, das ihm nicht zu kam, sagte er, weil die Leute durchaus wissen wollten, wie er zu diesem Wunder gekom men, daß der Gottseibeiuns in Person ihm in Feuer und Flammen erschienen und ihm das Ding geschenkt. Und als er sah, mit welcher Scheu und mit welchem Respekt alle die Menschen ringsum ihn anstarrten, sing er an Räubergeschichten von seinem Verkehr mit allen den guten und bösen Geistern, die ihn in ihr Herz geschlossen hätten, zu er zählen. Der Leiermann fühlte sich auf der Höhe seiner Lebenslaufbahn augekommen. „Nein," sagte er grinsend, „das ist euch doch allen längst bekannt — denkt bloß an den Fluch, den ich damals über dieses Wirts haus herabschwor, und wie sich alles erfüllte, daß ich mehr verstehe und mehr kann, als ihr euch alle träumen laßt." Die Zuhörer wollten natürlich wissen, was es damit für eine Bewandtnis habe. Nach vielem Bitten ließ sich der Leiermann endlich dazu herbei und erzählte ihnen, was ihm der fremde Mann aufgebunden hatte. Die Menge staunte ihn an, als wenn er ein Wundertier wäre. Der Wirt hatte sich an seinen Schank tisch gelehnt und hörte gelangweilt den» Ge schwätz zu. Als er aber ein paar Worte auf fing, wie: „Faulender Frosch — Billard — Fluch — Pest — Gestank", war sein Interesse an der Unterhaltung erwacht. Unter großem Applaus beendete der Mützenmacher seine Geschichte. Da, was war das? Der Wirt war mit langen, wuchtigen Schritten auf den Erzähler zugekommen. Klatsch, klatsch, auf jeder der aufgedunsenen Wangen des Mützen machers brannte eine Ohrfeige. Dann ließ sich die Stimme des Wirtes vernehmen: „So, das hast du für dein Gelüge, du Erzlump du! Denkst wohl, bei uns wird nicht reine gemacht?" Damit erhielt er einen Fußtritt und draußen saß der Leiermann. Als er nach Hause kam, war seine Laune auch nicht die rosigste, trotz seiner Zaubermütze. Hätte er aber gewußt, was ihm am anderen Tage be vorstand, so wäre er sicher davongelausen. Gewohnheitsgemäß schlief er bis in den Hellen Tag hinein, dann zankte er eine Weile mit seiner Frau und endlich nahm er den Leierkasten und trat seinen täglichen Rundgang an. Schließlich wu^de er hungrig und durstig. Er nahm die Goldsachen aus der Tasche und überlegte, welche er von ihnen zuerst verkau fen sollte. Da wurde er plötzlich von hinten gepackt, und ein Schutzmann sagte: „Im Na men des Gesetzes, Sie sind als Dieb verhaftet!" Der Mützenmacher stand erst wie versteinert da, dann aber fuhr er auf den Schutzmann los. Doch dieser ließ sich dadurch nicht irre machen Schließlich verlegte sich der Geäng stigte aufs Bitten und erzählte dem Jünger der heiligen Hermandad sein Mißgeschick. Aber der hörte garnicht darauf und schleppte ihn ein Stück mit. Da legte sich der Fremde, der den Mützenmacher stets im Auge behalten hatte, ins Mittel. Er erklärte, er habe den Mützenmacher von seinen Untugenden, nämlich Trägheit, Eitelkeit und Hochmut, heilen wollen, ihm deshalb den geheimnisvollen Mützenaui- trag gegeben und dann, als er ihn in der 13. Mütze gesehen, die Schmuckstücke heimlich zugesteckt. Dieser Austritt hatte natürlich viele Men schen angelockt, die den Hereingefallenen weid lich auslachten. Der beschämt von dannen Ziehende aber gedachte des alten Sprichwortes „Müßiggang ist aller Laster Anfang" und nahm sich vor, von jetzt ab sich wieder durch seiner Hände Arbeit treu und redlich zu ernähren. Eines andern Pein empfinden, Heißet nicht barmherzig sein; Recht barmherzig sein will heißen: Wenden eines andern Pein.
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