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^ 28, 1. Februar 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 1359 Nichtamtlicher Teil. Adolf von Kröner -f. <Bgl. Nr. 28 d. Bl.) Das Börsenblatt hat gestern die schmerzliche Pflicht ge habt, dem Buchhandel Kenntnis zu geben von dem am Abend des Sonntags, 29. Januar, erfolgten Ableben des Ehrenmitgliedes unseres Börsenvereins Herrn Ge heimen Kommerzienrats vr. Adolf von Kröner in Stutt gart. Wie wir erfahren, hatte ihm Überarbeitung schon vor geraumer Zeit ein Leiden zugezogen, dem aber seine be kannte, ganz ungewöhnlich starke Natur, seine nie erlahmende Arbeitslust mit zäher Energie trotzte. In erfreulicher Rüstig keit konnte er als Nachfolger der Cottas am 15. November 1909 das zweihundertfiinfzigjährige Geschäftsjubiläum der I. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart gleichzeitig mit dem Jubiläum seiner eigenen fünfzigjährigen Selbständigkeit als Buchhändler unter den mannigfachsten Ehrungen be gehen. Sie galten nicht minder seiner berufstreuen, nur hochgesteckten Zielen nachstrebenden, überaus erfolgreichen Verlegertätigkeit, als den großen Verdiensten, die er sich um den ganzen deutschen Buchhandel als Vertreter und Führer seiner Standesgenosfen in einer kritischen Zeit unter allge meiner Anerkennung der letzteren erworben hat. Von einem Freunde und Mitarbeiter des uns so unerwartet schnell Entrissenen empfingen wir die folgende, inzwischen auch im Schwäbischen Merkur veröffentlichte, auf eingehender persön licher Kenntnis beruhende Schilderung seines Lebens und beruflichen Wirkens. Nicht als Erbe eines schon bestehenden Verlags ist Adolf Kröner ein so hervorragender Vertreter seines Standes ge worden. Am 26. Mai 1836 in Stuttgart geboren, kam er als Sohn eines tüchtigen städtischen Verwaltungsbeamten zur Welt. Während er das Gymnasium der Vaterstadt besuchte, machten sich früh seine künstlerischen Anlagen geltend, die für Musik, im besonderen für den Gesang, so verheißungsvoll waren, daß der von ihm ins Auge gefaßte Beruf eines Opern sängers auch Freunden und Gönnern sehr aussichtsreich er schien. Er konnte auch eine zeitlang zu seiner Ausbildung als Bariton das Konservatorium in Paris besuchen, wandte sich aber dann dem Buchhandel zu, und wir dürfen annehmen, daß bei dieser Berufswahl dis in dem Jüngling lebendige Liebe zur Poesie den Ausschlag gab. Wilhelm Lauser, der spätere Schriftsteller und Journalist, ein Jugendfreund und Vetter Adolf Kröners, hat bei festlichem Anlaß (1899) Er innerungen niedergeschrieben, die auf das Jahr 1849 zurück gingen, in dem sie beide als Knaben »sich zur Jugendwehr zum Schutze des deutschen Rumpfparlamentes wappneten und eine Vorahnung der großen Bismarckzeit empfingen, als sie den übermütigen französischen Schülern in ihrer Nachbarschaft ein Sedan bereiteten». . . »Auch wandelten damals«, heißt es in der Niederschrift weiter, »in den engen Gassen der schwäbischen Hauptstadt Männer genug, zu denen wir Knaben hinaufbltckten und die sich vor der Welt zeigen konnten. Ein Ludwig Uhland schritt vor unseren Augen zum Ständehaus. Die Hand eines Gustav Schwab spendete im Namen des Studienrats den Fleißigen heißumstrittene Schulprämicn. Eine vertraute Erscheinung war uns der bescheidene Eduard Mörike. Einem Priester ähnlich, in mönchartigem Gewände, tauchte von Zeit zu Zeit der Weinsberger Seher und Sänger auf, Justinus Kerner. Pünktlich aber, wenn es auf dem Stadtturme Mittag geschlagen, begann seinen Spaziergang aus der Königstraße der Freiherr von Cotta, einen gewaltigen Zylinder mit kühn geschwungenem Rand auf dem Kopfe, den dicken Spazierstock mit Silbergriff wie ein Szepter in der Hand, auf den vom Vater her ein Abglanz der Freundschaft mit unseren Dichterfürsten fiel. In unseren knabenhaften Zukunststräumen trat freilich das Bild des vornehmen Ver legers ziemlich zurück! der Dichtung, der Kunst bloß wollten wir unser Leben weihen, und wenn einer von uns, so schienst du zum Dienste der Musen berufen I Vor allen Kameraden warst du mit den großen Schriftstellern unseres Volkes vertraut, gern hörten wir auf dein Urteil und er kannten die Gewandtheit und die Anmut deiner Feder an. Die Erstlingsgaben der Freunde, die Melodien des Kompo nisten Hornstein, die Lieder des Dichters Wilhelm Hertz und anderer, wie wußte dein Gesangsvortrag und Klavierspiel sie vor uns aufleuchten zu lassen!« Im Verkehr mit diesen Freunden hat sich des künftigen Verlegers Geschmack schon damals geschult, als er beim Stuttgarter Buch- und Kunsthändler Wilhelm Bach in die Lehre ging, als er die weitere berufliche Ausbildung in der Matth. Rieger'schen Universttätsbuchhandlung in München und im Verlag der Artistischen Anstalt von Malte in Stutt gart erhielt. Durch Wilhelm Hertz, der 1858 seine Studien in München fortsetzte, wo er sich 1861 als Dozent für ger manische Altertumskunde habilitierte, durch den Musiker Robert von Hornstein, dessen Verleger Kröner auch wurde, kam dieser damals schon in freundschaftliche Beziehungen zu dem von Emanuel Geibel und Paul Heyse gebildeten Münchener Dichlerkreis, dessen Mitglieder am »heiligen Teich« der »Krokodile« ihre Sitzungen hielten. Die Eindrücke und Anregungen, die er hier empfing, wurden bestimmend für eine Hauptrichtung, die seine Verlagstätigkeit von vorn herein einschlug. Es war im großen Schillerjahre 1859, als er mit dieser Tätigkeit einsetzte. Ec übernahm die Königliche Hof- und Canzleibuchdruckerei Gebrüder Mäntler in Stuttgart, in der einst der junge Friedrich Schiller als Redakteur der »Nachrichten zum Nutzen und Vergnügen» ein- und ausgegangen war, und gliederte ihr eine Verlagsbuchhandlung an, die er zunächst unter der Firma »Gebrüder Mäntler (A. Kröner)-, seit 1862 unter »A. Kröner« führte. Eines seiner ersten Unternehmungen war eine volkstümliche Biographie Ludwig Uhlands, der auf dem Stuttgarter Schillerfest kurz vor seinem Tode so weithin wirkende Worte im Geiste von Schillers Glockensegen »Concordia soll ihr Name sein!« gesprochen hatte. Im Jahre 1862 er schien dann in A. Kröners Verlag das »Münchner Dichter buch«, herausgegeben von Geibel, der stärkste literarische Ausdruck der geistigen Gemeinsamkeit jenes unter dem Protektorate des Königs Maximilian von Bayern ent standenen Dichterkreises. Es vereinigte die epischen Dich tungen »Hugdietrichs Brautfahrt« von Hertz und »Rafael« von Heyse, die beide bald auch selbständig in Kröners Ver lag erschienen, Geibels -Zu Uhlands Gedächtnisfeier« und eine erlesene Auswahl lyrischer Beiträge von ihnen sowohl wie von Ad. Friedr. v. Schack, Hermann Lingg, Badenstedt, Julius Grosse, Heinrich Leuthold, Melchior Meyr, Hans Hopfen zum schmucken Buch. Den Schluß bildete eine Mufikbeilage: »Am alten Zwingergraben, Gedicht von Wil helm Hertz, Komposition von Robert o. Hornstein«. Von Hertz, Hopfen, Melchior Meyr erschienen bald auch größere Werke in Kröners Verlag. Hans Hopfen, damals der jüngste des Kreises, hat, wie Wilhelm Lauser, Paul Heyse, Adolf Wilbrandt, zum 40jährigen Verlegerjubiläum Kröners in dem ihm damals auf Anregung von Ludwig Fulda, Hermann Sudermann u. a. von weit über hundert 178«