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WenstmiEmsttlM Anzeiger Tageblatt für Kohcnstein-KrMtkak, Göerlungwih, Hersdorf, Kermsdorf, Aernsdorf, Wüstmbraud, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. - Weitverbreitetes Insertions-Orga« für amtliche «n- Privat-Anzeige«. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Nbsntte m ent: Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Durch die Post bezogen Frei ins Haus monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. 25 Mk. excl. Bestellgeld. Jnsertionsgebühren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Aunahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. LV Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Nr. 256. Fernsprecher Nr. 151. Mittwoch, den 4. November 1903. G-sch-MM-: B-Mr. s. 30. Jahrgang. Die für die diesjährige Stadtverordneten-Ersatzwahl ausgestellten Listen der stimmberech tigten sowie der wählbaren Bürger liegen vom 5. bis mit 21. November an den Wochentagen von vormittags 8 bis mittags l Uhr und nachmittags von 3 bis 5 Uhr, an den Sonntagen vormittags von 11 bis 12 Uhr im Rathause, Zimmer Nr. 5, zur Einsicht aus. Bis zum Ende des 12. November steht jedem Beteiligten frei, gegen die Wahllisten vei uns Einspruch zu erheben. Nach Ablauf des 21. November werden die Wahllisten geschlossen. Den zu diesem Zeit punkte etwa noch nicht erledigten Einsprüchen ist für die bevorstehende Wahl keine weitere Folge zu geben. Alle Bürger, welche in den geschlossenen Listen nicht eingetragen sind, können an der bevorstehenden Wahl nicht tcilnehmen. Stimmberechtigt sind die Bürger, mit Ausnahme der Frauenspersonen und Derjenigen: a) welche öffentliche Armenunterstützung erhalten oder im Lause der letzte» zwei Jahre erhalten haben; b) zu deren Vermögen gerichtlicher Konkurs eröffnet worden ist, während der Dauer des Konkursverfahrens; 0) welche von öffentlichen Aemtern, von der Advokatur oder von dem Notariate suspendiert worden sind, aus die Dauer der Suspension, sowie der Removierten aus fünf Jahre von Zeit der Remotion an (vergl. lit. 4); el) denen durch richterliches Erkenntnis die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen worden sind, auf die Dauer dieser Entziehung; ch welche sich wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das nach dem Strafgesetzbuche die Entziehung der Ehrenrechte zur Folge habe» kann oder muß, in Untersuchung befiuden, ingleicheu Derjenigen, welche Freiheitsstrafen verbüßen oder zwangsweise in einer öffentlichen Besserungs- oder Arbeitsanstalt untergebracht sind; 1) welche unter polizeilicher Aufsicht stehen; x) welche die Abentrichlung von Staats- oder Gemeindeabgaben, einschließlich der Abgaben zu Schul- und Armenkassen, länger als 2 Jahre ganz oder teilweise im Rückstände gelassen haben; Ii) welche die Selbständigkeit verloren haben oder die sür den Erwerb des Bürgerrechts fest gesetzten Vorbedingungen nicht mehr erfüllen. Die Wählbarkeit steht allen stimmberechtigten Bürgern zu, welche im Stadtbezirke ihren wesentlichen Wohnsitz haben. Die Mitglieder des Studtrats, sowie besoldete Gemeindebeamte können nicht zugleich Stadt verordnete sein. Hohenstein-Ernstthal, am 2. November 1903. Der Ltadtrat Polster, Bürgermeister. W. Nach Ablauf der zur Zahlung des Ä. Termins Ltants-Eittkommerlstener gesetzten dreiwöchigen Frist werden Säumige nochmals daraus aufmerksam gemacht, daß nunmehr das geordnete Mahn- und Beitrcibungsversahrcn einzuleiteu ist. Stadtrat Hoheustcin-Ernstthal, den 30. Oktober 1903. Dr. Polster, Bürgermeister. Sr der Mordtaten der Orambos im Norden eine sehr schwierige. Frankreich. — Die Nücklrittsabsichtsn des Ministerpräsidenten Combe« sollen nach einer Meldung der „Voss. Ztg." durchaus ernster Natur sein. Combes wird aller Voraussicht nach nur bi« zur Erledigung der HauS- haltkelat« im Amte bleibe», dann ober die Last der Verantwortung auf andere Schultern abwälzen. Der Hauptgrund seines Mißtrauens liegt in der veränderten Stellungnahme eine« Teils der sozia listischen Deputation. Dee Führer der letzteren bittet nun seine Freunde, von einer weiteren Be kämpfung der gegenwärtigen Kabinetts abzusehen, da ein Regierungswechsel sür die sozialistische Sache nachteilige Folgen haben würde. England. — Neber 500 kriegsgefangene Buren befinden sich immer noch in Ahmcdmagac in Vorderindien. Sie weigern sich hartnäckig, dem König von Eng land den Treueid zu leisten. Wenn sie sich nicht bald eines anderen besinnen, werden sie aushöre», al« Kriegsgefangene behandelt zu werden, und sie müßen dann als Hernmstreichcr ins Gefängnis gehen! Italic«. — Soeben ist in Italien der Kommissionsbe richt erschienen, der sich mit der erstmaligen Cm führung der gesetzlichen Sonntagsruhe befaßt. Tie Initiative ist von den Sozialdemokraten ausge gangen, aber man muß zugestehsn, daß der Ent wurf sich von Uebertreibungen fernhält. Wit Zu stimmung aller Parteien ist der soziale Gesichts punkt für den leitenden erklärt worden, kirchliche Rücksichten haben nicht mitgewirkt. Es wird in erster Linie Gewicht darauf gelegt, daß jeder Ar beiter 36 Stunden Wochenruhe hat; wo die Natur einer Unternehmen« oder Geschäfts das verbietet, da soll den Arbeitern ein Turnus gemährt werden, der sie und die Arbeit vor Schaden schützt. Ein Tagesgeschichte. Deutsches Reich. — Unser Kaiser trifft in Begleitung des Reichs kanzler« Grafen Bülow und einer glänzenden Ge folges am heutigen Dienstag in Wiesbaden ein, wo er am Mittwoch den Besuch de« Zaren empfängt. — Prinz Heinrich der Niederlande hat sich von Schwerin aus, wo er bekanntlich seit längerer Zeit mit seiner Gemahlin, der Königin Wilhelmina, weilt, zum Besuch des deutsch.» Kaiserhofs »acb Berlin begeben. Nach der Rückkehr des Prinze» wird sich das Niederländische Paar »ach WandS- beck begebe», wo die Königin das dortige Husaren- regiment, dessen Ches sie ist, besichtige» wird, und dann deni fürstlichen Hofe in Bückeburg einen kur zen Besuch abstatten. — Die zweite Konferenz der russischen und deutlchen Unterhändler für einen neuen Handels vertrag wird angeblich noch in dieser Woche be ginnen. — General v. Hylander, zuletzt Führer des 3. bayrischen Armeekorps, ist soeben nach einer 44- jährigen glänzenden Dienstzeit zurückgetreten. Von Hylander ist 63 Jahre alt und leibet seit einigen Monaten an einem Beinschaden, der sein Aus scheiden aus dem aktiven Dienst veranlaßt hat. In den Kriegen 1866 und 1870/71 kämpfte er mit Auszeichnung, wofür ihm das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse, sowie da« Armeedenkzetchen und der Militärverdienstorden verliehen wurden. Sein Nachfolger, General v. Könitz, steht im 62. Lebens jahre. Er wurde 1866 wegen seiner tapseren Ver haltens bei dem Neitcrgefecht ans den Hettstädter Höhen öffentlich belobt. — Aus Deutsch-Südwestasrika wird gemeldet, daß Leutnant Jobst im Kampfe bei Warmbad ge fallen ist. Näheres über diesen Kampf liegt nicht vor. Haben im Süden Unruhen stattgefunden, dann ist die Ausgabe unserer Schutztruppc angesichts heftiger Kampf besteht in der Zeitungswelt. Die Mehrzahl der Journalisten hat sich in Abstimmungen der Preßvereine gegen den Turnus und für die Sonntagsruhe nach deutschem Muster ausgesprochen. Die Minderheit setzt aber den Kampf für den Turnns energisch fort unter dem Hinweis, daß das Fehlen der Zeitungen am Sonntag den Gepflogen heiten der Italiener diametral entgegenlaufe, war allerdings richtig ist. Die Kammer wird ent scheiden. Rußland. — In Warschau fand am Sonnabend bei der Nckrulenaushebung auf dem Nathause ein blutiger Zusammenstoß zwischen etwa fünfhundert Juden und der Gendarmerie statt. Auf beiden Seiten gab cs gegen vierzig Verwundete, mehrere erhielten töd liche Verletzungen. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. — Die Zustände im Kaukasus spotten jeder Zivilisation. Selbst ein russisches Blatt, der Petersburger Herold schreibt: Die Räuber treiben »ach wie vor ihr Unwesen und die Bevölkerung sympatisiert mit ihnen heimlich, oder ganz offen. Sobald der Reisende den Wagen der Wladikawkas bahn betritt, ersaß! ihn Angstgefühl, denn er hört im Wagen über nichts weiter sprechen, als über Nanbanfälle, Morde und Plünderung von Reisen den. Znr Nacht zeigen die Schaffner den Reisenden einen besonderen Trittverschluß, der von außen nicht geöffnet werden kann. Das Leben im Kau kasus war zur Zeil seiner Eroberung sicherer als gegenwärtig. Der Städter ist gezwungen, den Räubern den geforderten Tribut zu zahlen. Tut er da« nicht, so wirv ihm ein Sarg mit einem Dolch al« Warnung zugeschickt. Viele der auf den Straßen Ermordeten haben ein derartig warnender Gesche;' erhallen. Auch allzu eifrigen VerwaltungS- bcamtcn wiro cs zugeschickc. Tie «Hmdesrtttterschiebmtg der Gräfin Kwile^a vor Gericht. Sechster Tag. Berlin, 2. Nov. Vorsitzender Landgecichts- direktor Leuschner eröffnet die Sitzung um 9'/, Uhr. Justizrat Wronker beantragt u. a. die Vorladung des Agenten Liß aus Poseu, der bekunden soll, daß er die Unterschrift des Grafen Hektor Kwilecki unter einem Schriftstück gesehen habe, in dem dieser sich verpflichtet habe, dem Agenten Michclski 3000V Mark zu zahlen. sobald die Gräfin Isabella sür schuldig befunden werde. Er wolle mit dies.m Anträge keineswegs die Glaubwürdigkeit des Grafen Hektor anzweifeln, halte aber in der Flut der täglich ihm massenhaft zugcbenden Zuschriften diejenige, die diese Tatsache milleill, für wichtig, da dadurch mindestens be wiesen würde, mit welchen Behauptungen sich in dieser P> ozeßangelegenheit manche Leute, die bei den Ermittelungen tätig waren, brüsten. Daß solcbc Behauptungen auf andere Zeugen einen Ein druck Hervorrufen können, sei zweifellos. — Eister Staatsanwalt Steinbrecht: Es sei zwar eine alte Ersabrung, daß in einem solchen Prozeß Leute sich als wichtig aufspielen, nm ans Kosten des Fiskus cmc Reise nach Berlin zn machen und sich hier rinigc Tage aufzuhaltcn. Ec widerspreche aber dem Anlrage des Verteidigers nicht, damit dieser Punkt ganz aufgeklärt werde. — Graf Hektor Kwilecki erklärt aus Befragen hierzu, daß er ein solches Schriftstück nicht unterzeichnet habe und nichts davon wisse. — Jnstizrat Wronker macht ferner darauf aufmerksam, daß der kleine Graf nach der Behauptung einer Zengin eine Aehnlichkeit mit der Graf Bninskischen Familie und insbesondere mit dem Grafen Karl Bninski habe. Letzterer sei an Gerichtsstelle erschienen, und er bitte, im geeigneten Momente eine Konfrontation des Knaben mit dem Grafen Karl Bninski herbeizuführen. — Schließ lich behält sich der Verteidiger vor, nach der Ge nesung der Frau Weichensteller Cäcilie Meyer sich die Frage beantworten zu lassen, woher es kommt, daß der kleine Graf und der ältere Sohn der Frau Meyer, als sie am Freitag hier im Saale dem Gerichtshof und den Geschworenen präsentiert wurden, die gleiche Kleidung trugen, wer der Frau Weichensteller Meyer das Geld gegeben, ihr Kind so elegant zu kleiden und wer die Anordnung getroffen hat, daß beide Knaben ganz gleich gekleidet wurden. Es wurde hierauf in der Zeugenvernehmung fortgefahren. Frau Major von Wachholz aus Jnowrazlaw war, als sie den kleinen Knaben zum ersten Male gesehen, sofort frappiert von der großen Aehnlich keit des Kindes mit der Fran Gräfin und der Frau Gräfin Mutter. Der Briefträger Josef Pawlick aus Posen hat die Besorgung der Briefschaften nach Wroblewo unter sich gehabt. Nach seinen Wahrnehmungen habe er keinen Zweifel daran gehabt, daß die Frau Gräfin sich in anderen Umständen befände. — Die Verteidiger R.-A. Chodziesner, v. Rychlowski und Dr. Zborowski, sowie Staatsanwalt Dr. Müller richten noch eine ganze Reihe von Fragen an den Zeugen, die dieser dahin beantwortet: seine eigene Frau sei 14 Tage vor der Gräfin entbunden worden, und zwar von der Angeklagten Hebamme Ossowska. Letztere sei einmal der seiner Frau zu spät gekommen, und als seine Frau ihr darüber Vorwürfe gemacht, habe sie gesagt, sie habe auf dem Schlöffe zu tun gehabt; die Frau Gräfin werde auch in einiger Zeit niederkommen. — Auf Vorhalt bestreitet die Angeklagte Ossowska sehr lebhaft die letztere Behauptung, während der Zeuge dabei bleibt. Die Angeklagte Ossowska beendet diesen Widerspruch mit der Bemerkung: „Ach, der Zeuge ist ja ein Säufer!" Sie behauptet, daß sie vor der angeblichen Entbindung der Gräfin und auch unmittelbar nach derselben nicht zu der Gräfin auf das Schloß gegangen sei, sondern erst später mit dem Massieren begonnen habe. — Justizrat Wronker stellt durch Befrage« fest, daß der Zeuge, den die Angeklagte hier als „Säufer" verschreie, seit 20 Jahren im Reichspostdienste stehe und sich stets gut geführt habe, daß er von niemand beein flußt worden und Vater von acht Kindern sei, sodaß er sich ein Urteil über die hier zur Debatte stehende Frage des körperlichen Zustandes der Gräfin wohl gestatten könne. Der Förster Czelinski hat bis vor sechs Jahren in Wroblewo im Dienst des angeklagten Grafen gestanden. Ec erinnert sich eines Gespräches mit dem vorigen Zeugen, in welchen; ihm dieser gerade gesagt habe, er habe die Gräfin ganz schlank ge sehen und von einer Veränderung ihrer körperlichen Erscheinung nichts bemerkt. Der Zeuge Pawlick vermag diesen Widerspruch nicht auszuklären. Er erklärt schließlich auf Vorhalt der Vertreter der Staatsanwaltschaft, daß er eines Tages, als er die Gräsin im Schlafrock gesehen, nichts Auffälliges an ihr bemerkt habe, daß ihm aber ein anderes Mal eine körperliche Veränderung an ihr ausge fallen sei. Der Zeuge Czelinski sagt auf Befragen der Verteidigung ferner aus: Er habe seinerzeit an die Schwangerschaft der Gräfin geglaubt und ein mal der Angeklagten Osfowska gesagt, daß sich die Gräsin doch gewiß sehr freuen würde, wenn sie noch Mntter eines Jungen werden würde. Da habe die Ossowska ihm gesagt: Glauben Sie denn an die ganze Geschichte ? Die Gräfin läßt mich immer aufs Schloß kommen, ich sehe aber nicht, daß sie in gesegneten Umständen ist. — Die Angeklagte Ossowska bestreitet, daß sie mit dem Zeugen in dieser Weise von der Gräfin gesprochen habe und behauptet, der Zeuge habe gelogen. Einen Grund sür diese Behauptung kann sie nicht recht angeben. Sie meint nur: sie könne ja nicht wissen, ob der Zeuge nicht bestochen sei, denn sie habe gehört, daß Lenke vorhanden seien, die die Zeugen bestechen. Hieraus wird Sanitätsrat Dr. Rosinsky aus Wronke vernommen. Er kennt die Gräsin seit sehr langer Zeit nnd war ihr Hausarzt. An akuten Krankheiten habe er sie nicht behandelt, da gegen verschiedene Male an verschiedenen chronischsn Beschwerden, insbesondere gichtiger Natur! Be i