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Hohcnstciii-Eriistthiiler Anzeiger Tageblatt für Aahenstein-Grnsttkak, Gkertungwitz, Hcrsdorf, Aermsdorf, Aernsdors, Wüstsnbrmid, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschhcim rc. Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche und Privat-Anzeige«. n Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Abonnement: Jnserttonsgebühren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Frei ins Haus Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. monatlich 42 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt, vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. 1« Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 ,, Nk. 276. Fernsprecher Nr. 151. Sonnabend, den 28. November 1903. Geschäftsstelle: BahBr. 3. 30. Jahrgang. Tagesgeschichte. Deutscher Reich. — Wie die „Kreuzztg." mitteilcn kann, vollzieht die Nachbehandlung des Kaiser« mit Massage und Stimmübungen nicht Exzellenz Schmidt persönlich, sondern ein Schüler derselben, Dr. Gustav Spieß, der 12 Jahre lang Mitarbeiter de« Professors Schmidt gewesen ist und sich durch zahlreiche Schriften auf dem Gebiete der Ha!«- und Nasen- krankheiien einen Namen gemacht hat. In den letzten Jahren hat Dr. Spieß sein besonderes In- tereffe den Erkrankungen de« Stimmorgan» bei Sängern und Offizieren zugewendet und al« Er gebnis dieser Studien vor kurzem eine Anleitung zum Gebrauche der Stimme beim kommandierenden obersten Militärbehörden eingereicht. — Vor Weihnachten werden im Reichstage vor aussichtlich nur wenige Arbeitstage abgehalten. Dar Hau« tritt Donnerstag, den 3. Dezember, zusammen; am Freitag findet dann die Präsidentenwahl statt, wobei eventuell die Sozialdemokraten mit ihren Ansprüchen an die Vizepräsidentenstelle die ersten Weiterungen Hervorrufen. Da den Abgeordneten einige Tage Zeit zum Studium des Etat« gelaßen werden muß und Dienstag, den 8. Dezember, katholischer Feiertag ist, wird wahrscheinlich auch an den zwischcnliegenden Wochentagen, Sonnabend und Montag, keine Sitzung abgshalten und erst am 9. oder 10. m die sachlichen Beratungen eingelreten. Es würden dann dir Sonnabend, den 19. Dezember, nur etwa 8 Sitzungetage bleiben. Wie man an nimmt, wird die Zahl der Interpellationen, die er von vornherein regnet, ungemein groß sein. Viel leicht kann dadurch die erste Lesung de« Etat« ent lastet werden. Vor Weihnachten bleibt nach der ersten Lesung des NciHshaurhaUsvoranschlags schwerlich Zeit zu weiterem, als zur Erledigung dec Vorlage wegen des englischen Handelsprovisoriums und vielleicht der einen oder anderen Interpellation, ^u den Vorlagen, die dem Reichstage in seiner ersten Tagung in der neuen Legislaturperiode be stimmt zugehen werden, gehören, so viel man weiß, da« MililärpensionSgesetz, die Börscngcsetznovelle, da« Gesetz wegen der kaufmännischen Schiedsgerichte, das Äutomobil-Polizeigefetz und der Entwurf wegen Entschädigung unschuldig Verhafteter. Inwieweit die Handelsverträge zur parlamentarischen Genehmig ung fertig werden, ist noch nicht ab.zusehen. — Dem Fähnrich zur See Hüssener ist durch kaiserliche Kabtnel!«ordre vom 24. d. M. mit gleich zeitigem völligen Ausscheiden aus dem militärischen Dienstverhältnis der Abschied erteilt worden. Ueber diese Anordnung wird man überall in deutschen Landen aufrichtige Genugtuung empfinden. Mochte das Urteil über Hüssener noch so milde ausgefallen sein, einen Mann wie ihn wollte doch incmand gern in den Reihen der deutschen Streitmacht er blicken. Der bisherige Fähnrich Hüssener war wegen seines Renkontre« in Cassel, bei dem er den fliehenden Einjährigen Hartmann erstach, in erster Instanz zu 4 Jahren und 1 Woche Gefängnis und Degradation verurteilt worden. Da» Oberkriegs gericht hob dieser Urteil auf und erkannte auf eine Festungsstrafe von 2 Jahren und 7 Tagen. Dieses Urteil wurde zwar wiederum vom Reichsmilitärge- rtcht aufgehoben, das Oberkriegsgericht verblieb aber bei der zuvor von ihm erkannten Festungr- strafe. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. Während Hüssener seine Strafe in Magdeburg verbüßt, er hielt er seinen Abschied, der als ein Akt ausgleichen der Gerechtigkeit ausgenommen werden darf. — Die geschiedene Großherzogin von Hessen dementiert energisch die Nachricht eine» polnischen Blatte«, daß die Prinzessin Elisabeth einer Strychnin- Vergiftung zum Opfer gefallen sei. — Auch englische Berichte geben jetzt zu, daß der Aufstand der Bondelzwart« sich auf Warmbad beschränkte, und der Direktor einer britischen Ge sellschaft in Deutsch-Südwestasrika, der kurz vor dem Aufstand in Warmbad war und auch mit Leutnant Jobst verkehrte, schreibt in einem offenen Briese an Londoner Zeitungen: „Was auch dis Ursache de» Aufstande« der Bondelzwarts war, ich bin überzeugt, daß sie nicht in irgend welcher Härte oder Unge rechtigkeit der Regierungsbehörden zu suchen ist. Ich glaube nicht, daß der Eingeborene in Deutsch- Afrika mit weniger Gerechtigkeit und Rücksicht be handelt wird als seine Brüder in den britischen Kolonien." Frankreich. — Präsident Loubet und Gemahlin empfingen heute nachmittag im Elysäe die englischen Parla mentarier mit ihren Familien, sowie zahlreiche französische Parlamentarier. Lord Brassey betonte, in den Herzen der Engländer wohne der aufrichtige Wunsch nach einer herzlichen Entente beider Länder. Loubet gedachte de« warmen Empfanges, der ihm in England geworden und der Frankreich gegolten; er hoffe, daß durch seine Reise die geknüpften Bande beilragen möchten, dem Ziele näher zu kommen, das beide Länder im Interesse der Zivilisation, der Humanität und der gegenseitigen Unterstützung ver folgten. Sächsischer Landtag. Zweite Kammer. Dresden, 26. Nov. In der heutigen Sitzung fand in Gegenwart des Staatsministers v. Metzsch die allgemeine Vorberatung über das Dekret Nr. 9, den Entwurf eines Gesetzes über die Organisation des ärztlichen Standes betreffend, statt. Die Re gierung schlägt vor, an die Stelle des Gesetzes vom 23. März 1896 ein vollständig neues zu setzen, welches am 1. Januar 1905 in Kraft treten soll. Als erster Redner trat ein Fachmann, Abg Sanitätsrat Dr. med. Brückner-Leipzig-Gohlis, warm für die Vorlage ein. Er berührte in seinen Ausführungen die Notlage, unter der der Aerzte- stand namentlich durch die Konkurrenz der Kur pfuscher und der Naturheilanstalten, zu leiden habe und gedachte dann der Beziehungen der Aerzte zu den Krankenkassen, bezüglich deren die Aerzte weniger über die Regelung der materiellen Bezüge, als vielmehr über die unstatthafte Art und Weise zu klagen hätten, in der den Aerzten entgegen getreten werde. Sehr zu begrüßen sei die Neuerung, daß den Ehrenräten ein juristischer Beisitzer zu gesellt werden solle und daß als 2. Instanz ein Ehrengerichtshof für das ganze Land mit dem Sitze in Dresden in Aussicht genommen sei. Auch daß nunmehr in dritter Instanz die Anfechtungsklage beim Oberverwaltungsgericht statthaft sei, sei eine willkommene Neuerung, ebenso, daß die vom Ehren gerichtshof zu verhängenden Strafen wesentlich er höht worden seien. Abg. Dr. Vogel-Dresden: Auch unter den Aerzten gingen die Meinungen noch sehr aus einander, inwieweit das Gesetz von 1896 seinen Zweck erreicht habe, denn der Aerztestand sei doch nicht in dem Maße gehoben worden, wie es zu erhoffen gewesen, und auch das Kurpfuschertum habe nicht die erwartete Beeinträchtigung erfahren. Darüber herrsche aber auf allen Seilen Ueber einstimmung, daß die neue Vorlage einen Fort schritt bedeute. Er wünsche, daß sie die Streitig keiten zwischen den einzelnen Aerzten und den ärztlichen Kreisvereinen in Zukunft möglichst ver hindern möchte. Seine politischen Freunde wüßten eine gewisse Beschränkung der Koalitionsfreiheit in dem neuen Gesetz erblicken. Bezüglich der Sanitäts offiziere möchte Redner, daß diesen das aktive und passive Wahlrecht nicht verliehen werde. Weiter- Habe er den Wunsch, ob nicht hinsichtlich der Be rufung an die dritte Instanz allen Beteiligten die Befugnis hierzu gegeben werden könne. Die Vor lage selbst möge zum Heile des gesamten ärztlichen Standes und zuni Segen der ganzen Bevölkerung werden. Abg. Gräfe-Annaberg führt aus, daß bei den Differenzen zwischen Krankenkassen und Aerzten auch auf Seiten der letzteren Fehler untergclaufen seien, die des ganzen Standes unwürdig wäc-n. Abg. Greulich-Gröba vermißt auch in dem neuen Gesetze den genügenden Schutz des Publikums. Es fehle eine Bestimmung, die den Arzt verpflichte, die erste Hilfe zu leisten. Abg. Günther-Plauen i. V. meint, daß ver schiedene Bestimmungen des Gesetzes nicht mit den Anschauungen über die persönliche Freiheit in Ein klang zu bringen seien. Zu wünschen sei, daß gegen Aerzte, welche Kuranstalten leiten, nicht wegen Kurpfuscherei vorgegangen werde, wie überhaupt die Naturheilmethode in der Vorlage zu ihrem Rechte kommen möchte. Vizepräsident Dr. Schill-Leipzig hält mehrere Bestimmungen für bedenklich, bezw. unsympathisch. Die Bestimmung betreffend Vie erste ärztliche Hilfe könne keinesfalls in dem Gesetz, höchstens in der ärztlichen Standesordnung Aufnahme finden, und was das Verhalten der Aerzte als Leiter von Naturheilanstalten anlange, so könne die überhaupt nur vom ehrengerichtlichen Standpunkte aus geregelt werden. Die Anschauung des Abg. Vogel, daß die Koalitionsfreiheit beschränkt werde, sei ein Irr- tum; nicht der einzelne Arzt, sondern nur die Vereine seien den einschränkenden Bestimmungen unterworfen. Bezüglich der Wahlordnung wünscht Redner, daß man von der Wahl weiblicher Mitglieder in die Ehrenräte usw. völlig absehen möchte; er hänge auch in dieser Hinsicht noch am alten Zopf. Die Bestimmungen wegen der Anfechtungsklage seien ihm unsympathisch, er bitte, sie womöglich ganz fallen zu lassen. Geh. Rat Dr. Rumpelt macht dem Abg. Greulich gegenüber geltend, daß eine Verpflichtung der Aerzte zur ersten Hilfe durch die Reichsgesetzgebung aus geschlossen sei. Es bestehe selbstverständlich die moralische und humanitäre Pflicht des Arztes hierzu. Auf dem landesgesetzlichen Wege diese Pflicht fest zulegen sei jedoch unmöglich. 8 l der Siandes- ordnung besage indes, daß der Kranke nicht ohne Hilfe gelassen werden dürfe. Einschlagend sei auch 8 8 der Standesordnung, betr. den unlauteren Wettbewerb, der indes die vorübergehende Ver tretung in Notfällen als unzulässig bestimme. Abg. Edler v. Querfurth-Schönheiderhammer wünscht eine bindende Bestimmung, daß, wenn es der Wunsch eines Kranken sei, noch einen anderen Arzt zu Rate zu ziehen, der erste Arzt verpflichtet sei, mit dem neuen Arzt die Behandlung fort zusetzen. Abg. Ulrich-Werdau verwendet sich sehr zu Gunsten des Aerztestandes, der einen gewissen Schutz genießen müsse. Jetzt existierte tatsächlich ein ärzlliches Proletariat, weil viele Kranke zum Kurpfuscher, ja sogar zum Wundermann liefen. Es sei dringend nötig, daß dem Aerztestande wieder eine solide wirtschaftliche Basis gegeben werde, damit er auch in Zukunft seine ideale Aufgabe erfüllen könne. Abg. Schneider-Oberreichenbach nimmt die Krankenkassen in Schutz, von denen manche durch die Aerzte beinahe an den Rand des Bankrotts gebracht worden seien. Er kenne auch Fälle, daß Simulanten von den Aerzten mit bayrischem Bier gefüttert würden. Abg. Günther-Plauen i. V. wendet sich gegen die Ausführungen des Abg. Ulrich und verteidigt cs, wenn Naturheilanstalten von autodidaktisch ge bildeten Männern geleitet würden, die auf dem Gebiete der Naturheilkunde Leistungen vollbracht hätten, die auch von wissenschaftlich gebildeten Aerzten anerkannt worden seien. Hierauf entgegnet Abg. Dr. Brückner auf ver schiedene Aeußerungen seiner Vorredner, worauf noch die Abgg Leithold, Edler v. Querfurth und Dr. Spieß verschiedene Wünsche vorbringen. Auf die Aeußerung des Abg. Edler v. Querfurth be merkt Geh. Rat Merz, daß, wenn ein Arzt der Zuziehung eines weiteren Kollegen nicht zustimme, er auch nicht zur weiteren Behandlung des Patienten veranlaßt werden könne. Nachdem noch zwischen dem Vizepräsidenten Dr. Schill und dem Abg. Dr. Spieß eine kurze Gegensprache stattgefunden und Abg. Ulrich in einer persönlichen Bemerkung sich gegen den Abg. Günther gewandt hatte, in deren letzten Teil Redner im Namen der Kammer zu sprechen sich gestattete, dafür aber vom Präsidenten auf das Unstatthafte hingewiesen worden war, wurde der Gesetzentwurf gemäß dem Anträge des Vizepräsidenten Dr. Schill an die Gesetzgebungsdeputation verwiesen. Nächste Sitzung: Freitag vormittag 10 Uhr. Zum Prozeß Kwilecka. Zu Ende der Kampf um das Majorat, wie die einen, um das Kind, wie die anderen sagen; die Namen Wroblewo und Kwilecka werden sobald nicht vergessen werden. Vier und eine halbe Woche dauerte der Prozeß, der Beweis für die Schuld der Gräfin ist jedoch nicht erbracht worden. Die Geschworenen entsprachen auch der Volksmeinung, als sie ihr „Nichtschuldig" abgaben, und der Jubel, mit dem die Freisprechung der Gräfin Kwilecka und ihrer Mitangeklagten in Berlin ausgenommen wurde, ist bisher in einem Prozeßverfahren kaum dagewesen. Wie einer Fürstin huldigte man der polnischen Gräfin, man zog vor ihre Wohnung und brach wiederholt in stürmische Hochrufe aus. Im Gerichtssaale hielt die Gräfin eine Art Cour ab. Wenn man auch einige Enthusiasten, die ein Hurrnh mit Taschentuchwedeln in Szene setzen wollten, unsanft beim Kragen nahm, empfing sie doch den Glückwunsch sehr ernsthafter und gesetzter Männer. Einige Damen sanken in förmlichem Hofknix zusammen, Kavaliere beugten sich über ihre Hand; und sie selber kühl, lächelnd, lorg- nettierend ... So schritt sie durch die Ausgangs pforte dahin nach zehnmonatiger Untersuchungshaft, ungebrochen . . . Dies der Ausgang des Pro zesses, der so häßliche Kulturbilder entrollte! Die Geschworenen berieten übrigens länger als man erwartet hatte, 2*/, Stunden. Das spannte natürlich viele auf die Folter, schon wurden wieder Zweifel laut, da traten die Geschworenen ein; laut lose Stille herrschte, als der Obmann den Spruch verkündete, dann Tosen, besonders auf der Straße. Den alten Grafen riß es bei dem Freispruch fort, er reichte seiner Gattin die Hand, umarmte die Ver teidiger, warf Kußhände in den Saal. Nun ist der Prozeß beendet, zu dem ein un geheurer Apparat in Bewegung gesetzt worden war, ohne daß die Wahrheit ergründet worden ist. Neben denen, die die Gräfin für unschuldig halten, stehen andere, die nach wie vor auf die Verdachts momente verweisen. Zeugenaussagen standen gegen Zeugenaussagen, Meineide sind geschworen worden, wissentlich oder unwissentlich. Gegen die Vor untersuchung werden Vorwürfe erhoben, ebenso gegen den Gerichtshof, ganz besonders aber gegen den Staatsanwalt Dr. Müller, der eine Ent gleisung beging, als er sagte, wenn die Geschworenen noch mehr Beweise verlangten, sprächen sie dem Schwurgericht das Todesurteil. Herr Müller dürfte ein schlechter Prophet sein. Die Geschworenen hatten sich, wie es sein muß, die Frage: „Was ist Recht?" zur Richtschnur genommen und danach haben sie entschieden. Nach einer Meldung des „Berl. Tgbl." hat Staatsanwalt Dr. Müller seine schon vor dem Prozeß in Aussicht genommene Versetzung nach Elberfeld nicht angenommen und ist um seinen Abschied eingekommen. Mehrfach wird gehofft, daß die Erfahrungen des Prozesses bei der vorzunehmenden Reform des Strafprozesses nicht unberücksichtigt bleiben werden. Teuer muß der Staat diese Erfahrungen allerdings bezahlen, werden doch die Prozeßkosten auf 150- bis 200 000 Mk. geschätzt! Diese muß der Staat, müssen die Steuerzahler tragen und darum wäre es besser gewesen, man hätte den Grafen Hektor als den Nächstbeteiligten an das Zivilgericht ver miesen, wo er auf seine Kosten klagen konnte.. Unter der Ueberschrift „Publikum und Staats anwaltschaft" schreibt die „Köln. Ztg." zum Kwi- lecka-Prozcß: In den weitesten Kreisen herrscht das Gefühl vor, daß die Staatsanwaltschaft ihre Rolle mehr als berufsmäßiger Ankläger, denn als Finder des Rechts ausfaßt. Das Volk hält es keineswegs für eine Ehrenpflicht der Staatsanwaltschaft, unter allen Umständen eine Verurteilung herbeizuführen und belastende Tatsachen, nicht auch entlastende als Beweismittel herbeizuschaffen. Nach dieser Richtung hin sind die Vorgänge im Kwilecka-Prozeß ein ernster Wink, der beachtet werden sollte. * * Die freigesprochene Gräfin Kwilecka ist inter viewt worden. Sie erklärte, sie werde nicht mit ihrem Sohne nach Wroblewo zurückkehren, sie ge denke in Berlin zu Üben, wo sie ihr Kind erziehen werde. In Berlin habe sie soviel Sympathie ge funden, daß sie die Deutschen achten und lieben gelernt habe. Sie werde nie im Leben vergessen, wie man sie hier empfing. Jetzt bleibe sie noch zwei Tage hier, dann fahre sie zu ihrem Bruder