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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.11.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-190311282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19031128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19031128
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-11
- Tag 1903-11-28
-
Monat
1903-11
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 28.11.1903
- Autor
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Severin nach Gullowi bei Posen. Sie zeigte ein Bündel von etwa 200 Glückwunschtelegrammen, sowie den nachstehenden Brief, der am 24. No vember, also einen Tag vor dem Urteilsspruche, bei dem Verteidiger der Gräfin, Justizrat Wronker, eingegangen war: „Herrn Justizrat Wronker, Hoch- wohlgeboren. Bevor der Richterspruch gefällt worden ist, fühle ich mich verpflichtet, folgende Erklärung abzugeben: Ich bin durch den Gang der Verhandlungen zu der Einsicht gelangt, meine Verwandte auf Grund von mir nicht zu beweisen der Tatsachen beschuldigt zu haben. Indem ich dieses ausspreche, ersuche ich Ew. Hochwohlgeboren ergebenst, den beteiligten Personen dieses mitteilen zu wollen; auch hoffe ich, daß dieselben meinen Irrtum werden entschuldigen können. Hochachtungs voll Hektor Kwilecki." Die Verteidigung, fuhr die Gräfin fort, hatte es abgelehnt, bei den Plaidoyers von diesem Briefe Gebrauch zu machen; nicht einer Sensation, sondern dem guten Rechte sollte ich meine Freiheit danken. Berlin, 26. Nov. Die Entlastungszeugin Frau Wiechowska aus Wroblewo, die unter dem drin- genden Verdacht des Meineids und der Begünstigung verhaftet worden war, ist heute mittag aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen worden. Berlin, 27. Nov. Graf Hektor Kwilecki hat in verschiedenen polnischen Blättern folgende Er klärung erlassen: Nachdem ich mich von der Halt losigkeit derjenigen Vorwürfe überzeugt habe, die Gegenstand des Strafprozesses gegen die Gräfin Kwilecka und deren Gemahl waren, spreche ich mein lebhaftes Bedauern darüber aus, daß ich die Gräfin nebst Grafen schwer beleidigt habe. Ich bitte also von den Schlußfolgerungen abzusehen, die aus meinem Auftreten gezogen werden dürften. Gleichzeitig bitte ich alle diejenigen uni Verzeihung, denen ich in dem Prozesse zu nahe getreten bin. Zur Affäre der Prinzessin von Schönburg-Waldenburg wird dem „Berl. Tgbl." au» Dresden geschrieben: Die Mitteilungen über die angebliche Affäre der Prinzessin von Schönburg-Waldenburg auf Gauernitz sind denn doch mit einigem Vorbehalt aufzunehme-i. Die positive Wahrheit ist gegenwärtig überhaupt nicht festzustellen, da die zunächst Beteiligten abwesend sind und die in Dresden und seiner Umgebung lebenden Verwandten sich natürlich Stillschweigen auserlegt haben. Wie in der Angelegenheit der velflossenen sächsischen Kronprinzessin, gibt e« auch bei dieser neuesten „Sensation" allerlei Hintertreppen klatsch, der besonder« wieder von der sogenannten Dresdner „guten Gesellschaft" mit einem Eiser kultiviert wird, der besser aus ernsthafte öffentliche Angelegenheiten verwendet würde. Seit August« de» Starken Zeiten ist Dresden die Stadt de« Klatsche«; er ist gewissermaßen eine historische Erscheinung, die zu gewissen Zeilen, so zum Beispiel im vorigen Jahre, die bürgerlichen und aristokratischen Kreise der Stadt völlig beherrscht. E« ist ganz unglaublich, wa« hier alle« über irgendwie hervorragende Personen zusammengcklascht und getratscht wird; nicht« ist so läppisch, so albern und so infam, daß e« hier in gewissen Kreisen nicht willig geglaubt würde. Seit den Zeiten der letzten Kurfürsten spielen die Geschichten träger und Gebärdenspäher hier eine wichtigere Rolle al« in irgend einer deutschen Residenz; er find die langen Schatten, die au« der Periode eine« launenhaften Absolutismu» noch heute auf die guten Eigenschaften bestimmter Gescllschasl«klaffen hier fallen. Oeffentliche Leisetreterei und heimliche Medisance, — sie sind ein Erbteil jener Tage, in denen die üppige Kunst de« Dre«dener Zwinger« erstand. Je vorsichtiger man in diesen Kreisen an einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit den großen Fragen de« politischen und de« wirtschaft lichen Leben« vorüberzuschleichen sucht, um so eifriger stürzt man sich auf jene Dinge des Leben«, denen ein gewißer pikanter Geruch anhaftet. Mit der Unduldsamkeit Kotzebuescher Lustspielkleinstädter wird hier in manchen Gesellschaftrschichten da« Au«sprechen der nackten Wahrheit al« ein Verbrechen gegen die äußere Wohlanfländigleit verpönt, und dabei wird sicher an wenig Orten mehr geschmäht al« in diesen Cirkeln der sächsischen Residenz, nur leise, leise — kein Geräusch gemacht. Schleichende« Gift wirkt aber um so sicherer! Der gewissenhafte Journalist muß hier mit doppelter Vorsicht verfahren, und die ist auch bei der neuesten Klatschaffäre ge boten. Während von der einen Seite die „Ehe- trrung" der Dame fest behauptet wird, bestreitet ihn die andere Sette ganz ausdrücklich. Es heißt sogar, l" Nachricht über Prinzessin Alice sei in die Presse -anciert, um in einem EhescheidungSprozeß zu wirken, den die spanische Bourbonin gegen ihren Gemahl anstrengte; sie selbst weile mit einer Freundin im Süden. Die Wahrheit dieser Behauptungen läßt sich, wie gesagt, zur Zeit mit unbedingter Sicherheit nicht seststellen; e« ist daher klug, sich zu vergegenwärtigen, welche große Rolle die Medisance in der sächsischen Residenz spielt. Ueber der Ehe der prinzlichen Paares hat von Anfang an kein glücklicher Stern geleuchtet und im Frühjahr erfolgte der Bruch. In der Begleitung der Prinzessin in Südilalien befand sich stet« gemeinsam da« Ehepaar Benedetti. Wie die Gerüchte entstanden sind, daß die Prinzessin mit dem Kutscher Benedetti — ein anderer hat nie in ihren Diensten gestanden — geflohen sei, mag dahingestellt bleiben. Die Persönlichkeit de« Italieners Benedetti, die von gewissen Seiten etwa« romanhaft geschildert worden ist, hat zu derlei Gerüchten keinerlei Veran lassung gegeben; Benedetti macht den Eindruck eine« biederen, einfachen, kreuzbraven Menschen, der treu zu seiner Herrschaft hält. Schon seine Eltern haben zu den Eltern der Prinzessin in einem treuen Dienst verhältnis gestanden und dessen ist er auch eingedenk gewesen, al« er im Frühjahr diese« Jahre«, wo sich der Prinz von der Prinzessin trennte, trotz der Bitten de« ersteren nicht diesem gefolgt ist, sondern zu der Prinzessin gehalten hat. Der Eheschetdungs- prozeß dürste übrigen« in nicht zu langer Zeit vor den Dre«dner Gerichten zum Aurtrag kommen. Au« Entrüstung über den Eheskandal seiner Tochter versandte Don Earlo«, der in Venedig weilt, ein Rundschreiben an seine Getreuen, worin er den „Tod" (!) der Prinzessin von Schönburg mtttetl». Bei der Flucht seiner anderen Tochter tat Don Carlo« bekanntlich da«selbe. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 27. November. *— Wenn wir in die AdventSzeit Hinein kommen, gewinnt eine Frucht allgemein an In- teresse, die auch sonst schon recht beliebt ist, der Apfel. Kein Weihnachtsbaum ohne rotbäckige, gold- und silbervergoldete Aepfel, wenigstens kein Weihnachtsbaum, der den rechten Duft von Poesie und Natur ausströmen soll. Und wollen sich die Aepfel neben Glas- oder Metallbehang und anderem modernen Ausputz absolut nicht machen, dann werden sie wenigstens unter den Baum gelegt, und gern wird ein alter Taler oder ein neues blankes Fünfmarkstück zwischen den Aepfeln und unter dem Honigkuchen versteckt. Die Hausfrau weiß aus alter Erfahrung, daß unmittelbar vor dem Christ fest die Aepfel teurer werden, sie besorgt sie sich deshalb schon bei Zeiten. Alles andere kann man immer noch bekommen, aber mit den Aepfeln haperts. Dies Jahr haperts vielfach schon jetzt, insofern, als die Aepfel nichi billig sind. Die Apfelernte ist im größten Teil von Deutschland verschwindend gering gewesen, verhältnismäßig wenige Bezirke können sich rühmen, eine wirklich gute oder auch nur eine Durchschnittsernte gehabt zu haben, und so sind die Preise schnell gestiegen. Die Ursache für die geringen Erträge liegt darin, daß infolge der warmen Märztage die Knospen sich viel zu schnell entwickelten, und als nun das Blühen begann, traten in den meisten deutschen Bezirken Nachtfröste ein, welche jede Hoffnung auf eine gute Ernte des beliebten Obstes vernichteten. Es ist daher keine Spekulation, wenn die Aepfel teurer geworden sind, die Ursache ist eine ganz natürliche. Allerdings kommen die Amerikaner und bieten jenseits des Ozeans gewonnenes Obst an, aber der Wohlgeschmack steht weit hinter un seren deutschen Aepfeln zurück. Die amerikanischen Aepfel schmecken meist zäh oder fad, und wer zu erst einen amerikanischen Apfel, hinterher einen deutschen ißt, wird den Unterschied sofort erkennen. Gerade der Apselbau lohnt sich, wenn die Witter- ung keinen Strich durch die Rechnung macht, außerordentlich, es sollte das bei uns im deutschen Reiche noch viel mehr, als bis jetzt beobachtet werden. Es steht damit ähnlich, wie mit der Hühnerzucht und dem Eieroerkauf. Aepfel und Eier machen Produktions-Werte aus, die sich auf verschiedene Dutzende von Millionen beziffern, deren Konsum noch weit mehr gesteigert werden kann, wenn nur immer genügender und guter Vorrat vorhanden ist. * — Neuer Schneefall hat bewirkt, daß Felder und Wiesen in der Umgegend mit einer weißen Decke überzogen sind. In der Stadt hat heute vormittag der Schnee auch soweit zugereicht, daß sich die Jugend an dem Herstellen von Schnee- männern und an Schneeball-Bombardements er- freuen konnte. * — Zither-Konzert Auf das nächsten Sonn- tag, den 29. November, im Logenhaus statlfindende Zither-Konzert der Zither - Gesellschaft „Gebirgs kinder" machen wir auch an dieser Stelle nochmals ganz besonders aufmerksam. Die zur Ausführung kommenden Nummern bestehen aus tadelloser Zither. Chormusik, Tyroler Nationalgesängen und Humo ristischem von einem vorzüglichen Charakterkomiker, sodaß die Besucher in jeder Beziehung zufrieden- gestellt werden dürften. * — Pünktlich liefern! Pünktlichkeit ist Pflicht eines gebildeten Mannes und vor allem dem Ge schäftsmann ist sie unbedingt nötig. Durch nichts erwirbt man sich mehr Vertrauen, als wenn man pünktlich ist, und durch nichts geht das Vertrauen rascher verloren, als durch Mangel an Pünktlich keit. Derjenige, welcher seine Verpflichtung hält und niemand warten läßt, zeigt, daß er auch Achtung vor der Zeit eines anderen hat. Wer eine Verabredung nicht hält, bricht sein Wort; desgleichen macht er einen unerlaubten Gebrauch von der Zeit eines anderen. Darum nochmals: Pünktlich liefern! * — Der Dezember dürfte sich nach des ver- storbenen Falbs Prophezeiung ziemlich feucht ge stalten. Speziell in den ersten Wochen sollen zahl reiche Regengüsse zu gewärtigen sein, während später Schneefälle eintreten. Den 4. Termin be zeichnet Falb als einen kritischen Termin 1., den 18. als einen solchen 3. Ordnung. Der 100jährige Kalender prognostiziert ebenfalls für das erste Drittel dieses Monats nebliges, regnerisches Wetter mit vereinzelten Schneefällen. Vom 10. bis 18. soll es dann trocken, vom 19. bis 28. aber rauh und frostig und in den letzten Tagen schön werden. * — Alle sächsischen Kachclofenfabrikantcn, die dem Unternehmerverband angehören, haben den organisierten Töpfern in den letzten Tagen die Stellung gekündigt mit dem Bemerken, daß die Kündigung zurückgenommen wird, wenn die Arbeiter aus der Organisation austreten oder der seit einiger Zeit in Velten und Fürstenwalde aus gebrochene Töpferstreik beendet wird. Derartige Kündigungen haben stattgefunden in Meißen, Pirna, Kamenz, Deuben und Leuben. Die Kündigung lautet auf den 1. Dezember. * Glauchau, 26. Nov. Die auf dem Scheer berge befindliche, der gräflichen Herrschaft gehörige Scheune, deren Jnnenräume an mehrere hiesige Geschäfts, und Privatleute zur Aufbewahrung ihrer Erntevorräte, Maschinen, Ackergeräte usw. ver- pachtet waren, ist gestern abend gegen 8 Uhr einer Feuersbrunst, die so schnell um sich griff, daß an ein Retten nicht zu denken war, zum Opfer gefallen. Der Schaden beläuft sich auf tausende von Mark, der zum größten Teil durch Versicherung gedeckt ist. * Penig, 26. Nov. Die städtischen Kollegien haben beschlossen, die Petition w-gen Erbauung einer Eisenbahn Penig-Limbach und Herstellung einer Verbindungskurve bei Langenleuba zu unter- stützen, vorausgesetzt, daß sich die Stadtgemeinde Limbach an ersterem Punkte ebenfalls beteiligt. * Meerane, 26. Nov. Die hiesige Ortskranken kasse I hat in ihrer gestrigen außerordentlichen Generalversammlung nunmehr die rückhaltlose Auf lösung beschlossen bezw. dem hiesigen Stadtrate einen solchen Antrag unterbreitet. * Dresden, 26. Nov. In hiesigen juristischen Kreisen erregt es großes Aufsehen, daß der Präsident des Bautzener Landgerichts, Eberhardt, plötzlich seine Entlassung aus dem Staatsdienste eingegeben hat. Anlaß dazu sollen Differenzen mit dem Justiz- Minister gegeben haben, welche kürzlich bei dem Hiersein des genannten Herrn zum Austrag kamen. * Dresden, 26. Nov. In der gerichtlichen Untersuchung gegen den Frauenarzt Dr. Planer ist es inzwischen zu einer weiteren Verhaftung ge kommen, und zwar ist die Festnahme der 23jährigen Dienstperson Luise Klingbeil verfügt worden. — Der Elbstrom ist infolge der ausgibigen Nieder schläge der letzten Tage noch immer im Steigen begriffen und steht ber.its so hoch, daß die Schiffe der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrtsgesellschaft an mehreren Stationen oberhalb Dresdens nicht mehr anlegen können. Es wird noch weiteres An- wachsen erwartet. * Dresden. Recht bezeichnend ist folgende Mitteilung, die der „Staatsb.-Ztg." von hier aus gemacht wird. In Dresden kamen mehrere Bau stellen unter den Hammer. Das Ergebnis beweist einerseits, wie Grundstücke weit über ihren Wert belastet werden, oft nur in der Absicht, den in un mittelbarer Nachbarschaft gelegenen Baustellen einen scheinbar hohen Wert beizulegen, andererseits in wie leichtfertiger Weise bedeutende Kapitalien so genannten Hypotheken-Herkulessen hingegeben wer den. Das erste Grundstück war hypothekarisch mit 666 200 Mk. belastet, während die amtliche Taxe nur 262 080 Mk. betrug; der Versteigerungserlös war 167 100 Mk. Das zweite Grundstück trug eine Hypothekenlast von 596 200 Mk., die amtliche Taxe war 233 980 Mk., der Erlös betrug 4200 Mark! Das größte Mißverhältnis stellte sich je doch bei dem dritten Grundstück heraus: An Hy potheken waren vorhanden 556 200 Mk., Taxe 100 040 Mk., der Erlös betrug ganze 3100 Mark! * Leipzig, 26. Nov. Trotz seiner 100 Jahre und 7 Monate hat ein Bürger der Vereinigten Staaten von Nordamerika in den letzten Wochen die große Reise über den Ozean angetreten und ist zur großen und freudigen Ueberraschung seiner hier wohnenden Verwandten in Leipzig eingetroffen. Vor mehr als 50 Jahren war Herr Zober — das ist sein Name und das Dorf Schönau bei Leipzig ist sein Geburtsort — nach Amerika aus gewandert ; dort war es ihm in langer, harter Arbeit gelungen, in bessere, gesicherte Verhältnisse zu kommen. Hin und wider gab er in den ersten Jahrzehnten seines amerikanischen Aufenthalts den hiesigen Verwandten Nachrichten. Dann aber blieben diese ganz aus, und so hielt man den alten Mann schon längst für tot. Da trat er plötzlich, von Sehnsucht gelrieben, die Reise an und überraschte seine hier wohnenden Verwandten mit seinem Be suche. Indes bleibt der Zentenarmensch nicht hier; bereits am Mittwoch vormittag hat er die Reise nach Amerika angetreten. * Leipzig, 26. November. Neulich war die Anzeige erstattet worden, daß in ein Geschästslokal in der Zeitzer Straße eingebrochen und außer baren 2200 Mk. auch noch zwei Sparkassenbücher mit Einlagen von 900 und 300 Mark gestohlen worden seien. Wie nun die kriminalpolizeilichen Erörterungen ergeben haben, war der Einbruch fingiert und es wurde nun der Geschäftsinhaber verhaftet. Er hatte von einer hier aufhältlichen Dame 4000 Mk. zur Aufbewahrung erhalten und darüber eigenmächtig verfügt. Als er einen Teil der 4000 Mark zurückerstatten sollte, war er auf die Idee verfallen, einen Einbruch zu fingieren, wobei er auch noch frivoler Weise einen früheren Lehrling als vermutlichen Täter verdächtigt hatte. * Leipzig. Zur Beseitigung der Schäden, die der Sturm am Sonnabend an städtischen Ge bäuden angerichtet hat, verw'lligte der Rat in seiner Plenarsitzung am Mittw-ch unter Vorbe halt der Zustimmung der St...»verordneten ein Berechnungsgeld von 50 000 Mk. * Hainichen, 26. November. Nachdem sich das Ratskollegium gegen Abhaltung eines Heimats- festes ausgesprochen, haben sich nunmehr auch die Stadtverordneten diesem Beschluß angeschlossen. * Plauen, 26. November. Heute vormittag herrschte hier ein äußerst heftiger Schneesturm. Am stärksten war er in der 10. und 11. Vor mittagsstunde. Es wurde auf einmal fast voll ständig dunkel, so daß mau Licht anzünden mußte. Das Passieren der Straßen war unmöglich, auch der Fährverkehr erheblich gestört. Die „Elektrische" mußte später den Schneepflug in Aktion setzen. Großen Schaden erlitten wieder die Telegraphen leitungen; der Fernsprechverkehr war gestört. Erst in der Mittagsstunde ließ der Sturm etwas nach. * Adorf, 25. November. Das Königliche Ministerium des Inner» kündigt jetzt an, daß be- Hufs Erbauung einer normalspurigen Eisenbahn von Adorf nach Roßbach und zur Ausführung der dabei erforderlichen Anschlußgleise, soweit von diesen Anlagen sächsisches Staatsgebiet berührt wird, das Enteignungsverfahren angeordnet worden ist. * Geyer. Von den hiesigen Materialwaren händlern waren dem Stadtrate drei Petitionen eingereicht worden, welche in dem Ersuchen gipfelten, den hiesigen Warenverteilungsverein (Konsumverein) mit einer Umsatzsteuer von 2 Prozent zu belegen. Das Ratskollegium beschloß jedoch, dieses Ansuchen abzulehnen und auch das Stadtverordneten-Kolle- gium trat diesem Beschlusse einstimmig bei. * Jöhstadt. Hier starb im 91. Lebensjahre Frau Christiane Karoline Langer, die vor 40 Jahren den Grund legte zu der blühenden Wäsche- und Weißwarenfabrikation. * Pirna, 25. Nov. Ein schrecklicher Unglücks- fall hat sich am Montag mittag auf dem Kahl- fchlag der Abteilung 38 des Rosentaler StaatS- forstreviers bei Königstein ereignet. Der 58 Jahre alte und verheiratete Waldarbeiter Friedrich Gustav Schöne ist daselbst von einem durch den Sturm umgerissenen Baum erschlagen worden. Bei der Auffindung Schönes lebte derselbe zwar noch, doch verschied er beim Transport auf dem Nachhause wege. Der untersuchende Arzt konnte nur den ein- getretenen Tod feststellen. Jedenfalls ist der um- gestürzte Baum bei dem großen Sturm am Sonn- abend abend bereits gelockert und durch den am Montag mittag erneut aufgetretenen ziemlich heftigen Wind dann zu Fall gebracht worden. * Ostritz, 25. November. Heute wurde in der Kirche des Klosters St. Marienthal wieder die Ein kleidung einer Anzahl junger Nonnen vollzogen. Sieben Novizen legten nach absolviertem Probe jahr ihren Profeß ab und drei junge Damen wurden als Novizen eingekleidet. Der Feier wohnte auch die Prinzessin Johann Georg bei. * Schmölln In einem Grundstücke der Berg straße hier ist plötzlich der Typhus ausgebrochen und hat eine ganze Familie auf das Kranken lager geworfen. Gerichtssaal. 8 Zwickau, 25. Nov. (Straskammersitzung.) Gegen die 42 Jahre alte, gegenwärtig hier in Untersuchungshaft befindliche, wegen Betrug« rück fällige Hau.weberin A. M. verehel. Heinze geb. Colditz in Callnberg bei Lichtenstein, die seit einiger Zeit in ihrem Wohnorte verschiedene Geschäft«leute unter den erlogenen Angaben, sie werde in Kürze eine große Erbschaft erhalten, die sich aus Hundert tausend Mark belaufe, um Waren und Darlehen prellte, erkannte man unter Anrechnung von einem Monat Untersuchung«hast auf 1 Jahr 3 Monate Gesängnt« und 5 Jahre Ehrenrechtsverlust. — Weiter wurde von der Anklage der Wechselfälschung der 54 Jahre alte Klempner G. A. Lorenz in Gertdorf kostenlo« freigesprochen. 8 Zwickau, 26. Nov. (Schwurgericht.) Da« Ehepaar Möckel au« Rein«dorf, da« selbstverfertigte Fünfmarkstücke au«gegeben hatte, wurde gestern wegen Falschmünzerei abgeurteilt. Der Ehemann M. erhielt ein Jahr, seine Frau 2 Wochen Ge- fängni«. — Da- 20jährige Dienstmädchen Schmidt au« Böhmen bestahl zwei Kellner im Hotel zur Tanne und setzte deren Reisekörbe, au« denen sie da« Geld gestohlen, in Brand, um den Verdacht de« Diebstahl» abzulenken. Der Brand ergriff zwar da« Gebäude, doch wurde er noch rechtzeitig entdeckt und gelöscht. Da« hiesige Schwurgericht sprach heute die Schmidt von der Anklage frei und verurteilte sie nur wegen schweren und einfachen Diebstahl« zu 1 Jahr 10 Monaten Gefängnis. 8 Chemnitz, 26. November. In der heutigen Schwurgerichl-sitzung wurde der 19 Jahre alte Schuhmacher Bruno Alfred Schilde au« Zschopau, ein bartlose«, blaffe« Bürschchen, mit Brille, welcher angeklagt ist, am abend de« 23. August d. I. auf dem Wege zwischen Krumhermersdorf und den „Gänshäusern" einen schweren Raubanfall ausge führt zu haben, indem er den Strumpfwirker L. in Krumhermersdorf von hinten überfiel, ihn zu Boden warf, ihm auf die Brust kniete und mit einem harten Gegenstand wiederholt in« Gesicht schlug, ihm, um ihn am Schreien zu verhindern, Erde in den Mund steckte, und schließlich da« Portemonnaie mit zirka 2 Mark Inhalt wegnahm, für schuldig be funden und wegen schweren Rmbes unter Annahme mildernder Umstände zu 3 Jahren Gefängni« und 4 Jahren Ehrverlust verurteilt. 8 Dienstentlassung eines sächsischen Ober försters wegen Zweikampfes. Eine interessante Angelegenheit beschäftigte gestern die in Dresden unter dem Vorsitz des Landgerichtspräsidenlen vr. Müller tagende sächsische Ditziplinar- gcrichtshoskammer. Die letztere hatte zu entscheiden über den vom Königlichen Kultusministerium gestellten Antrag, den Oberförster Müller zu Dresden, sowie den Forstasseffvr Zürner wegen Herausforderung eine« Vorgesetzten zum Zweikampfe beziehungsweise wegen Kartelllragen« aus dem sächsischen Staats dienste zu entlassen. Dem vom König!. Kultu«- ministerium gestellten Anträge liegt folgender Tatbe stand zu Grunde: Zwischen dem Kgl. Obersorst- meister Klette und dem angeschuldigten Oberförster Müller bestehen schon seit Jahren Differenzen. Obersorstmeister Klette machte wiederholt seinem Untergebenen Obersörster Müller Vorhaltungen über dessen Dienstführung und fuhr ihn einmal auf Rade berger Gebiet bei einer Holzauktion in Gegenwart eine« zahlreichen Publikums derart an, daß Ober sörster Müller sich beleidigt fühlte. Dieser Auftritt hatte zur Folge, daß der Obersörster seinen Vorge setzten, den Oberforstmeister, zum Zweikampfe auf Pistolen herausforderte. Der dem Oberförster unterstellte Forstaffeffor Zürner überbrachte die Duellsorderung, welche jedoch von letzterem nicht angenommen wurde. Vielmehr erstattete der Ober forstmeister Anzeige. Müller und Zürner wurden im April d. I. zu je 2 Tagen Festungshaft ver urteilt. Nach dieser Verurteilung stellte das Kgl. Kultusministerium den Antrag auf Dienstentlassung der beiden Beamten. Die beiden Beschuldigten machten geltend, daß sie unter den obwaltenden Umständen nicht anders hätten handeln können. Insbesondere Forstaffeffor Zürner sei al« Reserve offizier und früherer Korpsstudent verpflichtet ge wesen, die Forderung zum Duell al« Kartellträger zu überbringen. Nach längerer Beratung erkannte die Disziplinarkammer gegen den Obersörster auf Dienstentlassung; der Antrag de« Kultusministerium«, auch den Fostasiessor Zürner au« dem Dienste zu entlasten, wurde abgelehnt. § 9 Monate Gefängnis wegen der Bekund ung sozialdemokratischer Gesinnung. Daß jemand wegen der bloßen Bekundung sozialdemokra tischer Gesinnung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, dürfte jedenfalls ein sehr seltene« Vorkommni« sein. Es ereignete sich dieser Fall in Kiel. Ein Soldat de« Linienschiffe« „Württemberg" sollte
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